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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 261 - Nr. 270 (7. November - 17. November)
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Nummer 265. H. Jahrgang.


Montag, 12. November 18S4.

General-OAnMger

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für Heidelberg und Umgegend

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AbanrrernentSpreiS r
«ft Sseitigem tlluSrirtem Sountagsblatt: monatlich
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UW- T-l-pho«°Anfchlntz Nr. 102. "MG

Fs^trr-ähVeitd
»erden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.

An Zwiegespräch.
Der orleanistische „Solei!" veröffentlicht fol-
gendes Zwiegespräch zwischen einem Chinesen und
einem Franzosen:
„Was meinen Sie zu unseren Staatseinrich-
tungen, zu unserer inneren und auswärtigen Po-
litik?" sragte der Franzose den Sohn des himm-
lischen Reiches.
„Ich muß gestehen, daß das über meine Be-
griffe geht," lautet die Antwort, „und bitte wirk-
lich um Entschuldigung, denn solch ein armer
Chinese kann sich nicht in europäische Gedanken
finden. Mir scheint Eure Politik ein Gewirr von
Widersprüchen und Unsinn."
„Wieso?"
„Sehen Sie z. B. Ihre Wirthschastspolitik:
erst haben Sie Milliarden über Milliarden aus-
gegeben, um Eisenbahnen, Tunnels, Kanäle und
Häfen zu bauen, überhaupt um internationale
Berkehrsstraßen anzulegen, gewiß doch in der
Absicht, Ihren Handelsverkehr mit dem Auslande
zu entwickeln und mit anderen Völkern viele Ge-
schäfte zn machen. Und was thut Ihr nun?
Ihr errichtet Zollschranken, so hoch, daß die Pro-
dukte anderer Länder nicht mehr nach Frankreich
herein können. Die Völker aber, die ihre Maaren
nicht mehr bei Euch absetzen, kaufen natürlich
auch nicht mehr bei Euch oder schränken wenig-
stens ihren Handel mit Euch ein. Eure Eisen-
bahnen und Schiffe haben nun keine Güter mehr
Zu transportiren, Eure Hafenanlagen bleiben un-
benutzt, Ihr hättet Euch die Milliarden, die der
Bau gekostet hat, sparen können."
„Aber, bester Chinese, denken Sie doch daran,
daß wir uns ein Kolonialreich schaffen und über-
seeische Länder erobern, welche unseren Indu-
striellen als herrlichste Absatzgebiete dienen."
„Sie wollen wohl sagen, den Industriellen
anderer Länder; denn Ihr laßt Euch eine Menge
Soldaten wegschießen und werft eine Masse Geld
lveg, um in Afrika und Asien Gebiete zu er-
obern, wo andere Völker Handel treiben. In
Tunesien bereichern sich nur die Italiener, in
Tvnkin gehen nur deutsche und englische Maaren,
Und so verhält es sich überall. Eure Industrie
arbeitet zu schön und zu teuer für die Afrikaner

