Nummer 1L6. LL. Jahrgang.
Samstag, 7. Juli 1»S4.
für Heidelberg und Umgegend
-»
*
Abonnemerrtspreisr
mtt bscittgem tllnstrirtem Sountagsblatt: monatlich
46 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
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Expedition: Knuptstratze Mr. 26.
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die lspaMge Petitzeile oder deren Raum S Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
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Belesenstes Blatt rn SLndt rr. Anrt Heldelbeus und Tlnrsegend. GvötzteB* Lvfslg süv Inserate.
NE" T-l-phon-Anschlutz Nr, U>2.
Lsutwährend
werden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.
Entschädigung bei Todesfall oder
Selbstmord in Hotels.
Keine Menschenklasse, mit welcher der Hotel-
oder Logierhausbesitzer in Berührung kommt, verab-
scheut und fürchtet derselbe wohl mit Recht mehr,
als die, welche bei ihnen absteigt, um dort ihrem
Leben ein Ende zu machen. Schon der Tod eines
Gastes in einem Hotel schädigt den Inhaber em-
pfindlich und verursacht ihm einen großen Auf-
wand, vielmehr aber noch ein Selbstmord. Das
Publikum hat kaum eine Ahnung, was für eine
ernste Sache dies für den Besitzer ist. Abgesehen,
von der Aufregung und dem Aberglauben, die ein
Selbstmord im Hotel unter den Gästen verursacht,
zwingt derselbe den Besitzer zu bedeutenden -Aus-
gaben; denn derselbe ist genöthigt, die ganze Ein-
richtung des Zimmers, die Möbel, Teppiche, Betten
rc. zu zerstören, ja selbst die Tapeten müssen von
den Wänden abgerissen werden; sogar das Zimmer
muß oft anders nummerirt werden, da sich Viele
daran stoßen, auch wenn Alles neu möblirt ist, in
einem solchen Zimmer zu wohnen. Zu fast gleichen
Ausgaben gibt aber auch schon ein gewöhnlicher
Todesfall in einem Gasthause Veranlassung, be-
sonders in den Kurhäusern und in den Hotels rc.,
in welchen die Gäste längeren Aufenthalt nehmen.
Von allgemeinem Interesse ist nun die Frage,
inwieweit der Inhaber des Hotels oder Logier-
hauses berechtigt ist, die Kosten und den Schaden,
welche ihm bei einem Selbstmord oder dem Tode
eines bei ihm wohnenden Gastes entstanden sind,
Von der hinterlassenen Familie oder dessen Erben
zu fordern. Schon der Intern. Verein der Gast-
hofbesitzer zu Köln beschäftigte sich im Jahre 1891
eingehend mit der Frage, die damals großes Inte-
resse hervorrief. In England ist es Gepflogenheit,
als Entschädigung 100 Pfd. Sterling zu berechnen;
natürlich hat der Hotelier das Nachsehen, wenn die
Anverwandten nichts haben.
Der geschädigte Gastwirth hat das Recht, von
den Angehörigen des Verstorbenen für seine ihm
dadurch entstandenen Kosten Entschädung zu ver-
langen und kann im Weigerungsfälle mit sicherer
Aussicht, daß er sein Recht erlangt, den Betrag
seiner Forderung durch Klage zur Geltung bringen.
Natürlich dürfen die Forderungen nicht übertrieben
hoch sein, so daß es den Anschein gewinnt, als
HesüHn L.
Roman von H. von Gavain.
14) (Fortsetzung.)
„Um diese Hoheit gebietende Erscheinung, Fräu-
lein von Rochnitz, hier," er tippte mit dem Finger
auf eine Stelle des noch immer gehobenen Blattes,
„schaart sich huldigend das Volk der Pusta. Hier-
mit würde dem schaulustigen Publikum, auf dessen
Börse die Wohlthätigkeit eine Anleihe zu erheben
gedenkt, in einen Guß besonders Reizvolles geboten
Und Herrn Professor Peil, der sich, wie gesagt, der
selbstlosen Aufgabe unterziehen will, die Arrange-
ments zu treffen, wird zweifellos ein weites Feld
für sein künstlerisches Talent hierbei geboten."
Nach sekundenlanger Pause fuhr der hohe Herr
fort: „Da Fräulein Rochnitz leider verhindert war,
unfern Kreis mit ihrer Gegenwart zu zieren, werden
Sie, meine gnädige Frau, als liebenswürdige Pro-
tektorin des angebahnten Unternehmens gewiß die
Gewogenheit haben, im Namen der Herzogin Ihre
Ueberredungsgabe an Ort und Stelle zu erproben,
und die junge Dame bestimmt, sich unseren Wünschen
geneigt zu machen." Nach diesen auffordernden
Worten, die an Frau von Hannipot gerichtet waren,
flog sein Blick zu Graf Ulestein herüber, der sich
f>n Olga's Seite geflüchtet hatte und flüsternd mit
ihr verkehrte. „Graf Ulesteins Gestalt dünkt mir
um vorthcilhaftesten, die gebotene Königskrone auf
das Haupt der Auserwählten zu legen," sagte der
lebhafte Redner in einem Ton, der keinen Wider-
spruch zuließ, „hingegen andere Kavalliere während
der Ceremonie huldigend ein Knie beugen, sowie
ob durch den Todesfall ein Gewinn berausges t lagen
werden solle. Letzteres wird aber kaum eintreten;
denn Jeder wird froh sein, seine wirklichen Aus-
gaben ersetzt zu erhalten.
