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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 151 - Nr. 160 (2. Juli - 12. Juli)
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DM- Telephon-Anschlutz Nr. 102. -WS«

I8j


die sie schrieben, gierig aufgeschnappt, geschästig
weiter verbreitet und ausgiebig kommentirt wurde,
wie hysterische Weiber sich um Vaillant's Tochter
rissen, und andere Vorgänge ähnlicher Art. Hier
kann nicht eine einseitige Bestrafung der Presse
in einem einzelnen Falle helfe«, sondern nur
energische Selbstzucht und strenge Selbsterziehung
der Gesellschaft. Ist aber zu einer solchen Selbst-
zucht die französische Gesellschaft tiu äs sioolo
noch fähig? Das ist die Frage! Und da ist
es vielleicht doch angebracht, diese Reform der
Sitten durch ein Gesetz anzubahnen, das zunächst
zwar nur die Presse trifft, aber den anderen
zeigt, auf welchem Wege die Besserung zu be-
wirken ist.

Hafter Zustimmung ging auch an den Fürsten
ein Begrüßungs- und Dankes-Telegramm ab.
Süddeutschland sandte seine Grüße und Glück-
wünsche durch Dr. Müller-Stuttgart, der be-
sonders hervorhob, wie sehr die Persönlichkeit
Bennigsens dazu beigetragen habe, den Süden
dem Norden näher zu bringen. — Vorträge des
Hannoverschen Männergesangvereins und einer
Militärkapelle wechselten mit den verschiedenen
Ansprachen, zwischendurch wurden auch gemein-
same Lieder gesungen. — In demselben reich
dekorirten Odeonsaale, in dem heute mehr als
achthundert nationalliberale Männer vereinigt
waren, findet morgen das Festmahl statt; vor
demselben wird der Jubilar die Abordnungen
empfangen, um Ansprachen und Adressen entgegen-
zunehmen. Die auf Vorschlag des Vorsitzenden Dr.
Raydt abgesandten Telegramme an den Kaiser und
an den Fürsten Bismarck haben folgendenWortlaut:
Sr. Mas. dem Deutschen Kaiser.
Euere Majestät bitten die in Hannover zur
Feier des 70. Geburtstages des Oberpräsidenten
v. Bennigsen aus allen Gauen Deutschlands
versammelten Mitglieder der nationalliberalen
Partei in alter Liebe und Treue zu Kaiser
und Reich ihre tiefste Ehrfurcht und Hingebung
ausdrücken zu dürfen.
Sr. Durchl- dem FürstenBismarck.
Friedrichsruh. Bei den zur Feier des 70.
Geburtstages des Herrn Oberpräsidenten v. Ben-
nigsen versammelten Parteigenossen und Ver-
ehrern desselben erneuert sich das Gedächtniß
an die Gründung und den Aufbau des Reiches
und die dabei wirksamen Kräfte in vollendeter
Stärke. Es drängt sich deßhalb, dem Altreichs-
kanzler, als dem großen Führer der Nation
zu herrlichem Ziel, den Ausdruck ihrer un-
auslöschlichen Dankbarkeit darzubringen.
Hannover, 10. Juli. Bei dem Festessen zu
Ehren des Oberpräsidenten v. Bennigsen
brachte Stadtdirektor Tramm das Hoch auf
Kaiser und Reich aus. Auf den Jubilar toastete
Geheimrath Blanck, worauf Oberpräsident v.
Bennigsen dankte. Finanzminister Dr. Miquel
trank mit humorvollen Worten auf die Familie
Bennigsen, und Oberbürgermeister Struckmann
feierte den Jubilar als Vertreter der provinziellen
Interessen. Außer den bereits erwähnten Glück-
wunschschreiben sind auch deren eingetroffen von
dem Könige von Württemberg und anderen
deutschen Fürsten, ferner vom Fürsten Bismarck,
dem Reichskanzler Grafen Caprivi, dem Minister-
präsidenten Grafen Eulenburg, dem Vizepräsi-
denten des Staatsministeriums Dr. v. Bötticher.
Der Brief des Fürsten Bismarck an
Herrn Bennigsen hat folgenden Wortlaut!

