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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 256 - 281 (1. November 1901 - 30. November 1901)
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Zweites Blatt.

Montag, 4. November IM.

Erscheint täglich!, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich
Anzeigenpreis: 80 Pfg. die Ispaltigc Petitzeile oder deren Raum.
vorgeschrtebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate auf den Plakättafeln der Heidelberger Zeitung" und denHlaka'tfäillen? —

lienblättern monatlich SO Pfg. in'S Haus gebracht bei der Expedition und den Zweigstellen abgebolt 40 Pfa Durck, me man ne.
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr. ^ ^ ^ °
. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäftsk und e ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen' an bestimmt

Sjejn und Aewet über den Stand der
Kriegsführung.
, Der Graaf-Reinet Advertiser, ein loyalistisches Matt
Ar Kapkolonie, giebt einen interessanten Bericht über den
Much, den die zwei Geistlichen Murray und I. F. Bo-
Äa im Interesse der Kapkolonisten Präsident Steijn und
Aneral de Wet abstatteten. Sie erreichten nach manchen
Abenteuern Lindley im Freystaat, d. h. den Ort, wo
M kleine Städtchen stand, das die Engländer, Kirche,
Aisstonskapellen und Bank eingeschlossen, niedergebrannt
Aben. Von hier führte sie ein Farmer nach Steijns
Ager, und die Unterredung fand in einem ausgebrann-
A Farmhause statt. Sie begann mit der Verlesung
sPes Briefes der Burenbevölkerung Graaf-Reinets, der
A Burenführer beschwor, die Kapkolonie nicht länger
°'lrch ihre Kommandos zu ruinieren. Steijn ant-
Artete, die Entsendung der Kommandos in die Kolonie
A ein fester Teil ihrer Taktik, die darauf ausgehe, die
Aglischen Streitkräfte über ein möglichst weites Gebiet
Mzubreiten. Eine Zurückberufung vor Friedensschluß
A ausgeschlossen, und keine anderen Friedensbedingungen
AM annehmbar als absolute Unabhängigkeit der Repu-
Aken und völlige Amnestie für alle Rebellen, die schon
^urteilten eingeschlossen. Steijn las dann den zwei
Östlichen den Brief vor, mit dem er Kitcheners Schreiben
M seine Proklamation vom 16. September begleitete,
-Antwortet hatte. Auf die Frage, ob die Situation im
AAstaat nicht hoffnungslos genug sei, um eine Uebep-
N?e zu rechtfertigen, antwortete Steijn, ihre gegen-
,Artige Lage fei viel besser, als vor einem Jahre. Ihre
Mumandos okkupierten heute einen großen Teil der
Ndkolonie, wo sie thäten, was ihnen beliebe. In den
Abubliken selbst reiche die englische Autorität nicht wei°
A als ihre Kanonen; die wahre Regierung des Landes
müe in den Händen derer, die die Landdroste und Feld-
?mets ernennen. — Steijn behandelte die zwei Prediger
M großer Höflichkeit und vermittelte ihnen auch eine
Alerredung mit deWet, bei dem sie aber noch weniger
AAlg hatten, de Wet deutete ihnen an, sie würden sich
AM ans ihre seelsorgerische Thätigkeit beschränken,
A?. führte aus, er könnte ebensogut sich gleich einen
Arick um den Hals legen, als der Bitte, die Kommmchos
Zurufen, nachgeben. Er werde sie nicht abrufen, son-
noch mehr schicken, und wenn es den Engländern
hANgen sollte, sie im Freistaat aller Lebensmittel zu
>Auben, so werde der Rest der Kommandos über den
vAo folgen und von der Kolonie leben. Auf die Frage,
es für,- recht halte, die kolonialen Afrikander so zu
^'Nieren, antwortete er kurz, wenn es das Schicksal der
publiken sein sollte, ihre Unabhängigkeit zu verlieren
b ° unterzugehen, so gingen die kolonialen Afrikander am
M gleich mit unter.

