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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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Nr. 282 - 305 (2. Dezember 1901 - 31. Dezember 1901)
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WKÄLfchss B s i ch»
— Zur Vereidigung des Straßburger Weih-
bischoss durch den Kaiser wird der „Köln. Ztg." aus
Berlin geschrieben: Die Auszeichnung, die der Kaiser
dem Weihbischof Dr. Frhrn. Franz Zorn v. Bulach da-
durch bewiesen hat, daß er persönlich im Neuen Palais
den Treueid von ihm entgegengenommen hat, ist unge-
wöhnlich. Unseres Wissens ist es bisher noch keinem ein-
zigen Weihbischof vergönnt gewesen, den Treueid in die
Hände des Kaisers abzulegen. Zu der Feier hatte der
Kaiser eine persönliche Einladung an den Bruder des
Weihbischofs, den Unterstaatssekretär Frhrn. Zorn v.
Bulach in Straßburg gerichtet. Nach der Vereidigung
fand eine größere Festtafel im Neuen Palais statt. Der
Kaiser ist von der Usberzeugung ausgegangen, daß der
katholischen Bevölkerung und der katholischen Geistlich-
keit nichts lieber sein könne, als einen Bischof zu ge-
winnen, der im Lande geboren, mit den dortigen Ver-
hältnissen von früh auf vertraut ist, und einer altein-
gesessenen und bestangesehenen elsässischen Familie ent-
stammt. Wie sehr auch der Papst dem neu ernannten
Weihbischof, der vor wenigen Wochen sein 43. Lebensjahr
vollendet hat, wohl will, geht am besten daraus hervor,
daß er ihn während der letzten Anwesenheit in Rom nicht
weniger denn dreimal in Privataudienz empfangen hat.
— Die polnische Fraktion des Reichstags hat be-
schlossen, den Reichskanzler wegen der Wresch.ener
S-ch ulvorgänge zu interpellieren.

Deutscher Weichstag.
Berlin, 4. Dez. Erste Lesung der Zolltarif-
vorlage. Fortsetzung.
Dr. Paas che (natl.): Richter braucht bei seiner ab-
soluten Ablehnung der Vorlage allerdings keine Kommissions-
beratung. Eine solche, und zwar gründlich und eingehend
vorgenommen, scheint mir bei der Bedeutung des Gegenstandes
für das gesamte Volk sehr am Platze. Nicht jeder, der die
Vorlage einer Prüfung für wert hält, ist zugleich ein Gegner
von Handelsverträgen. Diese müssen erneuert werden, um
unsere Ausfuhrindustrie und das ganze wirtschaftliche Leben
sicher zu stellen. Das ist die Aufgabe des Reichstags und der
Verbündeten Regierungen. Die Weltmachtstellung Deutsch-
lands und seine Weltpolitik, die sich auf einer gesunden Hei-
matpolitik aufbauen mutz, darf nicht aufgegeben werden. Die
Vorlage ist nicht hochschutzzöllnerisch. DieAmerikaner hat gerade
das System groß gemacht, möglichst viel im eigenen Lande
zu produzieren und möglichst wenig einzulassen. Dadurch
haben sie die erste Stellung auf dem Weltmarkt errungen,
also durch eine Politik, die Richter hinterwäldlerisch nennt.
Deutschland wird seine Schutzzollpolitik nicht aufgeben. KeinAr-
beiter wird über niedrige Preise klagen, wenn er dabei mehr
verdient. Der Untergang der kleinen landwirtschaftlichen
Existenzen zieht auch den anderen nach sich durch den Unter-
gang der kleinen Hypotheken auf solchen Anwesen. Die an sich
unentbehrlichen Minimalzölle kann ich der Regierung gewäh-
ren, wenn sie, wie jetzt behauptet, datz sie auf Grund dieses
Vorschlages günstige Handelsverträge wird abschlietzen können.
Die Wünsche auf Mnimalzölle für alle landwirtschaftlichen
Erzeugnisse gehen zu weit. (Beifall bei den National-,
liberalen.)
