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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 151 - Nr. 160 (2. Juli - 12. Juli)
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Nummer 158. H. Jahrgang.


Mittwoch, 11. Juli 1884.


für Heidelberg und Umgegend

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»M- Telephon-Anschlutz Nr. 102.

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entgegengenommen.

Tie Handels- und Gewerbekammern
Deutschlands.
Um wünschenswertste Reformen und Reor-
ganisationen auf dem Gebiete der corporativen
Vertretung der Interessen des Handels, der In-
dustrie und der Gewerbe durchzusetzen, ist es vor
allen Dingen nöthig, zu wissen, wie viele Handels-
und Gewerbekammern, resp. verwandte Einrich-
tungen die deutschen Staaten besitzen. Nach den
Mittheilungen des deutschen Handelstages und
nach einer statistischen Zusammenstellung des
„Reichs-Anzeigers" bestehen solche Einrichtungen:
Handels- und

in Gewerbekammern
mit
u. s. w.
Mitgliedern.
Preußen
83
1422
Bayern
8
182
Sachsen
6
173
Württemberg
8
105
Baden
8
135
Hessen
6
59
Mecklenburg-Schwerin
2
?
Sachsen-Weimar
1
43
Oldenburg
2
24
Braunschweig
1
24
Sachsen-Meiningen
4
71
Sachsen-Altenburg
1
Sachsen-Coburg-Gotha
1
15
Anhalt
1
24
Reuß ält. Linie
1
14
Neuß jüng. Linie
1
7
Lübeck
2
34
Bremen
2
45
Hamburg
2
39
Elsaß-Lothringen
4
52
Deutsches Reich
144
2468
Dabei fällt zunächst
auf, daß
es derartige
Einrichtungen verhältnißmäßig am
meisten in

Preußen, Württemberg, Baden und Hessen gibt,
Während z. B. das Königreich Sachsen mit seiner
hoch entwickelten Industrie und seinem Welt-
handel nur 6 Handelskammern besitzt. Auch das
Königreich Bayern, der nach Preußen größte
Staat, zählt nur 8 Handelskammern. Schätzens-
werth ist es aber, daß es im sächsischen Bezirk
Leipzig, im Großherzogthum Weimar und in den
drei Hanfastädten Hamburg, Lübeck und Bremen

besondere selbstständige Handelskammern gibt, und
sonst in Sachsen und Bayern die Handelskammern
in zwei Abtheilungen, nämlich in einer Abtheilung
für Handel und einer Abtheilung für Gewerbe
bestehen.
Außerdem haben mehrere dieser Einrichtungen
in anderen Staaten resp. Städten sich den ört-
lichen Verhältnissen angepaßt, sind also bald
mehr Handelskammer, bald mehr Gewerbekammer.
Einige Kleinstaaten, wie das Großherzogthum
Mecklenburg-Strelitz, die beiden Fürstenthümer
Schwarzburg-Rudolstadt und Sondershausen, so-
wie Waldeck und Schaumburg-Lippe haben der-
artige Vertretungen für Handel und Gewerbe
gar nicht. Wünschenswerth wäre da offenbar
eine bessere, einheitlichere und vollständigere Or-
ganisation dieser corporativen Institute sür Handel
und Gewerbe und wir müssen gestehen, daß uns
eine Reform, welche neben der Handelskammer
eine Gewerbekammer in eine einheitliche Organi-
sation einschließt, als notwendig erscheint, denn
die Interessen von Handel und Gewerbe, resp.
Industrie müssen möglichst unter einen Hut ge-
bracht werden und dürfen nicht in gegnerischen
Organisationen gegen einander stehen. Wehe dem
heutigen Industriellen und Gewerbetreibenden,
wenn er beim Einkauf der rohen Waare und bei
dem Verkauf seiner fertigen Waare kein Kauf-
mann ist, denn dann kommt er nie auf einen
grünen Zweig. Die gemeinsame Interessenver-
tretung durch eine obere Organisation, welche
die Handels- und Gewerbekammer in sich schließt,
kann doch auch allein eine einheitliche Bestrebung,
gemeinsame Ziele auf wirthschaftlichcm Gebiete
zu erreichen, hervorbringen. Befehden sich aber
der Handel und die Industrie, resp. Gewerbe
gegenseitig, dann hört jede Förderung gemeinsamer
Interessen auf.
LemfHes SLttÄ.
Berlin, 1l. Juli.
— Die „Börsenztg," schreibt: Die völlige
Reinigung des Herrn v. Kotze wn jedem Ver-
dachte dürfte binnen Kurzem offenkundig werden.
Wie die Dinge heute liegen, gilt es als das Wahr-
scheinlichste, daß die Untersuchung in der ganzen
Angelegenheit resultatlos verlaufen wird, so weit
es sich um die Ermittelung des Schuldigen handelt.
— Rechtsanwalt Fritz Friedmann, der Rechtsbei-
stand des Herrn v. Kotze, bat sich, wie das „Berl.
Tgbl " erfährt, kürzlich in Paris aufgebalten, um
dort Mittheilungen entgegenzunehmen, Ne zur Fest-
stellung der Persönlichkeiten führen sollten, von
welchen die vielbesprochenen Schmähbriefe ausge-
gangen sein sollen. Von Paris aus war nämlich
das Anerbieten gekommen, die wirklichen Thäter
gegen Erlegung eines namhaften Betrages zu nennen.

