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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177 - 203 (1. August 1901 - 31. August 1901)
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Dienstag, 2V. August Ml.

Nvstes Blatt.

43. Jahrgang. — Lr. 193.

Trschcrur täxlich, Sonntags enSgenommm. — Preis rnii Familienblattern monatlich bü Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 4V Pfx. DurL die Post be-
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vorgefchriebencn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Vlakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


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die


Wtklderger
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noch nicht kennt, bestelle für den Monat Septem-
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45 j)sg., unsere Träger liefern das Blatt für 30 j)fg.
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Der ständige Ausschuß des deutschen Larrd-

wirtschastsrats
hat gleichfalls den Zolltarif beraten und ist dabei zu fol-
genden unumwundenen Beschlüssen gekommen: „Wenn-
gleich der Entwurf eines Zolltarifgesetzes, ebenso wie der-
jenige eines Zolltarifs, wie dieselben im „Reichsanz." ver-
öffentlicht sind, eine Reihe von Verbesserungen gegen-
über dem jetzigen Zustande enthalten, so werden doch
beide — bei weitgehender Berücksichtigung der Industrie,
den berechtigten Wünschen der Landwirtschaft nicht
gerecht. Es bezieht sich dies namentlich auf folgende
Punkte:
1) Die gemischten Transitlager haben
keine Daseinsberechtigung mehr und sind ganz zu besei-
tigen. Die Einführung von Ursprungsattesten ist vorzu-
sehen.
2) Der T e r m i n für das Inkrafttreten des Gesetzes
lst gesetzlich festzulegen.
3) Das System des D o p p e l t a r i f s ist allgemein
durchzuführen, wenigstens für die Landwirtschaft.
4) Die Mindest zolle für Getreide find
LU erhöhen, die Spannung zwischen diesen und den Maxi-
rnalsätzen ist zu vergrößern.
5) Die Erzeugnisse der Gärtnerei, sowie Hackfrüchte
bedürfen eines Schutzes, die Zollsätze für Wein, Tabak,
Hopfen und Pferde sind zu erhöhen, diejenigen für
Vieh sind nur nach dem Gewicht durchzuführen und
ebenso wie diejenigen für Fleisch und sonstige tierische
Erzeugnisse zu erhöhen."
JnUebereinstimmuug mit diesen Erklärungen richtet
der Ausschuß eine Reihe Anträge an den Bundesrat.
Danach sind die Zölle auf Roggen, Weizen, Gerste
ünd Hafer einheitlich auf 7,80 Mark sestzustellen, die
Pf i n d e st sätze in K 1 Absatz 2 auf 6 Mark. Der Zoll
auf Pferde soll nach ihrem Wert auf 60—375 Mark pro
Stück, der Zoll auf Rindvieh, Schafe und Schweine auf
20 Mark für 100 Ko., der Zoll auf Federvieh auf 25,

Vom Zoologenkongretz.
In der Sitzung v. 16. d. trug der Direktor des
Zoologischen Instituts zu Heidelberg, Geh. Hofrat Pro-
fessor B ü t s ch l i, eine kritische Untersuchung der beiden
sich seit alter Zeit gegenüberstehenden Beurteilungsweisen
ber Lebenswesen und der Lebenserscheinungen vor, des
Pitalismus und des Mechanismus. Der
Vortragende behandelte den Unterschied zwischen dem
Pten und dem neuen Vitalismus und stellt sich auf den
Standpunkt der organischen Zweckmäßigkeit nicht im
^>inne der Darwinschen Kausalität, sondern in dem eines
jeleologischen Geschehens. Ohne einen gewissen Vorrat
°°n Zweckmäßigkeit sei an die Erhaltung eines Organis-
mus nicht zu denken. Den grundlegenden Unterschied
wischen Organismen und anorganischen Bildungsformen
^blickt der Vortragende in dem sogenannten Lokali-
Mtionsprinzip. Vorläufig sei das organische Geschehen
.Ms solches unbegreiflich. Begreiflich werde es nur, in-
tern physico-cheinische Erscheinungen dabei in Betracht
Minen. Erst wenn es in Zukunft gelingen sollte, ein or-
ganisches Gebilde künstlich nachzuahmen, werde der Streit
sMischen Vitalismus und Mechanismus endgiltig ge-
dichtet sein. „Denn an ihren Früchten sollt ihr sie er-
stnimn" — so schloß Herr Bütschli seine Auseinandcr-
ll'nngen.
k Den letzten Vortrag des Kongresses hrelt hierauf der
Nrliner Professor der Geologie und Paläontologie, Geh.
^rgrat Dr. Brauco über fossile Menschen-
^ste. Nach dem Bericht des „Berliner Tagebl." führte
Redner aus: Die Schwierigkeiten, welche sich der Lo-
der Frage nach Herkunft der Gattung Mensch ent-
^sienstellen, sind unüberwindlich, weil so außerordentlich

