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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 161 - Nr. 170 (13. Juli - 24. Juli)
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Nummer 182. LL. Jahrgang.

Ileueir

Samstag, 14. Juli 18S4.



für Heidelberg «nd Umgegend

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E" Telephon-Anschlutz Nr. 102. "WU
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Italienischer Staatshaushalt.
Es werden jetzt die endgiltigen Einnahme-
ziffern des italienischen Staatshaushalts in dem
am 30. Juni zu Ende gegangenen Rechnungsjahr
bekannt. Darnach haben die direkten und Ge-
schäftssteuern ein befriedigendes Erträgniß erbracht,
die indirekten Steuern dagegen ließen viel zu
wünschen, übrig ausgenommen hiervon sind nur Salz
und Tabak; das Lotto jedoch weist einen größeren
Ausfall auf, weit mehr aber noch die Eingangs-
zölle. Letztere haben 30 Millionen weniger er-
geben wie in 1892/93, einschließlich der Hafen-
gefälle erreichen sie nicht einmal die Höhe von
222 Millionen; da jedoch die Hälfte derselben
bereits in Gold eingehoben wurde, muß man das
Goldaufgeld hierauf hinzurechnen, welches mit
etwa 10 Millionen zu veranschlagen sein dürfte.
Man kann daher mit Recht darauf schließen,
daß, solange die Wechselkurse sich ungünstig für
Italien gestalten, die Einfuhr noch weiter zurück-
gehen und dementsprechend die Eingangszölle
weitere Minder-Erträgnisse aufweisen dürften.
Fabrikats- und Verbrauchssteuern erbrachten 30
Millionen, d. h. 3^2 Millionen mehr wie im
Vorjahr. Die inneren Verbrauchssteuern sind
um 5 Millionen niedriger wie in 1892/93, her-
vorgerufen durch die Abschaffung der Kommunal-
abgaben auf Mehl und Teigwaaren, welche durch
den erhöhten Eingangszoll auf Getreide bisher
keinen Ausgleich gefunden. Diese amtlichen Zif-
fern beweisen daher klar, daß diese sogenannte
„Reform" ein Jrrthum gewesen, denn ohne den
Preis des Brodes irgend wie zu beeinflussen,
haben der Staat durch dieselbe 12 und die Ge-
meinden 4 Millionen eingebüßt. Der Fehlbetrag
zwischen Einnahmen und ordentlichen Ausgaben
war im Rechnungsjahre 1893/94 auf 70 Mil-
lionen veranschlagt, hierzu treten noch die ver-
schiedenen Nonvaleurs der Zusatzvilanz, der Ver-
mögensverbrauch, die außerordentlichen Spesen
für Sizilien und Massa-Carrara und man dürfte
daher, wie die „Perfeveranza" schreibt, nicht fehl
gehen, wenn man den wirklichen Fehlbetrag mit
120 Millionen beziffert. Mit Ausnahme des
Vermögensverbrauchs und der Eisenbahnen und
derjenigen Pensionen, welche die Cassa bei Depositi
zu leisten hat, lastet das ganze Defizit auf dem

