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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 201 - Nr. 210 (29. August - 8. September)
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Nummer 29L. H. Jahrgang.


Montag, 3. September 1894

General-GAnMer




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Expedition: L>anptttrcrtze Wr. L5.

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holung entsprechender Rabatt.

für Heidelberg und Umgegend
(Mürger-Zeitung).

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General-Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
(Bürger-Zeitung)
nebst Jllustr. Sonntagsbtatt am Postschalter
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fortwährend angenommen.
Gewerbegerchte.
Wenn man durch den kürzlich veröffentlichten
statistischen Nachweis erführt, daß es am Ende
des Jahres 1893 in Deutschland 217 aus Grund
des Gesekes vom 1. April 1891 errichtete Ge-
werbegerichte gegeben hat und daß in dem ge-
nannten Jahre selbst 63 solcher Gerichte ins
Leben gerusen wurden, so muß man sich, um die
socialpolitische Bedeutung dieser Thatsachen zu
würdigen, vergegenwärtigen, daß, obschon die
Errichtung solcher Gerichte auch auf Grund des
früheren 8 120a der Gewerbeordnung möglich
war, es deren vor dem Erlaß des Gesetzes vom
1. April 1891 nur ungefähr ein Dutzend gegeben
hat. Das Gesetz hat also nicht nur in seiner
Tendenz ein Bedürsniß befriedigt, sondern auch
in seinen einzelnen auf die gcwerbegerichtliche
Thätigkeit bezüglichen Bestimmungen den that-
sächlichen Verhältnissen entsprochen. Man wird
sich noch erinnern, daß von manchen Seiten bei
der Berathung des Gesetzes die obligatorische Er-
richtung der Gewerbegerichte verlangt wurde.
Dem Verlangen ist mit Rücksicht auf die außer-
ordentlich große Verschiedenheit der gewerblichen
Verhältnisse der einzelnen Orte keine Rechnung
getragen. Jetzt zeigt die bedeutende Zunahme
der gewerblichen Schiedsgerichte, daß dort, wo
sich dieselben als nöthig Herausstellen, sie auch

schon in Folge der Initiative der Gemeinden selbst
entstehen. Wenn vor dem 1. April 1891 das
gewerbliche Schiedsgerichtswesen, das nunmehr
seine Bedeutug durch die Thatsache der Erledigung
von nahezu 35 000 Streitsachen im Jahre 1893
dolümentirt, nicht zur Entfaltung gelangen wollte,
so lag dies hauptsächlich an dem Mangel von
Bestimmungen über die prozessualen Befugnisse
der Gerichte, über das Verfahren vor denselben
und über die Rechtswirkung ihrer Entscheidungen.
Diesen Mängeln hat das Gesetz vom 1. April
1891 abgeholfen und in Folge dessen ist das
gewerbliche Schiedsgerichtswesen nunmehr zur
Blüthe gelangt. Dem zweiten Theil ihrer Auf-
gabe zu genügen, ist dagegen den Gewerbegerichten
bisher wenig Gelegenheit geboten worden. Das
Gesetz vom 1. April 1891 übertrug nämlich den
Gewerbegerichten auch unter gewissen Voraus-
setzungen die Befugnisse von Einigungsämtern
bei Arbeiterausständen. Größere Arbeiteraus-
stände hat es, seitdem eine in Betracht kommende
Anzahl von Gewerbegerichten besteht, nicht ge-
geben. Es konnte demnach eine ausreichende
Probe auf die Zweckmäßigkeit dieser Übertragung
noch nicht gemacht werden. Jedoch hat sich schon
bei den wenigen Füllen, in denen die Gewerbe-
gerichte cinigungsamtliche Funktionen ausübten,
wie beispielsweise bei dem Berliner Brauerei-
boykott gezeigt, daß auf diesem Gebiete die Wirk-
lichkeit kaum den Hoffnungen entsprechen dürfte,
welche man an den zweiten Theil des Gesetzes
angeknüpft hat. Es wäre das auch aus der Un-
bestimmtheit der betreffenden gesetzlichen Vor-
schristen über die Funktionen des Einigungsamtes,
wie sie übrigens der Natur der behandelten Ma-
terie nur entsprechen, leicht erklärlich. Wie immer
aber auch in Zukunft sich diese Seite der Thätig-
keit der Gewerbegerichte gestalten mag, aus ihrer
schiedsgerichtlichen Thätigkeit geht hervor, daß sie
schon jetzt in umfassendem Maße für den socialen
Frieden wirken. In dieser Beziehung hat also
das Gesetz vom 1. April 1891 den auf dasselbe
gesetzten Erwartungen entsprochen.
Deutsches Reim,
Berlin 3 September.
— Zur Abänderung derKonkuröordnung
liegen jetzt auch die Vorschläge der Handelskammer,
zu Krefeld vvr. Sie bewegen sich im Allgemeinen
im Rahmen der bereits bekannt gewordenen Ver-
bksserungsanträge, allerdings mit einzelnen Abwei-
chungen; so bält die Kammer z. B- die Erweite-
rung der Pflichten des Gtäubigerausschusses nicht
für nöthig, ebensowenig die Verschärfung der be-
stehenden Strafoorschriften, doch tritt sie für eine
strengere Anwendung der Strafvorschriften ein.

