Gesucht und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
48) (Fortsetzung.)
Maya sah an diesem Morgen noch hübscher
aus, wie gewöhnlich. Die Aufregung hatte die
Röthe auf ihren Wangen erhöht und ihren Augen
einen ungewohnten Glanz verliehen.
Sie war heiter und lebhaft, aber es war viel-
leicht etwas zu viel Herablassung in ihrem Danke
'Ür die Huldigung dieser untergeordneten Wesen, zu
viel Hochmuth, als hielte sie die Krämer, Bauern
Und Arbeiter von Dorf Tregaron für nichts Bes-
seres als die armen Hindus in Khalsar- Sie trug
einen Anzug von grauer Seide, und gleichen Hut
suit grauen Federn und blaßrothen Rosen. Um
Hren Hals trug sie das Halsband Agnes Elliot's,
Elches Maya als einen unumstößlichen Beweis ihrer
Identität zu betrachten schien und welches sie da-
her gerne an ihrer Person dem Grafen vor Augen
pachte. Sinda trug ein ganz einfaches schwarzes
Seidenkleid und einen schwarzen Hut mit feinen
^fißen Blüthen. Trotz Maya's Frische und Heiter-
es und lieblicher Schönheit war der Kontrast
fischen den beiden Mädchen nie auffallender, und
/^r die herrliche Schönheit Sinda's nie vortheil-
hufter erschienen. Sie war blaß, wie immer, ihre
iHönen klaren Augen schweiften mit ruhigen, an-
.Kennenden Blicken über die Leute und die Gegend
.'n, ihre breite, weiße, von goldnen Haarwellen um-
^hmte Stirne und ihre klassisch regelmäßigen Züge
Zuckten keinen Neid aus, keine Bitterkeit lag um
Vren rothen, feinen Mund; sich mit Maya's Glück
l irrend, als ob diese ihre geliebte Schwester wäre,
verrieth ihr schönes und edles Gesicht ihre hoch sin-
nige edle Seele.
Graf Tregaron und Armand erkannten Beide
die Thatsache, daß sie aus edlerem Stoffe war, als
die hübsche, oberflächliche, eitle Maya, und der Er-
stere seufzte, während der junge Mann von einer
lebhaften Bewunderung und Zärtlichkeit für sie er-
füllt wurde, welche sich in seinen Zügen malte.
Elliot hatte Sinda mit ganzer Seele lieben gelernt,
mit der ganzen Gluth einer großen und leiden-
schaftlichen Natur; aber er batte es nie gewagt, ihr
von seiner Liebe zu sprechen, wenn sie aber in Belle
Jsle untergebracht, dürfte er sprechen und er
beabsichtigte es zu thun, obgleich er von bangen
Zweifeln erfüllt war, ob Sinda seine Liebe erwiderte.
Der Wagen war jetzt außerhalb des Dorfes an-
gelangt und fuhr über die wohlgepflrgte Landstraße,
bald in den Park einbiegend. Nachdem sie eine
sehr bedeutende Strecke zurückgelegt hatten, gelangten
sie zur Brücke, die den Fluß überspannte, und so
die Insel mit dem Festlande in Verbindung brachte.
Diese aus Marmor erbaute Brücke war ganz mit
Blumen bestreut. Sie fuhren darüber unter einem
h-chen Blumenbogen hinweg, durch die breite gewun-
dene Allee des Jnselparkes nach dem Schlosse zu.
Auf dem ganzen Wege standen die Dorfbewohner
mit ihren Familien in Reihe und Glied und laute
Willkommen-Rufe schallten dem Wagen entgegen
und folgten ihm nach, bis er vor der Pforte des
Schlosses still hielt. Der Graf stieg ab und half
Maya und Sinda aussteigen. Elliot folgte und
die Equipage fuhr nach dem Remise. Graf Tre-
garon reichte Maya seinen Arm und führte sie in's
k>ous Sinda ' Nd Elliot folgten ihnen auf dem Fuße.
Nummer 277. H Jahrgang.
Neuere
Montag, 26. November 1894.
General
nrelger
für Heidelberg und Umgegend
-ck
Expedition: ^KcnrptUrcrße 'M«. 25.
AbonnementSpreiö r
mit Sseittgcm illuftrirtem SonutagUIatt: monatlich
4V Pfrnnig frei in'S Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld-
Jnsertion-preis r
die lsgaltige Petttzeile oder deren Raum 6 Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
——--«
Expedition: Aauptstratze Mr. 25.
GeLeseirstes VLntt iir Sterdt rr. HeideLbEVg und Ltinssseird. GVZtzteu Euf-ts für Jirser ate
«M- T-l-pvon-AnfÄlutz Nr.lttL.
Fortwährend
«erden von allen Postanstalten, Landbriestrügern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.
Der westliche Kurs.
