Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

DOI Kapitel:
Nr. 221 - Nr. 230 (21. September - 2. Oktober)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44556#0293

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RtLMMer 222. H Jahrgang.

e tt e V

Samstag, 22. September MV4



Krpedition: ^hcruptstrcrße "Ar. 25.

Jnscrtiottöprciör
die lspaltige Petitzeile oder deren Raum 5 Pfg»,
iür auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

AbonnementSpreis r
mit Ssciügem illnßrirtem Sonntagsblatt: monatlich
4S Pfeimig frei in's HauS, durch die Post bezogen
- vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld-
Orpeöitiorr: Kcruptstrcrßo Wr. 25.

GeLeferrfLeS VLertt im St^dL m. ZLm.t HeideWeVS rrrrd NMTgegEd. Gm'ötzteV GvfstS frrv JnfeVKte.

Vom ostafiatischen Kriegsschauplätze.
.. Mit alleiniger Ausnahme des chinesenfreund-
„Standard" gestehen alle Londoner Blätter
/sll. Japanern den thatsächlichen Sieg in der
Seeschlacht am Pamaflusse zu. Wahr ist, daß
?en Chinesen die Truppenlandung zum Theil ge-
und den Japanern die Verhinderung miß-

Abonnements
für das IV. Quartal 1894
aus den
n e <ren
Genernt - rtnzeigev
für Heidelberg und Umgegend
klrhß 8sertrs. LUustr. SonntagsdlE
Nchmen alle Postonstalten, Londbries-
träger und unsere Agenten entgegen.
Abonnements- 4 am Postschalter
, Preis nur abgeholt,
(^vm Briefträger ins Haus gebracht 40 Pfg. mehr.)
Für Heidelberg und nähere Umgebung
Werden von unseren Trägern und Trägerinnen Be-
aell ungen zum Preise von
4« pfg. monatlich,
ins Haus, entgegengenommen.
Mit dem Vierteljahrswechsel beginnt unser
Uensr U-iirarr
Gesucht und Gefunden
Originalroman von Hermine Frankenstein
(Verfasserin des Romans „Die Jagd nach
einer Erbin.")
Dieses ausgezeichnete Werk der in den weite-
sim Kreisen beliebten Schriststellerin wird unseren
Lehrten Lesern sicherlich sehr willkommen sein.
Die Schriftstellerin hat mit plastischer Klarheit
Md mit scharfer Charakterzeichnung die Personen
Und Ereignisse, wie sich Liebe und Haß, Gunst
Md Jntrigue vereint, in den lebhaftesten Farben
^zeichnet. Es wird daher der interessante und
(bannende Stoss, sowie die klare nnd lichtvolle,
Munterbrochen fesselnde Darstellung die Anziehung
Md Befriedigung der verehrten Leser unseres
sattes nicht verfehlen.
Ver Mering des „Neuen General-Anzeigers",
. Hauptstraße 25.

Zie Verborgene Kcrnö.
Kriminal-Roman aus der neuesten Zeit
von E. Von der Habe.
M (Fortsetzung.)

. . . ! sie
Der Schrei entfuhr mir un-
Sie"erschreckte?" Der Kaufherr stellte die Frage

,,Der Besuch galt mir persönlich," erwiderte
siU Selbstüberwindung. „Tci. Schrei entfuhr UNI
Mürlich, weil der alte^ Johann mich erschreckte."
ssl emporgezogenen Brauen. „Ich verstehe Sie nicht
^nz. Wie kam das?"
, Er theilte mir Ihren Befehl, der mich zu Ihnen
, " erst mit, als mein Besuch gegangen war," ent-
» ÜNete sie mit jetzt scheinbar furchtlosem Blick. „Da
alle Ursache hatte, mich sehr angegriffen zu fühlen,
^.sMrak ich heftig, als der alte Johann mir nach-
ÄM und plötzlich im Korridor neben mir stand, ohne
ich vermuthete, daß er mir gefolgt war."
»Sie bemerkten das nicht früher?"
»Nein, — er muß mir nicht sogleich nachgegangen
üns(' Ich fühlte, wie eine Schwäche mich anwandelte,
Nutzte mich gegen die Wand stützen, da redete er
"Uh an."
Der Kaufherr hatte sie forschend betrachtet.
»Die Erklärung ist verständlich," sagte er. „Bin
furcht indiskret, zu fragen, was Sie so sehr ergriff?
dp? Aürde die Fragen überhaupt nicht stellen, wenn
hF Umstand, daß Sie keinerlei Anhalt in der Stadt
ließ^.' ""r den Vorgang nicht wie ein Räthsel erscheinen
in „^'e hatte auf's neue das Haupt gesenkt, diesmal
"Uger Berechnung.
»Herr Volkheim, es bleibt mir nichts übrig, als
"Mine Entlassung zu bitten," sagte sie mit leiser,
d> e dennoch fester Stimme, „es ist mir unmöglich, in
^lern Hause zu bleiben!"
bn„»."W°Malb >- sagte er. „Ist dazu ein Grund vor-
Mm so nennen Sie ihn mir!"
„Die Antwort wird mir schwer, Herr Volkheim,'