Schreiber dieses erlebte, so führt die „Hotel-
Revue" in Leipzig aus, im Hause seines Prinzipales
kürzlich einen solchen Fall, und da ihm die Schrift-
leitung der „Hotel-Revue" auf seine Anfrage den
Rath gab, falls keine güthliche Einigung mög-
lich sei, zu klagen, so wurde die Forderung auf
Entschädigung dem Rechtsanwalt übergeben.
In dem Streite wurden nun folgende Forde-
rungen als berechtigt anerkannt und dafür Schaden-
ersatz geleistet: Vollständiger Ersatz für das von
dem Verstorbenen benutzte Bett, für das Aufpoliren
und Aufpolstern der Zimmermöbel, für das Streichen
des Fußbodens, für das benutzte Porzellan, für
die zum Reinigen des Zimmers aufgewendeten Aus-
lagen. Sämmtliche Gegenstände sind den An-
gehörigen des Verstorbenen auf Verlangen zu über-
lassen. Ist die Krankheit des Verstorbenen eine
ansteckende gewesen, so kann Ersatz für das ganze
Mobiliar und vollständige Vorrichtung des Zimmers
gefordert werden. Eine Entschädigung für das nicht
anderweite Benutzen des Zimmers kann nur ge-
fordert werden, so lange die gründliche Reinigung
dauert. Die Möbel werden natürlich nur nach
ihrem gegenwärtigen wirklichen Werth in Anschlag
gebracht. Obgleich der genannte Fall noch vor der
richterlichen Entscheidung durch Vergleich beigelegt
worden ist, so waren die genannten Forderungen
doch bereits als berechtigte anerkannt worden. Ver-
druß, Schererei und andere Nachtheile hatte ja der
Besitzer außerdem noch genug, die ihm nicht ersetzt
wurden. Daß der Wirth bei einem Selbstmord
Ersatz für sämmtliches Mobiliar und vollständige
Renovation des Zimmers zu fordern berechtigt ist,
liegt wohl klar auf der Hand._
LerMches Reich.
Berlin, 7. Juli.
— Die „Kreuzztg." sagt in einem Artikel über
die Reichsfinanzreform: Die Art der Finanz-
politik, welche der Reichstag jetzt treibt, erfüllt uns
mit schweren Besorgnissen. Die Mehrheit des
Reichstags ist zufrieden, wenn beim Abschluß des
Etats die Rechnung stimmt, kümmert sich aber
nicht darum, ob die Einnahmen wirklich die bud-
getmäßige Höhe erreichen. Darin liegt ein Mangel
an Verantworllichkeitsgefühl. Nach den Ergebnissen
der letzten Sitzung ist nicht zu erwarten, daß der
Reichstag sich leicht zur Bewilligung von Steuern
verstehen wird, um ein festes Verhältniß zwischen
den Finanzen des Reiches und der Einzelstaaten
herbeizuführen. Die Bundesregierungen würden
einen schweren Fehler begehen, wenn sie diesen Ge-
danken dem Reichstag gegenüber preisgeben wollten.
phantastisch gekleidete Zigeunerinnen in ihren ge
hobenen Händen Kastagnetten halten sollen, um
einen nachfolgenden Tanz zu versinnbildlichen, wie
diese kolorirte Zeichnung die Szene sehr deutlich
veranschaulicht."
Nun ließ der Herzog die Hand sinken und ent-
fernte sich einige Schritte von seinem Platz eifrig
mit dem Maler sprechend. Ein Murmeln des
Beifalls ließ sich hören. Der kleine Professor er-
ging sich in eraltirten Reden über den Effekt des
herrlichen Gemäldes.
„Er habe nur nicht gewagt dem Herzog Vor-
schriften machen zu wollen; sein Augenmerk wäre
schon lange auf das Gemälde gerichtet gewesen,"
bemerkte er sehr bescheiden seinen an und für sich
stark gewölbten Rücken zu einem Fragezeichen
krümmend.
„Das also war des Pudels Kern, kicherte der
Kammerherr boshaft. Auf Ehre, das schien wie ein
Blitz aus heiterem Himmel zu treffen!"
„Warum tunt cksvruit xour uns ninslstts?
Ich verstehe nichts von alledem." Bärkeli hob den
Blick erstaunt zu dem Frager empor.
„Man sieht Ihnen den Neuling auf fünf
Schritt an, Herr Major. Warum diese Jntrigue
herüber und hinüber? Einfach, dieweil das Kind
Israels Tempwament besitzt, das ihren Voreltern
Ehre macht und sich nicht unter die Fuchtel der
Gnädigen bringen läßt, absolut nicht. So viel
auch das Sammetpfötchen die scharfen Krallen ein-
zog, um die reiche Erbin kirre zu machen, der stolze
Nacken beugte sich nicht. So ging Ihre Ercellenz
hei passender Gelegenheit zu offiziellen Feindselig-
keiten über, die oft recht unzarter Natur waren."
