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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 204 - 228 (2. September 1901 - 30. September 1901)
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Montag, 30. Seftcmbcr IM. Zweites Matt. 43. Jahrgang. — M. 228.


Trscheint täglich. Sonntags ausgenommen. - Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abaekolt 40 Via DnrL die Natt n«
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Znsi-llgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Rcklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. - Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprcch-Anschluß Nr 82

Der Zar und der Bürgermeister von Reims.
Die Begrüßung des Zaren durch den sozial-
demokratischen B ü r g er m e i ste r von
R h e i m s wird im offiziösen „Temps" geschildert. Wir
schicken voraus, daß der Bürgermeister Arnould reicher
Champagners-Fabrikant ist und daß er nur aus sozialisti-
scher lleöerzeugung sich äußerst nonchalant gegenüber
Kaiser und Kaiserin benommen hat. Die Anrede
„Sire" und „Majestät" vermied er grundsätzlich; und
infolgedessen soll sich folgende Szene entwickelt haben:
Frau Arnould überreicht mit gesuchter Gleichgiltigkeit
der Zarin ein Bonguett. Der Maire sagt zum Kaiser:
„J'aurai le plaisir", —- eine Redewendung, die, wie der
„Hamb. Korr." bemerkt, schon der „Plötz" im Gegensatz
zu „J'aurai l'honueur" als unmanierlich verwirft —
Ihnen ein Buch zu zeigen, das Sie vielleicht interessieren
wird." Er übergibt den: Zaren eine slavisch geschriebene
Bibel. Der Zar blättert darin und erwidert: „Das
Buch ist interessant," worauf der Bürgeremister erwidert:
„Nicht wahr? Man wird Ihnen übrigens eine Abschrift
davon zuschicksn." Und weiter: „Wir könnenJhnen außer-
dem eine alte Urkunde zeigen, die sehr merkwürdig ist
und in der ein zeitgenössischer Chronist die Heirat Hein-
richs, des Königs von Frankreich, mit Anna von Rußland
beschreibt. Diese Verheiratung war die erste franko-
russische Allianz." Der Zar lächelt, die Zarin weniger,
und Elfterer antwortet verlegen: „Das war im 11.
Jahrhundert," worauf der Maire erwidert: „Sie haben
ganz recht, im 11. Jahrhundert; wenn Sie mir erlauben,
will ich Ihnen aber jetzt ein paar Landesprodukte an-
bieten, Rheimser Champagner und Rheimser Bisquits."
«Eingeborene Bisquits," sagt der Zar lachend, „sehr
gern!" Der Zar nimmt darauf sein Glas Champag-
ner — die Zarin dankt — und nun entwickelt sich folgen-
des Schlußgespräch zwischen dem Kaiser und dem Herrn
Maire. Der Zar: „Auf das Wohl der Stadt Rheims,
wein Herr Maire." Der Maire: „Ich danke Ihnen,
Sie sind sehr gütig!" Seinerseits durch die gewaltsam
aufrecht erhaltene Liebenswürdigkeit des Zaren in Ver-
legenheit gesetzt, fügt er dann hinzu: „Sie werden jetzt
unsere Kathedrale sehen, es ist ein schönes Bauwerk; ich
will Sic deshalb nicht länger aufhalten; Ihre Zeit
ist kostbar." Schluß. — Irgend welcher Kommentar ist
Wohl überflüssig. Daß übrigens der Zar die Situation
von der richtigsten Seite, nämlich der komischen, auffaßte,
geht aus einem Ansspruch hervor, den er in der Nachwir-
kung dieser — sagen wir drolligen — Szene über den
Eindruck gethan haben soll, den die braven französischen
Sozialisten auf ihn gemacht haben. Er fand es sehr
brav, daß der Bürgermeister sich so sehr bemühte, ferner
Repräsentationspflicht zu genügen, ohne seinen politischen
Verpflichtungen untreu zu werden. „Die französischen
Sozialisten, die ich wenigstens kennen gelernt habe,"
so fügte der Kaiser hinzu, „sind keine schlimmen Leute;
sette Bürger, gute Kerle." Das ist bitter.

