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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256 - 281 (1. November 1901 - 30. November 1901)
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Freitag, 29. November 1901.

Zweites Blatt.

48. Jahrgang. — Ir. 280.








Durch die Post be-
vorgeschriebenen Lagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Inserate ans den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung"und den^Plaka'tsänlen?—'

Per Wadische LandesgesrmdheiLsrat.
Wie bereits mitgeteilt, hat her Landesge sund-
heitsrat in seiner Sitzung vom 12. ds. Mts. unter
dem Vorsitz des Präsidenten des Ministeriums des Innern
eine Anzahl von im Ministerium des Innern ans-
gearbeiteten Verordnungscntwürfcn begutachtet. Von dem
Ergebnis der Beratungen über den Verkehr mit Milch
haben wir das Wichtigste schon mitgeteilt.
Eine längere Diskussion rief der Vorschlag hervor, in
der neu zu redigierenden Verordnung über das Begräbnis-
wesen für die Ausübung der Leichenschau in erster
Reihe praktische Aerzte in Aussicht zu nehmen, wie dies
in Bayern jetzt schon der Fall ist und in Hessen zur Zeit
erwogen wird. Trotz einzelner Bedenken sprach sich die
überwiegende Mehrheit für diesen Vorschlag aus, der in
krimineller wie in medizinal-statistischer Hinsicht einen Fort-
schritt bedeute, da der ärztliche Leichrnschauer namentlich
bei den immer noch 40 bis 50 Proz. ausmachenden
Todesfällen ohne ärztliche Behandlung eine genauere Diag-
nose der Todesursache gewährleiste, was für die Medizinal-
statistik und die auf dieselbe sich stützenden hygienischen
Maßnahmen von großer Bedeutung sei.
Hinsichtlich des Betriebs des Fla s che ubierh a n dcl s
und der Sodawasserfabrikatton sollen zur Ver-
hütung von Unreinlichkeiten und der damit verbundenen
Gefahr der Ucberiragung von Krankhntsstoffen eine Ver-
ordnung und aufgrund derselben orts- bezirkspolizeiliche
Vorschriften erlassen werden, deren Entwürfe gleichfalls
Sutgeheißen wurden.
Gegenüber den in neuerer Zeit immer mehr hervor-
tretendcn Kurpfuschereien durch das Kranken-
pfleg eper so na l soll Abhilfe in der Weise versucht
werden, daß die Befugnisse dieses Krankenpflegepersonals
ür einer Dienstweisung zusammcngefaßt werden, deren Be-
sorgung durch die Bezirksärzte überwacht werden soll, wo-
mit sich die Versammlung ebenfalls einverstanden erklärte.
Weiter waren dem Landesgesundheitsrate Entwürfe von
Verordnungen über die Bekämpfung der Bartflechte,
sowie über die Bekämpfung der Tuberkulose vorgelegt,
don denen der ersiere nach dem Vorbild von anderwärts
erlassenen Vorschriften für den Betrieb des Friseur- und
Varbiergewerbes eine Anzahl von Bestimmungen zum
Zweck der Verhütung der Uebertragung von Krankheits
Üoffen enthält. Der Entwurf einer Verordnung über die
Vekämpsung der Tuberkulose sieht einmal eine Anzeigepflicht
ber Leichenschauer für Todesfälle an Lungen- oder Kehlkopf-
Ühwindsucht, sodann die Anzeigepflicht für die Aerzte
bezüglich derjenigen von ihnen behandelten Fälle von v o r-
Oeschrittencr Lungen- oder Kehlkopfschwindsucht vor.
oie aus besonderen Gründen, z. B. wegen Wohnungs-
wechsels oder hochgradiger Gefährdung ihrer Umgebung zu
sonitätspolizeilichem Einschreiten Anlaß gaben. Auf Ein-,
.bnft einer solchen Anzeige soll das Bezirksamt die Des'
ülfektion der Krankenzimmers und der Eiurichtungsgegenständc
desselben, bei Todesfällen auch der von dem Kranken be-
nützten Leib- und Bettwäsche durch den für die Gemeinde
^gestellten Desinfektor anordnen, bei Erkrankungsfällen
^ne Wohnungswechsel aber die zur Verhütung einer Ver-
Fem gesponnen
oder
, 2) Das FaftnKchtsgeheiMKLs.
s^iwiuc.l-Roman von Lawrence F. Lynch- — Deutsch von E. Kramer.
(Fortsetzmrg.)
^ F ü u f u >> d z w a n z i g st e s KaPit c l.
Air Rufus Carnow folgte eine schlimme Zeit; Charly
^oki„s hatte sich wohl wieder etwas erholt; er war nicht
genug, um zu sterben, aber ebensowenig imstande, auf-
itehen ,,nd sich hinrichtcn zu lassen,
im. ^'omal hatte Carnow, als Seelsorger verkleidet, den Ge-
s pitenen ausgesucht, um einen Eindruck von seiner Persönlich-
em gewinnen; auch Josef Larsen hatte er allwöchentlich
st;'.,', Besuch abgcstattet, aber der Wahnsinn hier und das
h,, cr dort, wollten nicht weichen, und der Detektiv fing an,
drr Schwierigkeit seiner Aufgabe und der Unthätigkeit,
Pr er verdammt war, zu verzweifeln.
-inzwischen war Stcinhoff in Ncwyork um so beschäftigter,
tr '^onm war er dort angekommen, so sucht: er seinen Freund
de ouf und erfuhr auch sofort den Grund, der den Re-
^ Zn einem Telegramm veranlaßt hatte,
ex HP) wußte, daß Du nicht zögern würdest. Dick," redete
w, ^Emhofs, mit dem er von Jugend auf befreundet war
dee habe, wie Du cs wünschtest, die Theaterbureanr nach
tzhi, verschwundenen Dame abgesucht und bei Willens eine
gefunden. Direktor Willens, der ein ganz geriebener

breitung der Krankheit sonst erforderlichen Maßnahmen
treffen, Belehrungen rc. erlassen und nötigenfalls die Ver-
bringung des Kranken in ein öffentliches Krankenhaus
herbeiführen. Auch diese Vorschläge fanden aksests Zu-
stimmung.
Endlich wurde eine Aenderung der in der Schulordnung
für die Volksschulen enthaltenen Bestimmungen über die
Reinigung derSchulzimmer erörtert. Die seither
vorgcschriebene wöchentlich einmalig e Reinigung und
jährlich viermalige Hauptreinigung der Schulzimmer wurde
allseits als unzureichend und tägliche trockene Reinigung,
allwöchentliches feuchles Aufziehen und vier-wöchentliches
Aufwaschen der Schulzimmer neben einer jährlich vier-
maligen Hauptreinigung des ganzen Schulhauses für er-
forderlich erklärt.
DsNLschss Reich»
Sachsen- Coburg.
— Vor kurzem waren die Großherzogi n von
Hess en und Herzogin-Witwe Marie verschiedene Male
hintereinander zu Wagen in dem nahe bei Coburg gele-
genen Dorfe Niederfüll b a ch, wo sich ein dem
König Leopold von Belgien und der Kaiserin Charlotte
von Mexiko gerneinsam gehöriges Schloß nebst pracht-
vollem, idyllisch gelegenem Parkte befindet, welches die
beiden Damen wiederholt eingehend besichtigten. In
Hofkreisen gilt es nicht als unwahrscheinlich, daß die
Großherzogin dieses Besitztum mit seinem großen
Areal als künftigen Wohnsitz erwerben werde.

AusLsrr d.

Ar einem Berichte des
Ergebnisse des
D e u tschland für


gkh^Ee vor zwei Tage» NM ein versuchsweises Engagement
Üi'iE j ^ hatte ihr gesagt, daß ein neues Ausstattungs-
tzebx^ch,^zcnc gehen sollte, bei dem eine große Anzahl Damen
Ged-,- würden; sie möchte sich nach Ablauf einer Worbe
>1 Bsthden."
" ^ ist die Woche schon um?" fiel Steinhoff schnell ein.

Amerika.
W a s h ington , 27. Nov.
Goncralpostmoisters werden die
P o st p a ck e t v e r k e h r s mit
ein Jahr bekannt gegeben. Das ' Gesamtgewicht Her
ans Deutschland nach den Bereinigten Staaten beför-
derten Postpackete betrug hiernach 233 690 Pfund, das-
jenige der aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland
beförderten Postpackete 61 484 Pfund.
Kleine Zeitung.
— Die Zahl der Studierenden an der Leipzi-
ger Handelshochschule übersteigt dreifach den
bei ihrer Gründung angenommenen Satz. Die Stadt
Leipzig erhöhte den Zuschuß von 8000 auf 6000 Mk.,
die Staatsregierung gewahrte der Handelshochschule
ebenfalls erhöhte Beiträge.
— Die Ncise nach „Pforze". In einem Dorfe an
der badischen Grenze soll sich, wie wir ün „Aipboten"
lesen, folgendes Stückchen zugetragen haben: Ein nicht
gerade in den rosigsten Verhältnissen lebender Einwohner
sah auf seine Behausung den Gerichtsvollzieher zustenern.
Schnell entschlossen schloß er den Kasten auf, stellt sich
hinein und sagte zu seinem noch schulpflichtigen Sohne:
„Schließe den Kasten zu, und wenn der Gerichtsvoll-
zieher kommt, sagst ich sei nach Pforze" (Pforzheim).
Richtig lenkt auch der Gerichtsvollzieher seine Schritte
auf das Haus des im Kasten Eingeschlossenen. Als er
denselben nicht in seiner Wohnung traf, fragte er besten
„Morgen ist der letzte Tag, Du kommst aber gerade zur
Zeit! Du willst natürlich gleich mit Wilkens sprechen?"
„Ja, je eher, desto besser. Hinterlietz die Dame keine
Adresse bei dem Direktor?"
„Nein. Wie der alte Fuchs meint, thun das die jungen
Mädels selten. Nun, Dick, höre! Wie viel willst Du mir von
der Sache auvertrauen?"
„Alles!" lachte Steinhoff.
Am Abend desselben Tages machten die Freunde Mr. Wilkens.
dem Direktor eines der größten Theater New-Uvrks, einen
Besuch.
Es wurde Steinhoff nicht schwer, einem Manne, Mr. Wilkens,
die Bedeutung seines Anliegens klar zu machen, und der Direktor
sicherte seine Hülfe zu.
„Ich bin gespannt, ob sic bei Ihnen eintreten wird", bemerkte
Steinhoff.
„Das hoffe ich sicher", erwiderte der Direktor. „Die junge
Dame sprach so bestimmt, daß ich glaube, cs war ihr Ernst mit
ihrem Wunsche. Sie hat eine wundervolle Stimme, tief und süß,
voll Kraft und Fülle. Eine bessere Soubrette könnte ich mir gar
nicht denken. Das Mädchen interessiert mich."
„Und glauben Sie, daß sie Sie bald wieder aufsucheu wüst?"
„Ich würde mich nicht wundern, w nn sie schon morgen käme;
denn wie Sie vielleicht ans den Zeitungen ersehen haben
werden, beginnt morgen die erste Probe unscrcs großen Aus-
stattungsstückes."
„Schön", sagte Steinhoff, „dann werde ich auch hier sein.
Obgleich der Detektiv von den Anstrengungen des letzten Tages
sehr ermüdet war, so stellte er sich doch am nächsten Morgen als
einer der ersten zu der Theaterprobe ein.
Er war nicht wenig überrascht, als er auf seine Frage, ob
Mr. Wilkens in seinem Bureau sei, noch ehe er seinen Namen
genannt hatte, die Antwort erhielt:
„Ja, Herr. Er läßt Sie bitten, so schnell als möglich zu ihm
zn kommen."
„Beim Himnikl, Mr. Steinhoff,", rief der Direktor, nachdem
der Detektiv die Thür kaum geschlossen hatte. „Ich bin froh,

