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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 281 - Nr. 290 (30. November - 11. Dezember)
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Nummer 28». LL. Jahrgang.

Aenev

Dienstag, 11. Dezember 1884.

General-GAn^eiger



für Heidelberg und Umgegend




JnscrtionSprcisr
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entgegengenommen.
DeMchsK Reis-.
Berlin, 11. Dezember.
— Der Kaiser empfing vorgestern Mittag
um 12 Uhr im neuen Palais das Präsidium
des deutschen Reichstags (v. Levetzow,
Frhr. v. Buol und Dr. Bürklin) und begrüßte
jeden einzelnen der drei Herren in äußerst huld-
voller Weise. Er gab zunächst seiner Befriedigung
über die Wiederwahl des Präsidiums Ausdruck
und kam während der etwa eine halbe Stunde
dauernden Audienz auch auf die Er e i g n i ss e am
ersten Sitzungstage zurück, was auch wohl
allgemein erwartet worben war. Der Kaiser
äußerte jedoch ausdrücklich, daß er diese Zwischen-
fälle durchaus nicht persönlich nehme, son-
dern sie nur als Schmähungen gegen unsere
verfassungsmäßige Bestimmungen be-
trachte, da ja auch das Kaiserthum eine Ein-
richtung unserer Verfassung sei. Von der Um-
sturzvorlage bemerkte der Kaiser, sie verfolge unter-
anderem auch den Zweck, derartige Schmähungen
zu verhüten. Der Kaiser unterhielt sich dann
eingehend mit den Herren des Präsidiums über
die innere Lage, besprach besonders die Verhält-
nisse der Landwirthschaft, verwies auf das Miß-
verhältniß der Kornpreise und der Brotpreise und
ging des Näheren auf den Zuckerrübenbau ein, er-
wähnte schließlich seine letzte Nordlandreise und
entließ dann das Präsidium in freundlichster Weise.
Die Herren hatten gleich darauf auch die Ehre,
von der Kaiserin ebenso huldvoll empfangen zu
we-den. Die Kaiserin gab ihrer Bewunderung über
die landschaftlichen Schönheiten der Mark und
Herrn von Buol gegenüber auch des Schwarzwaldes
Ausdruck, erwähnte ebenfalls ihre letzte Reise an
den Küsten und in daS Innere Norwegens und
erinnerte sich des damaligen Zusammentreffens mit
Dr. Bürklin, der zu jener Zeit auch gerade auf
einer Reise nach dem Nordcap begriffen war. Das
Reichstagspräsidium kehrte vom Neuen Palais um
2 Uhr nach Berlin zurück.
— Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe über-
mittelte dem Präsidenten des Reichstages einen An-
trag des ersten Staatsanwalts des Berliner Land-
gerichts, in welchem die Genehmigung des Reichs-
tags zur Strafverfolgung der sozialdemokra-
tischen Abgeordneten nachgesucht wird, die
in der Sitzung vom 6. Dezember beim Hoch auf
den Kaiser sitzen blieben. Die Anklage wird auf
Majestätsbeleidigung lauten. (Artikel 30

HesuchL und Kefunöen.
61) Roman von Hermine Frankenstein.
(Fortsetzung.)
„Aber- sie gehören ja gar nicht Ihnen, Madame,"
sagte die alte Hindudienerin Smda's — „So,
sie gehören nicht mir? Sie sind eine Heidin und
verstehen nichts vom englischen Gesetze; aber die
Eltern sind hier zu Lande Herr und Meister über
ihr Kind, lassen Sie sich das sagen und jder Ver-
dienst und die Besitzungen des Kindes gehören
rechtmäßig den Eltern. Hetzen Sie Rhoda nicht
gegen ihre eigene Mutter auf, oder ich jage sie
aus dem Dienste."
Frau Biggs sprach kein Wort weiter, bis sie
am Bahnhofe angelangt waren. Dann fragte sie,
in welchen Koffer Sinda's Juwelen gepackt waren und
schaute ängstlich zu, bis er in den Gepäckwagen ein-
geschoben war. Die Reise nach London war Sinda
schrecklich langweilig. Ihre ganze außerordentliche
Gewissenhaftigkeit, alle ihre durch ihre jahrelange
Verwaistheit überspannten Begriffe von kindlicher
Pflicht und kindlichem Gehorsam konnten sie nicht
mit diesem entsetzlichen alten Weibe, mit auf-
gedunsenen rothen Wangen, der kupfrigen, geschwol-
lenen Nase und den trüben Augen versöhnen. Eie
bedauerte cs lebhaft, Frau Biggs durch die Zeitung
gesucht ru haben. Es wäre besser gewesen, ihre,
wahre Herkunft nie gekannt zu haben, besser, ge-
storben zu sein mit dem schönen Ideal einer sanf-
ten, edlen, liebevollen Mutter, das sie im Herzen
getragen hatte, als eine Mutter, wie diese gefunden
zu haben — eine Mutter, die sie w'der lieben, noch
achten konnte, eine Mutter, gegen die sich ihre