.Demsches Uerch.
Berlis, 22. September.
— Von den Vorsitzenden der „Deutschen
Fraueuvereine zur Hebung der Sittlichkeit" wird
der „K. Ztg." geschrieben: Nach zuverlässiger
Mittheilung hat die Königl. sächsische Regierung
auf Anregung der Sittlichkeitsvereine beschlossen,
unverweilt Schritte zu thun, daß der nicht zur
Verabschiedung gelangte Gesetzentwurf, be-
züglich der Sittlichkeitöfrage, dem Reichstage aufs
neue vorgelegt werde und zwar wesentlich in der
Form, in welcher derselbe seiner Zeit aus den Be-
rathungen der betreffenden Reichstagkommission
hcrvorgegangen ist.
— Nach amtlichen Mittkeiiungen wurden im
Etatsjahre 1893/94 wegen Zoll- und Steuer-
Defraudation 13 683 Personen zu Geld-
strafen im Gesammtbetrage von 541 958 Mk.
verurtheilt (im Vorjahr 15 851 Personen und
588 977 Mk.) Bemerkenswerth ist die Zahl der
Straffälle in Beziehung auf die Reichsstempelab-
gaben. Es wurden verurtheilt 5008 (5913) Per-
sonen zu 71 376 Mk. (98 907 Mk.) Geldstrafen
und 207 (246) Personen zu 1317 Mk. (2017)
Ordnungsstrafen. Die Defraudationsstrafen be-
ziehen sich zumeist auf die Wechselstempelstemr,
wegen deren Hinterziehung in 1893/94 4938
Personen zu Geldstrafen im Betrage von 51 852
Mk. verurtheilt worden sind. In Bezug auf
Reichsstempelabgaben für Werthpapiere, Schluß-
noten, Rechnungen und Lotterieloose sind wegen
Defraudation Geldstrafe von 18 959 Mark gegen
50 Personen verhängt worden, doch ist zu bemerken
daß es sich hierbei nur ganz vereinzelt um absicht-
liche Steuerhinterziehungen gehandelt hat.
— Die Bevölkerung des Deutschen
Reiches beträgt gegenwärtig 51500 000 Seelen.
Das soeben erschienene „Statistische Jahrbuch für