Staatsschatz, dessen Verhältnisse von Tag zu Tag
schwieriger werden und dessen Ordnung endlich
mit aller Energie betrieben werden muß. Das
genannte italienische Blatt bemerkt schließlich,
daß, obgleich die obigen Ziffern zum Theil auf
muthmaßlichen Berechnungen beruhen, sie doch
von jedem Kenner der Finanzlage als richtig be-
zeichnet werden müssen und daß dieselben durchaus
nicht pessimistisch zusammengestellt seien.
Deutsches Reich.
Berlirr, 14. Juli.
— Im „Amtsbl. des Reichspostamts" wird
folgende Verfügung über den Bruch der Amts-
verschwiegenheit veröffentlicht: „In neuerer
Zeit sind in wiederholten Fällen durch die Presse
und auf anderem Wege Verfügungen des Reichs-
postamts, Berichte der Ober-Postdirektionen und
sonstige Postamtliche Schriftstücke zur wortgetreuen
Veröffentlichung gebracht worden, die nur
durch groben Vertrauensbruch zur Kentniß der
Stellen gelangt sein konnten, welche die Veröffent-
lichung bewirkt haben. Das Reichspostamt wünscht
bei dem Nachgeordneten Personal keinen Zweifel
darüber aufkommen zu lassen, daß die Mittheilung
amtlicher Schriftstücke oder ihres Inhalts, soweit
sie unter dem Schutze des Dienstgeheimnisses
stehen, an unbefugte Dritte als schwere Verletzung
der von den Beamten übernommenen Pflicht der
Verschwiegenheit im Amt anzusehen ist und daß
gegen Beamte, welche einer solchen Pflichtverletzung
sich schuldig machen, mit den schärfsten Mitteln
der Dienstzucht vorgegangcn werden wird. Vor
Kurzem ist ein Beamter der Reichs-Postverwaltung,
welcher einen solchen groben Vertrauembruch be-
gangen hat, aus dem Dienste entlassen worden."
— Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Die
Paßvisapflicht für die aus Rußland kommenden
Reisenden bestand in der Hauptsache nur noch gegen-
über den russischen Staatsangehörigen. Angesichts
der Bestimmungen der Artikel 1 und 12 des deutsch-
russischen Handelsvertrages, sowie des Schlußproto-
kolls, wonach im Paßwesen die Angehörigen beider
Theile wie die Angehörigen einer meistbegünstigten
Nation zu behandeln sind, ließ sich eine differenzielle
Behandlung russischer Unterthancn hinsichtlich des
Visazwanget gegenüber den Angehörigen von Na-
tionen, die bisher schon von der Visapflicht befreit
waren, nicht ausrechthalten. Deshalb wurde die
Paßvisapflicht für die aus Rußland kommenden
Reisenden allgemein aufgehoben."
Karlsruhe, 13. Juli. Der Großherzog
und die Frau Großherzogin kehren morgen
Samstag von der Vermählungsfeier in Langen-
burg nach St. Blasien zurück. — Minister v.
Brauer hat mit seiner Gemahlin schon vor

einigen Tagen eine Erholungsreise nach Tirol
angetreten.
Ausland.
Paris, 13. Juli. Seit gestern läuft hier das
Gerücht um, die Polizei habe aus London die Nach-
richt erhalten, daß die Anarchisten die Gebäude des
Senats und der Kammer, das Elysee, den Justiz
Palast, die Polizeipräfektur und die Börse in die
Luft zu sprengen beabsichtigen. Der „Temps"
schreibt aus diesem Anlaß: In der Provinz habe
die Staatsanwaltschaft u. der Sicherheitsdienst eine Ab-
schrift der Meldung bekommen. Es sollten sehr kleine
Bomben neuer Form verwandt werden. Die Häfen
und Bahnhöfe werden scharf überwacht. Die Grenz-
wachtbeamten haben Befehl, das Gepäck von Reisen-
den aus dem Ausland ganz genau zu untersuchen,
selbst körperliche Nachsuchungen sollen an jedem
Reifenden vorgenommen werden, der verdächtig er-
scheint und sich nicht vollständig ausweisen kann.
Man will damit die Einschmuggelung der kleinen,
leicht versteckbaren Bomben verhindern.
Paris, 12. Juli. (Kammer.) Der Finanz-
minister Poincar« bekämpft die Einkommen-
steuer. Das Funktioniren der Einschätzungs-Kom-
missionen werde die politischen Leidenschaften ent-
fesseln, die Städte würden mehr Steuer zahlen
als das Land. Auch die indirekten Steuern führen
zu Ungerechtigkeiten. Die Regierung habe eine
Kommission eingesetzt, um die Reformen zu studiren
und bereitet ferner eine Erbschaftssteuer vor, die
nach dem Verwandschaftsgrad und der Höhe des
Erbschaftsbetrags abgestuft werden soll. Frankreich
will wirkliche Fortschritte und keine phantastischen.
Die Negierung ist fest entschlossen, fiskale Refor-
men einzubringen. Die Kammer lehnte darauf
den Einkommensteuerantrag Cavaignac mit 267
gegen 236 Stimmen ab. Codet beantragt eine
Todesordnung, worin die Kammer der Regierung das
Vertrauen ausspricht und die baldige Einbringung
von Reformen fordert. Der Finanzminister ersucht
diesen Antrag zu votiren, da die Regierung die
Intentionen des Votums über die Einkommen-
steuer nicht verkenne, und stellt die Vertrauens-
frage. Dupuy erklärt das ganze Kabinet mit dem
Finanzminister für solidarisch. Die Tagesordnung
Codet wird mit 369 gegen 80 Stimmen an-
genommen.
London, 12. Juli. Nach einer Meldung der
„Times" aus Söul vom 10. d. M. wurde in
einer Konferenz der auswärtigen Vertreter der Vor-
schlag gemacht, die in den Verträgen angeführten
koreanischen Häfen zu neutralisiren. Der japanische
Gesandte nahm den Vorschlag bezüglich Chemul-
po's an, behielt sich aber die Antwort bezüglich der
anderen Häfen bis zum Eintreffen von Instruk-
tionen aus Tokio vor. — Nach einer weiteren