und Assiaten. Wollt Ihr etwa Eure Stieles
äö kario bei den Kongonegern, oder Eure Lyoner
Seidenwaren bei den Sudanesen absetzen? Denkt
Ihr, daß die Tonkinesen oder Hovas Eure feinen
Bordeaux- und Burgunderweine trinken und be-
zahlen? Den Leuten, die seit Jahrhunderten an
Eure Produkte gewöhnt waren und sie regel-
mäßig kauften, schlagt Ihr die Thüre vor der
Nase zu und erobert mit Kanonenschüssen über-
seeische Länder, deren Eingeborene von Euren
Maaren nichts wissen wollen, oder wenigstens
den Preis dafür nicht aufwenden können. Das
ist vielleicht verflucht gescheidt, aber verstehen kann
ichs nicht."
„Soviel werden Sie mir aber doch zugeben,
daß wir unsere neuen Unterthanen in Afrika und
Asien mit der Wohlthat einer höheren Gesittung
beglücken. Arbeiten wir nicht für uns, so ar-
beiten wir wenigstens für die Menschheit."
„Das ist eine Frage für sich. Wenn Ihr
Dahomey und den Sudan und Tonkin nur er-
obert habt, um die dortigen Eingeborenen zu be-
glücken, so ist das ein bewundernswerther Edel-
muth. Nur dünkt mich, daß diese Leute die
ihnen erwiesene Wohlthat nicht nach Gebühr zu
würdigen wissen. Es scheint, als ob die Einge-
borenen von Indo-China und Algerien mit ihren
früheren Mandarinen und Scheichs zufriedener
wären, als mit Eurer jetzigen Regierung."
„Sie sind eben Chinese und verstehen nichts
vom Fortschritt."
„Was nennt Ihr denn Fortschritt? Wir
Chinesen haben zu Nachbarn ein Volk, das sich
auf den europäischen Fortschritt geworfen hat,
die Japaner, die sich nach europäischem Muster
eingerichtet, ein parlamentarisches Regime, obliga-
torischen Bolksunterricht, allgemeine Militärdienst-
pflicht, ein gewaltiges Heer und eine stark- Flotte
angeschafft haben. Und was war die Folge?
Sie sind über uns hergefallen, haben Tausende
von Menschen hingemetzelt und so und so viele
Schiffe in den Grund gebohrt. Nichts als Hader
und Blutvergießen! Wenn das der Fortschritt
ist, so danke ich dafür."
„Man kann sich ein gewaltiges Heer halten
und braucht darum doch keinen Krieg zu führen.
Wir Franzosen z. B. haben eine Armee von
zwei Millionen Soldaten, wovon 500 000 unter
der Fahne, die übrigen in der Reserve stehen.
Dafür geben wir jährlich 600 Millionen aus.
Und dennoch suchen wir mit niemanden Streit.
Wir wollen mit aller Welt in Frieden leben."
„Aber wenn Ihr keinen Krieg führen wollt,
weßhalb steckt Ihr dann das ganze Volk in
Waffen? Ein Heer, das sich nicht schlügt und
auch nicht schlagen soll, ist doch ein Unsinn.

Eure jährlichen 600 Millionen sind doch rein
weggeworfenes Geld. Das scheint mir der höhere
Blödsinn zu sein."
„Wir haben das System auch gar nicht er-
funden. Das haben die Preußen gethan. Wenn
die ihre 500 000 Mann unter den Waffen halten,
dürfen wir nicht zurückstehen. Das erfordert
unsere Landessicherheit.
„Aber weßhalb haben denn die Preußen dieses
System erfunden, das Ihr, wenn ich nicht irre,
den bewaffneten Frieden nennt?"
„Wei! sie uns Elsaß-Lothringen geraubt haben
und immer fürchten, daß wir es ihnen wieder
nehmen könnten."
„So wäret Ihr, also ohne diese Elsaß-Lo-
thringer-Frage gar nicht genöthigt, Euer Geld
für Rüstungen wegzuwerfen und Eure jungen
Leute, die im Handel und Gewerbe etwas Tüch-
tiges schaffen könnten, drei Jahre lang auf dem
Exerzierplätze herumzuhetzen?"
„Gewiß!"
„Nun, so verzichtet doch auf die Rückeroberung
von Elsaß-Lothringen!"
„Aber wir wollen nicht darauf verzichten!"
„Dann führt doch Krieg und holt's Euch
wieder!"
„Aber wir wollen keinen Krieg führen!"
„Dann weiß ich nicht, was Ihr wollt!"
„O, Sie Chinese, Sie!"
DeNtsches Reich.
Berlin, 12. November.
— Alle Gerüchte vom Rücktritt des
Staatssekretärs v. Bötticher sind voll-
ständig unbegründet.
— Der „Reichsanzeiger" meldet die Bewilligung
des Entlassungsgesuchs des Ministers v. Heyden
unter Verleihung einer OrdensuuLzeichnung, sowie
die Ernennung des Ländesdirektors der Provinz
Posen, Frhrn. v. Hammerstein-Loxten zum
Landwirthschaftsminister.
— Die Ernennung des Frhrn. v. Hammer-
stein-Lorten zum Landwirthschaftsminister ist
bereits amFreitag erfolgt, deshalb hat der neueMinister
gestern Abend Berlin wieder verlassen. sDer neue
Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten
zählt 67 Jahre und ist vermählt mit einer Tochter
des verstorbenen Rittmeisters z. D. v. Lorch auf
Burg Argendorf am Rhein.f
— Wie die Nordd. Allg. Ztg." hört, haben
unter dem Vorsitz des Ministerialdirektors im Mini-
sterium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten,
Sterne berg, und unücr Theilnahme von Com-
missaren verschiedener Ministerien und der Präsi-
denten der betheiligten Generalkommisstonen in den
letzten Tagen Berathungen stattgefunden über die