lang. Aber einerseits bestehen die gelandeten
Truppen aus werthlosem chinesischem Gesindel,
anderseits kehrte die chinesische Flotte nach Ver-
lust von vier Schiffen zurück, so daß vor dem
Winter eine Ausbesserung undenkbar ist. China
besitzt nur ein brauchbares Arsenal in Port Arthur.
Japan hat vier ausgezeichnete Arsenale mit einer
Unzahl geschickter Arbeiter, die ihm gestatten,
China in der Reparatur um einen vollen Monat
zu überholen, und da Japan kein Schiff einge-
büßt hat, darf mau behaupten, daß Japan
augenblicklich auf Monate hinaus die Herrschaft
besitzt und alle Verstärkungen des Admirals Ting
aus dem Süden verhindern kann. Uebrigens war
so ziemlich die ganze chinesische Flotte an der
Schlacht betheiligt. Die chinesischen Berichte aus
Tientsin weichen beträchtlich von einander ab.
Den letzten Nachrichten zu Folge bestand die ja-
panische Flotte aus neun Kriegsschiffen und zwei
in Schnellkrcuzer umgewandelten Transportschiffen.
Sie erspähte die chinesische Flotte am 17. d- M.
Mittags 56 Kilometer von der Insel Haiyongtao.
Die chinesische Flotte bestand aus zwölf Kriegs-
schiffen und sechs Kanonen- und Torpedobooten
zur Begleitung von Truppenschiffen. Sofort be-
gann unter Volldampf bei gefechtsklarem Deck
die Verfolgung, wobei die Japaner stetig ge-
wannen, ohne daß die Chinesen den Kurs än-
derten oder Kampflust bekundeten, bis nach 1 Uhr
der Kreuzer „Tschiyota" in den Schußbereich des
chinesischen Admiralschiffs kam, worauf letzteres
das Feuer eröffnete. Während des Gefechts, das
in der Flußmündung bis zum Anbruch der Nacht
dauerte, gelang es den Truppenschiffen, zu landen.
Die japanischen Schiffe manöverirten so vortrefflich,
daß kein einziges verloren ging. Nur zwei
„Matsusina" und „Hivei", wurden erheblich be-
schädigt und nur ein Transportkreuzer unfähig.
Der japanische Bericht gibt weder die Namen
der Schiffe noch die Anzahl der Todtcn und
Verwundeten an. Sie sollen sich einem Privat-
telegramm zufolge auf 20 Todte und 45 Ver-
wundete beschränken. Der chinesische Bericht aus
Tientsin meldet: Nach den Depeschen chinesischer
Offiziere aus Port Arthur sollte Admiral Ting
auf Befehl des Kriegsraths in Tientsin 6 Trans-
portschiffe in Wschan landen, die zur neuen chine-
sischen Operationsbasis in Korea ausersehen
waren. Die Flotte langte am Ostcingange des
Haluflusses am Montag Morgen an. Die
Transportschiffe liefen in den Fluß ein, während
die Kriegsschiffe draußen verankerten. Um 11
Uhr zeigte sich Rauch am Horizonte und das
Herannahen einer großen Flotte, worauf Admiral
Ting sofort die Anker lichtete und in Schlacht-
ordnung vorging. Die Stellung war schwierig

ist der Nähe des Ufers. Es fehlte an Manövrir-
raum, während er auf hoher See die Transport-
schiffe den japanischen Kreuzern und Torpedo-
booten preisgegeben hätte. Er wählte daher das
kleinere Uebel, indem er in der Nähe der Mün-
dung blieb. Er ließ als zweite Schlachtlinie
unmittelbar vor Kwangkai „Kwanatiug" und
vier Torpedoboote zurück, während er sich mit
zehn Schlachtschiffen in den Vordergrund stellte.
Die Japaner rückten unter Volldampf vor:
Neun Panzerschiffe und Kreuzer in erster Linie,
dahinter drei Kanonenboote und fünf Torpedo-
boote. Eine schreckliche Kanonade begann sofort.
Sie dauerte anderthalb Stunden, wobei die
Japaner von Anfang an ein mächtiges Feuer
auf die großen Panzerschiffe „Tschen-Mien" und
„Tin-Puen" richteten, bald deren große Geschütze
demolirten und znm Schweigen brachten.

entgegnete sie ungsagbar gepreßt, „es wäre besser, Sie
erließen mir dieselbe."
„Das fördert mein Verständniß nicht," sagte er
in erhobenem Ton, „nnd ich will Klarheit in dieser An-
gelegenheit haben,-hören Sie, ich will es!"
„Es fällt mir schwer, die Klarheit, welche Sie
fordern, Ihnen zu geben, Herr Volkheim," sprach sie,
unsagbar schwer sogar. Aber Sie fordern es. So muß
es sein. Man legt mir meine Stellung hier im Hause
zur Last."
„Wie?" Scharf stieß der Großhandelsherr das
Wort aus.
„Man hat erwartet, daß ich längst gegangen sein
würde," fuhr sie fort-
„Warum?" Wieder der harte Ton.
„Die Antwort kann ich Ihnen nicht geben, Herr
Volkheim," antwortete sie. „Es bleibt mir eben nichts
als zu gehen —"
„Um den Klatschmäulern erst vollen Anlaß zu
geben, zu behaupten, daß sie recht hatten mit ihrem,
wie ich zu verstehen glaube, nur allzuirrsinnigen Ge-
schwätz?" fiel der Kaufherr ihr in die Rede. „Nichts
da, Sie bleiben! Sie können nicht gehen, wenn ich es
nicht will, und ich befehle Ihnen, zu bleiben!"
Nahe dem Fenster blieb er wieder stehen und seine
Augen richteten sich auf's neue forschend auf die Frau
ihm gegenüber. Er nahm wahr, daß ihr Gesicht, der
blauen Schutzbrille ledig, fast jugendlich erschien, und
er lieh dem Gedanken Ausdruck, sowie derselbe ihm kam.
Weshalb trugen Sie eigentlich diese abscheuliche
Brille, welche Sie ganz entstellte?" sprach er. „Waren
Sie augenleidend, oder was war es?"
Sie zuckte leicht zusammen.
„Ich hatte einen Grund, von einem Menschen nicht
erkannt zu werden," antwortete sie leise. „Die Furcht
davor ließ mich zu diesem Hilfsmittel greifen."
„Welcher Mensch war das?"
„Derselbe, der meine Spur dennoch auffand und
bereits einmal meinen Weg hier kreuzte."
„Der Bruder Ihres verstorbenen Mannes?"
Sie zuckte leicht zusammen. Ihm entging es nicht
„Ja," sagte sie wieder leise.

