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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 4. August)
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Nummer 177. LL. Jahrgang.

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Mittwoch, 1. August 1»S4.


General-

für Heidelberg

Abonnementspreis r
mit Mitigem iNugrirtem Sonntagsblattmonatlich
40 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld-
Expedition: Kouptttraße "Mr. 26.

Anzeiger

Expedition: -Hauptstraße Mr. 25.

und Umgegend
Zeitung).

Jnserli-nöprciSr
die lspaltige Petitzeile oder deren Raum S Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg«, bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
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Gelesenstes Blatt Ln Stadt rr. 2tMrt Heidelldevg und Murgegend. G^ötzteu Lrrfotg fnu Jnsevate.

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für die Monate August u. Septemb. kostet der
Neue
General - Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
(Bürger-Zeitung)
nebst Jllustr. Sonutagßblatt am Postschalter
abgeholt.
(Vorn Briefträger ins Haus gebracht 30 Pfg. mehr.)
In Heidelberg und den nächsten Orten der
Umgebung kostet der „Neue General-Anzeiger für
Heideberg und Umgegend"
monatlich nur 40 Pfg.
frei in s Haus.
Bestellungen werden von unfern Trägern und
Trägerinnen sowie von allen Po st an st alten
fortwäbrend angenommen.
Der nächste Reichstag.
Kürzlich hieß es, der Reichstag werde diesmal
früher als sonst, nämlich im Oktober, schon be-
rufen werden. Demgegenüber wurde dann von
berufener Seite gesagt, daß hierüber ein Beschluß
noch nicht gefaßt, ein Abweichen von der Regel
auch nicht beabsichtigt se». In der Regel tritt
der Reichstag im November zusammen. Eine
frühere Berufung des Reichstags wäre unseres
Erachtens diesmal recht zweckmäßig, da die Ses-
sion eine arbeitsreiche sein wird und wichtige
Vorlagen für dieselbe bereits sertiggestellt sind.
Es ist gesagt worden, daß im Oktober das
neue Reichstags-Gebäude noch nicht werde bezogen
werden können. Dann wird man aber im alten
Gebäude tagen, in dem der Aufenthalt für die
Abgeordneten noch hundert Mal angenehmer ist,
als am anderen Ende der Leipzigerstraße, im
Abgeordnetenhause. Es ist ferner gegen eine
frühere Berufung eingewendet worden, daß es
sich für, die Feststellung des Reichshaushalts-Etats
empfehle, die Entwicklung der Finanzen soweit
als nur thunlich abzuwarten. Aber es ist ja
gar nicht nothwendig, schon im Oktober mit der
Berathung des Etats zu beginnen. Fertiggestellt
sind bereits folgende Vorlagen: der Gesetzentwurf
wegen Abänderung des Gerichtsverfassungs-Gesetzes
und der Strafprozeß-Ordnung, der Entwurf wegen
Ausdehnung der Unfallversicherung auf weitere
Unfallkategorien und eine Novelle, welche die be-
stehenden Unfallgesetze in verschiedenen Punkten

