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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 281 - Nr. 290 (30. November - 11. Dezember)
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2. Meihnttcbts-Ausgclbe.

Nummer 285. H. Jahrgang.

Reiter

Mittwoch, 5. Dezember 18S4.


General-G Anzeiger

für Heidelberg und Umgegend

Jnsertionspreisr
dir Is-altige Petitzeile oder deren Raum 8 Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.

Ab onurmentSpreis r
Nit Lseitigem iSnArirtem Äouutazsblatt: monatlich
LS Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld.
Expedition: Kcrupt!'tr«tzo Wr. 25.

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Expedition: ^«uptstraße Mr. 26.

GLLefEfteS BlMt im StMhL M. MZWt HeMeWES mmd MWDeDemd. GVstzteV EofslS Wr? InfevcrtE

E' Lerepy»«-Unf<hrtttz Nr. 10L. °'WU
WS" Erstes Matt.
Um 34 U
für den Monat kostet der
Neue
General-Anzeiger
sirr Heidelberg und Umgegend
(Bürger-Zeitung)
nebst Jllustr. Sountagsblatt am Postschalter
abgcholt.
(VomBriefträger in's Haus gebracht 13 Pfg mehr.)
In Heidelberg und den nächsten Orten der
Umgebung kostet der ,,Neue General-Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend"
monatlich nur Pfg.
frei in's Haus.
Bestellungen werden von unfern Trägern und
Trägerinnen, sowie von allen Po st an st alten
forwährend angenommen.

sich ungefähr aus obige Summe beläuft. ^cpetWMdSrtislMG^kicht ME "20 Millionen
Der Etat für Schiffsbauten im Extraordina- Mark kosten. Dabei muß man sich vergegen-

welcher zum Ersatz für die „Freya" dienen soll,
sind nicht angegeben. Die „Freya" aber kostete
überhaupt nur 2^/z Millionen Mark, und für
den Ersatz werden schon als erste Rate 2 Mill,
verlangt. Das läßt darauf schließen, daß der
Ersatz auch wenig unter vier Millionen Marl
kosten wird.
Dazu kommt nun noch eine neue Torpedo-
flottille, deren Bau in Angriff genommen werden
soll. Ein Torpedo Divisionsboot und sechs Tor-
pedoboote aber sind zusammen auch auf min-
destens 4 Millionen Mark zu veranschlagen.
Daraus ergibt sich, daß die ersten Raten, die für
Schiffsbau in dem neuen Etat gefordert werden,
im Ganzen einen Aufwand von mindestens 36
Millionen Mark bedingen. Für eine solche
Summe also würde sich der Reichstag engagiren,
wenn er die jetzt geforderten ersten Raten be-
willigt.
Dazu kommen dann noch alle diejenigen
Summen, welche an neuen Raten gefordert werden
für Schiffe, deren erste Raten schon früher bewilligt
worden sind. Im vorigen Jahre hat der Reichstag
leider für ein neues Panzerschiff eine erste Rate
von 1 Million Mark bewilligt. Dieses Panzer-
schiff zum „Ersatz" von „Preußen" wird aber
im Ganzen einschließlich der Armirung und der

genüber; in die wichtigsten Aemter find neue
Männer eingetreten. Lauernd und zurückhaltend,
zum Thcil auch mißtrauisch und feindselig steht
die Mehrheit des Reichstags dem „neuesten Curs"
gegenüber, dessen Richtung noch zu wenig zu be-
urtheilen ist. Ob über die großen Fragen, welche
den Reichstag beschäftigen werden, eine Verständi-
gung gelingt, läßt sich noch nicht erkennen. Wir
wollen noch das beste hoffen und den Reichstag
in seiner neuen Heimstätte mit dem Wunsch be-
grüßen, daß er gute Arbeit zum Wohle des Vater-
landes leiste.