Als Zar Nikolaus II. vorzeitig zur Herr-
schaft gelangte, war seine eigentliche Gesinnung
ein Geheimniß. Niemand wußte, in welchem
Geiste der neue Herr regieren werde. Neben zu-
versichtlichen Behauptungen einer bevorstehenden
Besserung der politischen Zustände Rußlands
wurden überwiegend zahlreiche Stimmen laut,
welche von der Regierung des Zaren Nikolaus II.
die Fortsetzung des Systems Alexanders III. prophe-
zeiten. Pessimistisches Abwarten der ersten Re-
gierungshandlungen des neuen Zaren schien ge-
rathen und wurde geübt. Um so angenehmer
empfinden wir die Wirkung der Meldungen aus
St. Petersburg, welche einen totalen Umschwung
der inneren Politik zu signalisiren scheinen.
Schon der Umstand, daß Zar Nikolaus II.
in seinem Antrittsmanifeste den selbstherrscherlichen
Standpunkt nicht betonte, der in dem bekannten
Manifeste Alexanders III. so stark hervorgehoben
worden war, gestattete einen Rückschluß auf die
Politischen Tendenzen des jugendlichen Monarchen.
Für diesen Rückschluß sind seitdem noch wesent-
lichere Argumente aufgetaucht. Eine der ersten
Regierungshandlungen des neuen Kaisers war die
Aufhebung des Belagerungszustandes über St.
Petersburg und die offizielle und ehrenvolle Zu-
ziehung der Journalistik zu den Leichenfeierlich-
keiten. Zar Nikolaus II- weiß die öffentliche
Meinung und ihre Vertreter zu schätzen, ja, man
sagt ihm nach, daß er beabsichtigt, die Censur
abzuschaffen und der Presse die Freiheit zu geben,
die sie nöthig hat, um ihre Mission als Ausdruck
der Volksstimme zu erfüllen. Das ist ein gutes
Zeichen; es charakterisirt die Geistesklarheit und
richtige Einsicht des neuen Zaren.
Aber nicht nur durch die schwerwiegenden Zu-
geständnisse an die öffentliche Meinung, durch
Welche Zar Nikolaus II. seine Regierungsthätigkeit
inaugurirte, erscheint der neue westliche Kurs in
Rußland markirt, sondern auch durch das Auf-
treten des jungen Herrschers gegenüber den Na-
tionalitäten seines Reiches. Den Polen wurde
vielfach gestattet, den Huldigungseid in polnischer
Sprache akzulegen und einer Deputation von
polnischen Notabilitäten die huldvollste Versiche-
rung ertheilt, daß ihm, dem Zaren, alle Kon-
fessionen gleich ehrwürdig erscheinen. Den Deutschen
W Finnland, welche den Huldigungseid ver-
Ueber die „Armenischen Greuel"
erhält die „Pol. Corresp." aus Konstantinopel
unter dem 19. November Nachrichten, welche
einigermaßen von der offiziösen, nur zu Gunsten
der Türken lautenden Darstellung abweichen,
andererseits aber auch die englisch-russischen
Schilderungen als übertrieben erscheinen lassen.
Der Bericht lautet:
„Um sich über die letzten blutigen Ereignisse
in Kurdistan ein richtiges Urtheil zu bilden,
muß man den Umstand im Auge behalten, daß
das große osmanische Reich Gebiete umfaßt, in
welchen sich die staatliche Autorität nur mit
großer Mühe aufrechterhalten läßt. Ein solcher
Wetterwinkel, in welchem lokale Frictionen der
gemischten Bevölkerung leicht größere Unruhen
herbeizuführen vermögen, ist das Ouellengebiet
des Tigris und auch die Umgebung des Wan-
Sees. Die Pazifizirung dieser Gegenden in den
Vierzigerjahren durch Reschid Pascha und Hafiz
Pascha, welche energisch aufräumten, wurde durch
die Nothwendigkcit, die türkischen Truppen dem
egyptischen Jnvasionsheere entgegenzuführen, unter-
brochen. Seit jener Zeit fanden nur Razzias
gegen einzelne Kurdenstämme statt, eine vollstän-
dige Pazifizirung wurde aber nicht durchgeführt.
Wenn es nun auch der Pforte allmälig gelungen
ist, durch verschiedene Mittel, unter Anderem
durch Heranziehung der pferdezüchtenden Kurden-
weigerten, weil das Manifest des Zaren an
Finnland nicht den Eid auf die Verfassung des
baltischen Großherzogthums enthielt, wird die
Konzession gemacht, daß ein zweites Manifest
ihre diesbezüglichen Forderungen erfüllt.
Das sind weittragende Momente zur Beur-
theilung des künftigen Regierungssystems Niko-
laus II. Nach diesen hoffnungsvollen Anfängen
seiner Regierung ist man berechtigt, zu erwarten,
daß mit Nikolaus II. ein freiheitlicheres und
segensreicheres Regime für Rußland beginnen
wird, welches die reichen Volkskräste des weiten
Reiches entwickelt und sie den Staatsintereffen
dienstbar macht, statt sie zu unterdrücken und
durch Unterdrückung theils zu lähmen, theils zu
einer Gefahr für die Dynastie und das Reich
selbst zu erziehen. Nikolaus II. tritt in die Fuß-
stapfen seines Großvaters Alexander II. Viel-
leicht erfüllt er das politische Testament des un-
vergeßlichen Bauernbefreiers, den vom 13. März
1881, seinem Todestage datirten Staatsakt,
durch welchen den hundert Millionen russischer
Unterthanen die Rechte freier Menschen im west-
europäischen Sinne ertheilt werden sollten. Das
wäre die größte That, die jemals ein russischer
Zar vollbracht hat.
stämmc zur Bildung einer Kavallerie-Miliz, die
Regierungsautorität einigermaßen zu befestigen,
so ist es ihr doch nicht überall möglich gewesen,
den mächtigen Einfluß der Stammeshäuptlinge
zu paralysiren. Diese Häuptlinge üben auch
heute noch vielfach eine beinahe unumschränkte
wird von autoritativer türkischer Stelle auf höch-
stens 2000 angegeben.