Die Reise war vorläufig ohne Erfolg, doch scheinen
allerdings gewisse Spuren auf Paris, als auf den
Ort zu deuten, von dem auS Aufklärung zu er-
hoffen sei.
— Gegenüber dem in der Presse ausgesproche-
nen Vorwurf, das Reichsschatzamt habe versucht, den
Zweck der Erhebungen über die Tabakindustrie
zu verschleiern, weist die „Nordd. Allg. Ztg." auf
die Erklärung des Vertreters der Reichsregierung in
der Budgetkommission am 16. April hin, daß nach
der Auffassung der verbündeten Regierungen ins-
besondere auf eine stärkere Belastung des Tabaks
nicht verzichtet werden könne, und betont, der Zweck
der Erhebungen könnte also nicht zweifelhaft sein und
sei außerdem in dem an die Bundesregierungen ge-
richteten Ansuchen um Erhebungen besonders her-
vorgehoben. Die Industrie dürfte ein dringendes
Interesse daran haben, zur richtigen Beantwortung
der gestellten Fragen nach Kräften beizutragen.
Karlsruhe, .0. Juli. Im Laufe des Iah re s
1893 haben in Baden 127 Wander-
lager mit einem Steuerertrag von
1550.52 Mk., (1892: 136, Steuerertrag von
1174.34 Mk.) und 5 Waarenversteigerungen mit
einem Steuerertrag von 10 06 Mk- (1892: 8
mit 8.40 Mk.) stattgefunden. An Gewerbe-
steuertaxen wurden 1893 vereinnahmt zu 3
Mk. 26936.50 Mk. (1892: 24934. -), zu
10 Mk. 22 157 Mk. (1892: 23 507. — Mk.)
insgesammt 49 093.50 Mk. (1892: 48 504.)
Die meisten Wanderlager fanden 1893 statt in
Karlsruhe (20); es folgen Baden (15), Freiburg
(12), Säckingen und Pforzheim (je 8), Mann-
heim, Rastatt und Wiesloch (je 7), Freiburg (6),
Bruchsal, Offenburg (je 5), Tauberbischossheim
und Villingen (je 4), Heidelberg, Konstanz und
Lörrach (je 3), Sinsheim (2), Kehl, Lahr, Mos-
bach, Schwetzingen, Ueberlingen, Waldshut, Wein-
heim und Wolfach (je 1). Waarenver-
steigerungen wurden abgehalten in Bretten,
Durlach, Eppingen, Ettenheim und Tauberbischofs-
heim (je 1). Der höchste Ertrag an Gewerbe-
steuertaxen wurde erzielt in Mannheim (8819. —
Mk.), Karlsruhe (3261 50 Mk.), Pforzheim
(2508 — Mk.), Heidelberg (1805.50 Mk.), Kon-
stanz (1540.-Mk.) Freiburg (1483.-Mk.).
Offenburg (1429.50 Mk.), Ueberlingen (1335.50
Mk.), Tauberbischofsheim (1267. — Mk.), Vil-
lingen (1187. —Mk.), Bruchsal (1182.-Mk.),
Weinheim (1168.— Mk.), Pfullendorf (1165.—
Mk.), Rastatt (1095.55 Mk.), Lörrach (942 -
Mk.), Wolfach (942.50 Mk.), Mosbach (882 -
Mk.), Baden 852.- Mk.), Neustadt (807 —
Mk.), Stockach (804.-Mk.), Kehl (784.-Mk.),
Emmendingen (721.—Mk.), Lahr (709.50 Mk.),
Sinsheim (698.50 Mk.), Donaueschingen (694 50