wärtigen, daß nach dem 1888 aufgestellten und
bis jetzt festgehaltenen Plan demnächst auch noch
zwei neue Panzerfahrzeuge für je 5 bis 6 Mill.
Mark gebaut werden sollen. Die erste Rate hier-
für dürfte schon im nächsten Jahre im Etat
erscheinen.
Und so weiter ins Uferlose! Es schwindelt
einem förmlich, wenn man diese Summen liest.
Noch mehr allerdings würde uns schwindeln,
wenn wir sie bezahlen müßten. Wir wünschen
deßhalb dem Reichstage das nöthige Rückgrat
dazu, daß er diese Forderung mit ganz besonderer
Sorgfalt prüft und nur in soweit genehmigt, als
sie wirklich und unbedingt nöthig ist.

der Umstand, daß auch von Subalternen Ver-
stöße begangen.werden. Die Fälle sind jedoch
vereinzelt, insbesondere hat der jetzige Chef der
Heeresverwaltung, wie von unterrichteter Seite
erklärt wird, stets darauf gesehen, daß der obigen
Bestimmung gemäß Verfahren werde.
Kiel, 3. Dez. Der Kaiser, der heute Vormit-
tag um Viertel 9 Uhr batte Generalmarsch schlagen
lassen, traf mit dem Prinzen Heinrich um 8^
Uhr auf dem Hofe der Marinecaserne ein und
nahm die Parade über die Matrosendivision, das
Seebataillon und die Marineinfanterie ab. Der
Kaiser begab sich hierauf unter dem Salut deS
Manövergeschwaders an Bord des Panzerschiffes
„Kurfürst Friedrich Wilhelm". Das Manöver-
geschwader ging um 10 Uhr in See.
Karlsruhe, 4. Dez. Ihre Kaiserliche Hoheit
die Prinzessin Wilhelm ist gestern durch Unwohlsein
verhindert gewesen, nach Schloß Baden zu kommen.
Die Prinzessin hat sich eine starke Erkältung zuge-
zogen, die größere Schonung erfordert. Ihre Kgl.
Hoheiten der Erbgroßherzvg und die Erbgroßherzogin
kehren heute Nachmittag 4 Uhr 40 Minuten nach
Freiburg zurück. Die Großherzoglichen Herrschaften
empfangen heute Abend eine größere Anzahl Personen,
welche sich während des Aufenthalts Ihrer König!.
Hoheiten in Schloß Baden eingeschrieben haben.
Während dieses Empfanges werden der General-
Musikdirektor Mottl und Gemahlin einige Musik-
stücke zur Aufführung bringen.
Aus Bade«, 3. Dez. Im letzten Landtag
hatte Prälat Dr. Doll in wahrhaft erhebender
und ergreifender Weise die Nothlage mancher
Pfarrer auf dem Lande bei den jetzigen dürf-
tigen Bef ol dungsverh ältniss en geschildert
und insbesondere betont, daß es nicht die Sucht
nach Vergnügungen und nach irdischen Gütern
sei, wenn der Geistliche sich nach einer Besserung
steser Verhältnisse sehne. Die Kindererziehung
und die eigene geistige Fortbildung schon für sich
allein lassen die Nothwendigkeit einer Ausbesserung
unabweisbar erscheinen. Man war deßhalb in
den Kreisen der Geistlichkeit eigentümlich über-
rascht, in der Rede des Oberkirchenrathspräsidenten
Geheimraths v. Stpsiep hxj dem Beginn der Ge-
neralsynode eine Andeutung und gleichsam auch

36 Millionen!
Eine sehr respektable Summe, selbst für einen
Staat wie Deutschland! Wenn sie für irgend
einen Zweck aufgebracht werden soll, so werden
das die Steuerzahler immerhin an ihrem Geld-
beutel spüren und sie werden sich fragen,
ob die Ausgabe auch wirklich eine gerechtfertigte
ist.
Zu dieser Frage ist nun Gelegenheit geboten.
Diese Woche tritt, wie wiederholt mitgetheilt, der
Reichstag zusammen, diesmal im neuen Reichs-
hause und zur Erhöhung der Feierlichkeit gehen
ihm gleich eine Menge neuer Regierungsforder-
ungen zu. Darunter ist eine für die Marine,
dies" .. " "