Dieses sind in Kürze die aus verschiedenen
vertrauenswürdigen Quellen geschöpften Angaben
über die Ereignisse, welche in englischen Blättern
sehr übertrieben dargestellt wurden."
Gewalt über ihre Stammes-Angehörigen aus,
befehden sich untereinander, verweigern von Zei
zu Zeit den Lokalbehörden die Steuern und be-
treiben häufig das Räuberhandwerk, worunter die
ganz friedliche Bevölkerung des flachen Landes,
hauptsächlich die christliche, zu leiden hat. Ins-
besondere in der letzten Zeit nahmen die Raub-
züge der Berg-Kurden, welche unter der infolge
der Cholera-Epidemien mehrere Jahre entstandenen
Hungersnoth gelitten haben, größeren Umfang an.
Speziell die armenische Bevölkerung in der im
Vilajet Bittlis gelegenen Ortschaft Sassun if
bereits durch längere Zeit von den Bergkurden
besonders stark bedrängt worden. Es soll ihr
im heurigen Frühjahr der Viehstand und sodann
im Sommer beinahe die ganze am Felde stehende
Ernte geraubt worden sein, infolge dessen sie der
größten Misere entgegen ging. Erbittert über
diese Gewattthätigkeiten und von auswärtigen
Agitatoren der armenischen Komites aufgestachelt,
beschlossen die Bewohner der genannten, sowie
anderer Nachbarortfchasten, einen Rachezug gegen
die Kurden. Derselbe wurde Ende August aus-
geführt und sollen hierbei von den Armeniern,
besonders in einem kurdischen Dorfe, arge Greuel-
thatm verübt worden sein. Der Generalgouver-
neur des Vilajets hat aus die Nachricht dieser
ausgedehnten Unruhen ein starkes Truppen-
detachement gegen die Armenier entsendet. Die-
selben flüchteten aus den südlich von Musch ge-
legenen Antogh Dagh und wurden dort, nach-
dem sie die Waffen nicht niederlegen wollten, im
offenen Kampfe zum großen Theile niedergemacht.
In den ersten Tagen des September begab sich
infolge eines Befehls aus Konstantinopel der
Kommandant des vierten Corps, Marschall Me-
tz em et Zeki Pascha mit einigen Linienbatail-
lons an Ort und Stelle. Gleichzeitig wurden
ruch einige Redif- (Landwehr-) Bataillone im
rächsten Bereich unter die Waffen gerufen, so
)aß Zeki-Pascha über etwa 5000 Mann ver-
fügte. Er führte nun durch mehrere Tage eine
Säuberung des aufständischen Gebietes durch,
vobei einige Ortschaften, deren Bewohner bei dem
Aufstand am meisten betheiligt waren und sich
)aher nicht freiwillig ergeben wollten, eingeäschert
vorden sein sollen. Daß bei diesen Pazifikations-
Internehmen und den früheren Ereignissen mehr
fls 6000 Menschen zu Grunde gegangen sind,
vird türkischerseits bestritten; der Menschenverlust
Deutsche» Reich.
Berlin, 26. November.
— Der Minister für Landwirthschaft Frhr.
v- Hammerstein-Loxten, sowie Rr Justiz-
minister Schönstedt sind zu Bevollmächtigten
Preußens beim Bundesrath ernannt worden.
— Die „Post" vernimmt, es sei ein auf-
klärender Runderlaß der Minister des Innern
und der Finanzen geplant, um die Communen
zu verhindern, in Widerspruch mit den Absichten
des Gesetzgebers bezüglich des Communalsteuer-
gesetzes Steuerverordnungen zu beschließen, wodurch
die Realsteuern ihre Bedeutung für den Com-
munalhaushalt verlieren und ungerechtfertigter
Weise den Schwerpunkt auf die Zuschläge zur
staatlichen Personalsteuer gelegt hat.
— Der Reichskanzler Fürst v. Hohenlohe
nahm am Samstag die Vorstellung der Beamten
des Auswärtigen Amts vor.
- Die „Nordd. Allg. Ztg." erklärt, eine Be-
stätigung der Blättermeldung vom Ausbruch eines
Ausstandes unter den Eingeborenen auf allen
Inseln um Neuguinea liege an den zuständigen
Stellen nicht vor. In der mitgetheilten Form
klinge die Nachricht nicht wahrscheinlich.
