Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

DOI Kapitel:
Nr. 231 - Nr. 240 (3. Oktober - 13. Oktober)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44556#0357

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nummer 237. LZ. Jahrgang.


Mittwoch, 1«. Oktober 1X84

General-O Anzeiger

für Heidelberg und Umgegend



Expedition: ^nuptstraße Mr. 25.

JnsertionSprciSr
dir Ispaltige Petitzeile oder deren Raum 5 Pf-.,
für auswärtige Inserate 16 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.

Abonnementspreis r
mit Zeitigem tllnstrirtem Gonntagsblatt: monatlich
46 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld.
Expedition: L>nnptstrntze Mr. 25.

GsLefewftes BLerLL irr Sterdt r». ?L. ML HeWeLbsVO rrrrd NEKSDEd. Gv'ötzLeV Gr»sslg fÜV IMseViZte.

Telephsn-Anschlutz Nr. 1V2. "WsK
werden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.
Der Feldzug der Japaner gegen
China
entwickelt sich immer mehr zu einem regelrechten
Kesseltreiben, wobei den Ersteren natürlich die
^olle der Treiber zufällt. Bei der erstaunlichen
Unbeholfenheit und Schwerfälligkeit des chinesischen
Kolosses konnte ss kaum anders kommen, nachdem
Japan über die Chinesen zu Lande gesiegt und
me See von feindlichen Schiffen reingefegt hatte.
Die Trümmer des bei Ping-Jang zersprengten
chinesischen Heeres sollen in Mulden eingetroffen
Mn, in einem Zustand, dessen Kläglichkeit aller
Beschreibung spottet und dessen Anblick auf die
Besatzung Mukdcn's kaum einen erhebenden mora-
lischen Eindruck hervorbringen dürfte. Was
eigentlich aus den Resten der in der Mündung
des Jaluflusses vernichteten chinesischen Flotte ge-
worden ist, weiß überhaupt kein Mensch. Vielleicht
siegen sie in Port Arthur, vielleicht in Wei-Hei-
jedenfalls zählen sie nicht mehr mit, und
die Japaner haben auf dem Wasser völlig freie
Hand, als ob es niemals eine chinesische Flotte
gegeben hätte.
Soweit die neueren Nachrichten vom Kriegs-
schauplätze erkennen lassen, tragen sich die Japaner,
deren Kriegsschiffe aus der Höhe des strategisch
wichtigen Platzes Shan-hai-Kwang beobachtet
Horden sind, mit Absichten, sei es gegen diesen
Bunkt oder seine Nachbarschaft, während die
Wnesen in aller Esle die dortigen Positionen in
Bertheidigungszusiand versetzen. Von Shan-hai-'
Kwang sind bis Peking in der Luftlinie noch 200
sbglische Meilen, also eine Entfernung, welche
^ wenigen Tagen selbst von einer feldmarsch-
mäßig bepackten Kolonne ohne übergroße Krast-
^üstrengung zurückzulegen ist. Es erscheint aber
Mich nicht ausgeschlossen, daß die Japaner gegen
^Han-Hai-Kwang blos demonstriren wollen, um
das Augenmerk der Chinesen von anderen An-
griffsobjekten abzulenken.
r Die leichte Beweglichkeit der Flotte sichert einem
eichen Manöver von vornherein das Gelingen,
während den chinesischen Befehlshabern der zu-
Iskhmende Verfall der Manneszucht es außerorden-
ffch erschwert, ihre Leute so in der Hand zu be-
malten, wie es unbedingt nothwendig erscheint,
Menn militärische Begegnungen mit derjenigen
Genauigkeit und Strammheit ausgeführt werden