Deutsches Reich.
— Die Verhält,risse der Militäranwärter
cheinen sich jetzt wieder recht zufriedenstellend zu ent-
vickeln. Das Rcichspostnmt soll nämlich beabsichtigen,
l000 neue etatsmäßige Assistentenstellen für
>as Rechnungsjahr 1902 zu beantragen. Demnach
bürden in der Zeit vom 1. April 1902 bis 1. April 1903

ca. 1700 Militäranwärter als Post- oder Telegraphen-
wärter einberufen werden. Die etatsmäßigen Assi-
stentenstellen werden bei der Post- und Telegraphen-
verwaltung nämlich mit ^ mit Militär- und mit ein
siebtel mit Zivilanwärtern besetzt. Während des Probe-
dienstjahres erhalten die Anwärter Dreiviertel des Ein-
kommens der etatsmäßigen Stelle.
— lieber die Lohnzahlung am Samstag hat sich
in der Ortsgruppe des Belgischen Vereins für Gemein-
wohl zu Düsseldorf Regierungsrat Dr. Quensel-iKöln
ausgesprochen. „Die Versuchung für den am Samstag
gelöhnten Arbeiter, bereits am selben Abende einen
Teil des soeben empfangenen Lohnes wieder im Wirts-
haus auszugeben, liegt weniger darin, daß der Arbeiter
an diesem Tage soviel Geld auf einmal in der Tasche
hat und nun, wie die Menschen nun einmal sind, wegen
dieses Umstandes geneigt ist, mal eher für Spirituosen
etwas springen zu lassen. Der Grund würde bei jedem
anderen Zahltage auch zutreffen. Die starke Versuchung
liegt vielmehr darin, daß der Arbeiter am Samstag ei-
nen ganz freien Tag vor sich hat, und er daher am Sonn-
und Feiertag ordentlich ausschlafen kann und eine direkte
Schädigung seiner Leistungsfähigkeit durch den Alkohol-
genuß nicht zu befürchten braucht. Außerdem ist die
Frau des Arbeiters bei der Samstag-Abend-Löhnung
nicht mehr imstande, einen entsprechenden Teil des Ver-
dienstes für notwendige Wochenhaushaltungsausgaben
zu verwenden, ehe die Sonntagsversuchungen für den
Geldbeutel herankommen. Bei einer bekannten großen
Firma wird am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag
gelöhnt. Die allerdings nicht zu leugnenden Unbe-
quemlichkeiten, welche den Arbeitgeber bei der erstmali-
gen Ein- und Durchführung eines anderen Zahltages
erwachsen, können gegenüber den großen dauernden
wirtschaftlichen Vorteilen für die Arbeiter nicht durch-
schlagend ins Gewicht fallen."
— Mit einer vollständigen Niederlage der
Arbeiter hat der Ausstand der Bauanschlägcr in Ber -
l i n geendigt. Insgesamt haben 265 Arbeiter den neuen
Tarif bei Nichtinnungsmeistern bewilligt erhalten; in
den meisten Fällen aber wird jetzt wieder der alte Tarif
eingeführt werden. Unter den alten Verhältnissen ar-
beiten gegen 400 Mann, darunter über 200 aus anderen
Gewerben als dem der Bauanschläger. 166 bisherige
Ausständige werden voraussichtlich dauernd arbeitslos
bleiben. Die Arbeit soll überall, falls Beschäftigung vor-
handen, bedingungslos wieder ausgenommen werden.
Der Ausstand hat sechs Wochen gedauert und 140 000
Mark gekostet.
Ausland.
Oesterreich-Uugsrn.
Budapest, 27. Sept. Ein heute in Fiume einge-
trofsener englischer Oberst begibt sich nach Bu-
dapest, um sestzustellen, welche ungarische Badeorte ge-
eignet sind, 1200 in Südafrika verwundete und er-
krankte Offiziere zur Behandlung aufzunehmen.
Rußland.
Petersburg, 27. Sept. Der russische Gesandte
Lessar in Peking hat unter Benutzung der fertigen
Strecke der sibirischen und mandschurischen Bahn die
Reise von Petersburg nach P o r t A r t h u r in 20