Deutsches Reich.
AM ^e Studiengesellschaft für elek-
Schnellbahnen hat die Versuchsfahrten
iehj Ar Militärbahn bisher ohne Unterbrechung fortgs-
AA Adern abwechfelnd mit je einem der beiden Wagen,
M Atmens u. Halske und der allgemeinen Elektrizi-
Mi. Mlschaft, gefahren wurde. Die Versuche sind seht
ganze, mit der elektrischen Ausrüstung versehenen

ausgedehnt worden. Man ist dem Ziele schon erheblich
näher gekommen. Die Schnelligkeit ist allmählig weiter
gesteigert worden. Man ist nach Ausweis der Selbstregi-
strier-Apparate bereits zu einer Geschwindigkeit von
130—140 Kilometer in der Stunde gelangt. Die ge-
samte Entfernung von 23 Kilometer zwischen Marien-
felde und Zossen wird jetzt in 10 Minuten zurückgelegt.
Man würde mit dieser Geschwindigkeit von Berlin nach
Hamburg schon in zwei Stunden gelangen. Die Wagen
behalten trotz dieser bisher von keinem anderen Fahrzeug
erreichten Schnelligkeit einen überraschend ruhigenGang^
Der Oberbau wird fortgesetzt einer eingehenden Prüfung
durch die sachkundigen Mitglieder der Studiengesellschaft
unterzogen. Er hat bisher durchaus seinen guten Zustand
behalten und zeigt keinerlei Veränderungen. 'Die Gü-
schwindigkeit soll in der vorsichtigen Weise wie bisher
allmählich gesteigert werden.

Ausland.
England.
London, 1. Nov. Der „Lancet", das bedeutendste me-
dizinische Fachblatt Englands, erklärt allen Grund für
die Behauptung zu haben, daß die neuerlichen Gerüchte
über dieGesundhei tdes Königs ganz unwahr
und unbegründet seien. Der Monarch befinde sich in gu-
ter Gesundheit und habe keinerlei Operation überstanden.
Diese Mitteilung stimmt durchaus mit den vertraulichen
Angaben von Personen überein, die den wirklichen That-
bestand kennen müßten und könnten und bei denen jede
kurzsichtige Absicht der Verschleierung ausgeschlossen er-
scheint. Auch bei der gestrigen Abreise des Königspaares
zum Empfang des 'heimkehrenden Thronfolgerpaares
wurde hier wie in Portsmouth allgemein bemerkt, daß
der König, der mit besonderem Interesse beobachtet wurde,
sehr wohl aussehe. Was die jüngste Unpäßlichkeit in
Schottland anbslangt, so erklärt sich der Anfall von Hüft-
weh sehr natürlich dadurch, daß König Eduard, der bei
warmem Wetter England verließ, in schneidender Kälte
in Balmoral eintraf. Er hatte, dem langjährigen
Brauche der Königsfamilie folgend, zum Empfange die
schottische Tracht angelegt, und die Aussetzung der bloßen
Knie bei solchen: Wetterumschlage hätte manchem Manne,
der viel weniger als sechzig Jahre zählt, einen rheumati-
schen Anfall gebracht.

Handel und Verkehr.
f Mannheim, 1. Nov. (Tabakbericht.) Ein Ueber-
blick über den Verlauf des Sandblatt-Einkaufs der neuen
1901er Ernte crgiebt für das Breisgau (Ried) Preise von
24—26 Mark, Qualität leichtes Zigarrengut für Einlage mit
Umblatt. Das Bühlerthal brachte ordinäres, zum teil faules
Schneidgut mit Preisen von 15 bis 18 Mark; die Haardt
erzielte Preise von 22—26 Mark, das Material ist gutbrennen-
dcs festblattiges Schneidgut. Im badischen Unterland und
an der Bergstraße wurden 16—23 Mark erzielt; das Produkt
ist hier ein leichtes slutteriges Schneidgut von geringer Farbe.
Der Einkauf des Haupttabaks begann in der Pfalz ziemlich
stürmisch, desgleichen auf der Haardt. Hier wurden für Fried-
richsthaler Tabake Preise von 85—37 Mark angelegt. In
Heddesheim im badischen Unterlande wurden zirka 12 0/,0
Zentner innerhalb weniger Stunden zu 22—25 Mark losgc-
schlagen. Seit diesem Anlauf zu einem raschen Einkauf ist
aber eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Die Inspektion
der verschiedenen Produktionsgebiete ergaben, daß die feuchte
warme Witerung des Monats Oktober dem am Dach hängenden

