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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 161 - Nr. 170 (13. Juli - 24. Juli)
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Nummer 165. H. ZahrgEg.


Mittwoch, 18. Juli 1894.


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für Heidelberg und Umgegend
(Aürger-ZeiLung).



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holung entsprechender Rabatt.
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lichen Länder einnehmen. Doch finden auch hierbei
mannigfaltige Modifikationen statt. Entschieden
ganz und ungetheilt gehören der katholischen Kirche
nur die Pyrenäische und Italische Halbinsel sowie
ibre Nachbarinseln; die protestantische dagegen
herrscht in den Gestadeländern zwischen der Rhein-
und Weichselmündung sehr bestimmt vor, entschieden
auf den skandinavischen und dänischen Halbinseln

Tie Bevölkerung Europas.
m.
Die europäische Kultur ist aber nicht allein ein
Produkt der Physik des Erdtbeils und der ur-
sprünglichen Naturanlage seiner Völker, sondern
"°ch vielmehr der allgemeinen Verbreitung des
Aistenthums. Unter den 362 Millionen, welche
Europa bewohnen, befinden sich nur etwa 12,9
All. Nichtchristen, nämlich 6 Mill. Juden, 6,6
All. Mohamedaner und 0,3 Mill. Heiden. Von
Aen sind die Juden fast, wenn auch nicht gleich-
Aßig, über den ganzen Erdtheil zerstreut, die
Ahamedaner dagegen sind auf die Balkanhalb-
AI in die Uferlande des Kaspischen und Schwarzen
^eres beschränkt, dort mit christlichen Bewohnern
-Aischt, hjxr über weite Landflächen auszebreitet.
A heidnischen Bewohner aber sind in viel ge-
Agerer Zahl über die weiten Flächen an der
Petschora und am Kaspischen Meer, über
uralischen und lappischen Gebirgshöhen und die
to, " Küsten von Kola zerstreut und gehören dem
kAschen und finnischen Stamm an. Die
Aisten zerfallen in kirchlicher Hinsicht in 3 große
Missionen: die römisch katholische, griechisch-katho-
AAnd protestantische, die erste im SW., die zweite
D., Pix dr,tte in der Mitte des ErdtheilS herr-
Im Allgemeinen umfaßt die römische
Ache die romanischen, die griechische die slawischen,
sjl protestantische die germanischen Völker; doch be-
gAn nicht unbedeutende Abweichungen von der
»Al. So gehören zur römischen Kirche auch die
A" und ansehnliche Theile der Schotten, ein
A., Theil der Deutschen und Magyaren, die
dAn und ein Theil der Litauer; zur griechischen
kA'cugriechische und christlich-albanesis'che Bevöl-
syAZ der griechischen Halbinsel und des Archipels
ejA die walachische der unteren Donauebene und
d 8. Theiles von Siebenbürgen und Ungarn; zur
slAAtischen, außer geringen romanischen und
Achen Stämmen (in den Alpen, in Ungarn,
si>iiA Norddeutschen Ebene), die Mehrzahl der
tzAchen und ein Theil der lettischen Bevölkerung
hAPas. Wenn der Osten Europas den An-
fiArn der griechischen Kirche gehört, so haben
svT, . Protestanten und Katholiken seit der Re-
bjAAon so jn die Westhälfte getheilt, daß diese
fitz Alicheir, die verschiedenen Zweige des Pro-
>»Asmus dagegen die mittleren und nordwest-