sollen, ohne welche weder strategische noch taktische
Erfolge davongetragen werden können. Da die
Japaner nach einem einheitlichen Plane vor-
gehen, so dürste irgend ein wichtiger Schlag von
ihnen kaum geführt werden, ehe nicht von den
verschiedenen Aktionskolonnen eine Stellung er-
reicht ist, welche ein genaues Abwägen und Jn-
einandergreifen der einzelnen Bewegungen ge-
stattet. Wenn die neuliche Meldung von der
Landung starker japanischer Streitkräfte unweit
Tschifu's den Thatsachen entspricht, so könnte das
dortige Korps entweder gegen den chinesischen
Kriegshafen Wai-Hai-Wai von der vermuthlich
schlecht oder gar nicht geschützten Landseite opcriren,
oder aber seinen Marsch nordwestlich in der Rich
tung auf Tientsin bezw- Peking nehmen.
Nach dem Charakter der Gesammtlage, die,
wie schon Eingangs erwähnt wurde, ein japani-
sches Kesseltreiben indicirt, ist es wahrscheinlich,
daß Japan concentrisch vorgeht und es vermeidet,
seine verfügbaren Mittel auf eine Reihe getrennter
Unternehmungen zu verzetteln. In Peking scheint
man der gleichen Meinung zu sein, und das
niedere Volk dortselbst überläßt sich schon den
Ausschreitungen, welche die sicheren Vorboten einer
allgemeinen Auflösung zu sein pflegen. Die Re-
gierung kann nicht mehr für die Aufrechterhal-
tung der öffentlichen Ordnung einstehen, was die
Lage der Ausländer in Peking, auch in Tientsin,
ja überhaupt im ganzen chinesischen Reiche als
sehr gefährdet erscheinen läßt, da die in den chi-
nesischen Gewässern befindlichen Kriegsschiffe doch
nicht an allen gefährdeten Orten zugleich sein
können. Der Hof wird sich beim Anmarsch des
Feindes nach Nankin flüchten. Da diese Stadt
200 englische Meilen flußaufwärts des Iang-tse-
Kiang liegt, der durch Minen geschützt ist, so
glaubt man dort vor japanischen Überraschungen
icher zu sein.
Deutsch es Reich.
Berlin, 10. Oktober.
— Den „Berl. Pol. Nachr." zufolge find die
auf die Reform der Börse bezüglichen Vor-
lagen soweit vorbereitet, daß die Vorlegung an den
^Reichstag in der bevorstehenden Session sicher zu
erwarten ist.. Die Grundzüge der Vorlagen sind
im Neichsamt des Innern festgestellt und werden
demnächst den verbündeten Regierungen zugehen.
Königsberg i. Pr., 9. Okt. Die Huldigung
der Ostpreußen für den Fürsten Bismarck soll
nach dem neuerdings gefaßten Beschlüsse in einer
Geldsammlung zum Zwecke einer milden Stiftung
besteben, welche dem Fürsten am, 1. April kommen-
den Jahres überreicht werden soll.
Stuttgart, 8. Oktbr. Der neulich ange-
kündigte Entwurf eines kirchlichen Gesetzes betreffend

die Ausübung der landesherrlichen Kirchenregiments-
rechte im Falle der Zugehörigkeit des Königs zu
einer andern als der evangelischen Konfession ist
erschienen und setzt in seinem hier hauptsächlich in
Betracht kommenden Artikel 1 folgendes fest: Wenn
der König einer andern als der evangelischen Con-
fesfion zugethan ist, so geht die Ausübung der
landesherrlichen Kirchenregimentsrechte in der evan-
gelischen Landeskirche auf ein Kollegium über, wel-
ches aus drei dieser Kirche angehörigen ordentlichen
Mitgliedern des Geheimen Rathes, dem Präsidenten
des evangelischen Konsistoriums und dem Präsi-
denten der evangelischen Landessynode einschließlich
des Vorstandes besteht, und den Namen „Evange-
lisches Kirchenregiment" führt. Die drei Mitglieder
des Geheimen Rathes sind in erster Linie aus den
Staatsministern und Chefs der Verwaltungsdepar-
tements, in zweiter Linie aus den übrigen ordent-
lichen Mitgliedern des Geheimen Rathes zu ent-
nehmen. Der Staatsminister oder Departements-
chef des Kirchen- und Schulwesens ist, wenn er
der evangelischen Landeskirche angehört, jedenfalls
Mitglied des evangelischen Kirchenregimentes. Im
klebrigen ist für die Berufung in dasselbe je das
Dienstalter maßgebend.
Karlsruhe, 9. Okt. Ihre Königlichen Ho-
heiten der Großherzog und die Großherzogin sind
gestern Abend nach 7 Uhr von Schloß Mainau in
Baden-Baden eingetroffen. Am Bahnhof waren
zum Empfang die Höchsten Herrschaften anwesend:
der Königlich Preußische Gesandte Geheimrath von
Eisendecher, der Amtsvorstand Geheime Regierungs-
rath Haape, der Oberbürgermeister Gönner, sowie
mehrere, der in Baden-Baden angesiedelten Fremden-
kreisen angehörende Persönlichkeiten. Heute Vor-
mittag besuchte Seine Königliche Hoheit der Groß
Herzog die landwirthschaftliche Gauausstellung, ge-
ührt von den Vorständen des landwirthschaftlichcn
Vereins und einigen Abtheilungsvorständen. Höchst-
derselbe verweilte über zwei Stunden in der Aus-
teilung. Morgen Früh reist der Großherzog nach
Karlsruhe, wo Höchstderselbe zwei Tage verweilen
wird.
Ausland.
Wien, 9. Okt. Der ^Polit. Corr." wurde
aus Petersburg gemeldet, dek Minister des kaiser-
lichen Hofes, Graf Woronzow-Daschkow,
ei nach Livadia berufen worden und dahin abge-
reist. Daraus folgerten unterrichtete Kreise, daß
nunmehr ein längerer Aufenthalt des
Kaisers Alexander in derKrim inAus-
icht genommen sei. Nach hier eingetroffenen
Nachrichten widmet der Zar jeden Vormittag zwei
bis drei Stunden der Erledigung von Regierungs-
geschäften.
Paris, 9. Okt. Im heutigen Ministerrath

