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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 221 - Nr. 230 (21. September - 2. Oktober)
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Rümmer 229. H. Jahrgang.


Montag, 1. Oktober 1894

Anzeiger

General


für Heidelberg und Umgegend


Expedition: pLnuptltvnße Mr. 25.

Jnsertiorröprcrsr
die tspaltige Petitzeile oder deren Raum S Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.

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mn Ssetti-em illuSrirtrm SonntagSblatt: monatlich
40 Pfennig frei in's Haus, durch die Poft bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld.
Expedition pkorrptltrcrhe Mr. 25.




GeLesenstes VL^Lt im StsöL m. A«rt rrrrd AmrDEDeMd. GvstzteV GvfslS für? JirseVats.

ÄW" Teleph->n-Anfchlutz Nr. ML.

izHH? r am Postschalter
I abgeholt.

Ter Bär auf der Lauer.
Das russische Riesenreich, der nordische „Koloß
sdit den thönernen Füßen", besitzt im äußersten
^sten keinen einzigen während des ganzen Jahres
eisfreien Hasen. Diese Thatsachc ist ein alter
schmerz Rußlands und die russische Diplomatie
Mt dcßhalb schon längst ihre begehrlichen Blicke
stach Korea geworfen. Allein der Versuch, sich
erstes Theiles der Halbinsel zu bemächtigen, er-
Men gefährlich ; weniger vielleicht wegen der sich
hieraus ergebenden Verwickelung mit China, das
mveräne Rechte über Korea behauptet, als wegen
Englands, welches seinerseits ebenfalls seine Augen
rängs der koreanischen Küste schweifen läßt, nm
start einen Hafen als Stützpunkt seiner Seemacht
den ostasiatischen Gewässern zu gewinnen. Ein
Russischer Anschlag auf Korea hätte demgemäß
voraussichtlich eine englische Gegenaktion zur
uolgo haben können, die umso gefährlicher ge-
wesen wäre, als ehr das nicht zu unterschätzende
^enschenmaterial des himmlischen Reiches zur
Versitzung gestanden wäre.
Durch den Ausbruch des Krieges zwischen
^opan und China und durch die Siege der Ja-
starrer erscheint der russischen Regierung die Sach-
Me zu Gunsten ihrer Absichten geändert. Der
Vär liegt bereits auf der Lauer, um sich bei

Abonnements
für das IV. Quartal 1894
auf den
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General - Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
stetig tzsettig. LUustr. Sonnlagsblati
planen alle Postanstolten, Landbrief-
lräger und unsere Agenten entgegen.
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(Vom Briefträger ins Haus gebracht 40 Pfg. mebr.)
Für Heidelberg und nähere Umgebung
Werden von unseren Trägern und Trägerinnen B e-
uell ungen zum Preise von
4O Pfg. Monatlich,
bei ins Haus, entgegengenommen.
§rr Rnlag des „Neuen General-Anzkigers",
Hauptstraße 25.