„Und weßhalb hatten Sie Grund, sich vor ihm zu
verbergen?"
„Weil ich ihn Haffe und fürchte!" stieß sie aus.
„Er wollte, ich sollte ihn Heiratheu!"
„Er war auch heut bei Ihnen?"
Sie bejahte kaum vernehmbar.
„Er ist also dennoch zurückgekehrt? Er wird Sie
noch mehrmals belästigen?"
„Ich fürchte es!" erwiderte sie.
„Weßhalb? Sie brauchen 'ihn doch einfach nicht
zu empfangen. Ich selbst werde den nüthigen Befehl
ertheilcn."
„Er ist sehr beharrlich," versetzte sie. „Er würde
sonst nicht hierher zurückgekehrt sein. Ich möchte lieber
versuchen, ihn zu veranlassen, nochmals und diesmal
für immer die Rückreise anzutreten."
„Wie Sie wollen!" sagte er. „Ich sehe eigentlich
wirklich nicht ein, wie die Sache Sie alterieren kann.
Wissen Sie, daß die Schutzbrille Sie sehr entstellt?"
Sie bejahte mechanisch.
„Handeln Sie denn nach Ihrem Ermessen," sagte
er. „Ich würde den Patron einfach nicht weiter em-
pfangen. Aber wie Sie wollen! Von einem Fort-
gehen Ihrerseits aus diesem Hause kann aber nicht die
Rede sein.
„Ihr Vertrauensbeweis, Herr Volkheim, ehrt mich
in höchstem Maaße," sprach sie leise. „Es ist auch
mein Wunsch, in diesem Hause, in dem ich, wie der
Schiffer nach sturmbewegter Meeresfahrt im Hafen,
nach Jahren voller Bitterkeit ein Heim des Friedens
gesunden habe, ferner zu bleiben."
„Wann wollen Sie Ihre Sache erledigen?"
fragte er.
„Morgen nachmittag, mit Ihrer Erlaubniß, Herr
Volkheim," entgegnete sie-
„Mir recht," antwortete er kurz. „Ich hoffe, daß
damit die unerquickliche Angelegenheit ihr Ende er-
reicht bat."
Sie verbeugte sich tief und schritt alsdann der
Thüre zu.
Unhörbar schloß sie die Thür.
Nicht um einen Schritt kam Sie dem Ziele näher;