und Inseln, ganz ausschließlich vielleicht nur auf
Jslano. Die Ost- und die Nordsee werden auf
allen Seiten urd in allen ihren Theilen von Pro
testanten umwohnt; nur am Eingang des Kanals
und an der Weichselmündung berühren römisch-
katholische, an der Newamündung griechische Kirchen-
angehörige die Süd- und Ostgestade dieser Meere.
Dagegen bleiben die Protestanten, bis auf wenige,
nicht sehr zahlreiche Kolonien (am Golf du Lion,
auf Malta und einigen Punkten der pontischen
Küste), den Gestaden aller Theile des Mittelmeers
fern. Auf der Ostseite des Bottnischen, Finnischen
und Rigaischen Busens verschmelzen sie sich mehr
und mehr mit den Anhängern der griechischen
Kirche, und einzelne Gemeinden haben weit im
Innern der großen osteuropäischen Ebene eine
Heimath gefunden. Die römischen Katholiken
haben sich auch im Norden Europas in mehreren
Gegenden in großer, ja in vorherrschender Zahl be-
hauptet, so in Irland im Gebiet der Weichsel und
der rechten Nebenflüsse der oberen und mittleren
Oder, am Frischen Haff und an der Passarge. Jn
den mittleren Gegenden des Erdtheils herrschen sie
im oberen Elb-, im oberen und mittleren Donau-
gebiet, mit Ausnahme des Mündungslandes auch
an den Ufern des Rheins und im Westen dieses
Stromes entschieden vor, wenngleich sich in allen
diesen Gegenden auch protestantische Bewohner,
namentlich auf den Gebirgen, in nicht geringer
Zahl vorfinden. Das Gebiet der griechischen Kirche
ist demnach fast doppelt so groß als das der beiden
anderen zusammengenommen, während das der
evangelischen Kirche dem der römischen an Ausdeh-
nung nicht unbedeutend nachsteht.
Der Seelenzahl ihrer Bekenner nach ist die
römisch-katholische Kirche mit etwa 162,5 Mill.
Anhängern (darunter etwa 85 000 Altkatholiken)
die in Europa entschieden verwaltende, während
die Zahlen der auf dem kleinsten Gebiet lebenden
Evangelischen mit 80 Mill, und der auf dem
größten wohnenden griechischen Christen mit 99,5
Millionen von einander ganz wenig verschieden
sind. Dazu kommen 8 Millionen Anhänger christ-
licher Sekten.
Wirren in Lstafien.
Zwischen Japan und China droht ein kriege-
rischer Konflikt, und zwar gegen die Halbinsel Korea.

Korea ist ein Königreich, welches mit einem
Flächenraum von 218 192 Qkm. die große, nord-
östlich von China gelegene, sich von der Mand-
schurei bis in die Nähe der japanischen Insel KP
usiu erstreckende Halbinsel einnimmt.
Beide Länder, Japan und China, machen sich
schon seit Jahren das Recht der Schutzherrschaft
über Korea streitig. Korea ist nämlich in der That
ein unabhängiges absolutes Königthum, der Form
nach aber ein chinesischer Schutzstaat, ein Verhältniß,
das auch durch regelmäßige Tributzahlung an China
anerkannt wurde. Dieses durch Zahlung bekräf-
tigte Recht ließ sich China ganz ruhig gefallen,
aber es fiel ihm nicht ein, aus diesem Rechte auch
Pflichten abzuleiten, und sich um das Land zu
bekümmern, das von Jahr zu Jahr mehr in Ver-
fall geräth.
Das war ganz nach dem Sinne Japans, das
viele Unterthanen in Korea besitzt. Zu deren
Schutze hat es im Laufe der Jahre auch schon
manche Schritte unternommen, die aber erfolglos
blieben, weil sie nicht mit der nöthigen Waffen-
macht unterstützt wurden. Erst 1884 brachte es
so viele Truppen nach Korea, daß es die Chinesen
zu einem Vertrage zwingen konnte, wonach keine
der beiden Mächte ohne vorhergehende Mittheilung
nach Korea schicken dürfe.
Jn Folge eines Handelsstreites brach nun ein
neuer Zwist zwischen Japan und Korea aus. Korea
verbot nämlich im Jahre 1889 die Ausfuhr von
Bohnen nach Japan, das diesen Artikel in Massen
zu beziehen pflegt. Japan erhob Einspruch, Korea gab
nach, hob das Verbot auf und verpflichtete sich, Ent-
schädigung zu zahlen. Da di-se Entschädigung aber
bis jetzt immer ausblieb, so brach Japan alle politischen
Beziehungen mit Korea ab, und so kam es zu dem
bekannten Aufstand, in dem vielleicht Japan seine
Hand im Spiele hatte, und der damit endete, daß die
Aufständischen die Hauptstadt Söul einnahmen und
den König Li-Hui zur Flucht zwangen.
Der Flüchtling bat China um Hülfe, und An-
fangs Juni gingen 2000 Mann chinesische Truppen
nach der vielumstrittenen Halbinsel ab. Wahrscheinlich
vergaß man in Peking, Japan von dieser Truppensen-
dung nach den Bestimmungen des Vertrages von 1884
Mittheilung zu machen, weßhalb dieses in der letzten
Hälite des Juni 4000 Mann nach Korea schickte,
die jetzt auf 9000 angewachsen sind.
Nun sollen China die Vermittlung Rußlands und
Japan die Englands angerufen haben, um den Streit
zu schlichten. Nach neueren Drahtmeldungen aus
London beginnt man dort unruhig zu werden, man
hat die Lage schon im Unterhaus besprochen, und
eine Meldung aus Aokohama erklärte sogar am 10
Juli, daß der Krieg zwischen China und Japan
unvermeidlich sei. So weit sind wir indessen noch