^agen zuruckgelegt. Die mandschurische Bahn erhielt
b,s letzt 150 Lokomotiven,die in südrussischen Fabriken
hergestellt nnd zu Schiff aus Odessa nach Wladiwostok
gebracht worden sind. In kurzer Zeit sollen weitere 50
Lokomotiven für die mandschurische Bahn abgehen.
Kleine Zeitung.
Hochschulnachrichtcn. An der Universität Bres-
I a u wurde un verflossenen Studienjahr an 92 Personen
dre Doktorwürde erteilt. — In der medizinischen Fakul-
tät promovierten 38, in der philosophischen 63, darunter
21 Chemiker, wovon 1 Dame.
— Straßburg i. E., 29. Sept Die 46. Versammr
lung Deutscher Philologen und Schulmänner soll vom
1. bis 4. Oktober in den Räumen der Kaiser Wilhelm-
Universität tagen. Es sind für die Beratungen in den
einzelnen Fraktionen eine ganze Fülle von Vorträgen
angesagt, die in letzter Zeit noch weiteren Zuwachs er-
hielten.
— Der Vesuv zeigt eine derartig bedrohliche Thä-
tigkeit, daß in Neapel einAlarmdien st eingerichtet
wurde.
— Kopcxhagen, 27. Sept. Der dänische Danrpfer
„Beira" meldet, er habe am 23. d. M., 4 Uhr nachmit-
tags, in der Nordsee, 25 englische Meilen nördlich vom
East Goodwin, einen sehrgroßenBallon namens
„La Capria", etwa 300 Ellen über der Wasserfläche mit
6 Meilen Fahrgeschwindigkeit der englischen Küste zu
fliegen sehen. In der Gondel sei ein f ra n z ö s i s ch e r
Offizier gewesen, der „alles wohl" gemeldet habe.
Maastricht, 29. September. Der Zustand des Oberst-'
leutnants v. Ziegler war bedenklich, jetzt befindet sich
v. Ziegler indessen außer Lebensgefahr. Außer dem
Bruch der Kinnlade hat er einen Beinbruch und einen
NiPPenbruch erlitten. Der norwegische Militärattache
Kleestadt und der russische Militärattache Müller haben
bei dem Unfall leichte Verletzungen davongetragen.
(Oberstleutnant v. Ziegler ist Kommandeur der Kriegs-
schule in Potsdam und steht ü In satte des 2. Westfä-
lischen Infanterieregiments Nr. 15. Wie weiter ge-
meldet wird, wäre der verletzte Kutscher von Schuld
nicht freizusprechen, weil er den Motorwagen unmittel-
bar vor der Stadt mit rasender Eile habe dahinfahren
lassen. Vielleicht hatten auch die Offiziere zur Eile ge-
drängt. Sie fuhren nach Valkenberg, um sich zu einem
Mahle bei dem Gouverneur in Maastricht umzukleiden.)
— Posen, 27. Sept. Das Landgericht verurteilte
die sozialdemokratische Schriftstellerin Rosa Lübeck
genannt Lurenburg, wegen Beleidigung des Kul-
tusministers Dr. Studt, begangen in einer Broschüre, die
die Verordnung über die Regelung des religiösen Un-
terrichts besprach, zu 100 Mk., den Arbeitersekretär
Kasprzak wegen Verbreitung der Broschüre zu 50 Mk.
Geldstrafe.
— Wien, 26. Sept. Bürgermeister Luegerist heute
von dem Advokaten Dr. Ofenheim, dem Sohn des
bekannten Bahnbau-Unternehmers der Lemberg-Czerno-
Witz-Jasstz-Bahn zum Duell gefordert worden. Als
Hausbesitzer weigerte sich Ofenheim, den Wasserzins zu
zahlen, worauf die Kommune den Wasserzufluß absperrte.
Ofenheim griff den Bürgermeister im „Tagblatt" heftig
an. Lueger nannte in öffentlicher Sitzung Ofenheim
einen „böswilligen Narren". Hierauf erfolgte die For-
derung, die durch zwei Offiziere überbracht wurde.