Frage der Regulirung des Anerbenrechts
bei den Renten- und Ansiedelungs-
gütern.
München, 10. Nev. Der Reichskanzler Fürst
Hohenlohe wurde gleich nach seiner Ankunft vom
Prinz rezenten zur Tafel geladen und überaus
herzlich empfangen. Den Thronfolger Prinzen
Ludwig, welcher erst gestern Abend von seinem
Landaufenthalt nach München zurückgekehrt ist, hat
Fürst Hohenlohe nicht gesehen. Heute Mittag 1
Uhr ist er mit der Fürstin und seinem Sohn Ale-
xander, welcher berufen erscheint, die rechte Hand
seines Vaters zu sein, direkt nach Straßburg
in einem Salonwagen gereist, welchen die bayrischen
Staatsbahnen stellten; die Höfe S tu ttg a r t und
Dresden wird er später besuchen. Leute, welche
hier längere Unterredungen mit dem Reichskanzler
hatten, behaupten aufs bestimmteste, daß er dem-
nächst den Fürsten Bismarck aufsuchen und
weiterhin dessen Rath und Sachkenntnis nicht un-
verwerthet lassen werde, in der Annahme, daß der
größte Theil der dem Grafen Caprivi während
seiner Ausdauer entgegengebrachten Abneigung von
dem Verhältnis herrührte, welches sich zwischen ihm
und Bismarck herausgebildet hatte. Eine Anbahnung
besserer Beziehungen wird jetzt leichter sein, da die
Verstimmung Bismarcks sich wesentlich gegen seinen
unmittelbaren Nachfolger richtet. Man darf an-
nehmen, daß die Bismarckpresse sich nunmehr auf
die Grundsätze besinnen wird, die Bismarck als
Reichskanzler vertreten hat. Dieser Entschluß des
Fürsten Hohenlohe, dessen Beziehungen zu Bismarck
niemcA abgebrochen waren, sei vom Kaiser gebilligt.
Hohenlohe übernahm vollständig den im Caprivischen
Sinne ausgearbeiteten Entwurf zur Bekämpfung
der Umsturzparteien, welcher jedoch bisher
dem Bundesrath nicht zugegangen ist. Bayern
verhält sich diesem maßvollen Entwürfe gegenüber
nicht ablehnend.
Ausland.
Paris, 10. Nov. Aus Tamatave wird be-
richtet, die Hovasregung werde die Methodisten
schützen. Alle Franzosen haben Tananarivo ver-
lassen, die französischen Ansiedler aus dem Norden
wie aus dem Süden der Insel sind in Tamatave
eingetroffen. Die Hovas ziehen ihre Streitkräfte in
Diego Suarez zusammen. Der Gesandte Le Myre
de Vilers befindet sich noch in Tamatave.
Amsterdam, 10. Nov. Ein Telegramm des
Generalgouverneurs meldet, General Vetter ver-
lange zwei Bataillone, umTjakranegara zu b e-
stürmen, weil die vorhandenen Truppen wegen
der Besetzung vieler Posten ungenügend für einen
Massenangriff seien, namentlich wenn der Feind
Stand hält. In Batavia wurde darauf beschlossen,
zwei Bataillone zu senden; sie werden am 17.Noo.