nächster Gelegenheit die ins Auge gefaßte korea-
nische Beute zu holen. Es geht dies aus
dem Umstand, daß Rußland jüngst in zwei un-
bedeutenden Erenzvorsällen die Vorwände fand,
um die Kosacken reiten zu lassen, unter Anderem
daraus hervor, daß im Hafen von Wladiwostock
eine ahnsehnliche russische Flotte konzentrirt wurde.
Den Kommentar zu alledem liefert eine St.
Petersburger Mittheilung der Politischen Korres-
pondenz, welche ausführt, daß die russische Re-
gierung schon beim Ausbruche des japanisch-chine-
sischen Krieges entschlossen war, unter keinen Um-
ständen zuzugebcn, daß die „Selbstständigkeit"
Koreas von einem der beiden Kriegführenden
Theile angetastet werde. Rußland könnte auch
nicht dulden, wenn irgend eine europäische Macht
die Absicht haben sollte, nach Maßgabe ihrer
eigenen Interessen in Ostasien in die koreanische
Angelegenheit einzugreifen. Mit anderen Worten
heißt das: Rußland ist entschlossen, Japan als
den Affen zu betrachten der ihm die heißen
koreanischen Kastanien ans dem Feuer holt. Ruß-
land — führt die russisch-offiziöse „Nowoje Wrem-
ja" aus — werde Japan nicht verhindern, seinen
Streit mit China wo immer auszutragen; aber
wenn es einmal, nach Beendigung des Kampfes,
zur Frage der materiellen Entschädigungen, be-
ziehungsweise der Gebietsabtretungen kommen
werde, dann werde Japan auf die Stimme Ruß-
lands hören müssen. Sollte Japan Absichten
auf Korea haben, so möge es schon heute wissen,
daß die russische Regierung dagegen einen for-
mellen Protest einlegen werde.
Alles dies ist ebenso deutlich, wie schlau. Die
russische Regierung giebt sich die Miene, als hege
sie den Glauben, Korea sei bisher selbstständig
gewesen, während ihr doch, wie aller Welt bekannt
ist, daß Korea bisher ein Versallenstaat Chinas
war. Eben um von China die Selbstständigkeit
Koreas und damit die Freiheit des Handels mit
diesem Reiche zu erlangen, hat Japan den Krieg
begonnen, den es bisher so siegreich führt. Wenn
indcß Rußland glaubt, es werde ihm ein leichtes
sein, dem erschöpften japanischen Sieger in den
Rücken zu fallen und ihm das von der Suzeräni-
tät Chinas losgerisfene Korea zu entreisen, so
dürfte cs doch die Rechnung ohne — England
machen. Wenn Japan sein ursprüngliches Pro-
gramm einhält und lediglich die Selbstständigkeit
Koreas und dessen civilisatorischen Fortschritt von
China erzwingt, dann hat Rußland nicht nur
keinen Vorwand zur Annexion in Korea sondern
cs würde, wenn es trotzdem Korea oder einen
Theil davon annektiren wollte, ungeachtet seines
protzigen Protestes gegen eine europäische Inter-
vention auf den bewaffneten Widerstand Englands

stoßen, dem es im Uebrigen sehr gleichgültig sein
dürfte, ob China oder Japan das Protektorat
über Korea ausübt, wenn nur der englische Han-
del niit Knrcn nach wie vor unbehindert bleibt.

Deutsches Reich.
Berlin, 1. Oktober.
— Am Schluß der letzten Reichstagssession
hat Staatssekretär v. Bötticher bei der Berathung
des neuen Waarenschutzgesetzes für die nächste
Tagung eine Regierungsvorlage in Aussicht ge-
stellt, die dem Verlangen nach Bekämpfung des
unlauteren Wettbewerbes entsprechen soll. In-
zwischen haben sich verschiedene Versammlungen
von Handelskammern und Gewerbetreibenden
gleichfalls mit dieser Angelegenheit beschäftigt.
Wie der „Hamb. Korr." erfährt, sind die Grund-
züge zu dem Gesetzentwurf betreffend den un-
lautern Wettbewerb bereits festgestellt. Auf den
3. Oktober ist eine Anzahl sachverständiger Ge-
werbetreibender aus den verschiedenen Gebieten
des Reiches zu einer Konferenz im Reichsamt des
Innern einberufen, um über diese Grundzüge
gutachtlich gehört zu werden.
— Vor einigen Monaten war in verschie-
denen deutschen Zeitungen die Rede davon, daß
der Präsident der Süd-Afrikanischen Republik,
Herr Krüger, als er im Jahre 1884 dem deut-
schen Hofe einen Besuch abstattete, ein deutsches
Protektorat für die junge Republik angeregt
habe. Ein Korrespondent der „Süd-Afrikan.
Wochenschrift" hat den Präsident Krüger in Be-
zug auf diese Frage interviewt und schreibt dar-
über Folgendes: „Herr Krüger ermächtigt mich,
mitzutheilen, daß zu keiner Zeit die Frage eines
deutschen Protektorats sür die Süd-Afrikanische
Republik berührt oder auch nur angeregt worden
ist. Herr Krüger gab mir die ganz bestimmte
Erklärung ab, daß während seines angenehmen
Aufenthaltes in Berlin im Jahre 1884 die ein-
zigen Gegenstände, welche während seiner Unter-
redungen mit Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm
und dem Fürsten Bismarck besprochen wurden,
die gegenseitigen freundlichen Beziehungen
zwischen den beiden Ländern und verschiedene
abgeschlossene Handelsverträge waren. Dieses
aus berufenstem Munde stammende Dementi
wird hoffentlich endgiltig Gerüchten ähnlicher Art
ein Ende machen."
— In Bezug auf den Fleisch- und Vieh-
erport nach Deutschland sind die russischen Mini-
sterien des Innern, der Finanzen und der Land-
wirthschaft gegenwärtig beschäftigt, Material zu
sammeln, um für den Erport günstigere Bedingun-
gen zu schaffen. Die russische Regierung empfindet
es als besonders hinderlich, daß das Verbot der