abändert und ergänzt. Diese drei Vorlagen sind
sehr umfänglich und ihre Berathung wird viel
Zeit erfordern. Dazu kommen noch verschiedene
kleinere Vorlagen und Jnitiativ-Anträge, welche
ja auch diesmal wieder in Fülle bei Wieder-Er-
öffnung des Reichstages eingehen werden. Die
ersterwähnte Vorlage kommt allerdings mit der
Entschädigung unschuldig Verurtheilter und der
Berufung gegen Strafkammer-Urtheile den
Wünschen der Mehrheit des Reichstages entgegen.
Aber einzelne Parteien haben weitergehende
Wünsche, und wo auch eiu Verständniß über die
Ziele besteht, gehen über die Wege der Erreichung
derselben die Meinungen auseinander. Größere
Schwierigkeiten dürfte aber die Erledigung der
beiden Unfallversicherungs-Gesetze bieten. Schon
jetzt wird in der Zentrumsprefse angekündigt,
daß die Ausdehnung der Unfallversicherung auf
das Handwerk möglicherweise so lange werde zu-
rückgewiesen werden, bis die Frage der Handwerker-
organisation endlich geregelt ist. Das kann lange
dauern.
Die Vorschläge des preußischen Handelsministcrs
hinsichtlich einer Organisation des Handwerks in
obligatorischen Handwerkerkammern hat nicht den
Beifall der Jnnungshandwerker gefunden, welche
aber verlangen, daß ihre bestehenden Innungen
einfach obligatorisch gemacht werden. Es wäre
ja ein leichtes gewesen, die vorgeschlagenen Hand-
werkerkammern Innungen zu nennen. Das würde
aber von den Jnnungssreunden noch weniger an-
genehm empfunden sein, weil es die Aufhebung
der bestehenden Innungen zur Folge gehabt haben
würde, Von einem Verbände „der Handwerker"
zu sprechen, ist so lange nicht zutreffend, als die
große Mehrheit der deutschen Handwerker in den
bestehenden fakultativen Innungen und Jnnungs
verbänden, von denen der erwähnte Gesetzentwurf
ausgeht, nicht vertreten sind Billiger werden es
die Innungen auch nicht machen können, nachdem
in dem Entwürfe die Heranziehung der Gemeinde-
Organe zu der Verwaltung der Unfallversicherung
vorgesehen ist.
Die beste und billigste Regelung würde darin
bestehen, daß die ganze Versicherung, Kranken-,
Unfall-, Alters- und Invaliditäts-Versicherung,
auf alle Staatsbürger ausgedehnt, vom Staate
übernommen und die erforderlichen Mittel durch
Staatssteuern aufgebracht werden. Dadurch würde
die Verwaltung außerordentlich vereinfacht, jeder
Einzelne würde sich über seine Rechtsansprüche
klar sein und stets wissen, wohin er sich zu wenden
habe- Wer soll sich heute aus dem Wirrwarr
von Krankenkassen, Berufsgenossenschaftcn, lokalen
Versicherungsgenossenschaften, Staatsversicherungs-
anstalten u. s. w. u. s. w. herausfinden!

Deutsches Reich.
Berlin, 1. August.
— Die Getreide-Einfuhr in das
Deutsche Reich betrug im Juni im Ver-
gleich zum Vorjahr: 999 936 (667 357) Doppel-
zentner Weizen, wovon 288 501 Doppelzentner
russischen Ursprungs, 528 067 (257 649) Doppel-
zentner Roggen, darunter 386 618 russischer,
317 230 (110 617) Doppelzentner Hafer, worunter
2^3 735 Doppelzentner russischer, 528 304
(452 315) Doppelzentner Gerste, davon 414 044
russische, 183 878 (114855) Doppelzentner Raps
und Rübsaat und 595 005 (606 939) Doppel-
zentner Mais und Dari. Vom Januar bis
Ende Juni wurden eingeführt: 4 093 580
(3 249 128) Doppelzentner Weizen, davon 579 736
russischen Ursprungs, 1878 550 (915 539) Dop-
pelzenter Roggen, worunter 1 158 326 russischer,
1 931 514 (457 780) Doppelzentner Hafer, wovon
1 129 217 russischer, 4310 410 (2 853 346)
Doppelzentner Gerste, darunter 1 356 849 russische,
512 774 (425 314) Doppelzentner Raps und
Rübsaat, und 3 846 041 (2 281893) Doppel-
zentner Mais und Dari.
Karlsruhe, 30. Jali. Wenn auch nur zum
Theil die Anträge und Wünsche auf neue Gesetzes-
vorlagen zur Wahrheit werden, könnte der nächste
Landtag die längste Dauer und Bedeutung erhalten.
Verfassung und Steuergesetzgebung find im Flusse
begriffen und Hin unmittelbarer Verbindung damit
die Verhältnisse der Gemeinden und der Gemeinde-
haushalt, d. h. die Aufbringung des Gemeindeauf-
wands. Die Umwandlung des Systems der Ertrag-
steuern in eine Vermögenssteuer ist wenigstens an-
gedeutet und damit würde die Kapitalrentensteuer
natürlich nicht in erleichterndem Sinne für die
Pflichtigen umgestaltet. Von Einzelgesetzen ist die
Braumalzsteuer so gut wie zugesagt und eine theil-
weise Umgestaltung und Ergänzung des Wasserrechts
wahrscheinlich. Der innere Zusammenhang der
Steuerfragen und damit die Größe der Arbeit ist
aber so weittragend, daß ein Abschluß zum nächsten
Landtag kaum schon bewirkt sein dürfte. Es stehen
also in vorderster Reihe zunächst die Verfassungs-
fragen, bezüglich deren die Zusammensetzung der
nächsten Kammer gleichsam die wichtigste Vorfrage
bildet. Ganz abgesehen von den Schwierigkeiten,
die der neue Grundsatz der Proportionalwahlen in
sich schließt, wird nach den in der Kammer abge-
gebenen Erklärungen die Regierung eine Vorlage
doch wohl nur dann bewirken, wenn sie für die
von ihr für annehmbar erachteten Vorschläge auch
in der Volksvertretung eine Mehrheit erwarten zu
dürfen glaubt. — Die 48 Referendare, die
aus der letzten Rechtspraktikantenprüfung hervor-
gingen, dürften wahrscheinlich schon heute sämmtlich