nicht; denn gerade in Asien wird nicht so heiß ge-
gessen, wie es gekocht wird. Wenn Japan es wirk-
lich auf Feindseligkeiten abgesehen hätte, so ist es
mehr wie verwunderlich, daß es wochenlang seine
Truppen unthätig ließ, anstatt zuzuschlagen, solange
ihm die Uebermacht zu Gebote stand.
Auf alle Fälle aber beginnt es jetzt in Ost-
aflen interessant zu werden.
Leurfthes Aerai.
Berlin, 18. Juli.
— Auf der Fahrt von Schönhausen nach
Varzin wurde Fürst Bismarck auf dem Stettiner
Bahnhof von einigen hundert Personen, darunter
zahlreiche Studenten lebhaft begrüßt. Der Fürst
sprach seine besondere Freude über den Empfang
der Studenten aus und sagte dann: „Ich bin
ein halber Berliner, als ich nach Berlin kam,
war ich 7 Jahre alt. Jede Oertlichkeit hier ist
mir ein Repräsentant der Vergangenheit, denn
ich war in Berlin als Schuljunge, als Student,
als Referendar und als Minister. Ich kann
sagen, daß ich immer gern in Berlin gewesen
bin, obwohl ich auf dem Lande ausgewachsen und
mit vielen Wurzeln auf dem Lande lebe. Ich
kenne Berlin schon, als es noch kein Trottoir
hatte und als die Friedrichsstraße von dec Behren-
straße bis zur Kochstraße noch keinen einzigen
Laden besaß. 1836 und 1837 wußte ich so ge-
nau Bescheid, daß ich hätte Droschkenkutscher werden
können, was jetzt freilich nicht mehr geht. Berlin
ist mir jetzt politisch und wirthschaftlich über den
Kopf gewachsen. Politisch bin ich mit der Mehr-
heit der Berliner in mancher Beziehung aus-
einander gekommen, aber mein Heimathsgefühl
für Berlin ist geblieben. Mag das werden, wie
es will, ich wünsche Berlin Gedeihen und Wohl-
ergehen." Nach einer lebhaften Unterredung des
Fürsten mit den Studenten trat er die Weiter-
reise an.
Karlsruhe, 17. Juli. Wenn die guten
Einnahmenunserer Eisenbahnen fort-
dauern, so wird dadurch, obgleich es sich zunächst
nur um ein sogenanntes ausgeschiedenes Budget
handelt, unserem ganzen Staatshaushalt ein be-
friedigendes Gepräge aufgedrückt. Das Jahr 1893
hat derartige Hoffnungen mehr als erfüllt, indem
die Einnahmen den Voranschlag um mehr als
vier Millionen überschritten. Dadurch war es
auch möglich, in dieser etwas kritischen Finanz-
periode den Zuschuß aus allgemeinen Staats-
mitteln von zuletzt 3,75 Millionen wieder auf
2,75 Millionen herabzusetzen und die Kosten für
die Lokalbahnen auf die Eisenbahnschuldentilgungs-
kaffe zu überweisen.
Karlsruhe, 16. Juli. An der Konferenz
für Arbeiter st ati st ik in Berlin, deren Ar-