Fleisch- und Vieheinfuhr aus Rußland von dem
Belieben der örtlichen Regierungsbehörden und nicht
von der Zentrale in Berlin abhängt.
Ausland.
Pest, 29. Sept. Entgegen dem ultramontanen
„Magyar Allam", der die Verlesung des päpst-
lichen Schreibens in der Bischofs<;onferenz
leugnet, läßt der Fürstprimas Vassary mittheilen,
er habe einzelne Theile der päpstlichen Weisungen
der Konferenz mitgethcilt. „Magyar Allam" sagt,
das „xuti cksbst" bedeute nicht die Ergebung,
sondern den Kampf mit den gesetzlichen Mitteln.
Offiziös wird in Abrede gestellt, daß der Nuntius
Agliardi wegen der Besprechung der Conclavefrage
im Delegationsausschuß Vorstellungen erhoben habe.
Paris, 29. Sept. Die heute früh mit dem
Dampfer „Australien" in Marseille eingetroffenen
Postmeldungen aus M a d a g a s c a r berichten, daß
die Ausladung von Munition für die Hovas an
verschiedenen Punkten der Küste fortgesetzt wird.
Die Handelszustände und die Lage der Ansiedler
seien unerträglich und Raub und Mord an der
Tagesordnung. Die Gouverneure der Hovas machten
aus ihrer feindseligen Gesinnung gegen die Fran-
zosen kein Hehl. Zwei Beamte der französischen
Residentschaft, der Postbeamte Ravillon und der
Dolmetscher Berthier, seien am 19. August mit
Steinwürfen angegriffen worden.
Petersburg, 29. Sept. Mit gerechtem Er-
staunen las man hier die ins Ausland gesandten
offiziösen Dementis, wonach der Zar vollkommen
gesund und sein Aufbruch nach dem Süden nur
durch den Zustand seines kranken Sohnes Georg
bedingt sei, denn trotz des bisherigen offiziellen
Schweigens oder Leugnens weiß man in der Residenz
daß an einer äußerst besorgniserregenden Werbung
der Nierenkrankheit des Kaisers leider nicht mebr
zu zweifeln ist. Nachträglich kommt erst ans Tages-
licht, daß der Kaiser in Bjelowesch bereits einen
leichten Schlaganfall zu überstehen hatte,
der sich gleich nach seiner Ankunft in Spala wieder-
holte. Damit zerfällt auch die hier geschickt ver-
breitete Behauptung, wahrend der ersten Tage in
Spala sei eine Besserung eingetreten und der
Kranke habe sogar eine kurze Jagdfahrt auf den
Anstand unternehmen können. In Wirklichkeit war
bereits Professor Leyden aus Berlin nach Spala
gerufen worden, der den Kaiser sehr krank vorfand.
Die bekannllich ungemein kräftige Körperverfassung
des Kaisers wurde durch schmerzhafte Krankheit,
verbunden mit bedeutender Atemnot, arg erschüttert;
seine seelische Stimmung wird desgleichen als sehr
niedergedrückt geschildert, wozu auch nicht wenig der
Gram über die Verschlechterung im Befinden seines
kranken Sohnes beitrug. Das ganze Bestreben der
Aerzte geht dahin, die Ueberführung des Kaisers