Fein gesponnen
2^ oder
tzt/ Das Fastnachtsgeheimnis.
Ual-Roman von Lawrence F. Lynch. — Deutsch von E. Kramer.
. (Fortsetzung.)
ÜNx'AA meiner Größe? Ja? —" Larsen reckte sich zu
Ache Allen Höhe auf und streckte die braunen Arme, für
AZ In ^ Aermcl der Jacke, die Susan ihm gebracht, viel zu
über den Kopf — „was denken Sie von meiner

sit nicht übel," sagte Steinhoff und unterdrückte sein
ließ die Arme wieder herabfallen und sah mit
Au Augen auf den Detektiv nieder. „Stehen Sie auf,"
"was sind Sie denn eigentlich für'n Kerl?"
„EchjAtf legte gemächlich ein Knie über das andere.
A>e„ AMlldigen Sie," sagte er ernst, „ich würde neben
A ieh „'ue vorteilhafte Figur abgeben. Sie find viel größer
tzU Dann schob er das Knie wieder herunter, als wenn
Ache Mühe verursachte. „Wenn ich aber die
hA'so überlege," fuhr er bedächtig fort, „kann ich auch
sie» 'Ä aufstehen." Er erhob sich langfam und stand jetzt
M^'Ue,gegenüber.
kjt"e ^ uugendlick sprach keiner der Männer ein Wort, dann
)lAr "Aff ruhig: „Es ist überraschend, wie viel man in
Eier lch ^ wahrnehmcn kann — in einer Sekunde sogar.
A Ast As Zuerst vom Wald auf das Haus zukommen sah,
chik .rde osort auf, wie groß Sie sind. Dann stürzten Sie
ich Wemhoffs Augen bohrten sich in Larfens Gesicht,
^ sofort, wie schwach Sie sind."
M stAien Sie?" stieß Larfen mit einem wilden Fluch
von einem Blitz getroffen."
Blik'Au^ wurden Sie nicht — wenigstens nicht von
her vom Himmel fuhr. Der Blitz, der Sie zur
' 8'ug in Ihrem Innern nieder, mein Freund."

Larsen wurde blaß vor Wut.
„Was wollen Sie damit sagen?" zischte er. „Ich rate
Ihnen, Ihre Zunge zu hüten."
„Und ich rate Ihnen, einem Mann nicht mit Ihrer
Größe imponieren zu wollen, das wirkt nicht immer. Ich meine
was ich sage, und wenn Sie wünschen, sich noch weiter mit
mir zu unterhalten, Mr. Larsen, so sprechen Sie gefälligst höf-
licher. Ich bin nicht Ihr Feind, wenigstens bis jetzt nicht.
Ich bin sogar bereit, Ihr Freund zu sein, wenn Sie einen
brauchen, aber, bitte, keine Prahlereien! Das reizt mich."
Er setzte sich und nahm seine frühere bequeme Stellung
wieder ein.
Larfens Wut schien sich abzukühlen. Er ergriff einen
Küchenstuhl, schwang ihn herum und setzte sich rittlings darauf
nieder, die verschränkten Arme auf die Lehne gestützt.
„Sie sind der kaltblütigste Bursche, den ich je gesehen."
brummte er. „Ich wünschte, ich könnte auch so sein."
Sseinhoff zündete sich eine Zigarre an, that einige kräftige
Züge und erwiderte: „Das können Sie nicht, das liegt nicht
in Ihrer Natur. Ein Mensch mit so wenig Selbstbeherr-
schung, wie Sie, ist übel dran, mag er auch noch so groß
fein."
„Vielleicht habe ich gar nicht so wenig, wie Sie denken,"
sagte Larsen.
„O ja, Sic haben sehr wenig. Sie können vielleicht den
Mund halten, aber Sie können ihn nicht still halten. Ihre
Lippen zucken, jeder Muskel ist in Bewegung, sogar Ihre
Hände verraten Ihre Erregung."
Larsen sah ans seine unruhig zuckenden Hände nieder und
biß sich auf die Lippen.
„Reizen Sie mich nicht. Ich könnte sonst wirklich meine
Selbstbeherrschung verlieren," stieß er hervor.
„Pah!" erwiderte der Detektiv. „Mir brauchen Sie nicht
zu drohen."
Larsen sprang auf, ging einige Male die Küche auf und
ab und blieb dann wieder vor Steinhoff stehen.