Depesche der „Times" aus Söul vom 11. Juli
gab der König dem Drängen Japans nach und
wnannte drei Kommissare zur Berathung der Frage
betreffs der inneren Verwaltung. Die Beding-
ungen Japans betreffs der Neutralisirung Chemul-
pos machten jedoch dieses Zugeständniß hinfällig,
da Japan auf dem Verbleiben seiner TrUpen in
Korea besteht und sich die Freiheit seiner militäri-
schen Aktionen vorbehält.
London, 13. Juli. Wie dem „Standard"
aus Konstantinopel gemeldet wird, hat der frühere
Khedive Ismael vom Sultan die Eclaubniß er-
halten, Westeuropa behufs einer Badekur zu be-
suchen. Da Ismael seit Jahren sich schon ver-
gebens beim Sultan um diese Erlaubniß bemühte,
und thatsächlich Emirghian am Bosporus als Ge-
fangener lebte, gilt dies als Beweis, daß die Be-
ziehungen zwischen der Türkei und Aegypten in
eine neue Phase getreten sind.
Petersburg, 13. Juli. Hier wurde ein pol-
nischer Student, der als Hauslehrer bei den Kindern
einer hochgestellten Familie fungirte, verhaftet. In
seinem Zimmer fand man eine Bombe und Spreng-
stoffe. Ferner wurde in seinem Zimmer ein an-
derer Student und dessen Schwester, nach welchen
die Polizei längst fahndete, verhaftet und nach der
Festung Schlüsselburg verbracht. Die Untersuchung,
die ganz geheim betrieben wurde, soll erwiesen
haben, daß von ihnen ein Anschlag auf Leben des
Zaarcn für verschiedene Gelegenheiten vorbereitet
wurde.
Aus Wcch unö Jern.
' Schwetzingen, 13. Juli. Der Centralaus-
schuß für den am 28. bis 30. Juli dahier statt-
findenden badischen Feuerwehrtag ist mit seinen
Vorarbeiten zu diesem Feste in vollster Thätigkeit.
Bis heute sind bereits 2400 Feuerwehrleute zum
Feste angemeldet und wird sich diese Zahl voraus-
sichtlich verdoppeln. In der letzten Sitzung des
Centralausschusses wurde der Beschluß gefaßt,
dahin zu wirken, daß den Wehren und den
übrigen Besuchern des Festes, die von der Rich-
tung Mosbach-Heidelberg-Langenbrücken, Karls-
ruhe und Mannheim kommen, bessere Fahrver-
bindung durch Extrazüge des Vormittags und
)es Abends geboten werden. Die Genehmigung
fieser Zugseinschaltungen ist seitens der Großh.
Bahnbetriebsinspection anstandslos zu erwarten.
Eine Veröffentlichung über Curszeit dieser Extra-
züge wird rechtzeitig erfolgen. Beantragt sind
auf Sonntag den 29. er. Sonderzüge hierher
mit folgenden Abgangszeiten: In Heidelberg
zwischen 8 und 9 Uhr und in Karlsruhe etwa
um V28 Uhr Morgens, von hier nach Mannheim
und nach Karlsruhe um 11 Uhr Abends. Die