An des Lebens Scheidewege.
Skizze von HanS ReiS.
(Schluß.)
. Die junge Mutter blieb die Antwort schuldig, nur ihre
Wpcn bebten.
„Wann kommt er wieder, Mama?" forschte das Kind
'ch einmal dringender. „Zn Brüderchens Geburtstag Wohl,
cht wahr?"
„Nein, Liebling."
„Dann aber doch zu meinem Geburtstag? Ja, Mama?"
„Auch dann nicht."
„Aber zu Weihnachten." das fragende Sümmchen wurde
'"'er ungeduldiger, „dann muh er doch zu uns kommen,
" Papa?"
. „Nein!" Die junge Frau schrie es fast hinaus, dies Nein.
^ hatte ganz vergessen, dah sie zu ihrem Kinde sprach.
"'Mn er jetzt geht, dann kommt er nie — niemals wieder!"
Sie preßte das erschrockene Kind in ihre Arme und drückte
^ thränenüberströmte Antlitz in seine blonden Locken.
Die Kleine hatte sich hastig, ängstlich frei gemacht.
„Nie — niemals wieder," wiederholte sie der Mutter
'""re, und etwas von dem namenlosen Schmerz der Frauen-
"Nne zitterte auch in dieser kindlichen Wiederholung nach,
"(d deshalb weinst Du, Mama?" Die blauen Augen leuchte-
w plötzlich erwachtem Verständnis auf. „Aber Du brauchst
M SN weinen!" Sie schüttelte energisch das Köpfchen,
weiht ja — wenn man den lieben Gott so recht um etwas
dann giebt er es auch ganz gewiß. Und ich werde
" whr bitten, dah er den lieben Papa bei uns läßt — immer."
^>e eilte die Düne hinauf, bis die dort wachsenden, dichten
svrnbeersträuchcr sie den Blicken der Mutter entzogen; dann
Ist' sie energisch die dicken Händchen, suchte mit den Au-
! ängstlich das winzige Stückchen Himmel, das dm,Kiefern
st N'eigciben, und begann mit halblauter Stimme emdrmg-
' 3" munncln: ' ,
„lieber Gott im Himmel, bitte, bitte, mach doch, dah

