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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 261 - Nr. 270 (7. November - 17. November)
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Donnerstag, 8. November 1884.

Nummer 2KL. H. Jahrgang

General-GAnmger

für Heidelberg und Umgegend

Expedition: ^Lnuptstrcrtzs Wr. LS.

GsLeserrstes Matt in SLsrdL m. HMeWeVO rrmd Mm^sDSMd. K^stzteV EVssLE MV Insev^te.

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Expedition: Fdcruptltrcrße Wr. 25.

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für auswärtige Inserate 1v Pfg», bei öfterer Wieder-
bolung entsprechender Rabatt-
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Fsvrwähuend
»erden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.

Die Fuchsmnhl-Affaire.
Mit dem „Bauernaufruhr" bei Fuchsmühl
und dem überschneidigen Vorgehen des Militärs
gegen die Bauern beschäftigt sich heute ein großer
Theil der deutschen Presse. Die Veranlassung zu
dem Eindringen der Bauern in den v. Zoller'-
schen Wald liegt bekanntlich in einem Streit um
die Forstrechte und es scheint die Sache hier so
gelagert zu sein, daß es sich um einen Lehens-
wald handelt, der vordem Staatswald war. Daß
die Frage verwickelt-ist, erhellt schon daraus, daß
der Prozeß zwischen dem Waldbesitzer und den
Bauern 30 Jahre schwebte (Der ähnliche Pro-
zeß der Gemeinde Burgsinn oontru die Herren
v. Thüngen schwebt schon Jahrhunderte), daß die
verschiedenen Gerichtsinstanzen verschieden ur-
theilten und daß der Waldbesitzer selbst einige
Jahre nach dem gegen ihn ausgefallenen Entscheid
der zweiten Instanz die Forstrechte respektirte.
In den zwei Jahren, in denen der Prozeß in
letzter Instanz noch schwebte, erhielten die Bauern
trotzdem ihre Forstrechte nicht.
Ueber die höchst beklagenswerthen Vorgänge
veröffentlicht heute das Kriegsministerium einen
Bericht der Kommandantur Amberg. Weiter pu-
blizirt das Kommando des 6. Infanterieregiments
eine Darstellung.
Die Publikationen besagen, das Militär sei
vom kommandirenden Offizier, Premierlieutenant
Mahr, angewiesen gewesen, nur von der Stoß-
waffe Gebrauch zu machen, die Weiber, Wehr-
losen und Fliehenden nicht zu berühren, aber aus
dem Walde hinauszudrängen. Das Militär sei
langsam auf die Fortarbeitenden vorgerückt. Die
Ausrührer zogen sich erst zurück, als die Sol-
daten sie mit dem Seitengewehr erreichen konnten.
Einzelne setzten sich mit der Axt zur Wehr, wor-
auf gegen sie vom aufgepflanzten Seitengewehr
Gebrauch gemacht wurde. Die beiden Getödteten
(Oekonom Stock, Vater des Bürgermeisters und
Oekonom Leonhard Bauer) hatten sich mit der
Axt zur Wehr gesetzt. Beim weiteren Vorgehen
wurde noch einige Male den Soldaten bewaffneter
Widerstand entgegengesetzt, was eine tödtliche und
einige leichtere Verwundungen zur Folge hatte.
15 Soldaten geben an, genöthigt gewesen zu

sein, da die Aufrührer sie beschimpften, mit ihren
Werkzeugen drohten und stehen blieben, diese mit
Gewalt zurück zu drängen. Auch hierbei ist
manche leichte Verwundung unvermeidlich gewesen.
Weiber wurden nicht verwundet. Einige schlugen
mit Baumsägen um sich und erhoben Steine.
Sie wurden mit den Händen zurückgedrängt.
Es kann nicht unerwähnt bleiben, daß sie vielfach
schimpften, fluchten und in höchst unfläthiger
Weise sich benahmen. Das Militär bezog Abends
Alarmquartier im Zoller'schen Schlosse. Um
Mitternacht näherte sich dem Schlosse eine etwa
dreißig Kopf starke Menge, welche mit Brand-
legung drohte, sie wurde jedoch nach vergeblichem
Anrufen Seitens der Posten durch einige Schreck-
schüsse verscheucht. Von der Mannschaft wurde
Niemand verwundet.
Die „Franks. Ztg." bemerkt u. A., auch
diese Darstellung habe sie in keiner Weise von
der Nothwendigkeit überzeugt, daß Blut vergossen
werden mußte. Von den beiden „Hauptschreiern"
weiß man, daß sie schwerhörig waren, daß sie
also nicht verstehen konnten, was der Bezirks-
amtmann sprach. Nach früheren Meldungen sind
sie blindlings in die „Bajonette" gelaufen; ein
anderes Blatt berichtete, sie hätten um Gnade
gefleht. Man kann sich des Eindruckes nicht
entziehen, als ob die Behörden einschließlich des
Militärs ihre Informationen lediglich von der
gutsherrlichen Seite erhielten, wodurch ihr Urtheil
in gewisser Richtung beeinflußt scheint. Die
„Augsburger Abendztg." sagt: „Es kann gar
kein Zweifel bestehen: die Fuchsmühler hatten
ein Recht entweder auf das rückständige Holz
oder auf den entsprechenden Gegenwerth ..."
Bemerkens- und beachtenswert ist auf alle
Fälle, daß bei der Affaire nicht ein einziger
Soldat auch nur die geringste Verletzung erlitt.
SemMes «trrctz,
Berlin, 8. November.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." erklärt die Nach-
richt, daß für die Neubesetzung des preußischen
Justizministeriums in erster Linie der Reichsbank-
präsident Dr. Koch in Frage komme, für falsch.
Das offiziöse Blatt kann ferner bestätigen, daß
der Oberpräsident Frhr. v. Wilamowitz-Möl-
lendorf auf Anfrage wegen Uebernahme des
landwirtschaftlichen Ministeriums ablehnend ge-
antwortet habe. — Der Reichskanzler Fürst von
Hohenlohe gedenkt über München nach Straß-
burg abzureisen. (Die „Münchener Neueste Nach-
richten" melden, daß der Reichskanzler mit seinem
Sohne, dem ReichStagsabgeordncten Prinzen Ale-
xander, zu München in seinen Palais an der
Briennerstraße Wohnung nehmen wird.)
— Dor „Reichsanz." erklärt die Nachricht der