Karlsruhe, 24. Nov. Gestern ist der König-
liche Staatsminister der auswärtigen Angelegen-
heiten und Präsident des Staatsministeriums, Frei-
beri von Mittnacht, hier eingetroffen und im Hotel
Germania abgestiegen. Seine Ercellenz stattete im
Laufe des Tages den Ministern Besuche ab. Abends
and zu Ehren des Württembergischen Ministers
bei dem Minister des Großherzoglichen Hauses und
der auswärtigen Angelegenheiten und dessen Ge-
mahlin ein Diner statt, an welchem die Mitglieder
des Staatsministeriums, sowie noch andere Gäste
Theil nahmen.
Karlsruhe, 24. Novbr. lieber den Vollzug
)er N ot h sch l ach t ung e n hat der Vorstand
des Bad. Viehversicherungs-Verbandes unter dem
19. Nov. 1894 sämmtliche dem Verband ange-
chlsssene Ortsviehversicherungsanstalten durch
Rundschreiben benachrichtigt, es sei mehrfach vor-
gekommen, daß zur Nothschlachtung bestimmte
Thiere Seitens der Ortsviehversicherungsanstalten
im lebenden Zustande verkauft wurden und der
Verbandsvorstand habe in Folge dessen, gemäß
Art. 21 des Gesetzes vom 26. Juni 1890, in
solchen Fällen die Gewährung einer Entschädigung
In der breiten Vorhalle war die gejammte
Dienerschaft, etwa zwanzig an der Zahl, in zwei
Reihen aufgestellt, um die junge Herrin zu em-
pfangen ; an der Spitze der weiblichen Diener stand
die Haushälterin, an der Spitze der männlichen der
Haushofmeister. — Der Graf richtete einige Worte
an diese alten Familiendiener und stellte ihnen
Maya als Katharina Elliot, seine vielgeliebte
Tochter, vor. — Dann führte er Maya in den
großen, kühlen Salon mit seinen prachtvollen gelben
Atlasdivans und Fauteuils, seinem Glanze und
seiner Pracht. Er schlang seinen Arm um sie, zog
sie an seine Brust und sagte, sie mit -ältlichem
Stolze.betrachtend: „Du bist endlich daheim!"
Willkommen, tausendmal willkommen in Belle Jsle,
aber am willkommensten dem Herzen Deines Vaters,
das so lange öde und verlassen gewesen!" — Er
küßte ihre Stirn, Wangen und Lippen mit ein-r
ehrerbietigen Zärtlichkeit und mächtigen Dankgefühle,
das die eidle und oberflächliche Seele des Mäd-
chens hätte rühren und aus der selbstsüchtigen
Maya ein edleres, besseres weibliches Wesen hätte
machen sollen.
Maya noch immer umschlungen haltend, als ob
er sie nie wieder loslassen wollte, wandte sich
Lord Tregaron an Sinda und hieß auch sie in herz-
lichen Worten willkommen, und dankte Elliot für
das was er gethan hatte, und was eben durch keinen
Dank zu vergelten war. Während der Graf sprach,
schweiften Maya's sanfte Augen mit forschenden
Blicken durch das Gemach, mehr als den außer-
ordentlichen Geschmack der Einrichtung die Kostbar-
keit derselben, ihrer Bilder, Statuen und anderer
Kunsta-genstände bemerkend, und verkennendem
Blicke den Wintergarten mit seinen schlanken Pal-
men und seltenen Gewächsen betrachtend, der mit
dem Salon in Verbindung stand. Während sie in
Paris Einkäufe gemacht hatte, haCe sie den Werth
all dieser kostbaren Sachen kennen und schätzen ae-
lernt, und sie war entzückt über die Prachf und
den Reichthum, der sich ihren Blicken offenbarte.
Ihre niedrige Seele schwelgte in befriedigter Eitel-
keit und Selbstbeherrschung.
Während sie in ihre Rechnungen vertieft war,
rief der Graf die Haustältrin Frau Conner, eine
Pfarrerswittwe, herbei und bat sie, Fräulein Plain
auf die für sie vorbereiteten Zimmer zu führen.
Er war sehr vorsichtig gewesen, dem Haushof-
meister am vergangenen Tag zu telegraphiren, daß
er Gäste mitbringe und man hatte daher im Schlöffe
Zimmer für Sinda in Bereitschaft gesetzt. Sie
entfernte sich mit Frau Conner. Dann wurde der
Haushofmeister gerufen, der Elliot auf die für ihn
vorbereiteten Zimmer zu führen hatte. Maya hatte
diesen Vorgängen mit wachsendem Aerger zugesehen.
Es kam ihrer stets auf der Lauer liegenden Eifer-
sucht vor, als ob man sie nicht mit der gebührenden
Ehrerbietigkeit und Vornehmlichkeit behandele, als
ob man Sinda mehr Wichtigkeit beilege als ihr.
Ihre sanftenblauen Augen nahmen einen mürrischen
Ausdruck an und es wurde ihr schwer, die zornigen
Worte zu unterdrücken, die sich ihr auf die Lippen
drängten.
„Und jetzt, mein Liebling", sagte der Graf,
ohne ihren mürrischen Blick zu bemerken, als sie
allein waren, „habe ich Dich ganz für mich. Ich
habe Deine Zimmer ganz neu Herrichten lasten und
die Arbnten selbst geleitet, mich Dich dahin
Roman von Hermine Frankenstein.