KefüHn L.
Roman von H. von Gabair«.
20) (Fortsetzung.)
„Muß ich Dich begleiten?" fragte Olga zögernd,
ihre Arbeit zur Hand nehmend, denn der Apetit
zum Essen war ihr bei all' den Eröffnungen ver-
gangen. Frau von Adrianowitsch richtete sich hoch
auf, die dunklen Augen ruhten erschrocken auf der
Fragenden.
„Das wäre!" stieß sie rauh hervor.
„Nein, ich reise allein, später, wenn alles
Planirt ist, schreibe ich Dir, Du verkaufst dieses
Gerümpel und folgst meinen Weisungen. Den Aus-
flug nach Waldfried will ich Dir zu Liebe noch
mitmochen," setzte sie herzlicher hinzu : „Weißlings,
an denen Dein einfacher Sinn nun einmal gefallen
findet, werden dort sein, vielleicht übergebe ich Dich
auf kurze Zeit unter deren Schutz. Nur absolutes
Schweigen über meine Pläne lege ich Dir an's
Herz, merke Dir das und laß mich ungestört nach-
denken." Olga war bei dieser letzten verlockenden
Aussicht dunkelroth geworden, sie hätte jubeln und
lachen mögen, und doch durfte sie es nicht wagen,
ihre Freude zu zeigen. „Zeit ist Gold," dachte sie
und neigte sich schweigend über die Näharbeit,
während die Baronin ihre vorherige sinnende Stel-
lung wieder einnahm.
* *
*
Nur selten versammelte Graf Kork auf seinem
Majorat Waldfried eine so große Anzahl Gäste,
wie die heutige. Vom Thurm des Schlosses wehte
lustig eine Fahne als erster Willkommengruß für

die Festthcilnehmer. In blau und roth mit dem
mächtigen Löwen in Silber — dem Wappen des
Grafen geziert, flatterte das Wahrzeichen des alten
Adelsgeschlcchtes durch die schneeige Luft. Das
Treppenhaus war in einen grünen Hain verwandelt
worden; zwischendurch schauten blühende Hyazinthen-
dolden und Tulpen hervor. Blüthenübersäete Aza-
leen- und Lorbeersträucher standen zu Gruppen kunst-
voll zusammengestellt in der weiten Halle; diesem
Geschmack entsprechend waren die inneren Räume
dekorirt. Ueberall, bis zu dem hochgewölbten
Wintergarten, ruhte ein solider Reichthum wie aus
einem Guß schien eines ins andere verflochten. Des
Grafen erfinderischer Sinn, seine Vorliebe für seltene
Gewächse hatten mit Hilfe geschickter Gärtner und
Botaniker ganz besonders in letzterem eine Tropen-
welt geschaffen, wie sie weit und breit nicht zu
finden war. Sämmtliche Fenster der langgedehnten
Frontseite des Schlosses strahlten in einem Meer
von Licht und spiegelten sich auf dem frisch ge-
fallenen Schnee in langen, silbernen Streifen, bis
weit hinaus die reifbeladenen Bäume des Forstes
mit seinem Hellen Schein beleuchtend.
Durch die Säle wogte es von elegant gekleide-
ten Damen, von Orden geschmückten Militärs und
schwarz befrackten Herren. Juwelen und Blumen
funkelten und dufteten von blonden und brünetten,
hoch frischten oder gelockten Häuptern. Leichte Tanz-
weisen trugen auf ihren melodischen Schwingen
Lust und Heiterkeit für die Jugend herbei, hingegen
die älteren Herrschaften sich zu einer Parthie Whist
oder Lombre zurückzogen, oder nach Geschmack und
Wunsch dem Tanz zuschauten. Lakaien eilten ge-
schäftig, unhörbar durch die Säle, um Erfrischungen