der Verfassung des deutschen Reiches sagt: „Kein
Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit
wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Au -
übung seines Berufes gethanen Aeußerungen gericht-
lich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb
der Versammlung zur Verantwortung gezogen wer-
den." Artikel 30 Absatz 1: „Ohne Genehmigung
des Reichstages kann kein Mitglied desselben wäb-
rend der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe
bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder
verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der
Tdat oder im Laufe des nächstfolgenden Tages er-
griffen wird.")
— Die gestern erschienene erste Nummer der
neuen amtlichen „Berliner Korresponden z"
sagt zu der vom Ersten Staatsanwalt nachgc-
suchten strafrechtlichen Verfolgung der
sozialdemokratischen Rcichstagsabge-
ordneten wegen des Sitzenbleibens bei dem Hoch
auf den Kaiser: Es dürfte im ganzen Lande erwartet
werden, daß der Reichstag die verfassungögemäß
nachgesuchte Genehmigung zur Einleitung der Ver-
folgung während der Sitzungsperiode nicht versagen
wird. Der Reichstag als Vertretung der Nation
habe selbst das größte Interesse, alles zu schützen,
was dem Volke heilig, und zu bekämpfen, was des
Volkes Empfinden verletzt. Durch die strafrechtliche
Verfolgung wird die gewährleistete Immunität in
keiner Weise angetastet. Durch die strafrechtliche
Praxis ist festgestellt, daß die Ehrfurcht gegen
die Majestät nicht nur durch Handlungen,
sondern auch durch Unterlassungen ver-
letzt werden kann. Sollte aber die strafrechtliche
Verfolgung nicht die erforderliche Sühne bringen,
würde daraus nur folgen, daß die gesetzlichen Be-
stimmungen nicht auSreichten. In diesem Falle
wäre Bedacht zu nehmen, die gesetzlichen Befugnisse
zum Schutze der Person des Kaisers zu erweitern.
— Der Vorstand des Zsntral-Ausschusscs der
vereinigten Jnnungsver bände Deutschlands
hat im Verfolge eines von den vereinigten Ver-
bandsvorständcn vom 12. Oktober d. I. gefaßten
Beschlusses im Namen der bei ihm als Mitglieder
betheiligten 35 Jnnungsverbände der Bäcker,
Baugewerke, Böttcher, Buchbinder, Dachdecker,
Drechsler, Färber, Fleischer, Glaser, Klempner,
Korbmacher, Kürschnert, Maler, Perrückenmacher,
und Friseure, Sattler, Riemer und Täschner,
Schlosser, Schmiede, Schneider, Schornsteinfeger,
Schuhmacher, Steinsetzer, Stellmacher, des Säch-
sischen Jnnungsverbandes, der Tapezierer sowie
der Tischler nachstehende vier Petitionen an den
Reichstag eingereicht: 1) der Erlaß eines Reichs-
gesetzes zur Zwangsorganisation des
Handwerks und zur Regelung les Lehrlings-
wesens betreffend. 2) Die Ausdehnung der Un-
ganze große Seele empörte. Dann tadelte sie sich
dafür, daß sie so dachte, und verachtete sich, weil
sie dieses Weib verachtete das sie für ihre Mutter
hielt und haßte sich ob ihres anspruchsvollen Stol-
zes und war so elend und unglücklich, daß ihr der
Tod ein willkommener Erlöser gewesen.
Nur einen einzigen Tag zuvor war sie in Ar-
mand Elliot's Liebe so glücklich gewesen; jetzt hatte
sie ihn aufgegeben und stand allein in der Welt,
mit Ausnahme der alten Falla — ja, schlimmer
als allein, den Frau Biggs würde sie wahrschein-
lich auf das Bitterste verfolgen. Die Seele des
Mädchens befand sich in einem wilden Aufruhr.
Die bloße Gegenwart Frau Biggs' war ihr schon
eine Qual. Jeder gemeine, rohe Ausdruck dieses
Weibes marterte und belästigte sie. Diese Rohheit
Tage, Woche, ja vielleicht Jahre lang immer um
sich haben zu müssen, wie sollte sie es ertragen?
Es war unmöglich, daß Frau Biggs aus Sinda's
Stillschweigen und Verschlossenheit, aus ihrer aus-
weichenden Haltung und furchtbaren Niedergeschlagen-
heit die Meinung nicht erkennen sollte, die das
Mädchen von ihr hatte. Und als sie von dem
Abscheu des Mädchens überzeugt wurde, wurde das
Weib noch mürrisch und zornig; ein wilder Blick
funkelte in ihren kleinen Augen auf und ihr Wesen
verkündete nichts Gutes für Sinda's Zukunft.
Der Zug brauste an hübschen Städten und
Dörfern vorüber. Die Gegend war bald ernsten
einförmigen, Kalo lachend heiteren Charakters —
Sinda war es vollkommen einerlei. Sie sah die
ganze Landschaft nur durch einen grauen Nebel-
schleier. Ihre Gedanken verweilten bei dem Orte,
den sic eben verlassen hatte. Schloß Tregaron cr-