Rud. v. Bennigsen's 70. Geburtstag.
Hannover, 9. Juli. Ganz Deutschland hat
zu der Feier von Rudolph v. Bennigsens
siebzigstem Geburtstag seine Vertreter entsendet,
die wetteifern, dem verehrten Parteiführer Beweise
ihres Dankes und ihrer Anhänglichkeit zu geben.
Die „Berl. Neuesten Nachr." schreiben hierzu
Wenn der so lebhaft Gefeierte viel Anfechtung
der Gegner zu erleiden hatte, wenn man ihn
speziell im engeren Vaterland befehdete und an-
griff, weil er bestrebt war, der nationalen Ein-
heit vorzuarbeiten, und dabei manche schweren
Opfer nicht achtete, so findet er, wie er heute
selbst hervorhob, in den erreichten Zielen und in
der Anerkennung seiner Partei, die ihm in so
reichem Maaße entgegengebracht wird, reichen
Lohn. Hobrecht und Plank, v. Venda und Paasche,
v. Cuny und Marquardsen, Konsul Meyer-Bremen
und wie die treuen Mitkämpfer sonst heißen,
waren in überaus großer Zahl bei dem heutigen
Kommerse um ihn versammelt und auch im
klebrigen stellt sich die Betheiligung an der ge-
nannten Feier als außerordentlich und alle Ge-
sellschaftsschichten umfassend heraus. Die Ver-
dienste des Jubilars zu würdigen und der An-
fänge wie des Verlaufs seines politischen Lebens
zu gedenken, hatte Staatsminister Hobrecht
übernommen, der sich seiner Aufgabe in glänzender
und dabei überaus warmer Weise entledigte. Herr
v. Bennigsen dankte in einer großen, für die
Gelegenheit fast zu ausgedehnten politischen Rede,
an deren Schluß er die Aufgabe der national-
liberalen Partei dahin zusammenfaßte, an dem
Ausbau des Reichs im Innern mitzuwirken und
das in schweren Kämpfen Errungene festhalten
zu helfen. Das erste Hoch hatte selbstverständlich
dem Kaiser gegolten, an den später ein Hul-
digungs-Telegramm abgesandt wurde. Die unver-
gänglichen Thaten und Verdienste des Altreichs-
kanzlers pries Direktor Ramdohr; unter leb-

Gesühnt.
Roman von H. von Gabain.
(Fortsetzung.)

Im Rüblick auf unsere langjährige Arbeit
an der nationalen Wiedergeburt unseres gemein-
samen Vaterlandes bitte ich Sie, zum heutigen
Tage meinen herzlichen Glückwunsch entgegen-
zunehmen. Wir sind nicht immer in
demselben Geleise gefahren, aber
unserZiel war das gleiche. Daß wir
die annähernde Erreichung desselben noch beide
erlebt haben und ich Ihnen heute meinen Glück-
wunsch und Dank für Ihre Mitarbeit noch lebend
übermitteln kann, gereicht mir zur besonderen
Freude. Ich bitte Sie, mir auch in der Zu-
kunft, die jedenfalls kürzer sein wird, als die
70 Jahre, die wir gleichzeitig lebten, das
Wohlwollen zu bewahren, welches gemeinsame
Arbeit uns als Ergebniß des Vorlebens gegen-
seitig geschaffen hat.