Betreffs der Gebührenordnung schlägt sie ein ge-
mischtes System vor, das als geringste Vergütung
für den Konkursverwalter und die Mitglieder des
Gläubigerausschusses bestimmte Prozentsätze der
Aktivmasse zu Grunde legt, es dabei aber dem
freien Ermessen des Richters überläßt, wie weit er
diese unter besonderen Umständenüberschreiten will.
Sie spricht sich auch dafür aus, daß eine Ver-
pflichtung zur Anzeige bei Gericht unter Vorlage
der Bücher geschaffen werde, wenn die Bilanz 33^
pCt. Ueberschuldung ergebe, und daß die dann
einzuberufende Gläubigerversammlung über die Kon
kurseröffnung zu beschließen habe. Eine Erschwe-
rung des Zwangsvergleichs hält sie ebenfalls für
nöthig. Die Kammer empfiehlt noch, die wirth-
schaftlichen Lebensbedingungen des Gemcinschuldners
nicht mehr als bisher zu erschweren, da kein In-
teresse vorliege, ein Wiederaufkommen zu beschränken;
dagegen seien bis zur Wiederbefähigung die kauf-
männischen Ehrenrechte abzuerkennen; wenn die
Unschuld bei wiederholtem Konkurse nicht nachge-
wiesen werden könne, auch die bürgerlichen Ehren-
rechte. Es sii zu erstreben, daß der Konkurs nicht
zur einfachen kaufmännischen Transaktion werde,
an der kein Makel hafte. Schließlich weist das
Gutachten noch auf einen Mißstand hin. Während
nämlich nach dem früheren rheinischen Rechte die
Pfandgläubiger eines Schuldners in gleicher Weise
berücksichtigt wurden, hat beute der zuerst Pfändende
ein Vorzugsrecht. Es liegt jetzt im Interesse
sämmtlicher übrigen Gläubiger, bei geschehener
Zwangsvollstreckung vor Ablauf von 10 Tagen
den Konkurs zu beantragen, damit den zuerst
Pfändenden jedenfalls die Beweislast der Gut-
gläubigkeit trifft. Auf diese führen leichte Zahlungs-
stockungen zum Ruin, der abzuwenden wäre, wenn
wie früher das Gesetz einer Nachsicht der Gläubiger
Vorschub leisten würde.
— Zu den Gesetzen, die durch Einführung
des bürgerlichen Gesetzbuches für das
Deutsche Reich nöthig werden und gleichzeitig mit
diesem zu erlassen sind, gehört auch ein Gesetz,
betreffend die Zwangsvoll st reckung in das
unbewegliche Vermögen. Die deutsche
Zivilprozeßordnung hat nur die Zwangsvoll-
streckung in das bewegliche Vermögen erschöpfend
geregelt, während sie über die Zwangsvollstreckung
in das unbewegliche Vermögen nur wenige Vor-
schriften enthält. Letzteres ist auf die gegenwär-
tige Verschiedenheit des im Deutschen Reiche gelten-
den materiellen Jmmobiliarsachenrechts zurückzu-
führen. Sobald diese Verschiedenheit durch Ein-
führung des bürgerlichen Gesetzbuches beseitigt
wird, steht dem Erlaß eines besonderen Reichs-
gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das un-
bewegliche Vermögen nichts mehr im Wege. An-