Dadurch würden sie sich derjenigen Mehrheit, die
die Handelsverträge angenommen hat, auf Gnade
und Ungnade ergeben.
— Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht
die schon gemeldete Ernennung des Erbprinzen
Christian Kraft zu Hohenlohe-Oe Ih-
ringen zum Oberstkämmerer an Stelle des
Fürsten zu Stolberg-Wernigerode.
Das von letzterem. kürzlich abermals eingcreichte
Entlaffungsgesuch wurde vom Kaiser zunächst mit
folgendem, in der „Wernigeroder Ztg." veröffent-
lichten Handschreiben beantwortet:
Hochgeborener Fürst! Als Euere Liebden
Mich im Jahre 1890 um Entbindung von dem
Amte des Oberstkämmerers baten, habe Ich
Ihnen bereits mündlich zu erkennen gegeben,
welch' hohen Werth Ich darauf lege, dieses hohe
und wichtige Amt in Ihren Händen zu wissen.
Ich habe mich damals von Herzen gefreut, daß
es Mir gelungen war, Sie zur Fortführung
dieses Amtes zu bewegen. Wenn Euere Liebden
nun in der Eingabe vom 12. ds. Mts. auf
Ihren früheren Wunsch zurückkommen, so hat
Mich dies um so mehr mit schmerzlichem Be-
dauern erfüllt, als Ich in der Zwischenzeit so
häufig beobachten und erfahren durfte, welch
ausgezeichneter Leitung die Angelegenheiten
Meines Hofes dank der treuen Fürsorge und
reichen Erfahrung Euerer Liebden sich zu er-
freuen haben. Anderseits vermag Ich das Ge-
wicht der Gründe nicht zu verkennen, welche
Ihnen die Befreiung von der Bürde des Oberst-
kämmerer-Amtes dringend Wünschenswerth er-
scheinen lassen, und glaubte Ich daher nicht
länger anstehen zu dürfen, Euerer Liebden die
Erfüllung Ihres Wunsches in Aussicht zu stellen,
sobald es Mir gelungen sein wird, einen ge-
eigneten Nachfolger zu finden. Bis zu diesem
Zeitpunkt, den Ich nach Möglichkeit zu be-
schleunigen Mich bemühen werde, bitte ich
Euere Liebden, Sich den Mühen des Amtes
noch weiter zu unterziehen. Unter dem er-
neuten Ausdruck Meines unauslöschlichen Dankes
verbleibe Ich mit besonderer Werthschätzung
Neues Palais, Euerer Liebden
den 20. Juni 1894. freundwilliger
(gez.) Wilhelm
Nachdem dieser Nachfolger in dem Erbprinzen zu
Hohenlohe gefunden war, ist der Fürst durch Kabinets-
ordre vom 30. Juni von dem Amte des Oberst-Käm-
merers entbunden worden. Zugleich hat ihm der Kaiser
seine Büste in Marmor verliehen.
— Der Minister für Handel und Gewerbe
hat die kaufmännischen Korporationen, Handels-
kammern rc. ersucht, sich über diejenigen Abände-
rungsvorschläge gutachtlich zu äußern, welche im
Hinblick auf die durch das neue bürgerliche Gesetz-
buch zu erwartenden Aenderungen der Rechtslage
„Pah, so viel Aufhebens um ein Weib!" ent-
gegnete Schelding, verächtlich die Lippen kräuselnd.
„Aber sehen Sie, die von hoher Hand Geschlagene
hat das Aussehen, als wäre ihr Bankos Geist er-
schienen; der Hieb hat die Achillesferse getroffen."
In der Tbat hatte sich der Präsidentin eine
Art Betäubung bemächtigt. Anfangs war sie in
athemlosem Schreck des Herzogs Rede gefolgt, dann
zog über das lebhafte, blühende Antlitz fahle Blässe;
die Lippen entfärbten sich und sprachunfähig stand
sie dieser beschämenden Demüthigung gegenüber.
Sie kam erst wieder zu sich, als Frau von Adriano-
witsch leise, vertraulich ihre Hand aus den ent-
blößten Arm der moralisch gepeitschten Frau legte
und ihr überschwengliche Dankesbezeugungen in's
Ohr flüsterte. Erst da zuckte ein erkünsteltes
Lächeln, das mehr einer Grimmasse ähnelte, um
den zusammengeknifsenen Mund. Eine Schaar
junger Damen und zufriedengestellter Mütter folgten
dem Beispiel und somit wurde der peinliche Zwischen-
fall abgeschwächt und Frau von Hannipot gelang
es, die Herrschaft über ihre Gefühle soweit zu ge-
winnen, daß sie in gewohnter Leutseligkeit und dem
angelernten süßlichen Lächeln die Honneurs bis zu
Ende machte.
„Bleiben Sie, mein Wagen bringt Sie sicher
nach Hause," raunte die Präsidentin Frau von
Adrianowitsch zu; als der Herzog sich zurückgezogen
hatte und die Gäste nach und nach dem Beispiel
des hohen Herrn folgten.