mit Gehalt versendet sein, soweit sie sich nicht etwa
in Urlaub befinden. In anderen Staaten liegt die
Sache bei weitem nicht so günstig; bei uns in
Baden jedoch kommt den jungen Juristen der Be-
darf des Notariats, das jetzt mit geprüften Juristen
besetzt wird, ganz besonders zu Statten. Auch die
sogen. Gerichtsnotariate gehen jetzt allmählich in
Richterstellen auf.
Ausland.
Paris, 31. Juli. Ueber die Verhaftung des
Lieutenants R o s e vom 3. französischen Infanterie-
regiment durch italienische Alpenjäger wird aus
Nizza berichtet: Während der Manöver bei Laorge
tritt der Lieutenant auf dem von einem Stabsarzt
entlehnten Pferde über die bei Boreon nicht deut-
lich genug abgesteckte Grenze. Aus einem Hinter-
halt wären nun die italienischen Soldaten vor-
gesprungen und hätten Rose trotz seiner Versiche-
rung, es handle sich um einen einfachen Jrrthum,
nach Valdieri gebracht und unterwegs höchst unhöf-
lich behandelt. Der Kommandant von Valdieri
berichtete darüber nach Rom. Die Weisung lautete,
eine Untersuchung möge eingeleitet werden. Erst
nach einem Depeschenwechsel zwischen Paris und
Rom wurde der Lieutenant freigelassen und die An-
gelegenheit als vorläufig beigelezt betrachtet. Auf
französischer Seite glaubt man aber, Rose habe
noch Anspruch auf irgend eine Genugthung.
London, 31. Juli. Aus bester Quelle wird
bestätigt, daß die hiesige Firma Matheson bei Lord
Kimberley und dem „Foreign Office" kräftigen Ein-
spruch gegen die Jngrundbohrung ihres Transport-
schiffs durch die Japaner einlegte. Die Gesellschaft
heißt „Anglo-China-Steam-Navigation-Company",
deren Direktorat führt das-bekannte englich-chinestsche
Haus Matheson Jardine and Company. Die
Behauptung, daß das Schiff die britische Flagge
hißte, beruht einstweilen nur auf der Aussage der
40 Ueberlebenden, die in Tschifu landeten. Jn-
desien ist die hiesige Firma moralisch davon über-
zeugt, daß das Schiff trotz des Schattens die bri-
tische Nationalität behält und die britische Flagge
selbstverständlich in den dortigen Gewässern den
besten Schutz gewährleistet. Untröstlich ist die hie-
sige Witwe des mit untergegangenen Capitäns
Golsworthy. Er war ein junger energischer
Mann, der sich erst jüngst verheirathet hatte. Lord
Kimperley wird jetzt zeigen können, ob er außer
seiner Liebenswürdigkeit auch die Thatkraft besitzt.
Der Vorfall droht übrigens jede Sympathie für
Japan im Keime zu ersticken, falls es Japan nicht
gelingt, eine befriedigende Aufklärung zu geben.
Shanghai, 30. Juli. In Korea besteht mit
Bezug auf Hochverräter fast dasselbe Gesetz wie
in China, nämlich : alle Verwandte des Schuldigen,
bis zu einem gewissen Grade der Verwandschaft,