fangs war in Frage gekommen, ob es nicht rath-
sam sei, die Vorschriften über die Zwangsvoll-
streckung in das unbewegliche Vermögen, soweit
diesen ^Vorschriften ein materiell-rechtlicher
Charakter beiwohnt, in den Entwurf des bürger-
lichen Gesetzbuches aufzunehmen. Diese Frage
wurde aber seitens der Zivilgesetzbuchskommission
nach eingehender Berathung verneint. Der Er-
laß eines besonderen Reichsgesetzes über die Zwangs-
vollstreckung in das unbewegliche Vermögen ist
wesentlich dadurch erleichtert worden, daß die
darüber in neuerer Zeit in Preußen, Bayern und
Sachsen erlassenen Gesetze in den hauptsächlichsten
Grundsätzen sowohl unter sich als mit den ein-
schlagenden Vorschriften des bürgerlichen Gesetz-
buches harmonieren und sich auch in der Praxis
im allgemeinen als zweckmäßig erwiesen haben.
— Der in der Presse zum Ausdruck gelangten
Ansicht, daß auf Grund der letzten Abschlüsse über
Zoll- und Verbrauchsabgaben zuneuenSteuern
im Reiche keine Veranlassung mehr vorliege, treten
die „Berl. Pol- Nachr." mit folgender Auslassung
entgegen: So freudig eine Steigerung der bis-
herigen Einnahmen des Reicks in Folge der Be-
lebung von Handel und Verkehr auch begrüßt
werden muß, so ist doch nicht anzunehmen, daß
die Entwickelung eine derartige sein wird, um die
Erschließung neuer Einnahmequellen entbehren zu
können, wenn auch nur das Gleichgewicht zwischen
Malrikularbeiträgen und Ueberweisungen erreicht
werden soll. Die gegenwärtige Finanzlage erfordert
gebieterisch, nicht unbedingt nothwendige Ausgaben
bis auf Weiteres zurückzustellen, eine Finanzpolitik
des absoluten Stillstandes ist aber mit der Ent-
wickelung eines lebenskräftigen Staatswesens unver-
einbar.
— Die Protokolle der S i! b e r k o m m i s s i o n
liegen nunmehr fertig im Druck vor, inkl. eines
Sprech- und Sachregisters. Als letzte Drucksache
ist eine Erklärung des Professor Leris erschienen,
in welcher der Gesammteindruck dargestellt wird,
den dieses Mitglied der Kommiston aus den Ver-
handlungen gewonnen hat.
Karlsruhe, 1. Sept. Aus dem Werke des
Finanzpräsidenten Dr. Buchenberger wurde
bereits mehrfach die sachliche Kritik der Vorschläge
zur Regelung des landwirthschastlichen Kredits
erwähnt. Dr. Buchenberger ist der Meinung,
daß alle polizeilichen Vorbeugungseingriffe im
Sinne des patriarchalischen Despotismus des
vorigen Jahrhunderts um so mehr einer sorg-
fältigen Prüfung bedürfen, als man nicht hoffen
darf, daß solche Verbesserungsvorschläge — ins-
besondere auch ein etwaiges Heimstättegesetz —
binnen kurzer Frist eine Wirkung zu äußern
vermöchten. Die Verarmung des Bauernstandes

Die verborgene Knnö.
Kriminal-Roman aus der neuesten Zeit
von E. von der Have.
24 (Fortsetzung.)
„Läuft es Ihrem Gewissen zuwider, mir noch einige
Fragen zu beantworten, die ich an Sie stellen möchte?"
sprach Roderich Falb.
Hans sah den Sprecher groß an.
„Ich weiß nicht," stotterte er. „Fragen Sie!"
„Run denn: — in dem Juwelenschrank Ihrer
verstorbenen Mutter fehlten zwei Brillantkolliers, welche
Ihr Vater als von unschätzbarem Werth bezeichnete.
Wissen Sie etwas über deren Verbleib?"
„Erlassen Sie mir die Antwort!" preßte Hans
hervor.
„Dann eine zweite Frage: — was hatten Sie am
Morgen nach der Katastrophe in einem Hause der Ka-
tharinenstraße zu thnn, in dem ein norischer Wucherer,
Robert Feischer mit Namen, wohnt?"
„Woher wissen Sie, daß ich dort war?"
stieß Hans aus.
„Ich weiß noch mehr," fuhr der Beamte fort.
„Sie kamen nach einiger Zeit aus dem Hause in förm-
licher Flucht wieder herausgestürzt und eilten nach dem
Hopfenmarkt, um hier eine Droschke zu nehmen, welche
Sie nach dem Bäckerhof fuhr. Sie bezahlten den
Kutscher, als Sie den Wagen verließen, und hießen ihn
warten, kehrten aber nicht zurück. Sie müssen zugeben,
daß das verdächtig aussieht. Fühlten Sie sich ver-
folgt? Und wenn, warum flohen Sie dann? Was
hatten Sie zu verbergen? Und was thaten Sie in
lener Stadtgegend, in welcher der Gesellschaftsstand,
dem Sie angehören, nichts zu suchen hat? Welche Ant-
wort haben Sie mir auf alle diese Fragen zu geben?"
Der junge Mann war auf einen Stuhl neben
dem Tische niedergesunken. Er hielt sich nicht mehr
aufrecht! seine Kniee schlotterten ihm, als sollte er
darunter zusammenbrechen.
„Sie schweigen," fuhr der Beamte fort, „und ich