rium ist aus 16 Millionen Mark bemessen, das
sind 4l/z Millionen Mark mehr, als im Vorjahr
vom Reichstag bewilligt worden sind. Doch es
kommt nicht blos auf die diesmal geforderte
Summe an; die ersten Raten darunter bilden
nur die Spitze für das dicke Ende, für die Summe,
die sich nachher als nothwendige Folge aus der
Bewilligung der ersten Raten ergeben.
Es werden also verlangt erste Raten für
einen Kreuzer erster Klasse, für zwei Kreuzer
zweiter Klasse und einen Kreuzer Ersatz „Freya".
Was den Kreuzer erster Klasse Ersatz „Leipzig"
anbetrifft, so ist schon früher ermittelt worden,
daß der Bau eines solchen „Tropenkreuzers" 15
bis 16 Millionen Mark kosten würde, während
das Schiff „Leipzig", zu dessen „Ersatz" das neue
Schiff dienen soll, nur 4—5 Millionen Mark
kostete. Für die beiden neuen Kreuzer zweiter
Klasse ist der Gesammtbedarf über die erste Rate
hinaus nicht angegeben woroen. Es wird Nur
mitgetheilt, daß jeder dieser Kreuzer „bei weitem
mehr" kosten werde, als die bisherigen neuen
Kreuzer zweiter Klasse gekostet haben. Da letztere
42/z Millionen Mark kosteten, so wird man an-
nehmen dürfen, daß diese beiden neuen Kreuzer
zusammen mindestens 12 Will. Mark kosten
sollen. Auch die Gesammtkosten des Kreuzers,

Derüschks Reich.
Berlin, 5. Dezember.
— Seit Jahren bemüht sich dieMillta r-
Verwaltung, die einheimische landwirthschaft-
liche Produktion nach besten Kräften zu unter-
stützen. Die Proviantämter sind deßhalb ange-
wiesen, nach Möglichkeit von deutschen Produ-
zenten zu beziehen. Selbstverständlich müssen die
letzteren bei ihren Lieferungen sich aber an die
vorgeschriebenen Bedingungen halten. Daß hierin
zuweilen gefehlt wird, ist ebenso thatsächlich, wie

eine Warnüng ZU finden, daß her Geistliche in
Anlehnung an die Lehre und das Befifilks KeL
Erlösers den Sinn fern halten solle vom Mam-
monsdienste, da es ihm sonst unmöglich sei, die
Nichtigkeit der Freuden dieser Welt zu verkün-
digen im Vergleich zu den Quellen ewiger Be-
seeligung, welche aus dem Borne christlicher Er-
kenntniß fließen. Wenn aus den Kreisen der
Geistlichkeit jetzt in der Presse ziemlich scharfe
Abwehr dieser Andeutungen erklingt, so darf viel-t

Zur Eröffnung des Reichstags und
seines neuen Hauses.
In dem stolzen und kunstgeschmückten Monu-
mentalbau, der fortan sein Heim bilden wird, tritt
der Reichstag am heutigen Tage wieder zusammen.
Wer den gewaltigen Prachtbau beschaut, der wird
sich freilich ernster und wehmüthiger Betrachtung
nicht erwehren können. Vergleiche zwischen dieser
äußeren Verherrlichung des Parlamentarismus und
der verminderten Bedeutung, dem zurückgegangenen
Werth, Gehalt und Ansehen der Reichsvertretung
drängen sich unwillkürlich auf. Der Reichstag
hat die großen Hoffnungen, die einst an seine
Wirksamkeit geknüpft worden und in den Zeiten
des patriotischen Aufschwungs auch in Erfüllung
gegangen waren, im späteren Verlauf mehr und
mehr getäuscht. Er ist jetzt keine Stütze der nationa-
len Sache mehr, sondern eher ein Hemmniß für
die Befestigung und das Fortschreiten der Reichs-
einrichtung. Parteisucht, wirthschaftlicher Jntressen-
streit, Haß und Leidenschaft haben das vaterlän-
dische Gefühl in gar weiten Schichten des Volkes
und seiner Vertretungen überwuchert.
Auch dem Verlauf der wiederbeginnenden par-
lamentarischen Arbeiten kann man nur mit ernsten
Besorgnissen entgegensehen. Der Reichstag befindet
sich einer gründlich reorganisirten Regierung ge-