„Die Toilettenfrage muß noch besprochen
werden," ergänzte sie, einen wohlwollenden Ton an-
nehmend, die Aufforderung.
Das Ende dieser vertraulichen Unterredung
von verschiedenen Seiten behufs Abänderung der
Konkursordnung in Vorschlag gebracht sind,
und hat eine Zusammenstellung dieser bisher vor-
liegenden Abänderungsvorschläge beigefügt.
Ausland.
Paris, 6. Juli. Deputirtenkammer.
Der neugewählte Präsident Burdeau hielt fol-
gende Ansprache: „Wcrthe Herren Kollegen! Die
Ehre, die Sie mir durch die Berufung zu diesem
Amte erweisen, übersteigt zu deutlich meine Ver-
dienste und Kräfte. Die Dankbarkeit, von der ich
mich nach ihrer wohlwollenden Handlung durch-
drungen fühlte, wäre ohne gleichen, wenn ich nicht
noch lebhafter befürchtete, der hohen schwierigen
Aufgabe nicht gewachsen zu sein, die darin be-
steht, die Regeln der freien Erörterungen und die
gegenseitige Achtung der Meinung zu wahren; für
alle Überzeugungen das gleiche Recht zu gewähr-
leisten, sich auf der Rednerbühne kundzugeben, vor
allem die gleiche Achtung vor den Beschlüssen der
Mehrheit zu erwirken, mit einem Worte: die
wesentlichen Grundlagen des parlamentarischen
Lebens zu erhalten, die ein gemeinsames Gut für
alle Parteien sind, weil sie ein Bollwerk für alle
Freiheiten sind, das eben ist die edle Aufgabe, die
es meinem Vorgänger bisher zu erfüllen gelungen
war. Es ist nothwendiger, denn je, daß wir
diesen schönen Uebcrlieferungen treu bleiben. Wir
schQ '— pag jn Folge eines schmerz-
lich 7^'"
bis
das ,
nung belachenden Ber;amu„u..g .
Eifer und die weiteste Freiheit im Ausdruck der
Gedanken weder Duldsamkeit noch Höflichkeit aus-
schließen, wo die Erhabenheit der Verhandlungen
schon die Majestät des Gesetzes kundgibt, das dar-
aus hervorgehen soll, wir schulden ihm vor
allem — und nur methodische Arbeit kann uns
dazu führen — gesetzgeberische Leistungen und Ab-
stimmungen, wodurch einmal der Gang der öffent-
lichen Angelegenheiten gesichert, sodann aber auch
Ihre Fähigkeiten bekundet wird, ohne Nebereilung,
aber sicher zu den Reformen zu gelangen, welche
die Demokratie von uns erwartet. Es hängt von
Ihnen weit mehr als von Ihrem Vorsitzenden ab
zu bewirken, daß die Kammer dies Ziel erreiche.
Ich gelobe Ihnen, alles, was ich an Kräften auf-
zubieten vermag, dafür einzusetzen. Auch Sie
bitte ich darum, ich werde den Muth in der un-
erschöpflichen Quelle aller Thatkraft in dem Gefühl
derselben Pflicht schöpfen, die mir durch ihr Ver-
trauen auferlegt worden ist, und auch, es sei mir
gestattet, es zu sagen, in dem nachsichtigen und
guten Willen, wovon Sie mir durch ihre Wahl
ein kostbares Zeugniß gegeben habm. Das schon
gipfelte darin, daß die Präsidentin ihren Kleider-
schrank, Schmuck und sonstigen Flitterkram zur Ver-
fügung stellte und dieser neue Freundschaftsdienst
wurde von der einen Seite ohne jegliche Skrupel,
vielmehr mit lebhafter Freude und einem Schwall
von aufgebauschten Dankesworten angenommen, hin-
gegen Olga energisch dagegen protestirte.
„Liebe Baronesse, Sie beleidigen mich mit Ihrer
fortgesetzten Weigerung," sagte Frau von Hannipot
etwas empfindlich, während sic das Mädchen zu
sich auf den niedrigen Divan zog- „Geben Sie
mir einen Kuß und sagen Sie getrost: „>a," oder
wollen Sie Ihre liebe Mama zwingen, dem un-
motivirten Eigensinn nachzugeben?
Wollen Sie bei fremden Leuten eine Anleihe
erheben? Denn daß die Betheiligung bei lebenden
Bildern mit bedeutenden Geldopfern verbunden ist,
wird Ihnen Ihr kluges Köpfchen sagen, daß Sie
inou unA6, nicht mehr zurucktreten können, werden
Sie auch begreifen- ergeben Sie sich und er-
fassen Sie die günstige Gelegenheit, ein Ziel zu
erreichen, das Jbnen so handgerecht vor Augen
gebracht wird. Sie kleiner Schelm, nehmen dem
armen, verliebten Grafen gegenüber eine unnahbare
Miene an; kennen Sie auch die Consequenzen,
die man schließlich gezwungen ist, daraus zu ziehen?