48) (Fortsetzung.)
Maya sah an diesem Morgen noch hübscher
aus, wie gewöhnlich. Die Aufregung hatte die
Röthe auf ihren Wangen erhöht und ihren Augen
einen ungewohnten Glanz verliehen.
Sie war heiter und lebhaft, aber es war viel-
leicht etwas zu viel Herablassung in ihrem Danke
'Ür die Huldigung dieser untergeordneten Wesen, zu
viel Hochmuth, als hielte sie die Krämer, Bauern
Und Arbeiter von Dorf Tregaron für nichts Bes-
seres als die armen Hindus in Khalsar- Sie trug
einen Anzug von grauer Seide, und gleichen Hut
suit grauen Federn und blaßrothen Rosen. Um
Hren Hals trug sie das Halsband Agnes Elliot's,
Elches Maya als einen unumstößlichen Beweis ihrer
Identität zu betrachten schien und welches sie da-
her gerne an ihrer Person dem Grafen vor Augen
pachte. Sinda trug ein ganz einfaches schwarzes
Seidenkleid und einen schwarzen Hut mit feinen
^fißen Blüthen. Trotz Maya's Frische und Heiter-
es und lieblicher Schönheit war der Kontrast
fischen den beiden Mädchen nie auffallender, und
/^r die herrliche Schönheit Sinda's nie vortheil-
hufter erschienen. Sie war blaß, wie immer, ihre
iHönen klaren Augen schweiften mit ruhigen, an-
.Kennenden Blicken über die Leute und die Gegend
.'n, ihre breite, weiße, von goldnen Haarwellen um-
^hmte Stirne und ihre klassisch regelmäßigen Züge
Zuckten keinen Neid aus, keine Bitterkeit lag um
Vren rothen, feinen Mund; sich mit Maya's Glück
l irrend, als ob diese ihre geliebte Schwester wäre,
verrieth ihr schönes und edles Gesicht ihre hoch sin-
nige edle Seele.
Graf Tregaron und Armand erkannten Beide
die Thatsache, daß sie aus edlerem Stoffe war, als
die hübsche, oberflächliche, eitle Maya, und der Er-
stere seufzte, während der junge Mann von einer
lebhaften Bewunderung und Zärtlichkeit für sie er-
füllt wurde, welche sich in seinen Zügen malte.
Elliot hatte Sinda mit ganzer Seele lieben gelernt,
mit der ganzen Gluth einer großen und leiden-
schaftlichen Natur; aber er batte es nie gewagt, ihr
von seiner Liebe zu sprechen, wenn sie aber in Belle
Jsle untergebracht, dürfte er sprechen und er
beabsichtigte es zu thun, obgleich er von bangen
Zweifeln erfüllt war, ob Sinda seine Liebe erwiderte.
Der Wagen war jetzt außerhalb des Dorfes an-
gelangt und fuhr über die wohlgepflrgte Landstraße,
bald in den Park einbiegend. Nachdem sie eine
sehr bedeutende Strecke zurückgelegt hatten, gelangten
sie zur Brücke, die den Fluß überspannte, und so
die Insel mit dem Festlande in Verbindung brachte.
Diese aus Marmor erbaute Brücke war ganz mit
Blumen bestreut. Sie fuhren darüber unter einem
h-chen Blumenbogen hinweg, durch die breite gewun-
dene Allee des Jnselparkes nach dem Schlosse zu.
Auf dem ganzen Wege standen die Dorfbewohner
mit ihren Familien in Reihe und Glied und laute
Willkommen-Rufe schallten dem Wagen entgegen
und folgten ihm nach, bis er vor der Pforte des
Schlosses still hielt. Der Graf stieg ab und half
Maya und Sinda aussteigen. Elliot folgte und
die Equipage fuhr nach dem Remise. Graf Tre-
garon reichte Maya seinen Arm und führte sie in's
k>ous Sinda ' Nd Elliot folgten ihnen auf dem Fuße.
Nummer 277. H Jahrgang.
Neuere
Montag, 26. November 1894.
General
nrelger
für Heidelberg und Umgegend
-ck
Expedition: ^KcnrptUrcrße 'M«. 25.
AbonnementSpreiö r
mit Sseittgcm illuftrirtem SonutagUIatt: monatlich
4V Pfrnnig frei in'S Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld-
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für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
——--«
Expedition: Aauptstratze Mr. 25.
GeLeseirstes VLntt iir Sterdt rr. HeideLbEVg und Ltinssseird. GVZtzteu Euf-ts für Jirser ate
«M- T-l-pvon-AnfÄlutz Nr.lttL.
Fortwährend
«erden von allen Postanstalten, Landbriestrügern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.
Der westliche Kurs.