H e s ü H n t.
Roman von H. von Gabain.
35) (Fortsetzung.)
Olga war zu Mutbe, als wich der Genius von
ihr, als hebe der Racheengel sein Schwert, um ihr
armes Haupt zu zerschmettern.
„Solche Stimmungen müssen austoben, mein
Liebling," sagte Frau von Schiebern sanft be-
schwichtigend. „Du wirst Dich gewöhnen. Sieh',
unser neuer Wohnort ist auch so schön. Triest
bietet viel Abwechselung, dort lebte ich lange Jahre
mit meinem Gatten, mein liebes Kind wurde da
geboren, kannst Du es mir verargen, daß es mich
dahin zieht? Wir finden liebe Bekannte und Freunde.
Du wirst mit Altersgenossinnen Umgang pflegen
und dieses theilweise gezwungene Heraustreten aus
Dir selbst Dir Vortheil bringen." Olga hörte nur
mit halbem Ohr, denn ein trostloses Gefühl be-
herrschte ihre bange Seele, es war ein unbekanntes
Etwas, das sie völlig aus dem Gleichgewicht
brachte. —
Sommer und Winter waren unter manchen
Abwechselungen und Zerstreuungen dahingegangen;
nun blühte, duftete und schimmerte alles, vom
goldenen Sonnenlicht umschienen so köstlich ver-
lockend. Im Garten, der die stattliche Villa um-
gab, die von Schiebern käuflich erworben hatte,
strich kosend ein leichter Zephir durch Myrthen-uud
Orangegebüsch; unendlicher Friede lag über der
ganzen Natur und Olga fühlte, wie Gottes Hand
auch hier schirmend über ihr ruhte. „Herr, ich bin
nicht werth all' Deiner Gnade, die Du an mir

thust," flüsterte sie, während ihre kleinen Füße lang-
sam durch den schattigen Gatten schritten. Träu-
merisch blickten die blauen Augen über den Golf,
auf dessen glitzernden, leichtbewegten Fluiden sich
unzählige Gondeln und Vergnügungsdampfer tum-
melten und schreiende Wasservögel mit ihren
Fittichen die kosenden Wellen berührten. So stand
sie lange, lange da, ein Bild der Anmuth und
keuschen Schönheit; kosend spielten die Sonnen-
strahlen auf ihrem Scheitel und hüpften weiter über
das holde Antlitz.
„Du kleine Schwärmerin, ertappe ich Dich schon
wieder auf unerlaubtem Grübeln?" drohte Frau
von Schledorn mit dem Finger, während sie Hut
und Handschuhe auf den Tisch warf und leicht-
füßig von der Veranda zu Olga in den Gatten
eilte. —
„Bist Du schon zurück, Fanny?"
„Schon! das klingt ja recht freundschaftlich,"
lachte die Dame und küßte Olga auf die Stirn.
„Ich habe mich ordentlich beeilt, es ist wahr, aber
die Ungeduld, Dir, mein Herz, etwas Schönes zu
schenken, ließ mir keine Ruhe. Komm in's kühle
Zimmer, da zeigte ich es Dir." Sie faßte Olga
uw die Taille und betrat mit dieser den Salon,
unterwegs ihre Erlebnisse auskramend.
„Du weißt, Olga, ich ging hauptsächlich heute
bei der Glrtthhitze aus, um vom Juwelier die Bril-
lantagraffe zu holen. Nun denke Dir, als ich aus
dem Laden in den langen Flur trete, begegnet mir
eine höchst elegant gekleidete Dame. Ohne sie
weiter zu beachten, will ich vorüber, da höre ich,
wie die andere meinen, Namen nennt. Dadurch