Gesucht und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
Nachdruck verboten.
Erstes Kapitel.
In Indien.
Es war im Mai 1857. In einem mit Stroh-
matten gedeckten Eommerhause in der Hügelregion
Ostindiens lag eine Engländerin, erschöpft von
^gandauerndem Fsiber, mit dem Tode ringend,
^nieder. ES war Frau Agnes Elliot, die Gattin
Hauptmanns Eugen Elliot von der königlichen
kftuiee, schön und jung, der Abgott ihres Galten,
^st'-e indische Wärterin wachte mit angstvoller
äffens bei ibr, fächelte sanft und leise mit einem
Oscher und beobachtete die geringste Veränderung
dem abgezehrten Gesichte und den spitzgewor-
sven Zügen ihrer Herrin. Hauptmann Elliot
draußen auf der Veranda auf und ab. Ein
kfti>d mit über die Schultern kerabwallenden, gvld-
,M"den Haaren und einem Gesichte hold und lieb-
'fh wie ein Traum, Hauptmann Elliot's einziges
M'vd, lag fest schlafend in der kühlsten Ecke der
^ttanda auf einem großen Bambussopha. Elliot's
"Orust war y°n den widerstreitendsten Empfindungen
griffen. Er hatte nut großen Schwierigkeiten von
Mnern Kommandanten Urlaub sür eine Woche er-
/Een, um an dem Krankenlager seiner Frau
"chen zu können, die im Beginne ihrer Krankheit
Unter der Obhut einer Abtheilung Soldaten in die
geschickt worden war. Schon warfen kom-
mende entsetzliche Ereignisse ihre Schatten durch's
and. Sein Urlaub war in zwei Tagen abze-
°ufen. Pflicht und Ehre riefen ihn auf seinen

Posten zurück. Konnte er seine Gattin verlassen?
Würde sie aber noch nach zwei Tage leben? Kämpfte
sie nicht jetzt schon mit dem Schatten des Todes?
— O Himmel, erbarme dich unser, murmelte er.
Erhalte sie mir— meine arme Gattin! Erhalteste mir.
Ein Mann trat druck eine offene GlaSthüre
aus dem Innern des Hauses auf die Veranda hin-
aus. Es war Thomas Bathurst, der Cousin des
Hauptmann Elliot's, ein Mann mit derben Ge-
sichtszügen und dunkler Hautfarbe, nicht groß, aber
breitschultrig, mit niederer Stirne und einem un-
heimlichen Gesichte. Er war sehr verschieden von
dem Hauptmann, dennoch waren die Beiden dem
äußeren Anscheine nach gute Freunde. Von Seiten
des Hauptmanns war die Freundschaft aufrichtig,
denn Elliot war ebenso der großmüthigste, harm-
loseste Mensch, wie Bathurst einer der verschmitztesten
und listigsten war. Elliot war reich — Bathurst
war arm. Sie waren in England zusammen er-
zogen worden und waren zusammen nach Indien
gekommen — der Eine in der Armee, der Andere
in den Zivildicnst. Es hatte nur einen Punkt in
ihrem Leben gegeben, wo sie veischiedene Erfahrun-
gen gemacht hatten. Sie hatten Beide ein und
dasselbe Mädchen geliebt: aber Bathurst war zu-
rückgewiesen worden und sie hatte Elliot geheirathet.
Bathurst glaubte, daß sein Nebenbuhler sie nur
seines Reichsthums halber gewonnen hatte. Der
Hauptmann hatte diese zurückgewieftne Bewerbung
seines Cousins längst vergessen ; aber Bathurst hatte
sie nicht vergessen. Er war nicht der Mann, eine
einmal erlittene Zurücksetzung zu vergessen.
„Wie geht es ihr jetzt, Eugen?" fragte Bat-
hurst. „Ist keine Veränderung eingetreten?"