geschlachtetes 50—125 für 100 Ko., der Honigzoll auf
75, der Butterzoll auf 50, der Margarinezoll auf 60
Mark erhöht werden. Der Fleischzoll soll, auf 40 bis
125 Mark steigen; für die Zeit vom 15. Februar bis 31.
Juli sollen auch frische Kartoffeln 3, Küchengewächse
(Kohl, Zwiebeln) 25, lebende Blumen 40, trockene 150,
Cyaswedel 260 Mark Zoll für 100 Ko. tragen. Der
Hopfenzoll soll auf 65 Mark steigen. Ferner wird be-
antragt^
„Als Zeitpunkt, mit welchem das Zolltarifgesetz
in Kraft tritt, ist in Z 12 des Entwurfs der 1. Januar
1904 einzusetzen. Durch kaiserliche Perordnung kann
mit Zustimmung des Bundesrats ein früheres Inkraft-
treten des Gesetzes bestimmt werden."

Deutsches Reich.
— Die Gründung einer Kolonialarmee ist nach
dem „Bcrl. Lokalanz." bestimmt in Aussicht genommen,
da bei unseren wachsenden Kolonialinicressen die Gründung
eines Kolonialcorps sich nicht mehr lange umgehen lasse.
Die neue Organisation solle unter möglichster Schonung
der Finanzkräfte des Reichs erfolgen. Der leitende Ge-
danke ist, eine sich aus Freiwilligen rekrutierende Truppe
zu schaffen, deren Vorbildung von Anfang an für den
Dienst in den Kolonieen zugeschnitten ist. In dieser An-
gelegenheit soll die Meinung des Grafen Waldersce cin-
gcholt worden sein.
— Das Bureau Herold meldet aus Kassel: In der
Nacht vom SamStag zum Sonntag gegen halb 11 Uhr
wurde kurz nach der Rückkehr des Kaiserpaares von
einem Ausfluge auf den Posten vor dem Schlosse Wil-
helmshöhe aus dem Gebüsch ein Stein geschleudert, der
das Schilderhaus traf. Der Posten feuerte nach ver-
geblichem Anruf nach der Gegend des Steinwurfes, traf
aber niemand. In Kassel herrscht wegen dieses Vorfalls
große Aufregung. Indes sind anders lautende Gerüchte
übertrieben. — Wie man der „Franks. Ztg." meldet, soll
der Stein von dem Posten auf der Woche abgcliefcrt wor-
den sein.
— In Fulda findet gegenwärtig eine. Konferenz
der deutschen Bischöfe statt.
— Die mit dem Dampfer „Strahlung" am 18. Aug.
in Bremerhaven eingetroffenen ostasiatischen Trup-
pen teile werden, da in Döberitz bei der 2. Garde-Jnf.-
Brigade mehrere Ruhr fälle vorgekommen sind, nach dem
Uebungsplatz bei Münster behufs Auflösung überführt.
Da Döberitz mit Chinatruppen noch nicht belegt gewesen
ist, so ist eine Uebertragung durch diese ausgeschlossen.
Bremerhaven, 19. Aug. Der Dampfer „Ki-
ll utschou" brachte heute Vormittag 28 Offiziere und
650 Mann vom 4. Ostasiatischen Infanterieregiment
und die 6. Batterie des Ostasiatischen Feldartillerie-
regiments. Die Mannschaften fahren nachmittags nach
Münster weiter, elf Kranke und einige Genesende ver-
bleiben hier im Barackenlazarctt.
Wilhelmshaven, 19. Aug. Der Stapellauf
des Linienschiffes 6l fand unter dem Hurrah einer nach
Tausenden zählenden Menge statt. Der König von
Württemberg, der die Taufe vornahm, betonte in der