... , , ^ tjui zu macyenoen >a,weren Schaden
zugefngt hat. Dachfaule und Dachbrand sind in einem Maße
aufgetreten, daß jede Berechnung über den Umfang dieses
Kapitalfehlers heute unmöglich ist. Die meisten Käufer be-
ftehen darauf, daß der Tabak abgehäugt wird und das Kranke
Beseitigung findet. Erst dann ist es möglich, dem Produzen-
ten einen Preis zu gewähren, den er nach Lage der Dinge zu
fordern berechtigt ist. °

Winterlied.
Es konzertclt,
Hu!
Es schneit Freibillets,
Denn allabendlich
Kratzt ein Er oder eine Sie
Das Elfenbein eines Blüthner
Oder Bechstein,
Ein Jemand
Blöde, tiefsinnige Lieder dazu. —


Hu!
Sie alle aber kratzen
Sich hinter den Ohren
Ob des greulichen minus,
Manche auch kratzen wohl aus
Bevor das minus gedeckt . .
Hul
Es konzcrtelt. —

_(„Jagend.«)
Verantwortlich für den redaktionellen Teil F. Mantua, ,üc dru

Inseratenteil Th. Berkenbusch, beide in Heidelberg.

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„Eh, Sie haben 'ne gute Meinung von sich. Wie lange
sind Sie schon hier?"
Steinhofs sah auf seine Uhr und schien ein kleines Rechen- '
cxcmpel anzusteÜen.
„Etwas über fünfundbierzig Stunden."
„Und was haben Sie herausgeschnüfsclt?"
„Verschiedene wichtige Dinge. Zum Beispiel, daß Sie sich
für die verschwundene junge Dame interessiert haben sollen."
Larsen zuckte zusammen.
„Ferner habe ich erfahren, daß es in der Umgegend Leute
gibt, die meinen, Sie wüßten mehr über Fräulein Warhams
Verschwinden, als es Ihnen zu sagen beliebt."
Larsen wandte sich heftig um und begann wieder auf und
ab zu laufen.
„Na, und was sagen die superklugen Klatschmäuler noch
weiter?"
„Sie sagen, daß Sie abwesend waren, als Bertha War-
ham verschwand, daß Sie aber einige Tage nach Ihrer Flucht
sehr verändert znrückkamen."
„Das sagen sie also! Der Deubel soll sie holen! So, ich
war also verändert! Als ob das ein Wunder wäre! Jeder-
mann weiß, daß ich sogar ihren Schatten anbetete: ja, — und
doch lachten mich Alle ans!"
Steinhoff glaubte den erregten Mann in leichtem Gespräch
am ehesten zu einer Unvorsichtigkeit verleiten zu können, des-
halb sagte er nebenhin, wie scherzend: „Ja, soll ja auch ge-
rade ihr Schatten sein, der Sie jetzt beunruhigt — man be-
hauptet sogar, daß Sie an ihrem Tode Schuld sind."
„An ihrem Tode?" — Steinhoffs Ton hatte Larsen sicher
gemacht. „An Berthas Tod?" Er preßte die Hände zusammen,
als ob er sie zerbrechen wollte.
„Ich würde mein Vermögen — ich würde mein Leben
geben, zu wissen, daß sie tot ist! Aber sie ist nicht tot, ver-
flucht, sie ist nicht tot! Sie lebt, und ich will sie finden, und
sollte ich Jahrzehnte nach ihr suchen."

(Fortsetzung folgt.)
 
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