„Keine," antwortete Elliot verzweiflungsvoll.
„Sie liegt in derselben dumpfen Betäubung, das
Fieber dauert unvermindert fort. Alles, was mög-
lich war, ist für sie gethan worden; jetzt kann nichts
mehr geschehen."
„Arme Agnes?" seufzte Bathurst. „Sie ist
jetzt schon seit so vielen Wochen krank! Ihre Kräfte
müssen längst aufgezehct sein! Aber dennoch kann
sie es noch eine Woche aushalten. Dein Urlaub
lauft in zwei Tagen ab. Was wirst Du thun,
wenn sie noch leben sollte, bis die Zeit kommt,
wo Du abreisen mußt?"
Hauptmann Elliot lauschte auf ein Geräusch
aus dem Krankenzimmer, zu sehr vom Schmerz
gebeugt, um die Worte seines Vetters zu beachten.
„Das Leben ist unsicher," fuhr Bathurst nach
einer kurzen Pause fort, während welcher er die
Gefickter der Soldaten auf dec Wiese draußen stu-
dirte. „Wenn Du glücklich allem Unheil entrinnst
und in Sicherheit nach England zurückkebrst, so
versprich mir, Eugen, daß Du Dich meines Knaben
annehmen willst, der in der Obhut seiner Groß-
mutter zurückgeblieben ist. Armer, kleiner Junge!
Seine Muttzr ist todt, er hat kein Vermögen und
der Himmel weiß, was aus ihm werden wird, wenn
ich ihm genommen werde!"
Elliot gab das geforderte Versprechen, in seinem
Schmerze kaum wissend, was er sagte. Nachdem
Bathurst von der Dame, welche sein Vetter gehei
rathet hatte, zurückgewiesen worden war, hatte er
eine andere geheirathet; aber diese Frau war ein
Jahr nach der Hochzeit gestorben, ein Kind, den
oben erwähnten Knaben zurücklassend.
„Dein Mädchen ist um zwei Jahre jünger, als

mein Knabe", sagte Bathurst gedankenvoll, während
sein Blick auf dem schlafenden Kinde haften bl'eb,
„und es ist sieben Jahre alt. Wenn Dir etwas
geschehen sollte, kannst Du Dich darauf verlassen,
daß ich mich ihrer annehmen würde. Arme, kleine
Käthe! Ah, was ist das? Ein Kurier mit De-
peschen !"
Der Hauptmann war im Begriffe gewesen, in
das Zimmer seiner Frau einzutreten, aber er blieb
stehen, da er einen Reiter, einen Sepoy, rasch auf
das Haus zureiten und unter der Veranda halten
sah. Bathurst's Vermuthung bestätigte sich. Der
Ankommende war ein Kurier mit Depeschen von
Elliot's Kommandanten. Bathurst übernahm die.
Botschaft und reichte sie seinem Vetter.
„Lies Du", sagte der junge Offizier heiser, „ich
kann nicht!"
Bathurst riß die Depesche auf und überflog
ihren Inhalt. Der Kurier hatte sich zurückgezogen.
In höchster Aufregung rief Bathurst aus: Meine
Befürchtungen sind bestätigt," Eugen. Dein Oberst
theilt Dir mit, daß >n Meerut und Delhi
schreckliches Blutvergießen stattgefunden habe. In
den Reihen der Sepoys ist wilder Aufruhr aus-
gebrochen. Weitere Aufstände werden täglich und
stündlich erwartet, und Du erhälst den Befehl, mit
den Soldaten, die Dich hierher begleiteten, unver-
züglich nach Empfang dieser Depesche zu Deinem
Regiments nach Shajehangoor zurückzukehren, und
der Oberst fügt hinzu, daß keinerlei Rücksicht auf
private oder persönliche Interessen bei einem echten
Soldaten in solch einer Zeit von Gewicht sein darf.
(Forschung folgt.)
 
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