E> e s ü H n L.

sh)

Roman von H. von Gabain.
(Fortsetzung.)
sisigAvkel und nur immer Onkel," seufzte der
doch bis in die Tiefe eines Mädchen-
PhA dringen könnte!" Im nächsten Augenblick

ft? < cr auf dem Hof unter seinen Untergebenen,
ishaA gütigen Herrn mit einem lauten, weithin
„guten Morgen" begrüßten. Die un-
v Hunde wurden von den sie fesselnden
lhiy befrei die Pferde vorgeführt, gleich darnach
«tj A sich die Jagdgesellschaft in den Sattel und
fhAA Es zum fröhlichen Jagen, während der
üruß aus den Jagdhörnern schmetternd in
siftfeA verhallte. Jn später Nachmittagstunde
fröhliche Jagd esellschaft nach Waldfried
ästete ""b nach einem opulenten Mittagsessen
An sich zur Heimfahrt, der Viererzug des
"Heu voran, begleitet von einer Anzahl
lr tzAer, die Graf Kork dazu bestimmt hatte,
^Apage des Fürsten durch den Wald zu be-
f T jeglichen Unfall zu verhüten.
btz"fA Ball war gelungen, Onkelchen, aber heute
He Avs," beantwortete Liza eine darauf bezüg-
fttz Aage, gtß am nächsten Tage an der Seite
u über den Hof schritt, um das versäumte
tAAgnügcn von gestern nachzuhvlen. „Ade,
ft uickte sie, stehen bleibend, nach einem
A Aßfenster hinauf, an dem Frau Weißling
den beiden nachschaute.
fykArnimnsheil!" ruft sie freundlich herunter.
° scherzend an das kleine, mit einer Reiher-

feder geschmückte Hütchen, dann wirft sie die Flinte
geschickt über die Schulter, wie ein echter, kecker
Jägersmann, pfeift den braungefleckten Jagdhund
an ihre Seite und schreitet rüstig aus, um dem
Grafen nachzueilen, der langsam vcrangegangen ist,
um noch einige Worte mit dem Jnspekior auSzu-
tauschen.
„Du siehst allerliebst aus in Deinem neuen,
russischgrünen Jagdanzug, kleine Maus," sagte
Graf Kork, voll sichtlichem Wohlgefallen seine Blicke
auf Liza richtend, die einige Schritte vorausgeeilt
war, um Dianas glänzendes Fell zu streicheln.
„Wem habe ich das alles zu danken, Onkel
chen?" Freudestrahlend blickte Liza zu dem statt-
lichen Herrn empor.
„Still, das Häschen dort auf dem Acker soll
zuerst einen Purzelbaum schi ßen." Sie legte die
Flinte an und Piff, Paff gings gleich darnach in
kurzen Zwischenräumen. Allein Meister Lampe er-
griff stets zur rechten Zeit das Hasenpanier, ohne
daß der kühne weibliche Schütze auch nur einen
einzigen erlegte.
„Ich habe heute schauderhaftes Pech, Onkel,"
sagte sie, unwillig mit dem Fuße stampfend. „Die
Hand ist unsicher, es flimmert mir vor den
Augen."
„Du bist nervös, Liza," beruhigte Kork, die
Sonne scheint hier grell, laß uns' in den Wald
gehen, dort stehen ein Paar feiste Rehbkcke, Ver-
suchs einem den Garaus zu machen."
Liza's gute Laune war bei dieser Aussicht schnell
zurückgekehrt und so stiegen Onkel und Nichte eine
leichte Anhöhe herauf, gingen ein Stück längs der
Waldlisiere und traten dann in den tiefen Forst;