Leun ch es Reich.
Berlin, 12. Juli.
— Der „Reichsanzeiger" schreibt: „Zur Aus-
führung des Gesetzes betreffend die Aufhebung
d'es Identitätsnachweises verfügte der
Finanzministcr am 5. Juli, daß die Einfuhrscheine
nur für Maaren marktgängiger Beschaffenheit zu
ertheilen sind. Als marktgängig gilt auch eine
Waore, welche mit unerheblichen Mängeln — bei-
spielsweise leicht dumpfige Beschaffenheit, Sommer-
geruch, mäßiger Auswuchs, geringer Besatz mit
Käfern —, behaftet ist. Bei Getreide, Hülsen-
früchten, Reps und Rübsaat sind etwaige fremde
Bestandtheile wie Sand, Unkraut nicht zu bean-
standen, soweit dieselben nicht über zwei Gewichts-
procente ausmachen. Bezüglich der Beschaffenheit
der Mühlenfabrikate gelten auf Grund des Regu-
lativs die für die Gewährung der Zollerleichterung
bei der Ausfuhr von Mühlen- und Mälzereifabri-
katen getroffenen Anordnungen auch bei Mühlen-
fabrikaten, welche mit dem Anspruch auf Ertheilung
eines Einfuhrscheins zur Ausfuhr angemeldet sind."
— Betreffs der Begnadigung der beiden
französischen Offiziere in Elatz ist ein
Korresondent der „Lrierischen Landes-Ztg." in
der Lage, aus „zuverlässiger" Quelle zu berichte»,
daß eines der ersten Bittgesuche — wenn nicht
das erste — um Gnade für die beiden fran-
zösischen Offiziere von einem Seelsorger der
deutschen Katholiken in der St. Josephs-Mission
in der Rue-Lafayette in Paris ausgiug. k. Nix
wurde nämlich so inständig um seine Vermittlung
von Verwandten der Gefangenen angegangen,
daß er zuletzt in ihrem Namen in der Weihnachts-
zeit ein Schreiben direkt an den Kaiser richtete
und im Namen der schwer niedergedrückten Fa-
milien für die Gefangenen um Gnade bat. Die
huldvolle Weise, in der das Schreiben angenommen
wurde, und die Art, wie die Antwort erfolgte,

Mund, die Augen blickten trotzig herüber zu der
Präsidentin, die in Affekt das duftende Battisttuch
gegen ihre Stirn hielt und es alsdann wieder zu
einem Ball zusammendrückte.
»Ihre Hoheit die Herzogin, wird verzeihen,
wenn Du, liebe Mama, mich durch Unwohlsein ent-
schuldigst; ich fühle mich in der That grenzenlos
elend und will nach Hause," sagte Olga gemessen,
ruhig, während sie nach einem grauen Radmantel
faßte, der neben ihr auf der Stuhllehne lag.
„Sie entschuldigen, Frau Baronin, wenn ich
statt ihrer das Wort ergreife. Ich finde es ge-
radezu boshaft von Ihnen, Olga, Unwohlsein zu
fingiren, wo Sie wie eine Rose blühen! Sie
werfen mir einen gewaltigen Stein in den Weg,
durch ihre unverzeiliche — Unart, wo bleibt da das
savoir tairo? Was fangen wir an? Die Minuten
gehen dahin; die Ungnade der hohen Herrschaften
wird der Lohn für seine Güte sein!" In fessel-
loser Heftigkeit rannte die Präsidentin durch den
Raum, unsanft alles bei Seite schiebend, was ihr
im Wege stand oder lag, sie, die so vortrefflich
Moral zu predigen verstand, die Anderen Taktlosig-
keit, schlechte Erziehung vorwarf, benahm ich selbst
wie ein sntknut tkiriölo.
Frau von Adrianowitsch redete leise vorwurfs-
voll in die Tochter hinein, ohne die sinnlos Erregte
aus den Augen zu lassen; sie wußte in ihrer Angst
und Verlegenheit nicht recht, was beginnen. Ihr
stieg es siedend heiß zu Kopf; der Gedanke, die
kaum begonnene Herrlichkeit könne wie Seifenblas-m
ihren nach Glanz und Zerstreuung lüsternen Augen
entschwinden und sie in die dumpfe Atmosphäre
einer engen Hinterwohnung für alle Zeit zurück-