KefrrchL und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
56) (Fortsetzung.)
Kein geheimes Band der Gleichheit zog Sinda
zu Frau Biggs. Konnte sie sie nicht, wie Graf
Tregaron es vorschlug, mit einer bedeutenden Geld-
summe fortschicken und sich ihrer für immer ent-
ledigen?" Dieses Weib als ihre Mutter, diesen
„mißrathenen" Simon als ihren Bruder anzuer-
kennen, hieß ein Paar Blutsauger an sich heran-
ziehen, die sich mit den widerwärtigen Genossen um-
geben, Graf Tregaron's Freundschaft für sie ein
Ende machen würden und sie selbst zu einer gesell-
schaftlichen Paria stempeln mußten. Wenn sie
Frau Biggs als ihre Mutter annahm und ihre
Verwandtschaft erklärte, konnte sie nicht länger an
eine Heirath mit Armand Elliot denken. Sie
konnte die englischen Vorurtheile zu genau, um nicht
zu wissen, daß selbst der liebenswürdige Graf, der
eine außerordentliche Freundschaft und Zuneigung
für sie empfand, seinem Erben rathen würde, sich
Wit einer anerkannten Tochter der Frau Biggs nicht
ZU verbinden. Konnte sie Liebe, Stellung, gesellschaft-
liche Anerkennung und Theilnahme, Alles, was das
lieben süß und angenehm machte, aufgeben, um
Kieses eilenden, alten Weibes willen, das in seiner
Ütenzenlosen Feigheit sein Kind verlassen hatte, um
zu Grunde gehen zu lassen, nur auf die eigene
Rettung bedacht?
Das Mädchen erhob stolz den schönen Kopf und
we lieblichen Züge waren kalt und starr vor unter-
drücktem Schmerze. Schon stand sie im Begriffe,
das Weib zu verleugnen, als plötzlich ihr Gesicht

den Ausdruck tiefster Theilnahme annahm und sich
hinabsenkte. Indem sie die Mutter verleugnete, die
sie geboren hatte, erwies sie sich nicht selbst als ein
Feigling? Wenn Frau Biggs ihre Mutter war,
würde ihre Zurückhaltung oder ihr Leugnen etwas
an der Thatsacke verändern? Wenn eine Heirath
mit Armand Elliot für eine anerkannte Tochter
von Frau Biggs unpassend war, bliebe sie nicht
ebenso funpassend, wenn auch diese Tochter nicht
anerkannt war? Es war das Blut der Biggs,
welches sich nicht eignete, mit dem stolzen Blute
der Elliot's vermischt zu werden. Wenn Sinda
eine Biggs war, konnte keine Lüge in Wort oder
That eine geeignete Braut für Armand Elliot aus
ihr machen. Das Mädchen besaß eine durch und
durch wahrhafte Natur. Sie war viel zu stolz, um
eine Lüge zu sagen, und war gewissenhaft bis in's
Ertreme. Der Missionar hatte in diesem Mädchen
einen vortrefflichen Bo^en für seine großen, edlen
Grundsätze gefunden, um darin Wurzel zu fassen,
und sie war ebenso muthig als wahrhaft, besaß eine
Seele ebenso groß, als es ihre körperliche Schönheit
war. Sie fühlte, daß sie sich selbst weit mehr ver-
abscheuen würde, als sie jetzt Frau Biggs verab-
scheute, wenn sie sich zur Rolle eines Feiglings
tzergäbe — wenn sie die Mutter verleugnete die ihr
das Leben gegeben hatte.
„Ich habe mich entschieden", sagte sie sanft.
„Bitte, sagen Sie es ihr, Herr Graf "— „Sinda,
meine Geliebte, lasse Dir Zeit zur Ueberlegung",
drängte Elliot. „Warte bis Morgen." Aber in
Sinda's Zügen malte sich ein fester Entschluß.
Sie konnte nicht wanken. — „Haben Sie berech-
net, was dieser Schritt Sie kosten würde, mein