Man sagt entweder: das Mädchen ist eine arge
Coquette, das durch eine angenommene Reserve den
Mann, der zu ihren Füßen liegt, reizen will, um
eine schnelle Erklärung herbeizuführen, oder die er-
findungsreiche Welt spitzt die lasterhafte Zunge und
tuschelt alles mögliche böse Zeug zusammen: von
unglücklicher Liebe, von geheimen Herzensneigungen,
ja, sie scheut sich nicht, die Ehre anzutasten und,
Samstag, 7. Juli 1»S4.
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werden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
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Entschädigung bei Todesfall oder
Selbstmord in Hotels.
Keine Menschenklasse, mit welcher der Hotel-
oder Logierhausbesitzer in Berührung kommt, verab-
scheut und fürchtet derselbe wohl mit Recht mehr,
als die, welche bei ihnen absteigt, um dort ihrem
Leben ein Ende zu machen. Schon der Tod eines
Gastes in einem Hotel schädigt den Inhaber em-
pfindlich und verursacht ihm einen großen Auf-
wand, vielmehr aber noch ein Selbstmord. Das
Publikum hat kaum eine Ahnung, was für eine
ernste Sache dies für den Besitzer ist. Abgesehen,
von der Aufregung und dem Aberglauben, die ein
Selbstmord im Hotel unter den Gästen verursacht,
zwingt derselbe den Besitzer zu bedeutenden -Aus-
gaben; denn derselbe ist genöthigt, die ganze Ein-
richtung des Zimmers, die Möbel, Teppiche, Betten
rc. zu zerstören, ja selbst die Tapeten müssen von
den Wänden abgerissen werden; sogar das Zimmer
muß oft anders nummerirt werden, da sich Viele
daran stoßen, auch wenn Alles neu möblirt ist, in
einem solchen Zimmer zu wohnen. Zu fast gleichen
Ausgaben gibt aber auch schon ein gewöhnlicher
Todesfall in einem Gasthause Veranlassung, be-
sonders in den Kurhäusern und in den Hotels rc.,
in welchen die Gäste längeren Aufenthalt nehmen.
Von allgemeinem Interesse ist nun die Frage,
inwieweit der Inhaber des Hotels oder Logier-
hauses berechtigt ist, die Kosten und den Schaden,
welche ihm bei einem Selbstmord oder dem Tode
eines bei ihm wohnenden Gastes entstanden sind,
Von der hinterlassenen Familie oder dessen Erben
zu fordern. Schon der Intern. Verein der Gast-
hofbesitzer zu Köln beschäftigte sich im Jahre 1891
eingehend mit der Frage, die damals großes Inte-
resse hervorrief. In England ist es Gepflogenheit,
als Entschädigung 100 Pfd. Sterling zu berechnen;
natürlich hat der Hotelier das Nachsehen, wenn die
Anverwandten nichts haben.
Der geschädigte Gastwirth hat das Recht, von
den Angehörigen des Verstorbenen für seine ihm
dadurch entstandenen Kosten Entschädung zu ver-
langen und kann im Weigerungsfälle mit sicherer
Aussicht, daß er sein Recht erlangt, den Betrag
seiner Forderung durch Klage zur Geltung bringen.
Natürlich dürfen die Forderungen nicht übertrieben
hoch sein, so daß es den Anschein gewinnt, als
HesüHn L.
Roman von H. von Gavain.
14) (Fortsetzung.)
„Um diese Hoheit gebietende Erscheinung, Fräu-
lein von Rochnitz, hier," er tippte mit dem Finger
auf eine Stelle des noch immer gehobenen Blattes,
„schaart sich huldigend das Volk der Pusta. Hier-
mit würde dem schaulustigen Publikum, auf dessen
Börse die Wohlthätigkeit eine Anleihe zu erheben
gedenkt, in einen Guß besonders Reizvolles geboten
Und Herrn Professor Peil, der sich, wie gesagt, der
selbstlosen Aufgabe unterziehen will, die Arrange-
ments zu treffen, wird zweifellos ein weites Feld
für sein künstlerisches Talent hierbei geboten."
Nach sekundenlanger Pause fuhr der hohe Herr
fort: „Da Fräulein Rochnitz leider verhindert war,
unfern Kreis mit ihrer Gegenwart zu zieren, werden
Sie, meine gnädige Frau, als liebenswürdige Pro-
tektorin des angebahnten Unternehmens gewiß die
Gewogenheit haben, im Namen der Herzogin Ihre
Ueberredungsgabe an Ort und Stelle zu erproben,
und die junge Dame bestimmt, sich unseren Wünschen
geneigt zu machen." Nach diesen auffordernden
Worten, die an Frau von Hannipot gerichtet waren,
flog sein Blick zu Graf Ulestein herüber, der sich
f>n Olga's Seite geflüchtet hatte und flüsternd mit
ihr verkehrte. „Graf Ulesteins Gestalt dünkt mir
um vorthcilhaftesten, die gebotene Königskrone auf
das Haupt der Auserwählten zu legen," sagte der
lebhafte Redner in einem Ton, der keinen Wider-
spruch zuließ, „hingegen andere Kavalliere während
der Ceremonie huldigend ein Knie beugen, sowie
ob durch den Todesfall ein Gewinn berausges t lagen
werden solle. Letzteres wird aber kaum eintreten;
denn Jeder wird froh sein, seine wirklichen Aus-
gaben ersetzt zu erhalten.