versetzen, machte ihr namenlose Qual. Olga hatte
auf die letzten Worte der Präsidentin heftig ant-
worten wollen, allein die bessere Ueberzeugung gegen
solch' unschickliches Vorgehen kam ihr noch zur rechten
Zeit. So begnügte sie sich, allerdings mit etwas
gehobener Stimme, ruhig, gemessen zu erwidern:
»Ich siebe Ihnen mein Wort, Excellenz, daß
ich thatsächlich leide und mein ferneres Verbleiben
in der animirten Gesellschaft ein Hohn gewesen
wäre. Ich bin leider keiner Vorstellung fähig ; was
in meinem Herzen vorgeht, spiegelt sich deutlich auf
dem Antlitz ab und würde zu unliebsamen, ge-
hässigen Bemerkungen Veranlassung gegeben haben."
Diese verblümte Offenbarung wirkte gleich einem
elektrischen Schlag. Frau von Hannipot blieb mit
jähem Ruck vor Olga stehen, senkte ihre zornigen
Augen fragend in die des jungen Mädchens und
sagte kalt:
„Ab, ich verstehe! Fahren Sie nach Hause,
meine Damön, je her, desto besser, wir kommen auf
die Angelegenheit noch einmal zu sprechen! Aber,
mag ihr Trotz noch so groß sein, ich gebe meinen
Herzenswunsch noch nicht verloren, die Tochter des
Parvenue soll und darf nicht triumphiren!"
Im Laufe des Gespräches hatte Olga ein rothes
Saffian-Etui vom Tische genommen und über-
reichte ei nun mit freundlichen Dankesworten der
Eigenthümerin.
„Lassen Sie mich damit in Ruhe!" rief die
Erzürnte, das Futteral mit dem werthvollen Perlen-
schmuck auf den Tisch schleudernd.
„Es körnte leicht verloren gehen, oder gestohlen
werden," schaltete Olga ängstlich ein, die heraus-

Gesetzliche Maßregeln gegen die
Anarchisten
werden sowohl von der italienischen wie von der
französischen Regierung vorbereitet; um so auf-
fallender erscheint die deutscherseits zur Schau ge-
tragene Indolenz, die in dem Verlangen, man
tolle der deutschen Regierung wirksame Maßregeln
Vorschlägen, einen ganz sonderbaren Mangel an
Initiative bekundet. Wenn es auch richtig ist,
vaß Italien und Frankreich in erster Linie unter
dein Kriege zu leiden haben, den die Anarchisten
siegen die menschliche Gesellschaft führen, so sollte
Wan doch darum in Deutschland nicht gleichgiltig
dein Treiben einer Bande zusehen, der es auch
dei uns nicht an Anhängern fehlt. Wenn es in
Zwei Nachbarhäusern brennt, so ist es nicht wohl-
siethan, sich in heiterer Eernüthsruhe schlafen zu
"gen, und ein weiser Arzt sucht einen Haupt-
siesienstand seiner Thätigkeit nicht minder in der
Prophylaxis als in der Heilung. Das franzö-
silche Anarchistengesetz enthält in dieser Richtung
Mrere Bestimmungen, die sich unter republikani-
>Min Regime wunderlich genug ausnehmen, gleich-
wohl aber nach Lage der Dinge bis zu einem
gewissen Grade gerechtfertigt erscheinen. Die
Perweisung der anarchistischen Preßvergehen vor
das Zuchtpolizeigericht findet ihre Erklärnng in
wr Leichtigkeit, womit französische Geschworene
uch beeinflussen und einschüchtern lassen; eine
banze Reihe geradezu skandalöser Wahrsprüche
ffanzösischer Geschworenen liefert in dieser Be-
^fhung ein Material, das die beste und aus-
scheuste Begründung für den Perier'schen Vor-
ichlag abgibt. Auch die Gesängnißstrafe für die
Peröffentlichung anarchistischer Prozesse würde
"was für sich haben, wenn sie nicht ein allge-
wkines Nebel an einer einzigen Stelle träfe. Das
^gemeine Nebel ist die Sensationshascherei und
Zr förmliche Kultus, der mit den infamsten
Perbrechern getrieben wird, und der zur Nach-
Vwiung reizt, indem er den Größenwahn unreifer
Avrschm und hirnverbrannter Köpfe bis zur
Tollkühnheit nährt und steigert. Was die fran-
??sische Presse und das französische Publikum in
Punkte leistet, übersteigt allen Glauben.
Zmn erinnere sich nur, wie bei Ravachol und
wllant jedes Wort, das sie sprachen, jede Zeile,