armes Kind?" fragte der Graf mit einem Blick
auf Elliot. — Sinda verstand seine versteckte An-
spielung. Ihre tadellosen Züge verzerrten sich einen
Augenblick lang vor grenzenlosem Schmerz. Dann
wurden sie wieder ruhig und sie antwortete: „Ich
häbe es berechnet, Herr Graf." — „Mein liebes
Kind, lassen Sie sich von mir leiten", drängte
Graf Tregaron. „Ich bin älter als Sie. Ich
würde Ihnen nicht rathen, ein Unrecht zu thun;
aber ich beschwöre Sie, diese Sache zu überlegen.
Dieses Weib empfand keine wahrhafte Liebe für
ihr Kind. Warum wollen Sie sich zu Ihrem
Standpunkte erniedrigen?" — „Ich muß thun,
was recht ist. Wenn sie meine Mutter ist, wäre
es dann Recht von mir, sie zu verleugnen und
mich von ihr todt halten zu lassen? Wäre es auf-
richtig, wahrhaft? Ich darf meinem Gewissen keine
Gewalt anthun."
Frau Biggs hatte die kurze Unterredung beob-
achtet, da sie aber kein Wort davon gehört hatte,
ahnte Sie deren Sinn gar nicht. Sie fragte jetzt
abermals, warum sie nach Belle-Jsle berufen worden
war. Niemand antwortete ihr. Sinda wollte
sprechen, konnte aber nicht. Maya war es, die
das Stillschweigen brach, den gordischen Knoten
zerhieb. Ihre Zurückgezogenheit hinter dem Vor-
hänge war bis jetzt unbemerkt geblieben. Sie hatte
die Szene mit wachsender Eifersucht genau beob-
achtet. Sie hatte angefangen zu fürchten, daß
Sinda Frau Biggs fortschicken werde, ohne der
Frau zu sagen, warum sie berufen worden war. All
n ihr langverhaltener Haß gegen die junge Ex-
Fürstin schwoll zur wilden Wuth in ihr an. Ihr
Wunsch, das Mädchen zu demüthlgen, dessen Schön-

heit, Anmuth und Lieblichkeit die ihrige so wei
überragten, das immer so hoch über sie erhaben
gewesen war, das von Elliot geliebt und vom
Grafen bewundert wurde, dem sogar Walter Bat-
hurst huldigte, übermannte ihre Klugheit, ihre Vor-
sicht, ihre Selbstbeherrschung, und sie glitt aus
ihrem Versteck hervor, mit ihren goldblonden Haar-
fransen ihre Stirne verhüllend, mit funkelnden
Augen und vor Leidenschaft und Erregung voll-
ständig farblosem Gesichte. — „Weib!" schrie sie,
und ihre silberhelle Stimme klang mit erschreckend
scharfem Tone durch das große Gemach, „haben
Sie die glückliche Wahrheit nicht errathen? Ihr
wurde von einem Sepoy gerettet! Sie sitzt dort
in jenem Stuhle, voll Verlangen, Sie zu um-
armen!" und Maya wies mit ihrem kurzen be-
ringten Finger auf Sinda. „Da ist sie, — Ihre
lang verlorene Tochter!"
Dreiunddreißigstes Kapitel.
Frau Biggs Eigensinn.
Maya's Worte wirkten gleich einem aus hei-
terem Himmel niederfahrenden Blitzstrahl. Alle
wandten sich ihr zu und starrten sie verwundert an.
Sie sah unschuldig und kindlich aus, sanft und
lieblich, als ob ihre Hast und Ungestüm, ihre außer-
gewöhnliche Theilnahme für Sinda und Frau Biggs
sie übermannt und ganz außer sich gebracht hätten.
Der Graf furchte die Stirne. Aber wie konnte er
einem solch' schmetterlingsartigen Wesen zürnen,
das harmlos wie ein Waldvögelein und unschuldig
wie ein kleines Kind 'u sein schien? Frau Biggs
tarrte Maya stumm, erstaunt und mit verwirrtem
Ausdruck an.
 
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