fallversicherung auf das gesammie Handwerk be-
treffend. Dis 33. Petition spricht sich gegen die
Einführung des von der Kommission für Ar-
beiterstatistik dem Reichskanzleramte vorgeschlagenen
Maximal-Arbeitstag im Bäckerei- und Kondi-
torei-Gewerbe aus. In der 4. Petition endlich
ist ausgcsührt, daß die Einführung eines Gesetzes
betreffend die staatliche Versicherung der Arbeiter
gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit eine noch
größere Belastung des Handwerkerstandes, welche
sich nach den aufgestellten Berechnungen bereits
auf täglich mehr als eine Million Mark belaufe,
zur Folge haben und dessen Ruin um so schneller
herbeiführen würde, als die Unfall-Berufsgenoffen-
schaften auch die Träger dieser neuen Belastung
sein sollen. Die Petition schließt mit der Bitte,
„der Reichstag wolle allen Anträgen auf Erlaß
von Gesetzen dis Zustimmung versagen, durch die
die Unterstützung unverschuldeter Arbeitslosigkeit
in die Wege geleitet werden soll und welche eine
erneute schwere Belastung des deutschen Hand-
werkerstandes hcrbeiführen müssen." Der Vor-
stand des Zentral-Ausschusses hat sämmtlichen
Mitgliedern der handwerkerfreundlichen Fraktionen
der Deutsch-Konservativen, der Neichspartei, des
Zentrums, der deutsch-sozialen Reform-Partei,
der Nationalliberalen und der Polen Druckexem-
plare dieser Petitionen mit der Bitte zugehen
lassen, dieselben zu den ihrigen zu machen und sie
zu unterstützen.
— Das Zentrum hat außer dem Jesuiten-
Antrage auch die früheren Anträge betr. die
Vertretung der Arbeiter (Arbeiterkammern), betr.
die Konsum-Vereine und betr. die Veranlassung
von Erhebungen über den Maximal-Arbeitstag
und die Beschäftigung verheiratheter Frauen in
Fabriken wieder eingebracht. In der vorgestrigen
Fraktionssitzung wurde, wie die „Köln. Volks-
Ztg." berichtet, beschlossen, die früheren Anträge
betr. Regelung des Hausirhandels und betr. Re-
form des Konkursrechtes wieder einzubringen,
sowie einen weiteren Antrag betr. die Konsum-
vereine. In Sachen der Handwerkerfrage soll,
sobald ein gelegener Zeitpunkt sich ergibt, im
Wege der Interpellation vorgegangen werden.
— Der von dec d e utfch - k o ns e rv ati v en
Fraktion eingebrachte, bereits kurz erwähnte
Antrag Kropatscheck-Jakobskötter geht
dahin, den Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichs-
tag alsbald Gesetze vorzulegen, durch welche 1) die
Erlaubniß zur selbständigen Betreibung eines Hand-
werks unter vollständiger Zusammenlegung ver-
wandter Gewerbe von dem vorausgegangenen Nach-
weis der Befähigung abhängig gemacht wird, 2)
den Konsumvereinen die Abgabe von Waaren an
Nichtmitglieder schlechthin und unter Strafandrohung
schien ihr wie ein Paradies und sie war aus dem-
selben vertrieben worden, um freundlos und ver-
lassen in die Wildniß zu wandern. Wie hatte sie
Annans Elliot gcllebt! Wie liebte sie ihn noch,
trotz der Schranke, die sich zwischen ihnen auf-
gethürmt hatte! Ihre Seele erbebte bei dir Erin-
nerung an seine herzl. liebevollen Worte. Sie
dachte auch an Graf Tregaron mit seltsamer Zärt-
lichkeit und tiefer Sehnsucht. Elliot zunächst hatte
sie den stattlichen Grafen mit der ganzen Innigkeit
ihrer bewegungsfähigen Natur lieben gelernt. Ihn
oder Elliot nie, niemals wieder zu sehen? Wie
konnte sie es ertragen? Sie dachte an Maya, die
hübsche, herzlose Maya, die sie trotz all' ihrer Fehler
wie eine Schwester geliebt; aber trotz all' dieser
bitteren Gedanken wollten ihre Thränen nicht fließen.
Betäubt und verwirrt saß sie mit trockenen
Augen da, mit einem marmorstarren Gesichte, aus
dem alles Leben und alle Blüthe gewichen zu sein
schien und aus ihren heißen, trockenen Augen starrte
die grenzenlose Verzweiflung, von der sie erfüllt
war und sie kaum der liebevollen Bemühungen
Falla's um sie, die all' ihren Schmerz in ihrer
treuen Seele mitempfand.
Der Zug traf endlich in London ein und die
Reisenden stiegen aus. Frau Biggs rief einen
Wagen herbei, Sinda's Gepäck wurde auf das Dach
desselben geladen, dann stiegen Sinda, Falla und
endlich Frau Biggs in den Wagen. Darauf steckte
die Letztere den Kopf aus dem Wagenfensten hin-
aus, gab dem Kutscher mit lauter Stimme ihre
Adresse, und das Gefährte bog in die Straße der
Stadt ein. Kaum war der Wagen verschwunden,
als ein junger Mann, der in demselben Zuge mit