Schreiber dieses erlebte, so führt die „Hotel-
Revue" in Leipzig aus, im Hause seines Prinzipales
kürzlich einen solchen Fall, und da ihm die Schrift-
leitung der „Hotel-Revue" auf seine Anfrage den
Rath gab, falls keine güthliche Einigung mög-
lich sei, zu klagen, so wurde die Forderung auf
Entschädigung dem Rechtsanwalt übergeben.
In dem Streite wurden nun folgende Forde-
rungen als berechtigt anerkannt und dafür Schaden-
ersatz geleistet: Vollständiger Ersatz für das von
dem Verstorbenen benutzte Bett, für das Aufpoliren
und Aufpolstern der Zimmermöbel, für das Streichen
des Fußbodens, für das benutzte Porzellan, für
die zum Reinigen des Zimmers aufgewendeten Aus-
lagen. Sämmtliche Gegenstände sind den An-
gehörigen des Verstorbenen auf Verlangen zu über-
lassen. Ist die Krankheit des Verstorbenen eine
ansteckende gewesen, so kann Ersatz für das ganze
Mobiliar und vollständige Vorrichtung des Zimmers
gefordert werden. Eine Entschädigung für das nicht
anderweite Benutzen des Zimmers kann nur ge-
fordert werden, so lange die gründliche Reinigung
dauert. Die Möbel werden natürlich nur nach
ihrem gegenwärtigen wirklichen Werth in Anschlag
gebracht. Obgleich der genannte Fall noch vor der
richterlichen Entscheidung durch Vergleich beigelegt
worden ist, so waren die genannten Forderungen
doch bereits als berechtigte anerkannt worden. Ver-
druß, Schererei und andere Nachtheile hatte ja der
Besitzer außerdem noch genug, die ihm nicht ersetzt
wurden. Daß der Wirth bei einem Selbstmord
Ersatz für sämmtliches Mobiliar und vollständige
Renovation des Zimmers zu fordern berechtigt ist,
liegt wohl klar auf der Hand._
LerMches Reich.
Berlin, 7. Juli.
— Die „Kreuzztg." sagt in einem Artikel über
die Reichsfinanzreform: Die Art der Finanz-
politik, welche der Reichstag jetzt treibt, erfüllt uns
mit schweren Besorgnissen. Die Mehrheit des
Reichstags ist zufrieden, wenn beim Abschluß des
Etats die Rechnung stimmt, kümmert sich aber
nicht darum, ob die Einnahmen wirklich die bud-
getmäßige Höhe erreichen. Darin liegt ein Mangel
an Verantworllichkeitsgefühl. Nach den Ergebnissen
der letzten Sitzung ist nicht zu erwarten, daß der
Reichstag sich leicht zur Bewilligung von Steuern
verstehen wird, um ein festes Verhältniß zwischen
den Finanzen des Reiches und der Einzelstaaten
herbeizuführen. Die Bundesregierungen würden
einen schweren Fehler begehen, wenn sie diesen Ge-
danken dem Reichstag gegenüber preisgeben wollten.
phantastisch gekleidete Zigeunerinnen in ihren ge
hobenen Händen Kastagnetten halten sollen, um
einen nachfolgenden Tanz zu versinnbildlichen, wie
diese kolorirte Zeichnung die Szene sehr deutlich
veranschaulicht."
Nun ließ der Herzog die Hand sinken und ent-
fernte sich einige Schritte von seinem Platz eifrig
mit dem Maler sprechend. Ein Murmeln des
Beifalls ließ sich hören. Der kleine Professor er-
ging sich in eraltirten Reden über den Effekt des
herrlichen Gemäldes.
„Er habe nur nicht gewagt dem Herzog Vor-
schriften machen zu wollen; sein Augenmerk wäre
schon lange auf das Gemälde gerichtet gewesen,"
bemerkte er sehr bescheiden seinen an und für sich
stark gewölbten Rücken zu einem Fragezeichen
krümmend.
„Das also war des Pudels Kern, kicherte der
Kammerherr boshaft. Auf Ehre, das schien wie ein
Blitz aus heiterem Himmel zu treffen!"
„Warum tunt cksvruit xour uns ninslstts?
Ich verstehe nichts von alledem." Bärkeli hob den
Blick erstaunt zu dem Frager empor.
„Man sieht Ihnen den Neuling auf fünf
Schritt an, Herr Major. Warum diese Jntrigue
herüber und hinüber? Einfach, dieweil das Kind
Israels Tempwament besitzt, das ihren Voreltern
Ehre macht und sich nicht unter die Fuchtel der
Gnädigen bringen läßt, absolut nicht. So viel
auch das Sammetpfötchen die scharfen Krallen ein-
zog, um die reiche Erbin kirre zu machen, der stolze
Nacken beugte sich nicht. So ging Ihre Ercellenz
hei passender Gelegenheit zu offiziellen Feindselig-
keiten über, die oft recht unzarter Natur waren."
Dadurch würden sie sich derjenigen Mehrheit, die
die Handelsverträge angenommen hat, auf Gnade
und Ungnade ergeben.