Als Zar Nikolaus II. vorzeitig zur Herr-
schaft gelangte, war seine eigentliche Gesinnung
ein Geheimniß. Niemand wußte, in welchem
Geiste der neue Herr regieren werde. Neben zu-
versichtlichen Behauptungen einer bevorstehenden
Besserung der politischen Zustände Rußlands
wurden überwiegend zahlreiche Stimmen laut,
welche von der Regierung des Zaren Nikolaus II.
die Fortsetzung des Systems Alexanders III. prophe-
zeiten. Pessimistisches Abwarten der ersten Re-
gierungshandlungen des neuen Zaren schien ge-
rathen und wurde geübt. Um so angenehmer
empfinden wir die Wirkung der Meldungen aus
St. Petersburg, welche einen totalen Umschwung
der inneren Politik zu signalisiren scheinen.
Schon der Umstand, daß Zar Nikolaus II.
in seinem Antrittsmanifeste den selbstherrscherlichen
Standpunkt nicht betonte, der in dem bekannten
Manifeste Alexanders III. so stark hervorgehoben
worden war, gestattete einen Rückschluß auf die
Politischen Tendenzen des jugendlichen Monarchen.
Für diesen Rückschluß sind seitdem noch wesent-
lichere Argumente aufgetaucht. Eine der ersten
Regierungshandlungen des neuen Kaisers war die
Aufhebung des Belagerungszustandes über St.
Petersburg und die offizielle und ehrenvolle Zu-
ziehung der Journalistik zu den Leichenfeierlich-
keiten. Zar Nikolaus II- weiß die öffentliche
Meinung und ihre Vertreter zu schätzen, ja, man
sagt ihm nach, daß er beabsichtigt, die Censur
abzuschaffen und der Presse die Freiheit zu geben,
die sie nöthig hat, um ihre Mission als Ausdruck
der Volksstimme zu erfüllen. Das ist ein gutes
Zeichen; es charakterisirt die Geistesklarheit und
richtige Einsicht des neuen Zaren.
Aber nicht nur durch die schwerwiegenden Zu-
geständnisse an die öffentliche Meinung, durch
Welche Zar Nikolaus II. seine Regierungsthätigkeit
inaugurirte, erscheint der neue westliche Kurs in
Rußland markirt, sondern auch durch das Auf-
treten des jungen Herrschers gegenüber den Na-
tionalitäten seines Reiches. Den Polen wurde
vielfach gestattet, den Huldigungseid in polnischer
Sprache akzulegen und einer Deputation von
polnischen Notabilitäten die huldvollste Versiche-
rung ertheilt, daß ihm, dem Zaren, alle Kon-
fessionen gleich ehrwürdig erscheinen. Den Deutschen
W Finnland, welche den Huldigungseid ver-
Ueber die „Armenischen Greuel"
erhält die „Pol. Corresp." aus Konstantinopel
unter dem 19. November Nachrichten, welche
einigermaßen von der offiziösen, nur zu Gunsten
der Türken lautenden Darstellung abweichen,
andererseits aber auch die englisch-russischen
Schilderungen als übertrieben erscheinen lassen.
Der Bericht lautet:
„Um sich über die letzten blutigen Ereignisse
in Kurdistan ein richtiges Urtheil zu bilden,
muß man den Umstand im Auge behalten, daß
das große osmanische Reich Gebiete umfaßt, in
welchen sich die staatliche Autorität nur mit
großer Mühe aufrechterhalten läßt. Ein solcher
Wetterwinkel, in welchem lokale Frictionen der
gemischten Bevölkerung leicht größere Unruhen
herbeizuführen vermögen, ist das Ouellengebiet
des Tigris und auch die Umgebung des Wan-
Sees. Die Pazifizirung dieser Gegenden in den
Vierzigerjahren durch Reschid Pascha und Hafiz
Pascha, welche energisch aufräumten, wurde durch
die Nothwendigkcit, die türkischen Truppen dem
egyptischen Jnvasionsheere entgegenzuführen, unter-
brochen. Seit jener Zeit fanden nur Razzias
gegen einzelne Kurdenstämme statt, eine vollstän-
dige Pazifizirung wurde aber nicht durchgeführt.
Wenn es nun auch der Pforte allmälig gelungen
ist, durch verschiedene Mittel, unter Anderem
durch Heranziehung der pferdezüchtenden Kurden-
weigerten, weil das Manifest des Zaren an
Finnland nicht den Eid auf die Verfassung des
baltischen Großherzogthums enthielt, wird die
Konzession gemacht, daß ein zweites Manifest
ihre diesbezüglichen Forderungen erfüllt.
Das sind weittragende Momente zur Beur-
theilung des künftigen Regierungssystems Niko-
laus II. Nach diesen hoffnungsvollen Anfängen
seiner Regierung ist man berechtigt, zu erwarten,
daß mit Nikolaus II. ein freiheitlicheres und
segensreicheres Regime für Rußland beginnen
wird, welches die reichen Volkskräste des weiten
Reiches entwickelt und sie den Staatsintereffen
dienstbar macht, statt sie zu unterdrücken und
durch Unterdrückung theils zu lähmen, theils zu
einer Gefahr für die Dynastie und das Reich
selbst zu erziehen. Nikolaus II. tritt in die Fuß-
stapfen seines Großvaters Alexander II. Viel-
leicht erfüllt er das politische Testament des un-
vergeßlichen Bauernbefreiers, den vom 13. März
1881, seinem Todestage datirten Staatsakt,
durch welchen den hundert Millionen russischer
Unterthanen die Rechte freier Menschen im west-
europäischen Sinne ertheilt werden sollten. Das
wäre die größte That, die jemals ein russischer
Zar vollbracht hat.
stämmc zur Bildung einer Kavallerie-Miliz, die
Regierungsautorität einigermaßen zu befestigen,
so ist es ihr doch nicht überall möglich gewesen,
den mächtigen Einfluß der Stammeshäuptlinge
zu paralysiren. Diese Häuptlinge üben auch
heute noch vielfach eine beinahe unumschränkte
wird von autoritativer türkischer Stelle auf höch-
stens 2000 angegeben.