verboten wird, 3) die Abzahlungsgeschäfte im Sinne
der Kommissionsbcschlüsse der letzten Session der
8. Legislaturperiode beschränkt, die Wanderlager
aber und Wanderauktionen ganz verboten werden,
4) der Hausirhandel eingeschränkt und den Detail-
reisenden, vorbehaltlich etwaiger durch das Bedürf-
nis des Verkehrs unerläßlich gebotener Ausnahmen
untersagt wird, 5) der 8 100 oder Gewerbeordnung
dahin abgeändert wird, daß die in demselben den
Innungen in Aussicht gestellten Vorrechte auch
gegen die Arbeitgeber, welche selbst zur Aufnahme
in die Innung nicht fähig sind, geltend gemacht
werden können, 6) bestimmt wird, daß sie Vorrechte
aus M 100 s und 100 k beim Vorliegen der
sonstigen Voraussetzungen einer Innung dann
gewährt werden müssen, wenn sie die Mehrheit der
selbständigen Handwerker ihres Bezirks in sich ver-
einigt, 7) vorgeschrieben wird, daß aus der Be-
zeichnung jedes kaufmännischen oder gewerblichen
Geschäfts das Geschlecht und der Name des Inhabers
erkennbar sein muß, 8) demjenigen eine Strafe
angedroht wird, der nach erkannter Zahlungs-
unfähigkeit Geschäfte auf Kredit macht, "ohne den
anderen Theil zuvor davon m Kenntniß gesetzt
zu haben.
— In Bestätigung und Ergänzung der bis-
herigen Angaben über den Entwurf eines neuen
Tabaksteuergesetzes wird noch gemeldet, daß
in der diesjährigen Vorlage folgende Sätze in
Aussicht genommen sind: Für Zigarren und Ziga-
retten 25 pCt. vom Werthe (in der vorjährigen
Vorlage 33^/z pCt. des Fakturawerthes von den
Zigarren und Zigaretten), 50, nicht, wie gemeldet
war 40 pCt. für Kau- und Schnupftabak, wie in
der vorjährigen Vorlage und 50 pCt. vom Rauch-
tabak (gegen 662/z pCt. der vorjährigen Vorlage).
Nach beiden Entwürfen soll der Zoll auf den aus-
ländischen Tabak 40 Mk. für 100 Klgr. betragen.
Im diesjährigen Entwurf sind verschiedene wesent-
liche Erleichterungen für den Tabakbau, namentlich
für die kleinen Tabakbaucrn, vorgesehen. Insbe-
sondere sind diejenigen Kontrollvorschriften in Wegfall
gekommen, die bei der vorjährigen Vorlage die leb-
haftesten Bedenken der zunächst davon betroffenen
Kreise erweckt hatten. Di- Regierungen dürften
bisher zu diesem neuen Entwurf keine bestimmte
Stellung im Einzelnen genommen haben, er stellt
demnach lediglich das Ergebniß der Berathungen
und Arbeiten innerhalb des Reichsschatzamtes dar
so daß Aenderungen der Einzelheiten dieses Ent-
wurfs schon im Bundesrathe durchaus nicht aus-
geschlossen sind. Unter diesen Umständen dürfte
der Entwurf nicht vor Mitte Januar dem Reichs-
tage zugchen, so daß selbst im günstigsten Falle
dessen Verabschiedung vor dem 1. April n. fts
zweifelhaft erscheint. '