wurden auf Antrag des Kriegsministers Ernen-
nungen einer Anzahl von Generälen im General-
stab vollzogen. Auf den Vorschlag des Marine-
ministers wurde Admiral Paraillon zum Ober-
commandirenden und Marinepräfekten des 3. Be-
zirks in Lorient ernannt, AdmiralR e g n a u l t de
Premesnil zum Mitglied des oberen Rathes.
Der Ministerrath begann die Prüfung eines Ent-
wurfs zur Anlage einer Telegraphenlinie von Brest
nach New-Jork und eines Gegenentwurfs, der die
Linie über Puerto Plata auf Haiti nach New Jork
zu führen beabsichtigt.
London, 9. Okt. Der Eisenbahnbau in
Tientsin ist eingestellt. — Die chinesische Re-
gierung sucht europäische Offiziere für die Marine
anzuwerben. — Der Gesandte in Peking hat seinen
zahlreichen Landsleuten angedeutet, daß ein japa-
nischer Angriff auf die Hauptstadt wahrschein-
lich sei und sie ersucht, ihre Weiber und Kinder
in Shanghai in Sicherheit zu bringen, und da der
Rath anscheinend auf besonderen Nachrichten und
Weisungen beruht, wird er sofort befolgt. Auch
die reicheren Chinesen fliehen aus Peking. Im
Distrikt T e h o, Provinz Tschili, wo ein kaiser-
licher Sommerpalast liegt, soll ein Aufstand be-
hufs des Sturzes der Dynastie ausgebrochen sein.
Auf der Höhe von Wei-Hai-Wei werden täglich
japanische Schiffe in regelmäßigen Zwischenräumen
wahrgenommen. Sie warten angeblich bis die
Schnellkreuzer e>ne günstige Landungsgelegenheit er-
mittelt haben. Das plötzliche Verschwinden Tschengs,
des Neffen Li-Hung-Tschangs, beruht auf folgendem
Vorgang: Tfcheng, der vollständig das Vertrauen
des Vizekönigs besaß, wurde unmittelbar vor dem
Ausbruch des Krieges mit dem Ankauf von Waffen,
Flinten und Patronen für die Truppen aus dem
Innern beauftragt. Da sich die Gewehre indessen
beim Probeschießen als ganz unbrauchbar erwiesen,
wurde eine Untersuchung angestrengt, die Li-Hung-
Tschang selbst leitete. Nun stellte sich heraus, daß
Tscheng, angeblich von deutschen Händlern, 3 000 000
veraltete Flinten verschiedener Gattung und aus ver-
schiedenen europäischen Armeen gekauft hatte. Tscheng
>atte 2 Taels für das Stück gezahlt, aber von der
kaiserlichen Schatzkammer 9 Taels erhalten. Die
Patronen waren ebenfalls minderwerthig und von
verschiedenen Mustern, mit ihnen hatte Tscheng
gleichfalls ein gutes Geschäft gemacht. Tscheng ge-
tand die Schuld ein, worauf der Viceköniz ihm
erbost ins Gesicht schlug. Seitdem wurde Tscheng
nicht mehr gesehen.
London, 9. Okt. Dem Reuterschen Bureau
wird aus Chemulpo vom 3. Okt. gemeldet: Die
Japaner schieben eine Nordarmee nach der Mand-
schurei vor und befestigen gleichzeitig ihre Stell-
ung in Korea. Sie beobachten den Koreanern
gegenüber jede Rücksicht und bestrafen streng jede