Dieses sind in Kürze die aus verschiedenen
vertrauenswürdigen Quellen geschöpften Angaben
über die Ereignisse, welche in englischen Blättern
sehr übertrieben dargestellt wurden."
Gewalt über ihre Stammes-Angehörigen aus,
befehden sich untereinander, verweigern von Zei
zu Zeit den Lokalbehörden die Steuern und be-
treiben häufig das Räuberhandwerk, worunter die
ganz friedliche Bevölkerung des flachen Landes,
hauptsächlich die christliche, zu leiden hat. Ins-
besondere in der letzten Zeit nahmen die Raub-
züge der Berg-Kurden, welche unter der infolge
der Cholera-Epidemien mehrere Jahre entstandenen
Hungersnoth gelitten haben, größeren Umfang an.
Speziell die armenische Bevölkerung in der im
Vilajet Bittlis gelegenen Ortschaft Sassun if
bereits durch längere Zeit von den Bergkurden
besonders stark bedrängt worden. Es soll ihr
im heurigen Frühjahr der Viehstand und sodann
im Sommer beinahe die ganze am Felde stehende
Ernte geraubt worden sein, infolge dessen sie der
größten Misere entgegen ging. Erbittert über
diese Gewattthätigkeiten und von auswärtigen
Agitatoren der armenischen Komites aufgestachelt,
beschlossen die Bewohner der genannten, sowie
anderer Nachbarortfchasten, einen Rachezug gegen
die Kurden. Derselbe wurde Ende August aus-
geführt und sollen hierbei von den Armeniern,
besonders in einem kurdischen Dorfe, arge Greuel-
thatm verübt worden sein. Der Generalgouver-
neur des Vilajets hat aus die Nachricht dieser
ausgedehnten Unruhen ein starkes Truppen-
detachement gegen die Armenier entsendet. Die-
selben flüchteten aus den südlich von Musch ge-
legenen Antogh Dagh und wurden dort, nach-
dem sie die Waffen nicht niederlegen wollten, im
offenen Kampfe zum großen Theile niedergemacht.
In den ersten Tagen des September begab sich
infolge eines Befehls aus Konstantinopel der
Kommandant des vierten Corps, Marschall Me-
tz em et Zeki Pascha mit einigen Linienbatail-
lons an Ort und Stelle. Gleichzeitig wurden
ruch einige Redif- (Landwehr-) Bataillone im
rächsten Bereich unter die Waffen gerufen, so
)aß Zeki-Pascha über etwa 5000 Mann ver-
fügte. Er führte nun durch mehrere Tage eine
Säuberung des aufständischen Gebietes durch,
vobei einige Ortschaften, deren Bewohner bei dem
Aufstand am meisten betheiligt waren und sich
)aher nicht freiwillig ergeben wollten, eingeäschert
vorden sein sollen. Daß bei diesen Pazifikations-
Internehmen und den früheren Ereignissen mehr
fls 6000 Menschen zu Grunde gegangen sind,
vird türkischerseits bestritten; der Menschenverlust
Deutsche» Reich.
Berlin, 26. November.
— Der Minister für Landwirthschaft Frhr.
v- Hammerstein-Loxten, sowie Rr Justiz-
minister Schönstedt sind zu Bevollmächtigten
Preußens beim Bundesrath ernannt worden.
— Die „Post" vernimmt, es sei ein auf-
klärender Runderlaß der Minister des Innern
und der Finanzen geplant, um die Communen
zu verhindern, in Widerspruch mit den Absichten
des Gesetzgebers bezüglich des Communalsteuer-
gesetzes Steuerverordnungen zu beschließen, wodurch
die Realsteuern ihre Bedeutung für den Com-
munalhaushalt verlieren und ungerechtfertigter
Weise den Schwerpunkt auf die Zuschläge zur
staatlichen Personalsteuer gelegt hat.
— Der Reichskanzler Fürst v. Hohenlohe
nahm am Samstag die Vorstellung der Beamten
des Auswärtigen Amts vor.
- Die „Nordd. Allg. Ztg." erklärt, eine Be-
stätigung der Blättermeldung vom Ausbruch eines
Ausstandes unter den Eingeborenen auf allen
Inseln um Neuguinea liege an den zuständigen
Stellen nicht vor. In der mitgetheilten Form
klinge die Nachricht nicht wahrscheinlich.
