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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 255 (1. Oktober 1901 - 31. Oktober 1901)
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den ausgestellten Listen war uns keine sympathisch. Das in-
direkte Wahlrecht machte es uns unmöglich) eine eigene Liste
zum Zweck die Wähler zu zählen, aufzustellen. Unsere ei- .
genen Vorschläge für ein Kompromiß unter den bürgerlichen
Parteien wurden zurückgcwiesen. (Allen zum Teil unglaub-
lich verleumderischen Behauptungen liberaler Blätter gegen-
über, konstatieren wir hier noch einmal, daß Herr Wacker-
es war, der einen Kompromißvorschlag machte.)
Die Mißstimmung gegen die Sozialdemokratie war einer-
seits sehr groß, auf der andern Seite die Erbitterung gegen
die Nationalliberalen mindestens ebenso groß. Das Resultat
konnte nicht anders sein als Zersplitterung. Das indirekte
Wahlrecht ins Pfefferland zu wünschen, haben unter solchen
Umständen ganz besonders wir Karlsruher Zentrumsleute
allen Grund.
Also: dis Parole war immer: „Keine Nationallibe-
ralen unterstützen", andererseits aber machte Wacker
einen Kompromißvorschlag. Auch da trifft man wieder
auf einen Widerspruch. Einigermaßen gemildert wird
dieser allerdings durch die Art des Kompromißvorschlags.
Herr Wacker wollte zwei Nationalliberale mit dem kirch-
lichen Programm des Zentrums zugestehen. Das wäre
gerade so, als wenn die Nationalliberalen als dritten
Abgeordneten einen Zentrumsmann mit nationallibera-
lem kirchenpolitischen Programm bewilligt hätten. Po-
litischer Unsinn! Herr Wacker und seine Freunde mögen
also doch mit dem Hinweis, daß Wacker einen Kompro-
mißvorschlag gemacht habe, fein zu Hause bleiben, sonst
wird ihre Blamage noch größer.
— Im „Be ob." beginnt ein Herr W. dafür zu
plaidieren, daß das Zentrum mit stolzer Genugthuung
auf die Landtagswahl zurückblicken dürfe. Ob ihm das
auch nur die Leser des „Beob." glauben werden?
— Die A bgeo r dn et e nw a h l ist allgemein auf
den 16. Oktober anberaumt.
— Dem „Vorwärts" zufolge werden dis Karls-
ruher Sozialdemokraten die dortige Wahl durch eine
Protestschrift an den Landtag anfechten und sich
dabei auf die Neueinteilung einiger Wahlbezirke stützen.
LO Karlsruhe, 8. Okt. Daß das kurzsichtige
Vorgehen derer um Wacker in Karlsruhe auch in würt-
temb. ultramontanen Kreisen nicht behagt, zeigt
folgende Bemerkung des „Oberschw. Anz.": „Mit der
Vernichtung der Nationalliberalen a tout Prix war es
wieder nichts, dagegen haben die Vorgänge im Karls-
ruher Zentrumslager das Bedauern weiter wohlgesinn-
ter Zentrumskreise erregt, was hier rückhaltlos ausge-
sprochen sein soll."
L.U. Villingen, 8. Okt. Wie dem „Schwarzwäl-
der" mitgeteilt wird, soll in Neustadt die Wahlmänner-
wahl an gef achten werden wegen ungesetzlich-r Hand-
habung der Wahlordnung in einem Bezirk. (Der Bezirk
Neustadt hat uliramontan gewählt.)
Batzern.