Gesucht und Gefunden.
. Roman von Hermine Frankenstein.
) (Fortsetzung.)
Viertes Kapitel.
Die Berathung.
.. Walter Bathurst antwortete nicht sofort auf
PNes Vaters Frage. Er sah, daß der Kaufmann
Östlich und unruhig war und der junge Mann
sMte sich noch zu tief verletzt von dem unfreund-
Empfange seines Vaters, um ihn so rasch
seiner Angst zu befreien und seine Neugierde
befriedigen. Der Vater setzte sich auf ein im
^Hatten stehendes Sopha. Elliot blieb ein schweig-
^wer Zuschauer. Der Kaufmann wiederholte feine
Mge mit wachsender Ungeduld. Er konnte sich
Gedankens nicht erwehren, daß sein Sohn nach
Zehren gekommen war, um seine Verhälnisse nach-
^strschen und zu trachten, Geld aus ihm heraus-
öUschlagm.
> »Ehe wir von Geschäften reden", sagte Walter
^gsam und seine lichten Augen fest auf das gelbe
^Esicht seines Vaters heftend, „wollen wir erst ein
s/Rg bekannt werden mit einander. Du bist mein
ater — der Vater, den ich seit meiner frühesten
'udheit nicht gesehen habe — und Du bist mir
^?so fremd wie der Schah von Persien. Du
^>ßt Alles von mir — daß ich von meiner Groß-
s. Uster erzogen wurde, daß ich meine Universitäts-
. udien vollendet habe und bereit bin, ins praktische
eben einzutreten." — „Ohne Zweifel mit kostspieligen
, Elüsten und dem Wunsche nach einem bedeuten-
ist Einkommen und einem behaglichen Leben,"
gte Bathurst. „Deine Großmutter hat Dich er-

zogen— sie soll auch für Dich sorgen." — „Meine
Großmutter hat ein kleines Vermögen schon vor
Jahren in dem Ankauf einer Leibrente niedergelegt,
die mit ihrem Tode erlischt," entgegnete Walter.
„Sie gab mir meine Erziehung — es war Alles
was sie mir geben konnte. Das Vermögen meiner
Mutter, das leider nicht auf sie allein geschrieben
war, haben Sie verschwendet, wenn es nicht in
diesem Hause angelegt ist," fügte er argwöhnisch
hinzu. — „Ich glaube, Du hast doch gesagt, Du
weißt alles von mir, sage mir etwas von Dir selbst,
wenigstens so viel, als ich erfahren kann, wenn ich
mich in der Stadt erkundige." — „Ich bin nicht
reich," sagte Barthurst mit Hast undausweichendem
Blicke. „Mein ganzes Vermögen steckt in diesem
Hause und darauf habe ich Schulden. Ich mache
Geschäfte für andere Leute, obwohl mein Name
allein in der Firma bekannt ist!"
Der Sohn glaubte nicht ein Wort von dieser
Erklärung. Selbst voll Lug und Trug beargwöhnte
er seinen Vater natürlich auch der Falschheit. Er
begann in dem Leben seines Vaters ein Geheim-
niß zu ahnen und glaubte, daß sein Vater deßhalb
seine Abreise aus dem Lande beschleunigen wollte.
„BistDu etwa verheirathet?" fragteerplötzlich.—
„Nein, ich habe seit dem Tode Deiner Mutter nicht
wieder geheirathet." — „Und dennoch hast Du sie
nicht geliebt?" — „Nein, ich bin nicht um ihret-
willen allein geblieben," erwiederte Bathurst kurz.—
„Vielleicht um Agnes Elliot's willen?" versetzte der
Sohn boshaft.
Das gelbe Gesicht röthete sich dunkel und wurde
dann aschfahl. — „Sprich diesen Namen nicht in
solchem Tone zu mir", sagte er barsch. „Du weißt