Mk.). Altbreisach (621.— Mk.), Schwetzingen
(548.50 Mk.), Waldshut (567.50 Mk.), Durlach
(538 — Mk.), Säckingen (537.50 Mk.), Bretten
(516.50 Mk.), Achern (483.- Mk.), Triberg
(408.50 Mk.), Eppingen (373.50 Mk.), Staufen
(368.50 Mk.), Müllheim (357.50 Mk.), Bühl
(350.— Mk.), Bonndorf (359.— Mk.), Oberkirch
(329.50Mk.), Waldkirch (334-Mk.), Wiesloch
(328.50 Mk.), Ettlingen (319.50 Mk.), Wert-
heim (309.50 Mk.), Buchen (307.50 Mk.),
Schopfheim (297.— Mk.), Ettenheim (290.—
Mk.), Schönau (147.50 Mk.), Eberbach (145 Mk.).
Karlsruhe, 10. Juli. II. KK. HH. der
Großherzog und die Großherzogin sind
mit Gefolge heute Vormittag 11 Uhr 33 Min.
von St. Blasien hier eingetroffen. — Morgen,
Mittwoch, Nachmittags 2 Uhr, findet im großen
Rathhaussaale Hierselbst eine Versammlung von
Vertretern der badischen Sparkassen statt. Die
Tagesordnung umsaßt solgende Punkte: 1) Er-
richtung des Verbandes badischer Gemeindespar-
kassen und Festsetzung der Satzungen desselben.
2) Errichtung einer Geldvermittelungsstelle.
Stuttgart, 6. Juli. Wie verlautet, hat der
Kaiser den König W i l h e l m von Württem-
berg zur Theilnahme an den diesjährigen Kaiser-
manövern eingeladen. Der König soll die Ein-
ladung vorläufig angenommen haben. — Nach
einer Verfügung des Kriegsministeriums vom 4.
Juli gelangen mit Genehmigung des Königs die
für die preußische Armee vom Kaiser genehmigten
neuen Bestimmungen über die Beschwerde-
führung der Personen des Soldatenstandes des
Heeres vom Feldwebel abwärts auch beim württem-
bergischen Armeekorps zur Einführung.
Ausland.
Paris, 10. Juli. Deputirtenkammer.
Wegen der aus heute angesetzten Wahl des
Ausschusses für Prüfung des Anarchistengesetzes
sind die Wandelgänge sehr belebt. Der Ausschuß
wurde nach längerer Berathung aus neun dem
Gesetzentwurf günstigen Mitgliedern, einem Gegner
und einem Mitglied zusammengesetzt, das zwar
für die Vorlage ist, jedoch mit Streichung der
Bestimmung, daß anarchistische Vergehen vor den
Strafkammern abzuurtheilen seien. In dem
sechsten Bureau erklärte der Ministerpräsident
D upuy, daß dieRegierung kein abenteuerliches
zufälliges Gesetz, sondern im guten Glauben ein
klares und deutliches Gesetz erlassen wolle, das
nur auf die von der Kammer und der öffent-
lichen Meinung wohlbekannten Leute angewendet
werden solle. Die Regierung sei bereit die auf-
richtige Mitwirkung des Ausschusses anzunehmen
und mit ihr alle formellen Veränderungen, die