Gesucht und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
86) (Fortsetzung.)
„Du hattest ganz Recht, Maya", erwiderte
^inda ernsthaft, „die Juwelen find mein persön-
liches Eigenthum. Ich würde sie unter keiner Be-
engung an Topee verkaufen."
„Topee sagte ferner, daß die Juwelen von kost-
barem Wcrthe sind", fuhr Maya fort. „Er hat
der That nur wegen dieser Steine den Brief
Nachgeschickt. Der Naya möchte sie auch durch-
aus haben. Es ist ihnen nicht recht, daß die werth-
Nollrn Kleinode aus dem Königreich kommen. Und
T.vpee sagt, daß die Fürstin in ihrem Vaterlande
NMs gelten und sie dort nicht brauchen werde.
v sagt, daß er sie in einer verlassenen Baracke
N Cawnpur gefunden habe, nachdem in dem Orte
^N blutiges Gemetzel stattgefunden hatte und die
.verlebenden Engländer entflohen waren. Sie war
ii der übereilten Flucht jedenfalls vergessen worden
zusammengekauert dicht neben einem tobten
^fle —" Sinda erschrack.
-Ich?" - sagte sie. „Ich? - „Ja, Du?"
erklärte Maya, wieder lilienweiß im Gesichte
ygg mit einem eigentümlich trotzigen Ausdruck
». Ihren Augen. „Das Weib war armselig ge-
, eidet und trug keinen Schmuck. Es war offen-
r, daß sie die Frau eines gemeinen Soldaten
Das Kind klammerte sich an die Tobte und
ffr Mutter. Und Topee sagte ferner" —
das Muya's Augen folgten den Zeilen — „daß
„. K-nd — Du, Sinda — in grobe Wollstoffe
leidet war, daß seine Füße nackt waren, daß es

das lichte Haar kurz geschnitten hatte, und um den
Kopf ein weißes Baumwolltuch gewickelt hatte, das
nachher noch jahrelang in seinem Besitz gewesen
war. Auf dem Tuch war der Name mit unver-
tilgbarer Farbe eingepreßt, ein Name, den er ab-
geschrieben hat und hier wieder mittheilt — ein
Name —"
„Was für ein Name?" rief Sinda hastig, als
Maya innehielt, um den Brief nochmals aufmerk-
sam durchzulesen. „Laß mich sehen!" Bevor sie
in ihrer heftigen Aufregung noch an Maya^s Seite
treten konnte, fuhr diese fort: „Der Name Rhodas
Biggas!" Rhoda Biggas! wiederholte sie. „Das
muß Dein Name gewesen sein, Sinda, oder war
es der Name Deiner Mutter!" — Sinda wieder-
holte den Namen in verwirrtem Tone, wurde ebenso
blaß wie Maya und hatte einen erschrockenen Aus-
druck in ihren dunklen Augen. — „Können Sie
sich nicht erinnern, Fräulein Sinda ?" fragte El-
liot sanft. Sie waren damals sieben Jahre alt.
Klingt Ihnen der Name bekannt, Rhoda —Rhoda
Biggs!" Von seinen Lippen gesprochen, war der
Name fast weich und wohlklingend. Aber Sinda
schüttelte traurig den Kopf. „Ich kann mich nicht
erinnern — ich kann nicht!" rief sie aus. „Ich
habe keine Erinnerung an die Baracke, noch an
das Weib, noch an Namen oder Revolution über-
haupt. Es ist Alles leer und finster für mich
hinter dem Tage, an welchem Topee kam und
Maya milbrachte. In meiner Erinnerung be
gann mein Leben bei derselben Stunde!" —
„Cawnpur wurde von den Sepoys während des
Sommers 1857 angegriffen", sagte Elliot, und
Fräulein Elliot, wurde ihrem Vater im Mai vor-