zu repräfentiren, Frau Oberförster Weißling, in
ihrem schwarzen enganschließenden, schlichten Seiden-
kleide, den glatt gescheitelten blonden Haaren und
dem gütigen Lächeln auf den Lippen, schwebte gleich
einer milden Fee durch die Reihen, mit Grazie die
Honneurs machend. Wie selten Jemand verstand
es das liebenswürdige Geschwisterpaar, den Gästen
in vornehmer Ungezwungenheit zu begegnen und
dadurch den Reiz des Vergnügens bedeutend zu
erhöhen.
Frau von Hannipot hatte nach einem längeren
Rundganz neben Frau von Adrianowitsch Platz ge-
nommen.
Nachlässig lehnte sie sich in das schwellende
Sammetpolster und ließ ihren vornehm prüfenden
Blick etwas mißgestimmt über das vollendete En-
semble des Tanzsaales schweifen. Sie schien sich
in keiner besonderen Feststimmung zu befinden, und
die üble Laune noch mehr zu, als sich durchaus
nichts wollte finden lassen, das einen Tadel er-
trüge. Da flog Liza in ihrem duftigen, zartge-
blümten Gazekleide im lebhaften Tanz an den
beiden Damen vorüber, das blonde Lockenköpfchen
leicht angelehnt an die Schulter ihres Tänzers.
Dieses ungekünstelte Naturkind war es, das die
Präsidentin aus ihrer Reserve riß. Sie öffnete die
feinen Elfenbeinstäbe des durchsichtigen Fächers und
hielt ihn abwehrend vor das Gesicht, gleichsam als
störe sie der Luftzug, den die Tanzenden verur-
sachten.
„Sehen Sie, Baronin," flüsterte sie nase-
rümpfend hinter dem Kunstwerk, „dieses enttunt
terriifiö. Ein Mund, der immer lacht und nur
Dummheiten schwatzen kann, ist mir odieuse. Auf

mich macht das siebenzehnjährige Mädchen den Ein-
druck, einer im Unkraut ausgewachsenen Gänse-
blume, an eine Veredelung ist da nicht zu denken.
Oh mein Gott, dieser entsetzliche Knix! Die kin-
dischen Grünmassen!"
„Und doch wird Liza gefeiert, sie ist stets um-
ringt von einer Schaar Verehrer," wagte Frau von
Adrianowitsch dagegen einzuwenden, wie sic in letzter
Zeit überhaupt Gefallen darin zu finden schien,
der „verehrten Freundin" zu widersprechen.
„Ah, bah, ich "begreife nicht Ihre Kurzsichtig-
keit. Man amüsirt sich und spotiet hinter dem
Rücken. Man ist einfach beflissen, dem liebens-
würdigen Gastgeber durch diese Aufmerksamkeit zu
schmeicheln, weiter nichts. Jst's Ihnen noch nicht
aufgefallen, wie intim Onkel und Nichte mit ein-
ander verkehren? Das Mädchen versteht es, dem
Verwandten um den Bart zu gehen; ihre Eristenz
hängt einzig von seiner Gnade ab, denn Du meine
Güte, die Pension einer ^-berförstcrwittwe ist gleich
Null."
„Sie haben Recht, Graf Kork schaut gleichsam
wie in einen goldenen Spiegel, wenn er Liza an-,
blickt und sie E eine Schmeichelkatze an seinen
Arm hängt."
Die Präsidentin bewegte ungeduldig das Haupt.
„Das sind alles unstatthafte Vertraulichkeiten
in einem so großen Kreise, und die schwache
Mutter thäte besser, der Tochter feine Umgangs-
formen beizubringen, wie den jugendhaft wilden
Manieren Vorschub zu leisten. Denken Sie, daß
dieses — enkant das Gewehr besser zu handhaben
versteht wie den Ballfächer und auf dem Rücken
 
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