Abg. Gothein (Freist Ver.): Auch seine Freunde seien
der Ansicht, datz bei der Schwierigkeit der Materie eine Ver-
handlung im Plenum nicht angezeigt sei und datz der ganze
Zolltarif einer Kommission überwiesen werden müsse. Der
wirtschaftliche Ausschuß sei durchaus tendenziös zusammenge-
setzt gewesen. Man hat die gesetzlichen Vertreter des Handels
übergangen. Soweit es sich um die Handelskammer
handelt, warum hat man hinter verschlossenen Thüren ver-
handelt? 1879 wurde alle Tage berichtet, was vorgenommcn
wurde. Auch die Arbeiter habe man nicht gehört. Bis-
marck hat es seinerzeit bei den Erhebungen gethan. Und
dann meine Heren, die Furcht vor dem Auslandei (Lachen
rechts.) Das Ausland besieht mit bewundernswert zutreffen-
der Kenntnis unsere Verhältnissei Wie wird die Erhöhung der
Zölle wirken? Die Schweiz, Frankreich, Schiveden und Nor-
wegen werden unserem Beispiele folgen. Das war ja die
rettende That bei den Handelsverträgen von 1892, datz damit
eine Aera der Herabsetzungen begann. (Der Reichskanzler
Graf Bülow sowie die Staatssekretäre Thielmann und v.
Richthofen betreten den Saal.).
Abg. Ga mp (Rp.): Es gäbe kein anderes Mittel, der
Landwirtschaft wirksam zu helfen, als eine Erhöhung der Ge-
treidezölle. Vor Abschluß des österreichischen Handelsvertrags
hätten grade die Agrarier eine Suspension der Getreidezölle
empfohlen. Vom Standpunkt der Konsumenten aus würde
Redner eine Ermäßigung des Roggenzolles eher fordern, als
eine solche des Weizen- und Gerstenzolles. Aber alle Ge-
treidearten müßten hinsichtlich der Zölle gleich behandelt wer-
den.
Abg. v. Komierowski (Pole), sagt, er werde mit
feinen Freunden ebenfalls für Kommissionsberatung stimmen.
Die Notwendigkeit eines stärkeren geregelten Schuhes der
Landwirtschaft sei unbestritten. Die Landwirtschaft verlange
nur, daß sie leistungsfähig bleibe; man dürfe sie nicht der
Ausfuhrindustrie opfern.
Morgen 1 Uhr Weiterberatung. Schluß gegen 6 Uhr.

Bade«.
Karlsruhe, 4. Dez. Die van der „Freisinnigen
Zeitung" als „willkürliche Erfindung" bezeichnet« Nachricht
des demokr. „Landesboten", der freisinnige Abgeordnete
Pflüger habe sich der Fraktion der Deutschen Volks-
partei angeschlossen, ist trotzdem wahr. Abgeordneter
Muser erklärte bei dem heutigen Begrüßungsabend im demo-
kratischen Verein, daß es der volksparteilichen Fraktion un-
möglich gewesen sei, den Freisinnigen Frühauf nach
seinem Verhalten und seiner Stellung bei der letzten Wahl
aufzunehmen, und daß man auch dem Abgeordneten Pflüger
Don diesem Beschluß Mitteilung gemacht habe. Pflüger
hat demgegenüber erklärt, das sei für ihn kein Grund, der
volksparteilichen Frakiion feruzubleiben. Pflüger hat auch
schon an den Fraktionsberatnngen teilgenommen.
80. Karlsruhe, 4. Dez. Das wichtige Referat
über das Budget des Kultus und des Unterrichts,
welches Fieser seit den 70er Jahren ununterbrochen
hatte, wurde nunmehr dem Abg. Obkircher über-
tragen, worüber Wacker nicht wenig erbost ist. Nicht
damit zufrieden, daß Heimburger so „freundlich" war,
den Bericht über das Budget des Wasser!- und Straßen-
baues deni Zentrumsabgeordneten Hergt abzntreten und
daß der früher vom natlib. Abg. Frank erstattete Bericht
über das Budget der Landwirtschaft, des Gewerbes und
der Statistik diesmal geteilt und den Zentrumsobgeord-
neten Schüler und Lauck überwiesen wurde, hätte Wacker
auch noch gewünscht, daß die Nationalliberalen jenes
Referat dem Zentrum überließen. Die Uebertragnng

desselben an den „ausgesprochenen Kulturkämpfer" Ob-
kircher sei der ausgeprägteste Diangel an Rücksichtnahme.
Am Ende hat Herr Wacker selbst auf jenen Posten speku-
liert. Dann ist sein Aerger begreiflich.