her gestohlen. Topee gab an, daß er sie zurück-
ließ und dann in ein anderes Sepoyregiment in
Cawnpur eintrat. Dort fand er Sinda. Er brachte
sie,.in das Haus eines Freundes, wo sie lange am
Fieber krank lag. Als sie anfing, sich zu erholen,
kam er wieder zu ihr und brachte die kleine Elliot
mit sich. Dann begann er- mit beiden Kindern
seine Wanderung. Er zog nach dem Norden, denn
die Sepoys waren in dem Ausstande niedergeworfen
worden und auf sein Kopf war ein Preis ausgesetzt.
Er entkam aus den unter britischer Oberherrschaft
stehenden Provinzen nach Khalsar, ein unabhän-
giges, kleines Königreich, das von Eingeborenen be-
herrscht wurde. Das Uebrige wissen Sie ja schon
ohnedies, Sinda." — »Hußpeth hat mir Alles
das schon früher nach Topee's Geständniß erzählt",
sagte Sinda, und ich habe es immer versucht, mich
zu erinnern, aber mein Fieber — das entsetzliche
Fieber hat meine ganze Erinnerung an meine ersten
Kinderjahre vollständig ausgelöscht. Wenn ich mich
nur erinnern könnte!"
„Aber warum wünschest Du gar so sehr, Dich
zu erinnern, Sinda?" fragte Maya. „Wenn ich
an Deiner Stelle wäre, ich wünschte mir weder die
Erinerung an die schmutzige Baracke, noch an den
Vater, der ein gemeiner Soldat war, noch an die
armselig gekleidete Mutter, die offenbar ein Wasch-
weib im Regimente war. Ich würde mich um
große Schätze an alles Das nicht erinnern wollen."
— „Ich aber", rief Sinda leidenschaftlich aus,
„gäbe alle meine Juwelen darum, mich an den ge-
meinen Soldaten, der mein Vater war, zu erin-
nern, und an das Waschweib, das meine Mutter
war, wenn sie wirklich in Wahrheit meine Eltern

waren. Die Mutter, die arme Mutter hatte trotz
Drangsalen und Armuth doch ein treues Mutter-
herz. Wenn ich vollkommen sicher wäre, daß der
Name Roda Biggs rechtmäßig mir gehört, würde
ich ihn also stolz tragen, wie ich einst die Fürsten-
krone vonKhalsar trug!" — „Aber es ist ein ganz
gewöhnlicher, nur in den unteren Ständen vor-
kommender Name, nicht wahr, Herr Bathurst?"
fragte Maya sich an ihren Freier wendend.
Bathurst bejabte etwas zözend und setzte sich
entschuldigend hinzu: „Aber was liegt den an
einem Namen!" — „Ich frage nicht danach, ob
der Name den höheren, oder den niedrigen Ständen
angehört," erklärt Sinda; „wenn es der meine
wäre, würde ich ihn mit Freuden tragen !" — „Es
kann kein Zweifel darüber herrschen, daß es Dein
Name ist," sagte Maya. — „Es gibt doch einen
Zweifel," sagte Elliot. „Das Taschentuch konnte
einem anderen Weibe oder Kinde im Lager gehört
haben. Ich bitte Fräulein Sinda, sich nicht damit
zu übereilen, diesen Namen anzunehmen. Wenn
wir nach England zurückkehren, können gehörige
Nachforschungen gemacht werden." — „Ich will
warten", sagte Sinda. „Da dieser Brief sich
größtentheils auf mich bezieht, Maya, und über
meine Geschichte Aufschluß giebt bitte ich Dich, ihn
mir zu geben."
Maya zögerte und durchlas den Brief jetzt noch
einmal; aber sie hatte keinen-Vorwand, .ihn zurück-
zuhalten und reichte ihn Sinda langsam hin. Diese
überflog ihn. Sie sah, daß der Inhalt genau so
war, wie Maya es angegeben hatte. Die sichtliche
Veranlassung des Briefes war Topee's Wunsch, sich
Sinda's Juwelen zu verschaffen; aber Sinda könnt;
 
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