, Olga hatte in Hintenansetzung aller Rücksichten
^'ch nach dem peinlichen Rencontre mit dem
,^.wfen Ulestein in ihrer begreiflichen Erregung den
wschtuß gefaßt, möge daraus entstehen, was da
vJlle, einer nochmaligen Begegnung mit dem auf-
wsilichen, eitlen Menschen aus dem Wege zu
fist l Sie kalkulirte ganz richtig, daß, wenn sie
. "nrnal den aufgedrungenen Flitterkram abge-
die Unmöglichkeit auf der Hand lag, an eine
.Mehr in den Menschentrubel zu denken. Vor
zn Herzogs leutseliger Gönnerschaft, die fast an
g/"wulichkeit streifte, schreckte sie zurück ohne sich
d;" Vas „Warum" Rechenschaft ablegen zu können ;
^Herzogin in ihrer milden, stillen Güte würde
sz, 'Pflüge — Olga fühlte sich leidend — Glauben
^Wken. So war "das Dornröschen-Kostüm schnell
b ereift; das duftende Rosendiadcm, ein Geschenk
Grafen Ulestein, lag achtlos unter allem mög-
r^W Krani, zwischen Perrücken, Schmucknäpfen und
^ "'sienTheater-Utensilien. Dielangen, wallenden
fJ?" Olga gleichsam zum Hohn zu einem
en Knoten geschlungen, am Hinterkopf aufgesteckt.
dQ diesem schlichten, kleinbürgerlichen Anzug büßte
heit tt^ende Geschöpf freilich nichts von ihrer Schön-
ff. "n, entsprach indeß in keiner Weise den An-
b,grunzen. Ohne mit der Wimper zu zucken,
stq/ Oha den leidenschaftlichen Wortschwall über
Lew?^hen lassen, — sie war darauf vorbereitet
eßn, nur ein energischer Zug legte sich um ihren

werden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.

gefallenen Juwelen mit dem funkelnden Brillant-
schloß sorglich in den Kasten zurücklegend.
„Ah, bah, diese Bagatelle! ich ließe mir, weiß
Gott, keine grauen Haare darüber wachsen. Leben
Sie wohl, Baronin," sie reichte der eingeschüchterten
Frau flüchtig die schmale Hand, „und nehmen Sie
den guten Rath mit nach Hause, schicken Sie Ihr
eigenwilliges Töchterchen in gesunde Landluft, bis
dieser fatale Zwischenfall vergessen ist- An mir
soll es nicht fehlen, diplomatisch vorzugehen, um an
maßgebender Stelle die Sache so hinzustellen, daß
die drohende Ungnade der allerhöchsten Herrschaft
nicht unser Haupt trifft." Ein leichtes, kaum merk-
liches Neigen des hochfrisirten Hauptes gegen Olga
und die Thür fiel krachend hinter ihr ins Schloß.
„Geh' voran und bestelle eine Droschke," be-
fahl Frau von Adrianowitsch der Tochter, „denn in
dem tiefen Schnee in meiner kostbaren Toilette den
weiten Weg zu Fuß machen, ist nicht denkbar!
Die Stimme klang heiser, bebend, und Olga seufzte
hörbar auf, denn sie vermuthete, die Mutter drückte
die Sorge nieder, wie dre aufgehäuften Rechnungen
zu bezahlen sein würden, die tagtäglich einliefen.
„Ob, dieser eine leichtsinnige Schritt wird uns
dem völligen Elende zuführen," stöhnte das klagens-
werihe Mädchen-
„Laß deine pedantischen Reden und geh'!"
Ohne aufzublicken, wühlte die Baronin in den
verschiedenen Kleidungsstücken herum.
„Wäre es nicht gerathen, den Schmuck mit-
zunehmen, Mama?"
„Gott bewahre! Laß die Hand von den Sachen,
die Dich nichts mehr angehen! Diese Blamage,


Stummer 169. H Jahrgang

Donnerstag, 12. Juli 1684.

General-WAnmger

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