während das junge Mädchen verlangend umher-
schaut, ob sich nicht die ersehnte Jagdbeute irgend-
wo erblicken läßt. Da stieg ein Fasan in ihrer
nächsten Nähe empor; sie hebt die Flinte, ihr Auge
funkelt; doch es scheint sich heute alles gegen sie
verschworen zu haben, des Grafen Hand legt sich
auf ihren Arm, der schillernde Vogel fliegt davon.
„Pst, pst, hörtest Du nicht einen Schuß?"
fragte er aufgeregt. Liza batte in ihrem Eifer
nichts vernommen. Beide lauschten eine Weile mit
geschärftem Sinne.
„Das wird der lahme Henkel sein; anstatt den
Leuten die Schuhe zu flicken, stiehlt er mir das
Wild. Der Kerl ist eben so verwegen, wie schlau
und verstand es bisher, sich vor der Entdeckung zu
schützen. Bleibe hier zurück, ich will nach dem
Höllengrund, dort steht das beste Wild, von da her
schien der Schuß zu kommen, vielleicht glückt es
mir, ihn auf frischer That zu ertappen."
„Nein, Onkel, allein lasse ich Dich nicht," bat
Liza. „Papa sagte immer, Wilddiebe geben keinen
Pardon, sie gleichen reißenden Thieren und zu zweien
isl's weniger gefährlich."
Wenngleich dem Grafen ernste Bedenken auf-
steigen, daß das junge Mädchen bei einem etwaigen
Rencontre mit dem gefährlichen Wilderer in Ge-
fadr gerathen könnte, mußte er doch endlich den
dringenden Bitten nachgeben. So gingen sie vom
Hauptwege ab, lenkten ihre Schritte nach der
Chaussee und bogen dann in eine langgestreckte, be-
waldete Thalmulde ein, jedes Geräusch vermeidend.
Des Grafen scharfes Auge hatte bald den Misse-
thäter in der Gestalt eines arbeitsscheuen Henkel
erkannt, der auf Schußweite entfernt, mit dem

Rücken nach dem Grafen gewandt, in gebückter
Stellung über einen Reobock gebeugt stand-
„Stelle Dich hinter jenen Baum," flüsterte er
Liza zu, „und rühre Dich nicht aus der geschützten
Stellung."
Das sonst so beherzte Mädchen zitterte am ganzen
Körper, während es der Weisung nachkam, ohne
auch nur einen Augenblick die Bewegungen des
rothaarigen, wüst aussehenden Menschen aus dem
Auge zu lassen, der ein langes Messer zwischen den
Zähnen, das getödtete Wild auswaidete, ohne die
nahe Gefahr zu ahnen, die im Hinterhalt auf ihn
lauerte. Da hebt der Graf das Gewehr, seine
laute Stimme ruft ein donnerndes: „Halt, Kerl,
so habe ich Dich endlich." Der Angerufene schnellt
blitzschnell in die Höhe, das Messer fällt zur Erde,
die Augen starren wild herüber zu dem Herrn, der
zur Nothwebr bereit steht. Der Wilderer greift
nach seiner Schutzwaffe; katzenartig springt er hinter
einen Baum und legt die Flinte an. Aber auch
der Graf thut das Gleiche: zwei Schüsse krachen,
das Echo nimmt sie auf und trägt den Schall weit
hinüber über die Wipfel des Waldes. Mit einem
unterdrückten Schrei sinkt der Graf in die Kniee.
Da blitzt ein Feuerstrahl aus Liza's Gtwebr; einen
gellenden Schmerzensschrei stützt der entfliehende
Wilderer aus und stürzt der Länge nach in den
Schnee. Nun erst eilt Pag junge, beherzte Mäd-
chen, das ihre Geistesgegenwart keinen Augenblick
verloren hat, zu dem Grafen und unterstützt den
Schwankenden.
„Onkel, oh, mein Gott, Tu blutest," rufst sie
in ihrer Todesangst.
„Der Kerl war im Vortbeil, er hatte eine
 
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