— Der „Reichs-Anzeiger" veröffentlicht
die schon gemeldete Ernennung des Erbprinzen
Christian Kraft zu Hohenlohe-Oe Ih-
ringen zum Oberstkämmerer an Stelle des
Fürsten zu Stolberg-Wernigerode.
Das von letzterem. kürzlich abermals eingcreichte
Entlaffungsgesuch wurde vom Kaiser zunächst mit
folgendem, in der „Wernigeroder Ztg." veröffent-
lichten Handschreiben beantwortet:
Hochgeborener Fürst! Als Euere Liebden
Mich im Jahre 1890 um Entbindung von dem
Amte des Oberstkämmerers baten, habe Ich
Ihnen bereits mündlich zu erkennen gegeben,
welch' hohen Werth Ich darauf lege, dieses hohe
und wichtige Amt in Ihren Händen zu wissen.
Ich habe mich damals von Herzen gefreut, daß
es Mir gelungen war, Sie zur Fortführung
dieses Amtes zu bewegen. Wenn Euere Liebden
nun in der Eingabe vom 12. ds. Mts. auf
Ihren früheren Wunsch zurückkommen, so hat
Mich dies um so mehr mit schmerzlichem Be-
dauern erfüllt, als Ich in der Zwischenzeit so
häufig beobachten und erfahren durfte, welch
ausgezeichneter Leitung die Angelegenheiten
Meines Hofes dank der treuen Fürsorge und
reichen Erfahrung Euerer Liebden sich zu er-
freuen haben. Anderseits vermag Ich das Ge-
wicht der Gründe nicht zu verkennen, welche
Ihnen die Befreiung von der Bürde des Oberst-
kämmerer-Amtes dringend Wünschenswerth er-
scheinen lassen, und glaubte Ich daher nicht
länger anstehen zu dürfen, Euerer Liebden die
Erfüllung Ihres Wunsches in Aussicht zu stellen,
sobald es Mir gelungen sein wird, einen ge-
eigneten Nachfolger zu finden. Bis zu diesem
Zeitpunkt, den Ich nach Möglichkeit zu be-
schleunigen Mich bemühen werde, bitte ich
Euere Liebden, Sich den Mühen des Amtes
noch weiter zu unterziehen. Unter dem er-
neuten Ausdruck Meines unauslöschlichen Dankes
verbleibe Ich mit besonderer Werthschätzung
Neues Palais, Euerer Liebden
den 20. Juni 1894. freundwilliger
(gez.) Wilhelm
Nachdem dieser Nachfolger in dem Erbprinzen zu
Hohenlohe gefunden war, ist der Fürst durch Kabinets-
ordre vom 30. Juni von dem Amte des Oberst-Käm-
merers entbunden worden. Zugleich hat ihm der Kaiser
seine Büste in Marmor verliehen.
— Der Minister für Handel und Gewerbe
hat die kaufmännischen Korporationen, Handels-
kammern rc. ersucht, sich über diejenigen Abände-
rungsvorschläge gutachtlich zu äußern, welche im
Hinblick auf die durch das neue bürgerliche Gesetz-
buch zu erwartenden Aenderungen der Rechtslage
„Pah, so viel Aufhebens um ein Weib!" ent-
gegnete Schelding, verächtlich die Lippen kräuselnd.
„Aber sehen Sie, die von hoher Hand Geschlagene
hat das Aussehen, als wäre ihr Bankos Geist er-
schienen; der Hieb hat die Achillesferse getroffen."
In der Tbat hatte sich der Präsidentin eine
Art Betäubung bemächtigt. Anfangs war sie in
athemlosem Schreck des Herzogs Rede gefolgt, dann
zog über das lebhafte, blühende Antlitz fahle Blässe;
die Lippen entfärbten sich und sprachunfähig stand
sie dieser beschämenden Demüthigung gegenüber.
Sie kam erst wieder zu sich, als Frau von Adriano-
witsch leise, vertraulich ihre Hand aus den ent-
blößten Arm der moralisch gepeitschten Frau legte
und ihr überschwengliche Dankesbezeugungen in's
Ohr flüsterte. Erst da zuckte ein erkünsteltes
Lächeln, das mehr einer Grimmasse ähnelte, um
den zusammengeknifsenen Mund. Eine Schaar
junger Damen und zufriedengestellter Mütter folgten
dem Beispiel und somit wurde der peinliche Zwischen-
fall abgeschwächt und Frau von Hannipot gelang
es, die Herrschaft über ihre Gefühle soweit zu ge-
winnen, daß sie in gewohnter Leutseligkeit und dem
angelernten süßlichen Lächeln die Honneurs bis zu
Ende machte.
„Bleiben Sie, mein Wagen bringt Sie sicher
nach Hause," raunte die Präsidentin Frau von
Adrianowitsch zu; als der Herzog sich zurückgezogen
hatte und die Gäste nach und nach dem Beispiel
des hohen Herrn folgten.
„Die Toilettenfrage muß noch besprochen
werden," ergänzte sie, einen wohlwollenden Ton an-
nehmend, die Aufforderung.
Das Ende dieser vertraulichen Unterredung
von verschiedenen Seiten behufs Abänderung der
Konkursordnung in Vorschlag gebracht sind,
und hat eine Zusammenstellung dieser bisher vor-
liegenden Abänderungsvorschläge beigefügt.