kann Sie nicht zum Reden veranlassen. Meine Mission
ist ganz privater Natur, in Ihrem Interesse einzig
angestellt. Vor der Hand weiß auch ich allein um alle
diese Details, die ich erst aufklären wollte, um desto
sicherer ihren Anlaß ermitteln zu können. Es kann
Ihrer Sache nur zum Vortheil dienen, wenn Sie reden
wollten."
„Ich kann es nicht!" rang Hans die Hände. „Das
Wort des Vaters bindet meine Zunge!"
„Und wenn ich nun das Geschehene erforsche?"
sagte Roderich Falb langsam. „Wenn ich es bereits
erforscht hätre?"
Mit einem Sprung stand der junge Mann auf
beiden Füßen.
„Gott — Gott im Himmel!" entrang es sich ihm.
„Sie hätten — Sie hätten — ?"
Sein Gegenüber beränderte in nichts sein ruhiges
Wesen.
„An Ihnen ist es, Geständnisse zu machen, nicht
an mir," sagte er frostig. „Ich habe im Interesse der
Gerechtigkeit dunkle Vorfälle zu erforschen, nnd diesen
ganz besonders habe ich mir zur Aufgabe meines Be-
rufs gemacht. Wenn Sie mir nichts sagen können oder
wollen, — gut, schweigen Sie, — ich werde doch er-
forschen, was ich wissen will und muß, um die Wahr-
heit zum Sieg zu bringen. Nur eins mögen Sie
wissen: — ein großes Netz, dessen Fäden wirr durch-
einander laufen, liegt bereits vor mir ausgebreitet und
Dinge, von denen Sie nicht die leiseste Ahnung haben,
spornen mich zu einem Eifer in dieser Sache an, den
selbst der Wille Ihres Vaters nicht mehr lähmen kann.
Lediglich in Ihrem Interesse stelle ich meine Fragen,
— nicht in dem meinen oder aus leerer Neugierde.
Erfahre ich von Ihnen nicht, was mit den beiden
Brillantkolliers und dem von der Firma Volkhelm be-
anstandeten Accept zusammenhängt-"
Ein kurzer Aufschrei unterbrach ihn.
„Sie — Sie wissen selbst das?" stieß Hans aus.
„Selbst das, ja," gab der Sprecher kühn zurück,
„und mehr noch, — ich weiß auch, wo die beiden
Brillautkolliers sich befinden. Ich entdeckte sie ohne
große Mühe. Der Umstand, daß es sich um einen

Fall handelt, der sich leicht als Raubmord Heraus-
stellen könnte, hals mir dabei. Jeder hütet sich, seine
Finger zu verbrennen und den dafür gezahlten
Werth haben solche Schmucksachen stets nur für den
rechtsmäßiaen Besitzer. Das wissen Sie so gut
wie lch. Nichts aber löst besser die Zungen, als der
Eigennutz. Ihr Herr Vater ist bereits benachrichtigt,
wo die Kolliers gefunden worden sind!"
Hans war auf seinen Stuhl zurückgesunken. Er
saß die Augen starr zu Boden gerichtet.
„Im Grunde genommen, wissen Sie damit alles",
sagte er dumpf. „Und doch, — die Hauptsache die ver-
bindenden Glieder fehlen Ihnen. O, mein Gott, —
wenn ich doch reden dürfte!" Er schlug die Hände vor
sein Gesicht.
Der Beamte betrachtete ihn forschend.
„Das wäre allerdings von dem größten Nutzen für
Sie", sagte er nach einigen Sekunden des Schweigens
mit Nachdruck, „und — bei einem Beichtvater könnte
Ihr Geständniß nicht besser aufgehoben sein, als bei
mir, wenn Sie wirklich schuldlos sind. Ich habe Ihnen
vorhin gesagt, daß mir alles daran liegt, Ihr Alibi
festzustellen. Mehr kann, mehr darf ich Ihnen nicht
sagen. Durch nichts aber kann, das so gut geschehen,
als durch Ihre eigene Aussage."
Hans saß da wie erstarrt; sein Gesicht war leichen-
blaß ; die Arme hingen ihm schlaff zur Seite nieder.
„Es ist alles umsonst", sagte er mit einem so muth-
losen Ton, daß selbst der abgehärtete Kriminalbeamte
sich schmerzhaft davon berührt fühlte. „Ich habe meinem
Vater alles gesagt, ich habe ihm nichts verschwiegen, bis
auf die mysteriöse Begegnung vor einigen Nächten in
unserm Garten, und er, er glaubt mir nichts! Er hat
mich verstoßen, er schickt mich hinaus in die Welt. Was
also nützt mir alle Vertheidigung? Ich brauche nicht
noch wortbrüchig zu werden an dem Manne, der in
allem an mir zweifelt. Es ist alles, alles umsonst!"
Eine dumpk Pause trat ein.
„Sie sind verzagt", brach der Kriminalbeamte zu-
erst das Schweigen, „Sie haben allen Muth verloren,
alles verloren. Betrachten Sie Ihr Schicksal nicht so
apathisch! Sehen Sie in mir einmal Ihren Anwalt,

der Sie Vertheidigen will, wo er nur kann, und dann
entscheiden Sie, ob Sie mir noch immer nichts sagen
können!"

Keine Worte, die Hans mehr aufzurütteln imstande
waren, hätte der Sprecher finden können.
„Vertheidigen?" wiederholte er. „So — w ver-
dammen Sie mich doch nicht so ganz und gar -
Er hatte in seiner Erregung des Beamten Hande
ergriffen, die kalt und ohne Gegendruck m den seinen
lagen. Wie ernüchtert ließ er sie fahren und stutzte
sich schwer mit der Rechten auf den Dschrand.
Sie müssen nicht Fragen an mich, stellen, dre sch
Ihnen nicht beantworten kann,", erwwderte Roderich
Falb. „Ich will auch nicht weiter m Sw dringen.
Nur auf zwei Fragen mögen Sw mir noch Antwort
geben: das Wechselgeschäft machte doch jener ehrenwerthe
Herr Robert Feilscher, nicht wahr.
Hans nickte stumm. ,
„Und die Kolliers versetzten Sw, um den Wechsel
einlösen zu können?" .
Wieder bejahte Hans schweigend. Er durfte ja
nicht sprechen und — was konnte es auch noch für einen
Nutzen haben?" . „ „ . .
Der Beamte griff nach fernem Hut, den er auf
einen Stuhl gelegt hatte, und nach seinem daneben

stehenden Stocke. .
„Ich verlasse Sie letzt, Herr Volkheim," sagte er.
„Sie thun gut, die wenigen Stunden noch zu ruhen,
die Ihnen bleibew . ^km Uebrigen — haben Sie mir
einmal eine Mfttyemnrg zu machen, hier ist meine
Adresse!" Er reichte dem jungen Mann seine Karte.
„Fahren Sw.g uckUch!"
Er verargte sich vor Hans. Gleich darauf schloß
die Thür sich hmter chm.
Der .Zuruckbleibende hörte ihn die knarrenden
Stiegen hinab verhallte sein Schritt.
Hans sank wieder auf den Stuhl neben dem Tische
nieder. Er stützte den Kops mit beiden Händen. Er
dachte nicht daran, zu der ausgelassenen Gesellschaft im
Hinterzrmmer zurückzukehren. Er saß, wie aller Welt
entrückt, aber in ihm arbeitete es gewaltig.
Auf einmal schrack er aus seinem finsteren Sinnen
 
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