Karlsruhe, 24. Nov. Gestern ist der König-
liche Staatsminister der auswärtigen Angelegen-
heiten und Präsident des Staatsministeriums, Frei-
beri von Mittnacht, hier eingetroffen und im Hotel
Germania abgestiegen. Seine Ercellenz stattete im
Laufe des Tages den Ministern Besuche ab. Abends
and zu Ehren des Württembergischen Ministers
bei dem Minister des Großherzoglichen Hauses und
der auswärtigen Angelegenheiten und dessen Ge-
mahlin ein Diner statt, an welchem die Mitglieder
des Staatsministeriums, sowie noch andere Gäste
Theil nahmen.
Karlsruhe, 24. Novbr. lieber den Vollzug
)er N ot h sch l ach t ung e n hat der Vorstand
des Bad. Viehversicherungs-Verbandes unter dem
19. Nov. 1894 sämmtliche dem Verband ange-
chlsssene Ortsviehversicherungsanstalten durch
Rundschreiben benachrichtigt, es sei mehrfach vor-
gekommen, daß zur Nothschlachtung bestimmte
Thiere Seitens der Ortsviehversicherungsanstalten
im lebenden Zustande verkauft wurden und der
Verbandsvorstand habe in Folge dessen, gemäß
Art. 21 des Gesetzes vom 26. Juni 1890, in
solchen Fällen die Gewährung einer Entschädigung
In der breiten Vorhalle war die gejammte
Dienerschaft, etwa zwanzig an der Zahl, in zwei
Reihen aufgestellt, um die junge Herrin zu em-
pfangen ; an der Spitze der weiblichen Diener stand
die Haushälterin, an der Spitze der männlichen der
Haushofmeister. — Der Graf richtete einige Worte
an diese alten Familiendiener und stellte ihnen
Maya als Katharina Elliot, seine vielgeliebte
Tochter, vor. — Dann führte er Maya in den
großen, kühlen Salon mit seinen prachtvollen gelben
Atlasdivans und Fauteuils, seinem Glanze und
seiner Pracht. Er schlang seinen Arm um sie, zog
sie an seine Brust und sagte, sie mit -ältlichem
Stolze.betrachtend: „Du bist endlich daheim!"
Willkommen, tausendmal willkommen in Belle Jsle,
aber am willkommensten dem Herzen Deines Vaters,
das so lange öde und verlassen gewesen!" — Er
küßte ihre Stirn, Wangen und Lippen mit ein-r
ehrerbietigen Zärtlichkeit und mächtigen Dankgefühle,
das die eidle und oberflächliche Seele des Mäd-
chens hätte rühren und aus der selbstsüchtigen
Maya ein edleres, besseres weibliches Wesen hätte
machen sollen.
Maya noch immer umschlungen haltend, als ob
er sie nie wieder loslassen wollte, wandte sich
Lord Tregaron an Sinda und hieß auch sie in herz-
lichen Worten willkommen, und dankte Elliot für
das was er gethan hatte, und was eben durch keinen
Dank zu vergelten war. Während der Graf sprach,
schweiften Maya's sanfte Augen mit forschenden
Blicken durch das Gemach, mehr als den außer-
ordentlichen Geschmack der Einrichtung die Kostbar-
keit derselben, ihrer Bilder, Statuen und anderer
Kunsta-genstände bemerkend, und verkennendem
Blicke den Wintergarten mit seinen schlanken Pal-
men und seltenen Gewächsen betrachtend, der mit
dem Salon in Verbindung stand. Während sie in
Paris Einkäufe gemacht hatte, haCe sie den Werth
all dieser kostbaren Sachen kennen und schätzen ae-
lernt, und sie war entzückt über die Prachf und
den Reichthum, der sich ihren Blicken offenbarte.
Ihre niedrige Seele schwelgte in befriedigter Eitel-
keit und Selbstbeherrschung.
Während sie in ihre Rechnungen vertieft war,
rief der Graf die Haustältrin Frau Conner, eine
Pfarrerswittwe, herbei und bat sie, Fräulein Plain
auf die für sie vorbereiteten Zimmer zu führen.
Er war sehr vorsichtig gewesen, dem Haushof-
meister am vergangenen Tag zu telegraphiren, daß
er Gäste mitbringe und man hatte daher im Schlöffe
Zimmer für Sinda in Bereitschaft gesetzt. Sie
entfernte sich mit Frau Conner. Dann wurde der
Haushofmeister gerufen, der Elliot auf die für ihn
vorbereiteten Zimmer zu führen hatte. Maya hatte
diesen Vorgängen mit wachsendem Aerger zugesehen.
Es kam ihrer stets auf der Lauer liegenden Eifer-
sucht vor, als ob man sie nicht mit der gebührenden
Ehrerbietigkeit und Vornehmlichkeit behandele, als
ob man Sinda mehr Wichtigkeit beilege als ihr.
Ihre sanftenblauen Augen nahmen einen mürrischen
Ausdruck an und es wurde ihr schwer, die zornigen
Worte zu unterdrücken, die sich ihr auf die Lippen
drängten.
„Und jetzt, mein Liebling", sagte der Graf,
ohne ihren mürrischen Blick zu bemerken, als sie
allein waren, „habe ich Dich ganz für mich. Ich
habe Deine Zimmer ganz neu Herrichten lasten und
die Arbnten selbst geleitet, mich Dich dahin