Sinda und ihrer Begleiterin gekommen war, auf
den Perron hinaus eilt, einem Wagen winkte und
dem Kutscher dieselbe Adresse gab, die Frau Biggs
dem ihrigen gegeben hatte. Dieser Mann war Elliot.
Er hatte Belle-Jsle nur wenige Minuten nach
Sinda's Abreise verlassen und war mit demselben
Zuge nach London gekommen, entschlossen über
sie zu wachen, bis sie ihren Bestimmungsort erreicht
hatte, ohne gesehen zu werden.
Ein plötzliches Mißtrauen gegen Frau Biggs,
ein geheimer Instinkt, der ihn vor ihrer wahren
Natur warnte, hatte ihn zu dieser Handlungsweise
deren Heimlichkeit ihm sehr widerwärtig war, ver-
anlaßt. Ohne diese Verfolgung zu ahnen, drückte
sich Frau Biggs behaglich in di- Wagenecke und
betrachtete Sinda mit lauernden Blicken —
„Wir wohnen draußen in Peckham," bemerkte sie,
sich ihren abgetragenen alten Hut besser in das
Gesicht rückend. „Ich habe dort ein Stück grüne
Wiese, was ich zum Wäschetrocknen brauche; groß
ist es freilich nicht. Jetzt werde ich aber nicht
mehr waschen. Das ist für mich vorbei. Ich
werde mich auch gleich um ein anderes Haus um-
sehen; eine kleine Villa mit einem hübschen Garten,
Sie plauderte von ihrem künftigen Wohlleben,
während der Wagen durtb ein ' Labyrinth von
Straßen und Gassen nach der Vorstadt Peck-
ham fuhr.
Sinda hatte über ihren Wohnort gar nicht
nachgedacht, sondern ahnt- nur unbestimmt, daß sie
in irgend ein schmutziges Haus gebracht werden
sollte, wo bereits eine Menge Leute wohnten. Sie
war daher etwas überrascht, als der Wagen auf
einer breiten Landstraße hielt, vor einem schmutzigen,
 
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