M ü nchen, 7. Okt. (Landtag.) Im Landtage er-
klärte heute der Minister des Innern v. Fsilitzsch:
Die Regierung werde iin Bundesrat für eine mäßige
Erhöhung des Hopfenzolles und für eine
Erhöhung des Tabakzolleseintreten. Der
Zolltarif sei zu dem Zwecke gemacht worden, der Land-
wirtschaft aufzuhelfen. Es seien Wohl auch einige Jn-
dnstriezollerhöhungen ausgenommen, aber das sei ver-
schwindend im Verhältnis zu den aufgenommenen Landj-
wirtschaftszöllen. Der Minister redet der Hilfsbedürftig-
keit der Landwirtschaft das Wort. Die Lasten seien in
den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen, die Erträge
gesunken. Es sei nicht nachgewiesen, daß die Arbeiter
zu den Bedürfnissen des Staates mehr beitragen als
die Landwirtschaft. Bei den arbeitenden Klassen seien
die Lasten geringer geworden, bei den Besitzenden ge-
stiegen. Der Minister beruft sich darauf, daß die beiden
großen Parteien insgesamt von der schlechten Lage der
Landwirtschaft und von der Notwendigkeit einer Zoll-
Hilfe überzeugt seien, lieber das Maß beständen aller-
dings noch Unterschiede in den Meinungen, auch in der
einzelnen Partei. Da habe nun die Regierung einen
Ausgleich, eine Vermittelung zu schaffen ge-
trachtet. Wenn das auch den agrarischen Rednern, vom
Standpunkt des Landwirtes aus nicht genüge, so habe
doch die Regierung das Wohl des ganzen Landes ins
Auge zu fassen. Redner tritt den sozialdemokratischen
Verbringungen entgegen, daß die landwirtschaftlichen
Bodenpreise gewachsen seien. Man dürfe die Land-
wirtschaft des ganzen Landes nicht nach den landwirt-
schaftlichen Erhebungen der Regierung von 1883 (Stich-
proben-Erhebungen in ausgewählten Normalarten der
einzelnen Regierungsbezirke) beurteilen. Gegenüber der
sozialdemokratischen Ausführung, daß die Stellung der
Kammermehrheit in den Agrarzollfragen nicht der Aus-
druck des Willens der Mehrheit des Volkes sei, sagt der
Minister: Die große Mehrheit der Kammer
und des Volkes will den A g r a r z o l l s ch u tz.

— Köln, 7. Okt. Ein neuer Rhein-See Kämpfer
der Dampfschiffahrtsgesellschaft Neptun in Bremen ist hier
eingetroffen, begrüßt durch reichen Flaggenschmuck der übrigen
zur Zeit hier anwesenden drei Rheiu-Seedampfer. Das
Boot ist auf der Werft der Aktiengesellschaft Weser in
Bremen erbaut, faßt 800 Tonnen und ist auf den Namen
Jupiter getauft. Es wird in den unmittelbaren Rhein-
Seedienst Köln-Königsberg eingestellt, sodaß dieser nunmehr,
wie auch die übrigen Hauptlinien, von je drei Dampfern
versehen wird. Die Zahl der auf dem Rhein verkehrenden
Rhein-Seedampfer der Gesellschaft Neptun ist nunmehr auf
20 gestiegen.
— Lissabon, 8. Okt. In der Bai von Peniche sank
infolge des Sturmes ein Fischerboot. 19 Mann sind er-
trunken.
— Nvctte Guilbert wird nach dem „Berl. Tagebl."
in diesem Winter mit einer Gesellschaft Pariser Künstler
nach Berlin kommen, um hier in einem eigenartigen
Rahmen neben den 43 deutschen Ueberbretteln einmal
echte französische Cabaretkunst zu zeigen. In ihrer Be-
gleitung befindet sich die „Blüte des Montmartre":
Fragerolles, Riviere Montoyard, Villers u. A. Auch
einige der Schattenspiele von Caran d'Ache sollen vorge-
führt werden. Das Theater, in dem die Aufführungen
stattfinden sollen, ist noch nicht bestimmt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
dem Postsekretär Heinrich Hartmann aus Durlach unter
Ernennung desselben zum Postmeister die Vorsteherstelle bei
dem Postamte II in Breisach übertragen.

Ausland.
Frankreich.
Paris, 8. Okt. Die Blätter nehmen den gestern
veröffentlichten Ausweis der indirekten Steuernfür
den Monat September, der einen Ausfall von 20
M'llwnen Francs feststellt, zum Anlaß, um sowohl die
Finanz- als auch di: allgemeine Politik der Regierung
neuerdings auf's schärfste anzugreifen. Sir erklären, die
Ursache des Defizits sei teils in dm Streiks zu suchen,
welche Handel und Industrie in schwerer Weise belasten,
teils in den Besorgnissen vor den Erfolgen, welche die den
Sozialisten gemachten Zugeständnisse haben müßten.