jetzt Alles von mir — daß ich ein Junggesellen-
leben hier in der Bananenvilla führe, daß ich zu-
weilen Gesellschaften besuche, meine Freunde und
mein Geschäft habe und kein Verlangen darnach
trage, frühere Freunde und Verwandte aus Eng-
land hier zu sehen. Ich werde hier in Indien
leben und sterben!" — „Nun, so wollen wir denn
zur Sache kommen!" rief Walter Bathurst nach
kurzer Ueberlegung aus. „Herr Elliot und ich sind
hier, um einen Zweck zu verfolgen. Graf Tregaron
hat uns in einer geheimen und wichtigen Mission
hcrgeschickt!"
Wieder erschrak der Kaufmann. Ein angst-
voller Blick raschen, wilden Argwohns schoß aus
seinen Augen. Keiner von den jungen Leuten be-
merkte seine Aufregung, noch die ängstliche Span-
nung, welche derselben folgte. Er beherrschte sich
mit gewaltsamer Anstrengung, obwohl er heimlich
Folterqualen litt. — „Und worin besteht — jene
Mission?" fragte er heiser. — „Sie bezieht sich
auf jene Zeit, wo Graf Tregaron als Hauptmann
Elliot in Indien stationirt war — auf die Zeit
der Sepoy-Revolution vor dreizehn Jahren. — „Ja,
sagte der Kaufmann im Flüstertöne, während sein
gelbes Gesicht fast grün wurde. „Was weiter?"
„Seine Frau starb in einem Sommerhause im
Gebirge —" — „Seine Frau! Die geheime Mis-
sion bezieht sich also auf sie?" flüsterte der Kauf-
mann mit fahler Miene.
Walter heftete einen überraschten Blick auf
seinen Vater. — „Du mußt diese Frau in der
That sehr geliebt haben, wenn Du ihren Namen
selbst jetzt noch nicht ohne Eregung hören kannst,"
bemerkte er. „Du warst bei Hauptmann Elliot,

als seine Frau starb. Du kehrtest mit ihm nach
Shajehangoor zurück und begleitetest ihn von
Station zu Station bis nach Kalkutta. Du weißt
also, wie Frau Elliot starb und daß sie von ihrer
treuen Dienerin begraben wurde: Du weißt auch
wie die kleine Katharina Elliot während der Wan-
derung in der Nacht von einem rachsüchtigen, die-
bischen Scpoy, den der Hauptmann gerechterweise
gezüchtigt hatte, aus dem Zelte gestohlen wurde."
— „Ich weiß das Alles!" — „Du weißt auch,
wie der Hauptmann überall mit der größten Angst
und Sorgfalt sein Kind suchte, und weder von ihr,
noch von dem Sepoy Topee die geringste Spur
finden konnte! Du weißt, wie er erkrankte und
Monate lang mit dem Tode ringend darnieder lag
— wie er endlich dienstuntauglich und nach Eng-
land zurückgeschickt wurde. Alle diese Jahre lang
hat er sein Kind für todt gehalten und darum ge-
trauert, als ob er es nie wieder sehen sollte. Aber
kürzlich hörte sein Anwalt die Geschichte und stellte
die Vermuthung auf, daß das Kind vielleicht noch lebe.
Diese Vermuthung beseelte den Grafen mit einer
Hoffnung und veranlaßte ihn, sie von Neuem zu
suchen. Wir sind nach Indien gekommen, um
Katharina Elliot zu suchen!"
Der Kaufmann athmete tief erleichtert auf und
der angstvolle Ausdruck wich aus seinen Zügen. —
„Ihr seid in einer vergeblichen Aufgabe gekommen",
sagte er „Es kann kein Zweifel sein, daß der Scpoy
sie tödtete.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen