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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 161 - Nr. 170 (13. Juli - 24. Juli)
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Nummer 166. IL. Jahrgaug.

Aeuev

Donnerstag, IS. Juli 1894.


für Heidelberg und Umgegend

Expedition: Fdcrnptltraße Wr. LS.

Expedition: ^Lruptflrnße LIr. LS.

Abonnementspreis r
«it Reitigem illustrirtem Sonntagsblatt: monatlich
40 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld-

Jnserttonöpreiör
die lspaltige Petit-eile oder deren Raum S Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.

belesenstes in Stadt rr. AnrL Heidelberg und Llingegend. Gröszter Grfslg für Inserate.

Telephon-Auschlutz Nr. l«2. -UM

Fortwährend
beiden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
"uferen Agenten und Trägerinnen Abonnements
- entgeqenqenommen.
Aeine Ursachen — große Wirkungen.
. Unter dieser Ueberschrift bringt die Zeitschrift
Grund- und Hausbesitzervereins in München
einen Artikel, der so wel Beachtenswerthes ent-
Et, daß wir denselben unseren geschätzten Lesern
"echt vorenthalten zu sollen glauben.
Die Ferien und Urlaube haben begonnen,
Und wer sich's gönnen kann, der schüttelt den
^taub der Straßen von den Schuhen ab und
sdteiit dem Eewühle der Stadt. Aufs Land.
Bad, ist das Losungswort. Die Fenster
Werden geschlossen, die Jalousien heruntergelassen,
Möbel mit Staubtüchern bedeckt, die Staats-
spiere wandern in die feuersicheren Tresors, der
Kanarienvogel, Papagei oder Laubfrosch kommen
die Obhut der Hausmeisterin, und, wenn
Mes besorgt und aufgehoben ist, legt der für-
^gliche Familienvater ein Hängeschloß vor die
s^ohnungsthüre und überläßt es im klebrigen
b" freundlichen Penaten, sein Heim zu beschützen.
. Indessen steigen gar unheimliche und heim-
"ckischx Kobolde heraus und beginnen sich in den
bastenen Räumen einzurichten. Gefährliche
Zeiundheitsschädliche Gase sind es, welche sich breit
Aachen und todtbringenden Odem aushauchen.
A den Küchen und Aborten steigen sie in den
fahren empor, unaufhörlich die Lust in den ge-
flossenen Räumen mit Miasmen erfüllend.
. Draußen ist die Familie und und athmet in
ollen Zügen Berg- und Seeluft, Ozon der Wälder
s.f> würzigen Haidehauch. Die Lunge erweitert
l f die krankhafte Zimmerfarbe der Menschen
.sW einem frischen Roth. Die Augen bekommen
leder frisches Feuer, die Muskeln neue Spann-
ast, die Sennsibilität der Nerven verliert sich
^o mit der Gesundung des Körpers erlangt der
s eist seine Frische und das Gemüth seine Ver-
bene Heiterkeit wieder. Neugestärkt an Leib
^le kehrt Jedes nun zu seiner Pflicht zurück.
d Aus den wiedergeöffneten Wohnungen strömt
E" Heimkehrenden der Pesthauch verdorbener Luft
^gegen. In die Vorhänge, in die weichen
flösse der Polstermöbel, in die Teppiche in die
Tapeten, in alle Fugen haben sich die den Ab-
? llsröhren entsteigenden Gase eingcnistet. Ahnungs-
. s wird das Heim wieder in Wohnung genommen,
zärtlichem Mutterauge bewacht schlummert
^?Äaby in seiner Wiege, sorglos giebt man

sich in den Schlafzimmern dem Traumgotte hin.
Jeder Athemzug ist Gift!
Theeabende, Bälle werden veranstaltet, Fa-
milienfeste werden vorbereitet. Hinter den Por-
tieren und Gardinen, unter den Betten und
Divans lauert die Krankheit, vielleicht der Tod.
Die zahlreichen Krankheiten, welche kurz nach
Beendigung der Sommerfrische in den besseren
Familien vorkommen, schreibt man dem Klima-
wechsel, der ungesunden Stadtluft im Allgemeinen
zu. Im Grunde genommen und hauptsächlich
ist es die verdorbene Luft, die sich in den ver-
lassen gewesenen Wohnungen ansammelte.
Zu den zahlreichen Vorsichtsmaßregeln, welche
man vor der Abreise erforderlich hält, gehört be-
sonders das sorgfältige Abfperren des Brunnen-
hahnes an der Wasserleitung und die Schließung
der Abortfenster. Am Syphon des Brunnens
bemerkt man eine Krümmung mit einem abschraub-
baren Ablauf. In dieser Krümmung sammelt
sich nun während des täglichen Gebrauches so
viel Wasser, daß es die Ableitungsröhre hermetisch
abschließt. Ist die Wasserleitung in den Woh-
nungen wochenlang außer Gebrauch, so vertrocknet
dieses Wasser und die aus dem Kanäle auf-
steigenden Gase haben ungehinderten Zutritt zu
den Räumen. Noch schlimmer sind die Miasmen,
welche sich in den verschlossenen Aborträumen an-
sammeln. Sie treten uns mit kaustischem Gerüche
entgegen und sind dieselben Gase, welche beim
Entleeren von Abortgruben schon manches Menschen-
leben gekostet haben. Die Wohnungen durch-
ziehend und an Betten, Kleidern, Polstermöbeln,
Teppichen, Vorhängen haftend, sind sie die Er-
reger von Krankheiten, welche für schwächliche
Personen besorgnißerregenden Verlauf nehmen
können. Schwindel, Eingenommenheit des Kopfes,
Athmungsbeklemmungen damit zusammenhängendes
allgemeines Uebelbefinden, schlechte Laune und
Reizbarkeit sind häufige Erscheinungen.
Um dem vorzubeugen, empfiehl es sich, bei
den Wasserausgüssen das Wasser „tropfen" zu
lassen, damit stets eine genügende Menge Stau-
wasser im Syphon vorhanden ist. Zur Vorsicht
aber empfiehlt es sich, den Messingwechsel des
Wasserhahnen mit einer Schnur festzubinden. In
den Aborten müssen aber auch während der Ab-
wesenheit die Fenster offen gehalten werden. Das
Unterlassen dieser einfachen Maßregeln gehört
zu den scheinbar kleinen Ursachen, welche häufig
sehr schlimme Wirkungen haben. Mögen die
Ausziehenden daher diesen Wink beherzigen, wenn
die Heimkehrenden eine gesunde Wohnung finden
wollen. Gut ist es ferner, wenn thunlich, die
Wohnungen wöchentlich einmal gründlich lüften
zu lassen, oder, wenn dieses an Mangel von ver-

lässiger Aussicht nicht angeht, ist es für alle
Fälle rathsam, bei der Rückkunft einige Stunden
sämmtliche Fenster und Thüren zu öffnen, um
einen ausgiebigen Durchzug zu ermöglichen.
Deutsches Reich.
Berlin, 19. Juli.
— Nachdem die Frage der Errichtung eines
Bismarckdenkmals in Berlin bekanntlich
unter ausdrücklicher Zustimmung des Kaisers eine
befriedigende Lösung dahin erfahren hat, daß das
Denkmal auf der erweiterten Rampe des neuen
Reichstagsgebäudcs mit der Front nach dem Königs-
platz Aufstellung finden soll, werden jetzt die Be-
dingungen für den Wettbewerb veröffentlicht. Das
Standbild des Fürsten ist in Bronzeguß gedacht,
ein Reiterstandbild ist ausgeschlossen. Der Fürst
soll in der Zeit seiner Thätigkeit als Reichskanzler
in Kürassteruniform erscheinen. Zum Wettbewerb
werden ausschließlich Bildhauer deutscher Reichs-
angehörigkeit zugelassen. Die Frist für den Wett-
bewerb läuft am 1. Juni ab. An Preisen gelangen
zur Vertheilung zehn von je 5000 Mk., zehn von
je 2000 Mk. und zehn von je 1000 Mk. Das
Preisgericht besteht aus achtzehn Mitgliedern, von
denen später noch die Namen zweier Bildhauer mit-
getheilt werden sollen. An Künstlern findet man
unter den Mitgliedern des Preisgerichts vier Bild-
hauer (Professor Tilgner-Wien und Professor Zum-
busch-Wien), drei Maler (Professor Karl Lecker-
Berlin, Professor Graf Harrach-Berlin und Prof,
v. Lenbach-München) und drei Architekten (Geh.
Rath Professor Ende-Berlin, Baurath Kyllmann-
Berlin und Baurath Professor Wallot-Berlin). Die
übrigen acht Mitglieder sind der Präsident und der
zweite Vicepräfident des Reichstages, v. Levetzow-
Berlin und Hoftheaterintendant Dr. Bürklin-
KarlSruhe, Dr. Delbrück-Berlin, Dr. Krüger-Berlin,
Graf v. Lerchenfeld-Köfering (Berlin), Dr. Lucanus-
Berlin, Rentner Adolph vom Rath-Berlin und
Oberbürgermeister Dr. Stübel-Dresden.
— Die Angelegenheit des wegen Verdachts
des Landesverraths und der Majestätsbeleidigung
in Untersuchung genommenen Obersekundaners
Scuolz aus Thorn will noch immer nicht zur
Ruhe kommen. Nachdem vor kurzem gemeldet
worden war, daß die Sache gar kein gerichtliches
Nachspiel haben werde, weil es sich nur um
„Kindereien" gehandelt habe, verlautet jetzt, wie
es scheint zuverlässig, daß das Reichsgericht aller-
dings die Eröffnung des Hauptverfabrens wegen
Landesverraths nicht beschlossen habe, daß dagegen
gegen Scuolz vor dem Landgericht Thorn verhandelt
werden wird, und zwar in erster Linie wegen
Majestätsbeleidigung. Die Anklage soll darauf
zurückzuführen sein, daß Scuolz in einem Thorner

Wirthshaus eine Büste des Kaisers mit einer Auf-
schrift in russischer Sprache versehen habe, die sich
gemäß der Uebersetzung des gerichtlich vereideten
Sachverständigen als revolutionär und beleidigend
darstelle.
— Der Verband deutscher Leinen-Indu-
strieller hat, nachdem ihm mitgetheilt war, daß
das Kriegsministcrium beabsichtige, die Truppen im
Mobilmachungsfalle an Stelle der leinenen Drillich-
Jacke und leinenen Drillich-Hose mit einer Litewka
und einer baumwollenen Hose auszurüsten und die
dafür erforderlichen Bestände anzuschaffen, an das
Kriegsministerium eine Eingabe gerichtet und in
dieser auf die Eventualität hingewiesen, daß diese
neue Kriegsausrüstung nach und nach auch in
Friedenszeiten bei den Truppen dauernd in Ge-
brauch genommen und die leinene Drillich-Hose
und Jacke allmählig ganz verdrängt werden würde.
Der Verband hat nun gebeten, wenigstens in
Friedenszeiten die Verwendung leinener Stoffe bei-
zubebalten und leinene Stoffe auch, wo es angängig,
weiter einzuführen. Der Verband hat dafür nicht
bloß das Interesse der Leincnindustrie, sondern auch
das der Landwirthschaft sowie der Militärverwaltung
selbst geltend gemacht.
— Wenn seitens der am meisten bei dem
Vorgehen gegen Anarchisten interesstrten Staaten
demnächst die Ausweisung aller ausländischen
Anarchisten erfolgen wird, entsteht die Frage,
ob die Staaten auch zur Uebernahme solcher Anar-
chisten verpflichtet sind, welche vormals ibre Unter-
thanen waren, die Unterthanenschaft aber verloren
haben, ohne in den Besitz einer anderen gelangt
zu sein. Die Frage hat auch, wie die „Köln. Ztg."
ausführt, für Deutschland eine praktische Bedeutung,
da sich unter den von Frankreich und Italien aus-
zuweisenden Anarchisten vermuthlich auch solche be-
finden, welche ehemals deutsche Staatsangehörige
waren. Deutschland wird die Aufnahme derselben
nicht verweigern können. Was die Uebernahme der
von Italien auszuweisenden Personen betrifft, so
bestimmt das Uebereinkommen zwischen dem Deut-
schen Reiche und Italien vom 8. August 1873 in
Artikel 4, daß jeder der vertragschließenden Theile
sich verpflichtet, auf Verlangen des anderen seine
Angehörigen wieder zu übernehmen, auch wenn die-
selben die Staatsangehörigkeit nach der inländischen
Gesetzgebung verloren haben, sofern sie nicht dem
anderen Lande nach dessen eigener Gesetzgebung an-
gehörig geworden sind. Gegenüber Frankreich ist
das Reich eine solche ausdrückliche Verpflichtung
zwar nicht eingegangen, jedoch sind die Bundes-
staaten fast ausnahmslos bisher nach demselben
Grundsätze verfahren; was Preußen betrifft, so hat
durch Erlaß vom 31. Oktober 1880 der Minister
des Innern den Regierungen mitgetheilt, daß nach

K e s ü H n L.
Roman von H. von Gabain.
(Fortsetzung.)

der

,,Gieb mir Deinen Arm, Maus," sagte
^af, „wir wollen versuchen, ob's gehen wird."
gingen sie langsam zurück, gefolgt von Diana,
zZ trübselig den Kopf hängen ließ. Das laute
' "acken dürrer Zweige veranlaßte den Grafen, sich
^blicken.
m »Der arme Kerl," sagte er mitleidig, nach der
Origen Tannenschonung zeigend, „dort kriecht er
' Händen und Füßen."
»Er verdient kein Mitleid, Onkel."
Du hast Recht, ich will ihn auch keinen Augen-
schonen, er soll seine Strafe bekommen." Der
hatte mit aller Kraft gegen eine Schwäche an-
h die ihn zu übermannen drohte; die Lippen
mten sich fest aufeinander-
bat "^"ß uns im Pavillon ein wenig ausruhen,"
mit schwankender Stimme, als sie den Garten
sL ^tten und das spitze Dach eines chinesi-
Tempels durch das graue Geäst der umstehen-
hA Bäume sich ihren Blicken zeigte. „Paula
a Eve einen fürchterlichen Schreck bekommen, wenn
l"ich in diesem Zustande sähe."
»Oh mein Gott, die arme Mama," schluchzte
"Ich will ganz im Geheimen Verbandzeug
Deinem Apothekenschrank holen und Martin
tri die Stadt fahren, der Doktor muß kommen!"
H »Nicht, doch, mach' kein Aufsehen, Maus,"
r^Este der Graf matt, „Du kannst mir unter mei-
Leitung chirurgische Dienste leisten." Unter

gewaltigen Schmerzen war er, auf Liza gestützt, die
wenigen Stufen zu dem Lusthäuschen emporge-
stiegen und sank erschöpft auf einen Gartenstuhl.
„Ich habe schon manche Wunde geheilt, im Kriege
lernt sich das."
„Wenn nur nicht die Kugel im Arm steckt,"
jammerte Liza und ein kalter Schauer rieselte über
ihren Körper.
„Aengstige Dich nicht, die pfiff durch und wird
irgendwo im Walde liegen."
„Entsetzlich! Oh, und das habe ich verschuldet!
Hätte ich doch Ruhe gehalten, hätte ich Dich nicht
mit der tollen Laune gequält, dürftest Du nicht so
leiden!" Sie schlug beide Hände vor das verzweifelte
Antlitz und schluchzte herzzerreißend.
„Liza, komm' zu Dir und sei standhaft," bat
der Graf. „Hier, nimm den Nickfänger und schlitze
den Aermel auf, damit wir vor allen Dingen ein
Tuch fest um die Wunde binden können."
Zagend machte sich Liza an die schwere Arbeit.
„So ist's recht, nur muthig zugreifen," er-
munterte der Leidende, trotz seiner Willenskraft
schmerzlich zusammenzuckend, als die barmherzige
Samariterin, nachdem sie'ihr Taschentuch in schmale
Streifen gerissen, die tiefe, doch" scheinbar unge-
fährliche Wunde verband.
„So, danke schön, kleine, liebe Mau<," ver-
suchte der Graf in scherzendem Ton zu sagen, denn
Liza's verzweifeltes Aussehen that dem gutherzigen
Mann in der Seele weh. Nun springe her-
über und schicke mir, ohne viel Aufsehen zu machen,
meinen Hausrock und mache nicht solch ein trüb-
seliges Gesichtchen, in ein paar Tagen ist wieder
alles heil. Gieb mir Dein liebes Patschhändchen

und sei wieder der lustige Springinsfeld." Trotz
des wehen Zuges um den Mund zog ein leichtes
Lächeln über seine schönen, treuen Augen. Ihre
Blicke trafen sich nur einen flüchtigen Augenblick;
die Hände ruhten in einander, dann war's vorbei
mit Liza's Selbstbeherrschung. Sie legte ihre weichen
Hände um den Nacken des Onkels und lehnte,
still vor sich hinweinend, ihr Köpfchen an das volle,
blonde Haupthaar des theueren Verwandten, sanft
über seine bärtige Wange streichelnd. Ein trost-
loses Schuldgefühl drückte ihre Seele schwer nieder,
in dem jungfräulichen Herzen regte sich ein unbe-
stimmtes Etwas; das kleine räthselhafte Ding klopfte
und hämmerte so gewaltig, während der von Tbränen
getrübte Blick so seltsam befangen die stattliche Ge-
stalt des Ruhenden umfaßte."
„Lieber lieber Onkel, bist Du mir böse?"
flüsterte sie in zärtlich hingebendem Tone, als der
Graf sich die Liebkosungen der Nichte gefallen ließ,
ohne sie zu erwidern. Ihm war so unsäglich wohl
bei der sanften, lieben Berührung, er wollte die
Sprache des jungen Herzens kennen lernen. „Ob,
wenn ich wüßte, was ich thun sollte, damit Du
mir ein bischen gut bleibst. Ich verspreche Dir,
nie, nie mehr so jugendhafte häßliche Ideen zu
baben, denn ich weiß, Du liebst es nicht, wenn ein
junges Mädchen aus den ihr gezogenen engen
Schranken heraustritt, nur sprich ein gutes Wort,"
fuhr sie leidenschaftlich bittend fort, „sonst laufe ich
davon und laß mich nie mehr vor Dir sehen."
Ein heißer Strahl flammte jäh auf in des Grafen
Augen, er schob sanft die Bittende von sich, er faßte
ihre Hand und sah ihr lange in das vor Erregung
erglühte Gesicht.

„Liza!" wie der Jubelruf eines jauchzenden
Herzens klang der Name durch den kleinen Raum.
Liza, nicht was, sondern wie man etwas sagt, be-
rechtigt uns, Schlüsse zu ziehen. War es liebe-
volle Theilnahme oder die Liebe eines jungen, er-
wachenden Herzens, die Dir solche warme Worte
eingab? Es klang so weich, hingebend, daß ich ein
Recht zu haben glaube, diese Frage an Dich zu
richten? Könntest Du, junges, lebensfrisches Kind,
einen Mann, der vier Dezennien hinter sich hat,
lieben? Laß Dich nicht vom Augenblick leiten, sei
offen und wahr, wie ich es von Dir gewöhnt bin
und glaube nicht, daß ich Dir zürne, wenn Du
sprächest: „Onkel Manfred, ich liebe Dich wie eine
Tochter," aber laß Dir auch sagen, daß es mich
unendlich glücklich machen würde, wenn Du ant-
wortest: „Hier nimm Deine kleine Maus, sie liebt
Dich innig, sie will Dein Sonnenstrahl werden und
Dir eine treue Gefährtin sein." Liza hielt den
Blick tief gesenkt. Nun hob sie die Lider, Beider
Augen sprachen, die Herzen hatten sich gefunden;
statt aller Antwort schmiegte sich das holde Mädchen
an die Brust des theuren Pfannes, den sie geliebt
hatte, schon lange, lange, ohne selbst zu ahnen und
nur eine leichte Berührung von Außen bedurfte, um
diese Liebe anzufachm und zwei Herzen zu einen
für's Leben.
„Meine Liza mein theueres, geliebtes Mäd-
chen," sagte der Graf nach einer kurzen Weile,
„ich muß den guten süßen Traum abkürzen, denn
der hinterlistige Henkel hat dafür gesorgt, daß
die rauhe Wirklichkeit einstweilen alles Andere
in den Hintergrund stellen muß. Schicke mir
Christian mit einem warmen Rock und bereite
 
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