das Deutsche Reich", herausgegeben im Reichs-
statistischen Amt 1894, berechnet die Bevölkerung
des Wtigen Reichsgebietes seit 1816 wie folgt:
18lVl4833 000 Seelln 1860 37 747000 Seelen"
1820 26294000 „ 1870 40818000
1830 29 250 000 „ k 875 42 729 000
1840 32787000 „ 1890 49 428 000
1850 35 397000 .,
Im Jahre 1890 war die letzte Volkszählung
und da sich unsere Reichsbevölkerung alljährlich
um ca. 500 000 Seelen vermehrt, ist ihr gegen-
wärtiger Stand rund 51 000 000.
Karlsruhe, 21. Sept. Gestern Vormittag
wohnte S. K, H. der Grvßherzog dem Corps-
manöver bei Mundelsingen bii und kehrte nach
1 Uhr nach Donaueschingen zurück. I. K. H.
die Großherzogin reiste gestern Früh 7 Uhr mit
Gefolge von Schloß Mainau ab und traf um
halb 10 Uhr in Donaueschingen ein, wo dieselbe
von dem Großherzoglichen Amtsvorstand und
dem Präsidenten der Fürstlich Fürstenbergischen
Kammer empfangen wurde. Von hier begab sich
I. K. H. in Begleitung Ihrer Durchlaucht der
Fürstin von Fürstenberg nach Dürrheini zur Be-
sichtigung der Kindersovlbadstation. Der Groß-
herzogliche Amtsvorstand und der Bezirksarzt
von Villingen, sowie der Gemeinderath von
Dürrheim hatten sich zum Empfange daselbst
eingefunden. Nach Donaueschingen zurückgekehrt,
besuchte die Großherzogin die unter dem Protek-
torat Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Elise von
Fürstenberg stehende Kleinkinderschule und das
KarlSpital. S. K. H. der Großherzog traf
hierauf mit I. K. H. der Großherzogin zu-
sammen. Die höchsten Herrschaften speisten so-
dann gemeinsam mit Ihren Durchlauchten dem
Fürsten, der Fürstin und Prinzessin Elise von
Fürstenberg, sowie dem Gefolge.
AuSlcmS.
Paris, 21. Sept. In dem heute abgebaltenm
Ministerrathe unterzeichnete der Präsident
Casimir Perier den Erlaß, wodurch der General
Negrier, Kommandeur des VII. Armeekorps, an
Stelle Davousts für „besondere Missionen" be-
zeichnet wird. Ferner wurden ernannt General
Pierron zum Kommandeur des VII. Armeekorps,
Admiral Gervais, Chef des Genralstabes der Marine,
zum Kommandanten des Reserve-Geschwaders des
Mittelmeeres, Admiral Human zum Chef des General-
stabes der Marine, Viceadmiral de la Jaille zum
Kommandanten des Geschwaders der Levante, Ad-
miral Alquir zum Kommandanten des Nordge-
schwaders, Millet, Gesander in Stockholm, zum
Generalrestdenten in Tunis, Rouvicr, Resident in
Tunis, zum Gesandten in Stockholm, General
Larchey, Kommandeur des VIII. Armeekorps, wurde
von der Regierung beauftragt, die Königin-Regentin

jede Unbesonnenheit aber war der Tod, — das sichere
Verderben.
Mit lautlosen Schritten kreuzte sie deu Korridor,
trat sie an die Treppe. Man sah von hier aus gerade
in die Halle hinab, wo neben der auf- und abwärts
führenden Treppe eine lederüberzogene Bank, für irgend
jemand, der auf etwas zu warten hatte, berechnet, stand.
Auf dieser Bank saß der alte Johann., Er saß
vornübergebeugt, das Haupt tief gesenkt; wiederholt
nickte er, wie seinen Gedanken folgend, die rhn be-
schäftigen mochten, mehrmals hintereinander. Was
mochte der Alte denken?
Sie beobachtete ihn Minuten hindurch.
Urplötzlich fühlte Sie, die ihn beobachtet hatte,
seine Augen forschend sich zugewandt und sein durch-
dringender Blick nahm ihr ihre Sicherheit.
„ Sie mögen heut Ihren freien Nachmittag nehmen,
sagte sie.
Der alte Johann verbeugte sich knapp und trat
zurück, um sie vorüberschreiten zu lmsen.
Und ungebeugten Hauptes trat sie m das Gemach
ein, welches schon der Schauplatz von mancher Scene,
auch der jener grauenhaften, nächtlichen Tragödie in
diesem Hause gewesen war.
„Was mag sie dem alten Manne erngeredet haben?"
sprach der Graukopf vor sich hm. „Was kann es
sein? Ich gehe zu ihm, "tzstffsir Nath Hosen. Er
ist Jurist, aber er wird mich wohl nicht mehr kennen,
der gute Junge. Nun, seine Mutter weiß schon, wer
ich bin." . „ .
Der Alte begab sich in die Räume der Diener-
schaft, um sich für teuren Ausgang vorzubereiten.
Da saßen das Svleinmädchen und die Köchin bei
einander, Silberzeug putzmd.
Gerade, als der Alte in den anstoßenden Raum
eintrat, sagte die erstere ;
„Ja, wenn ich wüßte, was das gewesen ist, dann
hätte ich auch was gesagt. Es war gerade fo, als
ob — wenn auch gespenstisch leise — eine schwere Last
die Treppe hinabgetragen ward."
„Und Sie sahen nicht nach?" forschte die andere.
„Hu, mich gruselte!" schüttelte sich das furchtsame
 
Annotationen