Nus dex .Karlsruher ZeiLKKg,
Karlsruhe, 4. Dez. Gestern Nachmittag nach 4
Uhr kehrten die Fürstin zur Lippe und Prinz Karl mit
Gemahlin von Schloß Baden nach Karlsruhe zurück. Der
Großherzog und die Großherzogin besuchten gestern Abend
das Festkonzert, welches zu Ehren des Festtages im großen
Saale des Konversations-Hauses statlfand. Dis Groß-
herzogin erhielt zu ihrem Geburtstag so viele telegraphische
Glückwünsche, daß der größere Teil erst heute beantwortet
werden konnte. — Die Prinzessin Wilhelm nahm heute
an der Großherzoglichen Frühstückstafel teil und verabschie-
dete sich sodann, da dieselbe morgen zu dauerndem Auf-
enthalt nach Karlsruhe zurückkehrt. .— Der Großherzog
und die Großherzogin werden morgen, Donnerstag, früh
7 Uhr 52 Minuten nach Heidelberg reisen, um daselbst der
Feier der Einhüllung des Reiterdenkmals Kaiser Wilhelm's
des Großen anzuwohnen. Ihre Königlichen Hoheiten be-
absichtigen Nachmittags 4 Uhr wieder in Schloß Baden
einzutrefftn.
A tt s L K rr Ä.
Frankreich.
Paris, 4. Dez. Nach dem stenographischen Bericht
hat der Abgeordnete Massabna n in der Kam m e r
sich folgendermaßen geäußert: Obwohl ich nicht an Ab-
rüstung glaube, wäre es nach der Haager Konfe-
renz vielleicht doch gut, die Frage zu prüfen, welche
Richtung unsere auswärtige Politik einschlägt. Ich stelle
diese Frage mit einiger Vorsicht. Sie kann eine empfind-
liche Stelle bei uirs berühren. Sie dürften eine eng-
lische Zeitschrift gelesen haben, die Frankreich zu eurem
Dreibunde zu drängen sucht. Dieser Dreibund, wenn
wir ihn schließen wollen, würde nur die Frage eines
Bundes mit unseren überseeischen Nachbarn oder mit
unseren Nachbarn jenseits der ostländischen Grenze
sein, mit einem Wort, wir haben uns zu entscheiden,
ob wir die Politik Aves Guyots oder Jules Ferrys ver-
folgen wollen. Ich für meinen Teil ziehe eine Politik
Jules Ferrys, ein Bündnis mit Deutschland, vor. Ich
fürchte nicht, den Namen Deutschland auszusprechen.
(Anhaltende Bewegung.) — Der „Matin" bemerkt hier!-
zu: Wir bezweifeln ein.wenig, daß Jules Ferry jemals
ein Bündnis mit Deutschland angestrebt hat, aber eins
ist gewiß, daß seit dem Jahre 1870 ein derartiges Wort
zum ersten Male auf der Kammertribüne ausgesprochen
worden ist.
Paris, 3. Dez. Aus dem offiziellen Bericht über
die gestrige Kammerrede des Abg. Massabnau
(Nationalist) sind noch folgende Stellen hervorzuheben:
„Wenn ich vor die Notwendigkeit gestellt würde, zum
Heile meines Vaterlandes zwischen dem Feinde von
gestern und deni ewigen Feinde Frankreichs zu Wäh-
len, dann würde ich einerAn n ä h erung an De u t s ch-
land den Vorzug geben. (Deputierter D' Estour -
nelles unterbrechend: „Ja, aber unter welchen Be-
dingungen.") Massabuau fortfahrend: „Das wer-
den wir im gegebenen Augenblick in Gegenwart des Mi-
nisters des Äeußern erörtern. Ich bin in jedem Falle
Anhänger eines inoäus vlvonäi. (Bewegung.) (So-
zialist Coutant unterbrechend: „Sie sind ein Inter-
nationalist.") Ma ssabua u sortfahrend
eines uroüuK viveucki, welcher uns, indem wir die Re-
gelung anderer ernsterer Fragen abwarten, gestatten
würde, sich zu perständigen, wie wir uns in China gegen
den gemeinsamen Feind verständigt haben. Oefsnen
Sie das Gelbbuch und Sie werden darin ein Protokoll
sehen, an dessen Spitze General Waldersee steht, der im
Namen des Kaisers von Deutschland verhandelt. Wir
haben unseren Namen und unsere Unterschrift darunter
gesetzt u.wir haben nicht geglaubt, uns durch ein vorüber-
gehendes Einvernehmen mit unserem Feinde von gestern
zu entehren. Ich sehe nicht ein, warum wir nicht m o r-
gen wieder thun sollen, was wir gestern
gethan haben, und warum wir nicht unsere In-
teressen mit anderen kontinentalen Interessen gegen
einen gemeinsamen und Jahrhunderte langen Feind ver-
einigen sollen.
Die meisten Bläter begnügen sich damit, zu den Er-
klärungen Massabuau's ironische oder höhnische Be-
merkungen zu niächen. _
Aus Stadt und Laad.
.HeidelderA. 5. Dezember. )
1/7. Von de« Universität- Anläßlich des Todestages des vor
28 Jahren in Triest verstorbenen Professors der klassischen Phi-
lologie, Köchlv, fand vorgestern um 12 Uhr unter Anwesenheit der
beiden Seminardirektoren Hofrat Schöll und Geh. Hofrat Crustus,
einer Reihe von Gymnasialprofessoren (Schülern Köchly's) und
zahlreicher Philologiestudierender im philologischen Seminar eine
Gedächtnisfeier statt. Ein Schüler des Verstorbenen, Gym-
nasialdirektor Dr. Böckel, hielt eine ergreifende Ansprache; er
schilderte Köchly als Gelehrten und pädagogischen Lehrer, ge-
dachte auch dessen politischer Thätigkeit als Reichstagsabgeordneter
und übergab dann dem Seminar das von Köchly's Schülern ge-
stiftete Bild ihres Lehrers. Im Namen des Seminars dankte
Hofrat Schöll in herzlichen Worten und gab der Versicherung
Ausdruck, dieses Geschenk werde dem Seminar für immer ein
teures Andenken sein an den großen Meister und dessen dank-
bare Schüler, zugleich aber auch eine stete Mahnung zu tüchtiger
wissenschaftlicher Arbeit.
K „Ein armer Teufel" erschien gestern auf der Redaktion und
bat um Auskunft, ob und wo er seinen Leichnam verkaufen
könnte; er hätte gehört, daß dergleichen vorkomme. Wir konnten
ihm nach unserer Kenntnis Aussicht ans den Abschluß eines
solchen Handels nicht eröffnen.
Polizcibericht. Ein Knecht und ein Schreiner wurden
wegen Bettelns ein Mechaniker wegen Diebstahls und ein Haus-
bursche wegen Unterschlagung verhaftet. Wegen Unfugs
kamen zwei Personen zur Anzeige.
(I) Wieblingen, 6. Dez. (Selbstmord.) Die 50-
jährige Ehefrau des Kaufmanns Georg Stöhr legte sich ge-
stern früh bei der Station Wieblingen auf die Schienen und
ließ sich von dem von Mannheim kommenden, um halb 8 Uhr
die Station Wieblingen passierenden Güterzng überfahren.
Trunksucht der Frau, die aus einer angesehenen Familie ans
Edingen stammt und der dadurch herbeigeführte öftere
Ltreit mit ihrem Manne, sind Wohl der Grund zu der That.

inbr Schönau (A. H.), 3. Dez. (S t e i n a ch t h a l-
Bah n.) Der Wiederbeginn einer neuen Session des Badischen
Landtags giebt der Bevölkerung des Steinachthals wiederum
Gelegenheit zu lebhaften Eröterungen über die Eisenbahn-
frage. So fand sich am vergangenen Sonntag im Saale zu«
Traube dahier eine große Anzahl von Interessenten zu eine«
Versammlung ein, um etwas über den gegenwärtigen Stand
und die weitere Behandlung des Bahnhofprojekts zu erfahren.
Herr Bürgermeister Reichwein eröffnete die Versammlung
mit einer kurzen Ansprache, in der er der Verdienste der in die-
ser Sache so eifrigen, inzwischen verstorbenen Herren Bürger-
meister Lauer und Kaufmann Scheid in ehrenden Worten
gedachte, zu deren Ehrung sich die Anwesenden von den Plä-
tzen erhoben. Seitens des Herrn Fabrikdirektors H e m -
pfing erfolgte eine ausführliche Besprechung über die hi-
storische Entwickelung der Bahnfrage in unserem Thale.
Auch die Thätigkeit des Komitees und die Ergebnisse in die-
ser Angelegenheit wurden von dem Redner im einzelnen er-
örtert, behufs Widerlegung der ziemlich verbreiteten Legende/
als ob man es in gewissen Kreisen an der nötigen Energie
mangeln lasse. lieber die weiteren Schritte in dieser Sache
wurde mitgeteilt, 'datz zunächst in den beteiligten Gemeinden
gedruckte Fragebogen zur Verteilung kommen sollen, um sich
einige Klarheit über den Verkehr zu verschaffen. Interessant
war, zu vernehmen, datz laut statistischer Erhebungen seitens
der Wassdr- und Stratzenbauinspektion der Fuhrwerksverkeh"
im Steinachthal von Jahr zu Jahr sich wesentlich steigert. Datz
dieses auch auf den Personenverkehr zutrifft, beweist die That-
sache, daß zur Bewältigung desselben, die schon seit Jahren be-
stehende zweimalige Postomnibusvcrbindung zwischen hier und
der Station Neckarsteinach einfach nicht mehr ausreichte und
das Bedürfnis eines Wagenverkehrs aus alle Züge imnwt
dringender wurde. Bekanntlich hat Herr Gasthofbesitzer Stert
in Neckarsteinach seit einem Vierteljahr diesem Verlangen in
dankenswerter Weise stattgegeben und es hat dessen Omnibus
stets eine zufriedenstellenden Frequenz zu verzeichnen. Von
besonderer Wichtigkeit war nun die folgende Besprechung de«
drückenden wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung unseres Be-
zirkes im allgemeinen und der Nachweis, datz die Durchführung
wirksamer Gegenmatzregeln nicht unterlassen werden darf,
wenn die Bevölkerungsziffer nicht noch eine stärkere Einbuße
erleiden mW besonders der Landwirt, der ohnehin unter de«
Zeit schwer zu leiden hat, sich auf der ererbten oder erworbene"
Scholle erhalten soll. Nur eine Bahn vermag in erster Linie
der gänzlichen Zerrüttung des Odenwaldes zu steuern.
brave Bevölkerung des Steinachthales hegt zu der Regierung
und den beiden Ständekammern das felsenfeste VertraueN-
daß die Erfüllung seiner dringenden Bitte in absehbarer Ze"
ermöglicht wird.
L.di. Plankstadt, 4. Dcz. (Ein schwerer Uuglücksfal 0
ereignete sich gestern Abend hier dadurch, daß das 4jährige Ki»"
des Landwirts Kolb die brennende Petroleumlampe herunterwaks-
Die Mutter wollte eine Explosion veihindcrn und deckte die Lauchs
mit ihren Kleidern zu. Dabei fingen ihre Kleider Feuer U"°
sie erlitt so schwere Brandwunden, daß an ihrem Aufkommen
gezweifelt wird.
f Mjannheim, 4. Dez. (B ü r g e r a u s s ch u tz.) Sehr
heiß ging es in der heutigen Sitzung des Bürgerausschussc^
zu. Auf der Tagesordnung stand die Vorlage des Stadt-
rats auf Bewilligung von zirka 29 000 Mark, die durch dst
Beschäftigung der Arbeitslosen bei den verschiedenen dazu ge-
eigneten städtischen Unternehmungen entstehen. Mit dieser Be-
schäftigung war der Bürgerausschuß einverstanden. Die De-
batte drehte sich nur um die Frage, welcher Lohn den Arbeits-
losen gezahlt werden soll. Der Stadtrat beantragte pro Tag
2.60 Mark und begründete diesen Vorschlag mit dem Hi"''
weis auf den Umstand, datz die Industrie jetzt auch keine höhere"
Löhne zahle. Gewähre die Stadt mehr als die Industrie
dann würden die Arbeiter ihre industriellen Arbeitsplätze
verlassen und von der Stadt Arbeit verlangen. Die Sozialdeir"^
kraten widersprachen dieser Argumentation und verlangte'
pro Tag 2.80 Mark. Die Demokraten stellten den Vermitt-
lungsantrag auf 2.70 Mark, der schließlich auch nach Ablehn""»
der stadträtlichen Vorlage die Mehrheit fand.
817 Mannheim, 4. Dez. (Das neue Land es ge;
fängnis) in Mannheim, für dessen Errichtung im Badge-
eine erste Rate von 250 000 Mk. verlangt wird, soll ans dem
Herzogenried zwischen den neuen Kasernen und dem Wal^
Hof erbaut werden.