wenig sichere Spuren menschlicher Frühexistenz sich bis
ans unsere Zeit erhalten haben. Aber es existieren doch
Spuren menschlicher Thäkigkeit, Waffen und dergleichen
Tinge. Hieraus ließen sich vorsichtige Schlüsse ziehen.
Doch sie müssen mit den allergrößten kritischen Kautelen
umgeben werden. Menschenknochen in einer bestimmten
geologischen Schicht geben noch lange keinen Beweis da-
für, daß Menschen in jenen Schichten auch wirklich ge-
lebt haben. Können sie denn nicht dorthin mit Ab-
sicht gelegt worden sein? Die Zahl der echtdiluvialen
Menschenknochen ist außerordentlich gering. Menschen-
knochen an sich lügen noch mehr unter Umständen als
Menschenzungen. Der alte Mensch besaß schon alle
Skelettmerkmale des heutigen, der Schädel des Diluvial-
menschen unterschied sich in nichts von dem des heutigen,
schon damals war der Menschentypus ein dauernder
geworden, so lautet der eine Satz. Merkwürdigerweise
behauptet Kollmann trotz seiner unbedingten Zugehörig-
keit zum Evolutionsgedanken diese Unveränderlichkeit des
Menschentypus, Virchow dagegen, der große Zauderer iu
allen derartigen Entscheidungen, vertritt das Prinzip der
fortdauernden Veränderlichkeit im Wege der Entwicke-
lung. Wer hat recht? so fragt der Redner. Beide; so
lautet die Antwort. Nur in der angenommenen Ursache
irrt Kollmann. Nicht weil wir uns nicht mehr ändern
können, sind wir unverändert geblieben, sondern weil am
Ende noch nicht genügend Zeit seit der Diluvialperiode
verflossen ist. Hat sich denn während dieser Zeit die
sonstige Tierwelt verändert? Mit einem von gesundem
Humor gewürzten kritischen Sinne unterwarf der Red-
ner die vorhandenen menschlichen Skelettreste einer schar-
fen Musterung, um zu dem Schlüsse zu kommen, daß
jene fossilen Menschen sich doch im wesentlichen von den