Paris, 8. Okt. Der „France Militaire" zufolge
beabsichtigt Frankreich, auf diplomatischem Wege die
deutsche Regierung zu ersuchen, das Tureunedenk-
malbeiSasbach in Baden vor Verunglimpfung zu
schützen. (Das bezieht sich wohl auf die hier erwähnten
Klagen, welche der französische Wächter des betreffenden
Denkmals über angebliche Belästigungen erhoben haben
soll. Die Veröffentlichungen des Bürgermeisters in die-
ser Angelegenheit haben den Beweis geliefert, daß der
Wächter an all diesen Dingen selbst die Schuld trägt.
Es wäre daher eher anznraten, daß Frankreich diesen
Mann abberufen und durch einen geeigneteren ersetzen
möge. Red.)
Türkei.
M o n a st i r, 8. Okt. Als der türkische Stabs-
Offizier Balil Nezzes Bey wegen schwerer in einem
hiesigen Cafähause gegen den Sultan ausgestoßenen Be-
leidigungen verhaftet werden sollte, erschoß er drei
Offiziere und mehrere andere Personen. Er wurde
schließlich von der wütenden Volksmenge getötet.
Afrika.
— Broeksma, der kürzlich zum Tode verurteilt und
erschossen wurde, war nach der „Voss. Zig." ein geborener
Holländer (aus Friesland), der vor etwa 15 Jahren in
den Oranjefrcistaaten auswanderte. Er wurde nach einem
kurzen Aufenthalt in Bloemfontein zum „Rechtsagent,, (halb
Beamter, halb Advokat) in dem benachbarten Dcwetsdorp
ernaunt, wo er sich mit einem freistaatlichen Mädchen ver-
heiratete.- Später siedelte er nach Johannesburg über, wo
er von der Regierung der Südafrikanischen Republik zum
Staatsanwalt ernannt wurde. Er kämpfte eine Zeit lang
in den Reihen der Buren, ergab sich dann, hat aber, wie
er bis zum letzten Augenblick versicherte, den Engländern
niemals den Eid der Treue geleistet. Er hinterläßt fünf
kleine Kinder. Das Verfahren war sehr summarisch und
klärte dm Fall durchaus nicht auf. Es war keine Ver-
urteilung, sondern ein Mord.

Aus Stadt und Lmrd.
Heidelberg, 9. Oktober.
A Zum Rodensteiner. Seit einigen Tagen konzertiert hier
die Tyroler Sängergcsellschast die „Pusterthaler" und übt auf
das Heidelberger Publikum große Anziehungskraft aus. Die
Leistungen sind aber auch recht anerkennenswerte. Sowohl die
Vokalvorträge der einzelnen Damen und Herren und des ge-
samten Chores in tyroler Mundart, wie die Zithervorträge
ernster und heiterer Art versetzen die Zuhörer in angenehme
Stimmung, sodaß der Besuch des Rodensteiner, in dem augen-
blicklich eines der besten Münchener Biere verschenkt wird, sehr
zu emvfehim ist.
(I) Gemäldekauf. Die Stadt Heidelberg kaufte von
Herrn Kunstmaler Alfred Reinhardt, Kaiserstraße 68, ein
Portrait Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs zum
Preise von 800 Mark. Das Bild ist im alten Rathaussaal
ausgestellt und ist ein wohlgelungenes Kunstwerk. Herr-
Alfred Reinhardt, ein geborener Heidelberger, hatte vor eini-
gen Jahren die Ehre, Seine Königliche Hoheit malen zu dür-
fen, das Bild wurde dann von Seiner Königlichen Hoheit
angekauft. Außerdem steht von dem jungen Künstler im
Kunstvcrein ein vortreffliches Portrait eines hiesigen, sehr
bekannten Herrn ausgestellt. Wögen diese Zeilen dazu bei-^
tragen, dem Herrn Reinhardt reichliche Aufträge zuzusichernI
x Portlandzemcntwerk. Die von cmderer Seite gebrachte
Nachricht, das Portlandzementwerk in Leimen betreffend
können wir dahin richtig stellen, daß nur eine Kündigung von
Arbeitern zur Herbeiführung der üblichen Betriebseinschrän-
kung während der Wintermonate stattgefunden hat, während
alle weiteren Angaben unrichtig sind.