I der liebe Papa bei uns bleibt! Ich will auch immer sehr artig
i sein, und Brüderchen soll auch immer sehr artig sein. Aber
Du muht es meinem Papa auch ganz bestimmt sagen, dah er
nicht von uns fortgehen darf; denn sonst muh die arme Mama
immer weinen. Amen!" setzte sie dann schnell, sehr erleichtert,
hinzu nnd lief wieder zurück zur Mutter.
„Mama," berichtete sie Vieser triumphierend mit komi-
scher Wichtigkeit, „jetzt brauchst Du nicht mehr zu weinen!
Ich Halls ihm gesagt, dem lieben Gott — alles — ganz genau.
Du sollst sehen, er läßt uns den Papa!"
„Du süße Unschuld," murmelte die junge Frau und lächelte,
ein bitteres, schmerzliches Lächeln.
Dann rief sie ihren kleinen Knaben, der in einiger Ent-
fernung vergnügt im Sande spielte, nahm jedes der Kinder
an der Hand nnd schritt mit ihnen dem lieblich gelegenen
Badeort wieder zu.
Hinter dem Brombeerstrauch aber erhob sich die schlanke,
feingliedrige Gestalt der jungen Schauspielerin. Das
Buch, in dem sie gelesen hatte, glitt zur Erde; mit zitternden
Fingern strich sie das dunkle Haar aus der Stirn und flüsterte
selbstvergessen vor sich hin:
„Und dieser Frau soll ich den Gatten — diesem Kinde
den Vater rauben? Das wäre ebenso grausam als erbärmlich,
und beides kann und will ich nicht sein!"
Als Nora Lenzen in ihrem mit schablonenhafter Eleganz
eingerichteten Hotelzimmer saß, starrte sie lange unschlüssig
auf das vor ihr liegende-, weihe Briefblatt. Was sollte sie
ihm schreiben?
„Ich muh es ihm leicht machen," dachte sie. „Wenn er
mich verachten kann, wird er mich am schnellsten vergessen."
Hastig bedeckte sie den Bogen mit wenigen Worten:
„Lieber Heinz! Soeben hält Fürst Radclow, der reiche
Russe, von denen ich Ihnen schon oft erzählte, um meine
Hand an. Da habe ich mich denn noch einmal geprüft, ernst-
lich geprüft, und — seien sie nicht böse, Heinz — aber das
Resultat dieser Prüfung war, dah ich dem Fürsten schrieb,
ich würde seinen für mich sehr ehrenvollen Antrag annehmen.
Ich weih nicht, ob Sie mich verstehen können; aber — ich

glaube doch, für das immerhin bescheidene Dasein einer kleinen
Schrieftstellcrsgattin eigne ich mich nicht. Ich brauche Glanz,
Rang und Reichtum! Alles das kann Fürst Michael mir geben.
Verzeihen Sie mir also wenn Sie können, — und vergessen
Sie mich. Nora."
Sie schellte. Sogleich erschien ihr pfiffig dreinschauendes
kleines Kammermädchen.
„Anna," sagte sie zu dieser, „ich habe soeben die Nach-
richt erhalten, dah ich noch heute nach Berlin muh. Sie können
morgen mit den Sachen Nachkommen. Diesen Brief lassen
Sie, nachdem ich abgefahren bin, aber — verstehen Sie mich
recht — erst nachdem ich abgefahren bin, durch den Portier
an seine Adresse befördern." --
Etwa anderthalb Jahre später sah der bekannte Schrift-
steller Heinrich D . von bestem neuestem Drama alle
Welt sprach nnd schwärmte, mit der Gattin beim Morgenkaffee.
Beide studierten eifrig die Zeitungen.
„Ah!" machte die junge Frau plötzlich mit leichtem Er-
schrecken.
„Nun, was giebts denn, kleine Frau?" fragte er lächelnd.
„Du liest doch sicher Ivieder zuerst die Familicn-Nachrichten.
Wer hat sich oenn verlobt oder wer ist gestorben?"
„Ach — cs ist — sieh doch einmal, Henrz, hier."
Sie reichte ihm das Blatt herüber und bezeichnete mit dem
Finger eine Stelle.
„Vermählt: Fürst Michael Radelow mit Fräulein Nora
Lenzen," las er gehorsam. „Ach, sieh dal Also erst jetzt hat
sich die schöne Nora in eine Fürstin Radelow verwandelt. Ich
dachte, das hätte sie längst absolviert."
„Nun — und — Du Heinz, was sagst Du dazu?"
Die junge Frau sah ihm mit ängstlichem Ansdruck in die
Angen und legte die Hand leicht ans seine Schulter.
„Ich? O — mich läßt die Sache eigentlich verzweifelt
kalt. Indessen — ich will aufrichtig sein — im Grunde mei-
nes Herzens bin ich der schönen Fürstin sehr dankbar. Lehrte
sie mich doch mein wahres Glück erkennen und würdigen I"
Innig zog er die Hand seines blonden Weibes an die
Lippen und blickte ihr zärtlich in das lieblich errötende Antlitz.
 
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