anwesenden Buben: „Wo ist Dein Vater Pst — „Nach
Pforze!" erfolgte prompt die Antwort. - „Wann kommt
er wieder?" fragte der Gerichtsvollzieher weiter. —
Und was geschah mm? Der Bube ging in seiner kind-
lichen Unschuld ans den Kasten zu, schloß denselben ans
und fragte °deu darinstehenden Mann: Vater, wenn
kommst denn wieder von Pforze?" — lieber das Ta-
bleam das Vater nnd Gerichtsvollzieher boten, schweigt
des Erzählers Höflichkeit. Es würde aber für einen
Momentphi^ographeii sehr dankbar gewesen sein.
— Coburg, 26. Nov. Vor der hiesigen Strafkam
mer wurde der ehemalige Redakteur des hiesigen freis.
„Tageblatt", der frühere Landtagsabgeordnete Carl
H e n s inger, der flüchtig ist, in Abwesenheit wegen
widerrechtlicher Führung des Doktor-
titel s zu 4 Wochen Haft in der Berufungsinstanz ver-
urteilt. Das Schöffengericht hatte, wie seiner Zeit be
richtete wurde, am 11. Oktober ans 150 Mark Geld-
strafe erkannt.
— Brüssel, 24. Nov. lieber eine in Belgien ver-
haftete deutsche Diebesbande berichtet die
Etoile Belge folgende Einzelheiten. In der Nacht zum
16. September entwendeten Einbrecher aus dem Post-
amt in Mainz eine Reisetasche mit zahlreichen Schmuck-
fachen und ein Blechkästchen mit Wertpapieren im Be
trage von 260 000 Mk. Nachforschungen nach den
Dieben blieben ohne Erfolg. Vor einigen Tagen erhielt
ein Mainzer Polizeitmnmissar durch einen namenlosen
Brief aus Belgien die Nachricht, daß einer der Thäter,
Christian Harm, mit seiner Geliebten, einer Frau BuN-
man, in einem Hanse der Avenue de la Reine in der
Brüsseler Vorstadt -schaerbeek wohnte. Der Kommissar
kam mit den nötigen Haftbefehlen sofort hierher und
begab sich mit einem Brüsseler Kommissar zu der ange-
gebenen Wohnung. Harm nnd seine Geliebte waren
zu Hanse. Die Beamten wurden in einem hübschen
Salon empfangen. Nachdem sie sich ausgewiesen, mach-
ten sie sich trotz der Verwahrungen Harms eine Durch-
suchung. Als sie hierbei ein Blechkästchen entdeckten,
sprang Harm Plötzlich durch ein offenes Fenster vom
zweiten Stock auf den Hof; er brach einen Fuß und
tonnte nicht entfliehen. Das Kästchen enthielt Wert-
papiere ini Betrage von mehr als 100 000 Mk. Frau
Bnsman verriet der Polizei einen Freund des Harm
namens K. Klug, der in der Rue des Plantes wohne.
Auch dieser wurde verhaftet, als er Harm besuchen
wollte. Während man Kings Wohnung durchsuchte,
brachte man dorthin ein Telegramm aus Rotterdam,
.Alug möge fliehen, die Sache sei verraten., Dieselbe
Depesche traf zu derselben Zeit für Harm ein. Frau
Bnsman erklärte, der Absender der Telegramme sei
eilt dritter Mitschuldiger namens Mertens. Der Main-
zer Kommissar reiste sofort nach Rotterdam, doch war
Mertens nicht mehr dort; er ist wahrscheinlich nach Eng-
land entflohen.
Zur Irage der Wiederherstellung des Schlosses
(Eingesandt.) -
Zwar nur vorübergehrnd hier in Heidelberg wohnhaft, verfolge
ich doch mit besonders lebhaftem Interesse all' das Für und Wider
die Restaurierung des Schlosses und speziell des Otto-Helnrichs-
b-mes betreffend; mit Kummer lese ich das Für, hoffnungsfreudig
das Wider. Gerade deshalb, weil ich ein Fremder bin, sei mir
gestattet, auch meine Stimme zu erheben.
daß Sie da sind! Guten Morgen, guten Morgen! Ich hoffe,
Sie haben gut geschlafen und fühlen sich fri'ck und mu- terl
Ich glaube, Sie sichen nahe vor der Erfüllung Ihres Wunsches!
Was bekomme ich, wenn ich Ihnen Nachricht über die gesuchte
Schöne gebe?" Ec mußte Atem schöpfen, und Steinhoff kand
jetzt Zül, zu fragen:
„Was? Sie haben von ihr gehört?"
„Gehört?! Ich habe sie gesehen, Mann!"
„Gesehen? Heule schon?"
„Nein, gestern Abend. Sie war, kaum zehn Minuten, nach-
dem Sie fortgegangen waren, hier. Was halten Sie von solchem
Eifer?"
„Ich werde besser wissen, was ich davon zu halten habe,
wenn Sie mir Ihre Unterredung mit ihr erzählen wollen. Ich
fange an zu fürchten, diese junge Dame hat Sie für sich zu
gewinnen gewußt, und Sie sind ins feindliche Lager über-
gegangen."
„Ich kann Ihnen sagen, mein Herr," bemerkte der Direktor
mit mehr Ruhe als bisher, „ich war ln großer Versuchung dazu,
aber ich bin ein alter Graukopf, und so verlor ich nicht ganz die
Besinnung. Nun, ich will Ihnen erzählen, wie es war."
Stcinhoff beugte sich vor, sein Gesicht drückte die größte
Spannung aus.
„sie hatien mich kaum verlassen, als die junge Dame in
mein Zimmer trat. Sie sing, gerade wie das erst- Mal, gleich
beim Geschäft an. „Ich sah in der Zeitung, daß morgen die
Proben zu dem neuen Stück beginnen," sagte st', „und ich dachte,
es wäre am besten, schon heute Abend zu kommen. Haben Sie
mir einen Plstz darin zugedach: ?" Ich erwiderte ihr, daß ich
es gethau, und nach einigen geschäftlichen Fragen wollte sie wie-
der gehen. Ich hielt sic zurück uud sagte: Sie haben mir Ihre
Adresse nicht angegeben, Miß — ich zögerte, denn sie hotte mir
auch ihren Namen nicht genannt. „Mein Name ist Miß Bur-
ton," erwiderte sie, „uud meine Adresse — verzeihen Sie, die
möchte ich nicht gern angeben."
„Der Tausend I" stieß Sreinhoff hervor.
(Fortsetzung folgt.)
 
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