K e s ü H n L.
Roman von H. von Gabain.
17) (Fortsetzung.)
Olga schwieg und folgte gesenkten Hauptes der
Voranschreitenden, die gleich einem geputzten Pfau
hre golddurchwirkte Sammetschleppe sehr ostensiv
iauSbreitete.
Rutb's seelenvoller Blick folgte Beiden. Die
Hände hoben sich wie bittend, beschwörend, sie wollte
sprechen, doch kein Laut kam aus dem gepreßten
Herzen. Vor ihren Augen flimmerte es; sie sank
in unendlicher Oual auf einen Stuhl.
Unter Rosenbüschen, auf schwell ndem Polster,
hatte Olga vom Professor Peil ihren Platz ange-
wiesen bekommen. Nur einmal hob sich jhr Auge
schüchtern, ängstlich erwartungsvoll, dann lagen die
langen Wimpern gleich undurchdringlichen Schleiern
über den rosig angehauchten Wangen. Jndeß in-
stinktiv fühlte sie des Grafen verlangende Blicke
auf ihre Erscheinung gerichtet; ohne zu schauen,
wußte sie mit voller Bestimmtheit, daß hinter der
nächsten Coulisse die feurigen Augen einer phan-
tastisch gekleideten Zigeunerin voll Erwartung an
den Lippen des geliebten Mannes hingen. Das
leichte Aneinanderklirren der fringegliederten Münzen-
ketten, die Haupt, Stirn und Arme der Zigeunerin
schmückten und sich in langen, graziösen Windungen
Um den schwerseidenen Rock zogen, sagten Olga,
daß sie sich nicht getäutscht.
Mit über der Brust verschränkten Armen, den
dicken Kopf tief in die Schultern gezogen, stand

Professor Peil im Anschauen versunken vor diesem
Zaubergebilde.
„Ha, famos!" rief er in Ertase. „Unüber-
trefflich in der That! — So viel natürlicher Voll
kommenheit gegenüber bleiben wir Stümper! Herr
Graf, wenn ich bitten dürfte, etwas mehr zurück!"
Er drückte sich einen schwarzen Hornkneifer auf die
röthliche Nase und firirte der Letzteren Stellung noch
einmal, dann trat er, mit Frau Hannipot einige
Worte wechselnd, höchst befriedigt lächelnd zurück.
Der Vorhang hob und senkte sich unter Beifalls-
gemurmel des dicht besetzten Hauses ein-, zwei-,
dreimal. Man flüsterte sich bedeutsame Worte zu,
denn Niemand der Schauenden war das Kommen
und Geben der Röthe auf dem Antlitz des schlum-
mernden Dornröschen entgangen. Keiner, der sein
Augenmerk auf des Grafen leidenschaftlich bewegte
Gesichtszüge richtete, konnte sich der Ansicht ver-
schließen, daß hinter dieser symbolischen Darstellung
Wahrheit liege, daß die Liebe nur allein im Stande
sei, so naturgetreu zu modelieren . . .
Die Vorstellung nabm ihren programmmäßigen
Verlauf. Wie der Herzog ganz richtig vermulhet
hatte, brachte gerade das Schlußtableau einen un-
geheuren Applaus hervor; man konnte sich nicht
satt sehen an diesem Meisterstück, in dem ein voller
Blüthenkranz von jugendlichen, blühenden, graziösen
Erscheinungen und eine ungeheure Toilettenpracht
sich zu einem Ganzen vereint hatte.
Als das Groß des Publikums sich endlich ent-
fernt hatte, fand sich in dem Foyer eine bunte,
auserwählte Gesellschaft zusammen. Die allerhöchste
Protektorin wollte an Ort und Stelle allen denen,
die mit so großer Opferwilligkeit ihre Kräfte ein-