aufmerksam gemacht, sehe ich schärfer hin; die Züge
kamen mir entfernt bekannt vor, allein wie, wo sie
nach Hause bringen, das machte mich stutzig.
„Fanny, kennen Sie mich denn nicht mehr, den
einst so übermüthigen, lustigen Vogel? Wie oft
bin ich in dem Hause Ihrer Eltern gewesen," fuhr
sie lebhaft fort, als ich ziemlich verständnißlos den
Kopf schüttelte, „wie oft Sie durch meine thea-
tralischen Aufführungen ergötzt!" Da fiel es mir
wie Schuppen von den Augen. „Clementine Palli,"
rief ich erschrocken aus, „wie haben Sie sich ver-
ändert, wo kommen Sie her und wohin geht die
Reise?" Die eifrige Erzählerin war ganz bei der
Sache, daß ihr Olga's Erbleichen und die Hast,
womit sie die Hand auf einen hochlehnigen, ge-
schnitzten Stuhl stützte, vollständig entging, zudem
waren in dem Salon die Jalousien herabgelassen
und dämpften das Tageslicht demzufolge so, daß
selbst einem scharfen Beobachter Olga's verändertes
Aussehen nicht sonderlich ausgefallen wäre. „Das
arme, unglückliche Geschöpf that mir in der Seele
leid, als sie mir so kläglich von ihren momentanen
Sorgen sprach und mich schließlich bat, ihr ein
Schmuckstück abzukaufen," berichtete Frau v. Schle-
dorn weiter, während sie nach ihrer Gewohnheit —
bei lebhaften Gesprächen — im Zimmer auf und
ab schritt.
„Und Du kauftest den schönen Schmuck?" fragte
Olga, wie entgeistert den Blick auf die Freundin
gerichtet.
„Wie heiser Du bist, Olga, das kommt da-
von, wenn Du die halben Nächte, wenn andere
Leute schlafen, im Garten sitzst. Versprich mir,
es nicht zu arg damit zu treiben," sagte die Frau

von Schledorn bittend. „Aber nun auf unser
Gespräch zurückzukommen. Allerdings nahm ich
ihr die Juwelen ab; das Geld möchte ich Dich
bitten, selbst in den Gasthof zu tragen, es
ist immerhin eine bedeutende Summe, welche ich
Niemand anderem anvertrauen möchte. Aber vor-
her mußt Du Dein Präsent doch in Augen-
schein nehmen. Sie hier!" Ehe Olga noch
ein Wort über die Lippen brachte, hatte Frau
von Schledorn ein hochfeines Seidenpapier aus
der Tasche gezogen und schwebend schaukelten die
über der gehobenen Hand drei zusammenhängende
Schnüre echter Perlen mit einem erbsengroßen
Brillant als Fecmoi. Es fehlen allerdings einige,"
meinte sie, „aber die arme Person mag so nach
und nach die pompösen Geschenke entäußern, die
Dankbarkeit und Verehrungen für ihre früheren,
superben Leistungen auf der Bühne ihr einst spendeten."
Olga hörte wohl, wie wenn aus weiter Ferne
Worte, menschliche Laute an ihr Ohr schlugen,
allein der Geist vermochte nicht von alledem zu
fassen, als ihr Blik auf den bekannten unseligen
Schmuck fiel. Es legte sich ein schwarz Flor
vor ihre Augen, der ihre ganze Gestalt einzuhüllen
schien; ihre Kniee wankten und wie ein Schatten
glitt sie auf den Teppich nieder. — „Herr Gott
Liebling, war ich erschrocken?" rief Frau voi
Schledorn voller Theilnahme, als Olga wieder d'
Aügen aufschlug. „Bitte, rieche noch einmal scharf
auf. das belebt." Olga machte einen Versuch,
das ihr gebotene Flacon mit der stärkenden Essen
zu fasse",, allein es entfiel ihren Händen.
„Laß nur, Fanny", bat sie matt, „und hilf ei
wenig- Danke, danke." Sie richtete sich mit Hifi
 
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