W Unfall. Gestern Mittag um 12 Uhr wurde anläßlich von
Reparaturarbeiten am Kühlschiff in einer hiesigen Brauerei von
einem Arbeiter ein Stück Balken herunteracworfen, das einem
zufällig unter dem Gerüste durchlaufenden Brauburschen auf den
Kopf siel. Der Getroffene erlitt einen komplizierten Schädel-
bruch und mußte ins akademische Krankenhaus gebracht werden.
— Polizeibericht Verhaftet wurde ein Schloffergeselle
wegen Betrugs, ein Küfergeselle wegen obdachlosen Umherziehens
und ein Taglöhner, der aus einer Zwangsanstalt entlaufen war.
Drei Personen kamen wegen Ruhestörung zur Anzeige.
(I) Eppingen, 8. Okt. (Tätliche R a u f h ä n d e l.)
Gestern Nacht gerieten zwei Fremde, die sich seit einigen Ta-
gen hier als Taglöhner in landwirtschaftlichen Arbeiten auf-
hielten, miteinander in einem Wirtshause in Berwangen in
Streit. Der eine warf den anderen derart zur Thüre hinaus,
daß er kurze Zeit darauf starb. Das Gericht von Eppingen
verfügte sich noch in der Nacht nach Berwangen. Der Thä-
ter wurde in das Amtsgefängnis nach Eppingen verbracht.
(?) Schwetzingen, 8. Okt. (Pestalozzi-Verein.)
Gestern tagte im Falken (Kolosseum) die Generalver-
sammlung des Pestalozz i-V er ei ns badischer
V o l k s s ch n l l e h r e r. Es hatten sich 300 Mitglieder aus
allen Teilen des Landes eingefunden. Die Versammlung
wurde von Hauptlehrer Renkert hier begrüßt und geleitet.
Oberschulrat Dr. Wehgoldt überbrachte die Grüße der Gr.
Oberschulbehörde und Bürgermeister Häfner die der Stadt
Schwetzingen. Auch von anderen Lehrervercinen würden
Grüße übermittelt, n. a. von dem Vorstande der Alicenstiftung
in Hessen. Nach dem borgetragenen Rechenschaftsberichte be-
tragen die Einnahmen 282 079 Mark, die Ausgaben 278 566
Mark. Das Reinvermögen ergiebt 800 464 Mark, weist also
eine Vermehrung von 22 902 Mark auf. Die Zahl der Mit-
glieder ist 2850. Seit Gründung des Vereins (1846) star-
ben 1412 Mitglieder. Die an die Hinterbliebenen ausbezahl-
ten Bcnefizien betragen im ganzen 1 247 838 Mark. Nach
Erschöpfung der Tagesordnung und der damit verbundenen
Diskussion bezw. Beschlußfassungen fand ein gemeinsames
Essen statt, gewürzt von zahlreichen Trinksprüchen. Alsdann

erfolgte ein Spaziergang durch den Schlotzgarrcn und abends,
vereinigten sich die hier gebliebenen Teilnehmer zu einen)
Bankett. Die nächste Generalversammlung wird ln drei
Jahren abgehalten werden. Der Versammlungsort wurde
der Zentralverwaltung überlassen.
---- Weinheim, 8. Okt. (D i ö z ö s a n-S y n o d e.
Sturm.) Unter dem Vorsitz des Herrn Dekan Nüsilin von
Ilvesheim wurde heute in der Altstadtkirche dahier die dies"
jährigeSynode der Diözöse Ladenburg—Weinheim abgehalien-
Eingeleitet wurde dieselbe, durch einen Choralgesang und eim'
herrliche Ansprache des Dekans an die Synodalen aufgrund
der Schriftworte: Himmel und Erde werden vergehen, aber
meine Worte werden nicht vergehen. Im weiteren erstatt
tete derselbe sodann Bericht über die im Laufe des Jahres
vorgckommenen Personalverändernngen infolge von WegzuS
und Todesfällen. Im Anschluß hieran gab dann der Vor-
sitzende einen umfassenden Bericht über die kirchengeschichrlicheN
Zustände der Diözese in den letzten Jahrhunderten, insbeson-
dere über die Einführung der Union vom Jahre 1821, und
zwar nach Anfang, Durchführung und weiteren Entwicklung
derselben bis auf die neueste Zeit. Das Referat war in je"
der Beziehung ein sehr anregendes und interessierte die StP
nodalen sichtlich. Die Mitteilungen über den derzeitige»
kirchlichen Zustand der Diözese geben hier zu keinen weitere»
Bemerkungen Veranlassung, ebenso die vorgenommenen Wall"
len. Das Mittagsmahl wurde, wie seither üblich, im „Pfätt
zer Hof" eingenommen. — Der orkanartige Sturm am letz"
ten Sonntag richtete auch hier an den Bäumen und durch
Abdeckung von Dächern großen Schaden an, besonders in de»
Gemarkungen der Orte Lützel- und Hohensachsen. Di§
stärksten Nußbäume wurden entwurzelt und umgeworfen.