Taufrede, er und seine Gemahlin seien gern der Auf-
forderung des Kaisers zur Uebernahme des Taufaktes ge-
folgt. Im Binnenlande bestehe ein hohes Interesse für
das Wachsen der Marine, das er und die Königin durch
ihr Erscheinen bekundeten. Hierauf taufte die Königin das
Schiff auf den Namen „Schwaben". Nach dem Stapel«
lauf nahm das Königspaar von Württemberg die Huldi-
gung der hiesigen Württemberger entgegen und begab sich
sodann mit dem Torpedodivisionsboot v II nach der
Schilligreedc, wo eine Rundfahrt um das 2. Geschwader
stattfand. Auf der Rückfahrt wohnten die Majestäten dem
Manöver der 1. Torpedoflottille bei.
Bade».
Boxbcrg, 17. August. In einer heute dahier ab-
gehaltcnen Vertrauensmänncrversammlung der National-
liberalen Partei, in der die Herren Apotheker Graf-
Boxberg und Sparkassenrechner Becker-Adclshcim den Vorsitz
führten, hielt Herr Landgerichtsrat Scherer von Mosbach
einen Vortrag. Mit Einmütigkeit wurde auch diesmal an
der Kandidatur Klein festgehalten. Die anwesenden Der«
treter des „Bundes der Landwirte", die Herren Keller-
Sachsenflur und Ratschreiber Leiser-Sindolsheim gaben —
nach Rücksprache mit Herrn Klein — Namens des „Bun-
des der Landwirte" die Erklärung ab, der Bund unter-
stütze die Kandidatur Klein. Ueber das Verhältnis der
Nationalliberalen Partei zum „Bund der Landwirte" im
Wahlbezirk Adelsheim-Boxberg sprach Redakteur Bingener-
Adelsheim, der ein gemeinsames Vorgehen Beider bei po-
litischen Wahlen als empfehlenswert erachtete. An der
Wiederwahl Kleins, des seitherigen bewährten Vertreters
in der Zweiten Kammer, ist nicht zu zweifeln.
Karlsruhe, 19. August. Der „Bad. Beob."
machte neulich den Vorschlag, in der Residenz 3 parteilose
Kandidaten aufzustellcn, um auf diese Weise alle bürger-
lichen Wähler gegen die Sozialdemokratie mobil zu machen.
Der Vorschlag stieß aber in anderen Zentrumsblättern so-
fort auf heftigen Widerspruch. Zuerst sprach sich der
„Ettl. Landsm." sehr abfällig darüber aus. Heute lehnt
auch das „Mannheimer Zentrumsblatt" den Vorschlag ab,
indem es hinzufügt: Es braucht wohl kaum extra betont
zu werden, daß die nationalliberale Partei einen solchen
Vorschlag wie den im Beob. gemachten nicht ernst nimmt.
L-st Karlsruhe, 19. Aug. Die Einnahmen der
Badischen Bahnen betrugen im Monat Juli 1901
nach provisorischer Feststellung aus dem Personenverkehr
2 602 220 Mark, gegen das Vorjahr weniger 29 540 Mark,
aus dem Güterverkehr 3 685 630, mehr gegen das Vorjahr
151 720 ans sonstigen Quellen 683 600 Mark, mehr gegen
1900 57 030 Mark in Summa 6 971 350, gegen 1900 mehr
179 042 Mark. Das Gesamtergebnis der ersten sieben Mvnate
ist NM 787 560 Mark schlechter als in der gleichen Zeit des Vor-
jahres.
Elsaß-Lothringen.
— In Elsaß-Lothringen hat sich die Erregung
über die unerwartete Verhänguug der Landestrauer
beim Tode der Kaiserin Friedrich noch nicht gelegt,
besonders da die Bewohner der Reichslande eS erleben
mußten, daß in den angrenzenden anderen Bundesstaaten,
in Baden und der bayerischen Pfalz, durchaus nicht eine
entsprechende Verordnung erlassen wurde. Die „Franks.

unsrigen unterscheiden, und daß diese Unterschiede nicht
pathologischer Natur sind. Nicht die Paläontologie,
sondern die Zoologie wird darüber sichere Auskunft
zu erteilen imstande sein. Der Redner ging sodann auf
die Frage nach der Abstammung des Menschen und der
Affen näher ein. Er gab der Vermutung Raum, daß es
sich möglicherweise um eine Blutsverwandschaft handle,
da letzt nachgewresen sei, daß menschliches Bült alle übri-
gen ^.isrblntarten aufzulösen vermöge, mit Ausnahms
des Blutes der Mensch-Affen. Langanhaltender Beifall
dankte dem Redner für seine geistvollen Darlegungen.
Professor BlancharMParis hielt hierauf die Ab-
schiedsrede.

Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Der jüngste Assistenzarzt
der chirurgischen Universitätsklinik Kiel, Dr. Größer,
wurde als Leibarzt des Fürsten Ferdinand von Bulgarien
nach Sofia berufen.
— Bern, 16. Aug. Vom I u n g f r a n b ahn-
tunnel sind bis jetzt etwa 1800 Meter durchbohrt. Der
Tunnelbau ist in einer Höhe von 2800 Meter angelangt.
Bis zur Station „Eismeer", in einer Höhe von 3200
Meter gelegen, sind noch etwa 1800 Meter zu durchstechen.
Bis zur Station „Eismeer" hat die Bauunternehmung
mit den bisherigen Schwierigkeiten zu kämpfen, zu denen
die 25 Proz. betragende Steigung und die Beförderung
des Materials gehört. Höher oben werden die Arbeiten
leichter. Wie der baüleitende Ingenieur Gobat er-
klärt hat, ist es unter allen Umständen nötig, die Jung-
fraubahn bis „Jungfraujoch" zu führen, 21/2 Kilometer
 
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