1 Ncckarvischofsheim, 4. Dez. (W a h l in d e n K r e i s (
tag.) Bei der Abgeordnetenwahl zur Kreisbersamrnlu'O
wurde Gemeindcrat Adam Schieck von hier wieder ist)
wählt. Als dessen Stellvertreter wählten die Wahlmän"^
Herrn Bürgermeister Bräuchle-Wollenberg. „
2l7 Adclshcim, 4. Dez. (U e b e r f a h r e n.) Gesteh
Abend wurde der Bahnwärter Heinrich Kuhn hier
Schnellzug erfaßt und getötet. Der Körper wurde schreckt""
zerrissen. Kuhn wollte eine Tafel umstecken und wurde wahr"
scheinlich dabei vom Zuge überrascht. , ,
2dl Pforzheim, 4. Dez. (E-ine allgemein
W i l d s ch w e i n j a g d) soll im Ltromberggebiet am 9. ""
10. Dezember stattfinden. Zahlreiche Einladungen an die stst
treffenden Jagdpächter und Angrenzer sowohl auf Würste'"^
belgischem wie badischem Gebiete sind ergangen. Auch andc"
badische Jagdkarteninhaber wurden eingeladen.
Aus Baden. In Karlsruhe wurde dieser Tage ein "st.
badischer Offizier, Oberst z. D. Albert Valentin beerdig
1858 wurde er Portepee-Fähnrich im 2. Füsilier-Bataillon
1870 Hauptmann im 6. bad. Infanterie-Regiment; als Chef
11. Kompagnie nahm er am Feldzug, besonders am Gefecht T
Raon l'Etape rühmlichen Anteil. 1890 wurde er Oberst
trat 1896 nach fast 40jähriger ebrenvoller Dienstzeit in ^
Ruhestand. — Der 1. Gewinn der Reutlinger KirchenbaulvtE',-
(25000 Mk.) fiel, lt- „Oberb. Grenzbote", dem Schuhmacher MT
bert Hotz in Stetten a. k. M. zu. — In Mannheim verE^
Oberamtsrtchter a.D. Ludwig Kugler, der mehr als 30 JU-
dem Amtsgericht in Ep Pingen Vorstand und bei seiner»
gang in de» Ruhestand znm Ehrenbürger Eppingens er"""
Wurde. Kugler war 1824 in Mannheim geboren.

Heidelberger Bereinsangelsgerrheitet»
K. Kaufmännischer Verein. Der für gestern Abend "Ä
räumte Vortrag von Professor Dr. Zell inek konnte w-ög,
plötzlicher Erkrankung des Redners nicht stattfinden, was die UO
reich erschienenen Mitglieder lebhaft bedauerten. Da die lst
erst im Laufe des Mittags erfolgte, war es nicht möglich-
noch vorher öffentlich bekannt m machen. c,n,e>^
)!( Gewsrbe- nnd Jndnstricverein. 'Gestern -
fand im „Faulen Pelz" eine vom hiesigen Gewerbe- ^i:--
Jndustrieverein znsammenberufene, stark besuchte Handwrr
Versammlung statt. Auf der Tagesordnung stand zunächst,st,
Vortrag von Dr. Munzing er hier über das
wie es ward, war und ist. Einleitend bemerkte der Vortragc^,,
es' sei seine Absicht, die Handwerkerfrage nicht vom P""
sondern nur vom wissenschaftlichen Standpunkte zu belcwT^'
Dem Thema gemäß schilderte er zunächst das Entstehe"
menschlichen Gcwerbethätigkeit überhaupt. Sie habe
sprünglich nur im engen Kreise des Hauses gezeigt. D>r
senschaft habe hierfür, sowie auch für die erweiterten
wirtschaften des frühen Mittelalters die Bezeichnung Hg ist
w c r k. Aus dem Hanswerk entwickelte sich alsdann das st- M
Werk, dessen Charakteristikum es ist, datz der Loh,"w „H
nur die Arbeitskraft, der Kunde aber Rohstoffe, 'st^i
Handwerkszeug stellt. Es ist der Ilcbcrgang zum eige" „ist
Handwerk, das erst in den entstehenden Städten des i 'Air"
12. Jahrhunderts recht zur Entwickelung kommen kann. '
 
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