st Mannheim, 8. Okt. (Regiments-Umzug.) HerM
Vormittag fand die Uebersiedelung der zwei hier garnisp"
nierenden Bataillone des 2. Bad. Grenadierregiments Kai"
ser Wilhelm I. Nr. 110 in die ans dem früherer Exerzier"
platze errichteten Kasernen statt. Die zwei Bataillone nähme»
gegen ?49 Uhr auf dem Karl Theodor-Platze Aufstellung. De)'
Abmarsch der Truppen erfolgte unter den Klängen des
von der Musik gespielten Liedes „Muß i denn, muß i de»»
zum Städtle hinaus." Zum Empfang an der neuen Kaser»)
hatten sich eingefunden die Herren Oberbürgermeister Beck-
Bürgermeister Martin, Bürgermeister von Holländer, Reichs"
tagsabgeordneter Ernst Bassermann, verschiedene Stadträke-
Oberamtmann Dr. Strauß, Offiziere des Landwehrbezirks"
kommandos, Garnisonbauinspektor Hohn, sowie die übrigst'
Herren von der Kasernbaulciinng. Nachdem die Truppen '!'
den großen Kaserncnhof einmarschiert waren, ritt Herr Ober»
von Safft vor die Front, um eine Ansprache zu halten, die st-
mit einem Hurrah ans Kaiser und Großherzog schloß. Freud»)
stimmte das ganze Regiment ein, und die Musik spielte d»
Nationalhymne. Sodann erfolgte der Parademarsch vor de»
Regimentskommandeur -und den geladenen Gästen. Unsis
Führung des Herrn Garnisonbauinspektors Hohn wurde h'st.
rauf eine Besichtigung vorgenommen. Sodann folgten
Gäste der Einladung des Regiments zu einem Frühstück. D»
neue Kasernenanlage macht einen pompösen, stattlichen EM
druck. Man glaubt einen kleinen schmucken Stadtteil vor ist,
zu haben. Mit dem Raum ist nirgends gekargt worden. -st')
einzelnen Gebäude gruppieren sich in zweckentsprechend),
Anordnung um den großen Kasernenhof. Die Anlage beste'»
aus vier Mannschaftsgebäuden, von denen jedes für zw'
Kompagnien bestimmt ist, zwei Wirtschaftsgebäuden, eine',
Stabsgebäude, einem Kricgsdcpoigcbäude, einem Provia'st
amtsgebäude, zwei Wohnhäusern für die verheirateten linke))
offiziere und Feldwebel, und verschiedenen kleinen Nebe>.
gebäuden. Das 'Offizierskasino ist noch im Bau begrifft.)
und wird erst im Frühjahr n. Js. in Betrieb genommen west
den können. Alle Gebäude entsprechen hygienisch den weitest
gehenden Anforderungen. Die Mannschaftszimmer sind U»st
und luftig, ihre Ausstattung freundlich. Alles in Hellen N.st
ben gehalten. In den zwei Wirtschaftsgebäuden befinden >' j
die Mannschafts- und klnteroffiziersküchen mit angrenzend)
Eßsälen und den Kantinen. Im Keller sind Brausebadanlag ^
nntcrgebracht worden. Das Proviantamtsgebäüde ümf»»
u. a. ein dreigeschossiges, für den Kriegsfall berechnen"
Mehl- und Körnermagazin, jedes Geschoß 800 OuadratimM.