gesetzt zum Wohl der Armen und Leidenden, ihren
fürstlichen Dank abstatten. Jeder der Bevorzugten
schob sich nach jener durch viele erotische Gewächse
dekorirten Längsseite bin, wo die hohe Frau mit
leidender Miene auf schwellenden Polstern saß, um
nach eingenommenem Thee ja nicht des Vorzuges
verlustig zu gehen zum Handkuß zugelassen zu
werden, oder einige anerkennende Worte aus dem
Munde der hohen Frau zu hören und es mitzu-
nchmen als theure Relique in das eintönige Allerlei
des Alltagslebens; andere wieder besprachen den
glänzenden Verlauf des Abends.
„Der Lorberr gebührt unstreitig der Bankiers-
tochter, ein voller Blüthenkranz Fräulein von Adriano-
witsch," raunte man sich flüsternd zu und sprach es
schließlich laut aus, denn der Herzog hatte etwas
derartiges geäußert und Niemand durfte demnach
fürchten, einen Lut pus zu begehen. Frau von
Hannipot machte gute Miene zum bösen Spiel und
unter Lächeln und zuvorkommenden Worten stimmte
sie bei. Der Sieg war ja doch auf ihrer Seite,
denn auf ihr Anrathen hatte Graf Hans die flüch-
tigen Augenblicke, während der Vorhang fiel und
sich wieder bob, dazu benutzt, Olga überschwengliche
LiebeSworte zuzuflüstern.
Nur eine Augenblickskürze hatte sich auf deren
Stirn ein düsterer Schatten gezeigt; wie ein Hauch
war es von ihren Lippen gekommen:
„Schämen Sie sich nicht dieser verächtlichen Zu-
dringlichkeit?" Dann versenkte sie sich wieder in
ihre übernommene Rolle. Rosig angehaucht, äußer-
lich unberührt von diesem peinlichen Zwischenfall,
ruhte sie auf dem rosenumsponnenen Lager. Als
jedoch die Marter überstanden war, stand sie einen

Augenblick dem Grafen hoch aufgerichtet gegenüber.
Verächtlich, spöttisch war der Blick, mit dem sie
ihren Ritter maß ; wortlos kehrte sie ihm den Rücken
und floh wie ein vom Jäger verfolgtes Reh in die
Garderobe.
„Es ist im Leben häßlich eingerichtet, daß neben
Rosen gleich die Dornen stehen," citirte er ziemlich
verblüfft und enttäuscht. Er nahm sich nun erst
recht ernstlich vor, die Blüthe zu pflücken, ohne der
spitzen Dornen zu achten. Ja, bei Gott, das hatte
er nicht erwartet, er, der Löwe des Tages, der ver-
wöhnte Liebling der Damenwelt- Olga's kaltes,
abstoßendes Benebmen ihm gegenüber hatte der Graf
in seiner aufgeblasenen Eitelkeit für mädchenhafte
Schüchternheit, für unschuldige Eoquettesie gehalten
und worin diesem Glauben durch Frau von Hanni-
pot bestärkt worden - - -
„Wo ist die Baronesse Adrianowitsch? Sehen
Sie, wie unruhig Graf Ulestein umberläuft," flü-
sterte man unter untereinander, sich bedeutsame
Blicke zuwerfend.
Der Herzog ftvgte vorhin schon nach ihr, und
schien sehr ungehalten, daß die Präsidentin nicht
Sorge getragen batte, sie als eine der Ersten der
fürstlichen Frau vorzustellen." Abermals vielsagendes
Augenzwinkern
„Die hohen Herrschaften protegieren das Mädchen
fabelhaft, ich kann nichts Besonderes an ihm finden.
Das bischen Larve, rnon ckieu! sonst hat sie ab-
solut nichts!" warf eine Dame in die allgemeine
Unterhaltung hinein, die das Mißgeschick hätte drei
alternde Töchter ihr eigen zu nennen.
„Das Körnchen Geist geht schnell in den
gräßlichen Sorgen um die Eristenz unter," re-
 
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