Ausland.
Paris, 6. Juli. Deputirtenkammer.
Der neugewählte Präsident Burdeau hielt fol-
gende Ansprache: „Wcrthe Herren Kollegen! Die
Ehre, die Sie mir durch die Berufung zu diesem
Amte erweisen, übersteigt zu deutlich meine Ver-
dienste und Kräfte. Die Dankbarkeit, von der ich
mich nach ihrer wohlwollenden Handlung durch-
drungen fühlte, wäre ohne gleichen, wenn ich nicht
noch lebhafter befürchtete, der hohen schwierigen
Aufgabe nicht gewachsen zu sein, die darin be-
steht, die Regeln der freien Erörterungen und die
gegenseitige Achtung der Meinung zu wahren; für
alle Überzeugungen das gleiche Recht zu gewähr-
leisten, sich auf der Rednerbühne kundzugeben, vor
allem die gleiche Achtung vor den Beschlüssen der
Mehrheit zu erwirken, mit einem Worte: die
wesentlichen Grundlagen des parlamentarischen
Lebens zu erhalten, die ein gemeinsames Gut für
alle Parteien sind, weil sie ein Bollwerk für alle
Freiheiten sind, das eben ist die edle Aufgabe, die
es meinem Vorgänger bisher zu erfüllen gelungen
war. Es ist nothwendiger, denn je, daß wir
diesen schönen Uebcrlieferungen treu bleiben. Wir
schQ '— pag jn Folge eines schmerz-
lich 7^'"
bis
das ,
nung belachenden Ber;amu„u..g .
Eifer und die weiteste Freiheit im Ausdruck der
Gedanken weder Duldsamkeit noch Höflichkeit aus-
schließen, wo die Erhabenheit der Verhandlungen
schon die Majestät des Gesetzes kundgibt, das dar-
aus hervorgehen soll, wir schulden ihm vor
allem — und nur methodische Arbeit kann uns
dazu führen — gesetzgeberische Leistungen und Ab-
stimmungen, wodurch einmal der Gang der öffent-
lichen Angelegenheiten gesichert, sodann aber auch
Ihre Fähigkeiten bekundet wird, ohne Nebereilung,
aber sicher zu den Reformen zu gelangen, welche
die Demokratie von uns erwartet. Es hängt von
Ihnen weit mehr als von Ihrem Vorsitzenden ab
zu bewirken, daß die Kammer dies Ziel erreiche.
Ich gelobe Ihnen, alles, was ich an Kräften auf-
zubieten vermag, dafür einzusetzen. Auch Sie
bitte ich darum, ich werde den Muth in der un-
erschöpflichen Quelle aller Thatkraft in dem Gefühl
derselben Pflicht schöpfen, die mir durch ihr Ver-
trauen auferlegt worden ist, und auch, es sei mir
gestattet, es zu sagen, in dem nachsichtigen und
guten Willen, wovon Sie mir durch ihre Wahl
ein kostbares Zeugniß gegeben habm. Das schon
gipfelte darin, daß die Präsidentin ihren Kleider-
schrank, Schmuck und sonstigen Flitterkram zur Ver-
fügung stellte und dieser neue Freundschaftsdienst
wurde von der einen Seite ohne jegliche Skrupel,
vielmehr mit lebhafter Freude und einem Schwall
von aufgebauschten Dankesworten angenommen, hin-
gegen Olga energisch dagegen protestirte.
„Liebe Baronesse, Sie beleidigen mich mit Ihrer
fortgesetzten Weigerung," sagte Frau von Hannipot
etwas empfindlich, während sic das Mädchen zu
sich auf den niedrigen Divan zog- „Geben Sie
mir einen Kuß und sagen Sie getrost: „>a," oder
wollen Sie Ihre liebe Mama zwingen, dem un-
motivirten Eigensinn nachzugeben?
Wollen Sie bei fremden Leuten eine Anleihe
erheben? Denn daß die Betheiligung bei lebenden
Bildern mit bedeutenden Geldopfern verbunden ist,
wird Ihnen Ihr kluges Köpfchen sagen, daß Sie
inou unA6, nicht mehr zurucktreten können, werden
Sie auch begreifen- ergeben Sie sich und er-
fassen Sie die günstige Gelegenheit, ein Ziel zu
erreichen, das Jbnen so handgerecht vor Augen
gebracht wird. Sie kleiner Schelm, nehmen dem
armen, verliebten Grafen gegenüber eine unnahbare
Miene an; kennen Sie auch die Consequenzen,
die man schließlich gezwungen ist, daraus zu ziehen?
Man sagt entweder: das Mädchen ist eine arge
Coquette, das durch eine angenommene Reserve den
Mann, der zu ihren Füßen liegt, reizen will, um
eine schnelle Erklärung herbeizuführen, oder die er-
findungsreiche Welt spitzt die lasterhafte Zunge und
tuschelt alles mögliche böse Zeug zusammen: von
unglücklicher Liebe, von geheimen Herzensneigungen,
ja, sie scheut sich nicht, die Ehre anzutasten und,