Lagerfläche enthaltend. Die ganze Kaserncnanlage umst»
cirka 60 000 Quadratmeter und hat circa 2 600 000 Mark S
kostet. Später soll auch noch ein Militärlazarett daselbst '
baut werden. — Ein hiesiges Blatt schreibt zu
Umzug: Seit hundcrtachtzig Jahren beherbergt st,
Rheinthorkaserne, seit über hundert Jahren die ZeughM st,
kaserne die Garnison. Das „Muß i denn, muß i denn ft „
Städtli hinaus", welches die Kapelle anstimmte, mag nicht » ^
unseren wackeren Grenadieren ans Herz gegangen sein, ,
den Bürger überkam eine wehmütige Stimmung. Es ist -'st.,,
doch wieder ein Stück Altmannheim, das mit dem Umzug
loren geht und was das bedeutet, das fühlt auch wohl -
Fortschrittsfanatiker. .,, c
Mannlieim, 7. Okt. (Schwurgericht.) Z w e r>
Fall. Einen Meineid um nichts hat der 21 Jahre
Maurer Heinrich Striehl aus Neckarau geleistet,
handelte sich um eine einfache Rauferei, wegen welchm -stj
Dreher Jakob Keidel und sein Bruder am 30. Mai d. J-.st.,,
vor dem Schöffengericht zu verantworten hatten. Die be'st,,
Keidel hatten sich am 14. April d. I. mit dem Angeklatz^'
und den Brüdern August und Friedrich Spitzer gebalgt. stst
dem Schöffengericht behauptete Jakob Keidel, Striehl fest'.,,,
erhobener Faust auf ihn zugegangen. Er habe angenomm.^-
Striehl habe ein Messer und habe ihm deshalb zwei Vst,(,
versetzt, worauf Striehl zu Boden getaumelt sei. Str'st^
d'er als Zeuge vernommen wurde, erklärte auf die Frage ^
Vorsitzenden, ob er ein Messer irr der Hand gehabt habe- st
habe überhaupt kein Messer gehabt. Diese Angabe entft - >s
nicht der Wahrheit. Striehl hatte bei dem Streit ein
Mctzgermeffer, das er nach der Affaire der Mutter der best ^
Spitzer zum Verstecken gab. Die unwahrscheinlich klingst,
Angabe Striehls wurde zu Protokoll genommen, allem -ste
klage wurde erst erhoben, nachdem August Spitzer aus -» y-,
weil Striehl ihn des Diebstahls von 10 Mark beschulst'»,^
seinen früheren Bundesgenossen Striehl bei der StaatscM» st
schaft als meineidig denunziert hatte. Striehl legte ai" st
ein Geständnis ab und verhaft in der zweiten Instanz dem
Schöffengericht verurteilten Jakob Keidel zur Frersprew ,,,
Auch heute gab er an, allerdings ein Messer gehabt 8» 7-M)
indessen habe er es gar nicht in die Hand genommen. Er '
es wohl gebraucht, wenn die Keidel sich nicht in Mst'stnst
zurückgezogen hätten. Er habe die Unwahrheit gesagt, ^,st
Angst, er werde bestraft werden. Das Urteil lautete am
Zuchthausstrafe von 1 Fahr und 5 Jahre Ehrverlust.
Mannheim, 8. Okt. (Schwurgericht.) Vorftsttzy
der Herr Landgerichtsdirektor Wengler. Vertreter^ der
Staatsbehörde Herr Staatsanwalt Morath und Hem
Emmerle (Mosbach). i>''
Dritter Fall. Die F a l s ch m ü n z e r e r
Laufe der Jahre, wie so manches, auf den Hund Sstm
In alten Familienblättern findet man noch Darste»» st,c
aus dem Falschmünzerleben, nach welchen diese mmst.sts>
Kunst einst von einem Schimmer der Romantik 9)' -rs'
wurde. In pittoresken Werkstätten sieht inan die »
Falschmünzer, muskulöse Gestalten mit PhysiognoM» st-,»
denen sich die Kühnheit des Banditen mit der Verscy' ^
heit des Falschspielers mischte, an der Arbeit. Heu c> -c>)
halten normale Verbrechernaturen nicht mehr viel »„.«pst
Münzfälschen. Das Nachmachen blauer und brauner --
lohnt sich besser. Mit den Silbcrmünzen Placken sich

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