„Kreuzstg.", die Briefe eines gewissen Krause
veröffentlicht, denen zu Folge in der von Deutsch-
land und England im Jahre 1888 für neutral
erklärten Zone ein englischer Agent Namens
Fergusson Verträge mit den dortigen Häuptlingen
abgeschlossen habe, durch welche diese sich in den
englischen Schutz begeben hätten, für unrichtig.
Die Erklärung der Neutralität habe die Häupt-
linge nicht verhindert, sich in den Schutz einer
dritten Macht zu stellen. Um diese Möglichkeit
auszuschließen, seien die deutsche und die eng-
lische Regierung übereingekommen, daß ein Agent
in jene Gegenden gesandt werde, der im Auf-
trage beider Regierungen von den Häuptlingen
das Versprechen erhebe, sich nicht in den Schutz
einer dritten Macht zu stellen. Diesen Auftrag
habe nach amtlicher Meldung Fergusson ausge-
führt. (Jener Krause ist der bekannte, längere
Zeit verschollen gewesene Asrikareisende, welchen
im Reichstage Staatssekretär Frhr. v. Marschall
einmal einen „schäbigen Afr i karc isen-
d e n" genannt hat.)
— DerVorstand desdeutschenLand-
wirthsch aftsraths hat an den Reichs-
kanzler eine Eingabe über die Zucker-
besteuerung gerichtet, in der betont wird, daß
durch den von der nordamerikanischen Union er-
hobenen besonderen Zuschlag auf den mit direkten
Prämien ausgeführten Zucker dem deutschen Pro-
dukt die Konkurrenzmöglichkeit dort genommen
werden müsse. Dies sei um so bedauerlicher, als
der deutsche Rübenbau sich in neuerer Zeit auch
nach dem Osten hin auf solche Gegenden ausge-
dehnt hat, in denen der bisher vorherrschende
Getreide- und Kartoffelbau unter den dauernd
ungünstigen Konjunkturen des Getreide- und
Spiritusmarktes unrentabel geworden wäre. Eine
Verschlechterung der Preislage des Zuckers, welche
mit der Verdrängung des deutschen Produktes
von einem der Hauptmärkte des Auslandes noth-
wendig eintreten müßte, würde somit in erster
Linie den im Osten und Norden durch den
Rübenbau angebahnten Fortschritt in der Ent-
wicklung und Hebung der Landwirthschaft hemmen.
Aber auch in den Gegenden, wo der Rübenbau
seit lange eingebürgert ist, wo diese Kultur zur
Jnvestirung großer Kapitalien in den Grund und
Boden veranlaßt hat, würde ein Rückschlag der
deutschen Zuckerausfuhr von den empfindlichsten
Folgen begleitet sein. Der Vorstand des Land-
wirthschaftsraths fordert gegen Nordamerika die
Ergreifung entschiedener Repressivmaßregeln, welche
die amerikanische Getreide-, Vieh- und Fleischein-
fuhr treffen könnten. Es heißt in der Eingabe
nach dieser Richtung: „Der Ausschuß des deut-
schen Landwirthschaftsrathes glaubt daher, Ew.

Durchlaucht dringend anheimgebeu zu sollen, mit
der Festhaltung an dem eingelegten Protest die
Inaussichtstellung von Repressalien gedachter Art
zu verbinden. Er ist sich dabei Wohl bewußt,
daß unter einem Kampfzustand einzelne deutsche
Exportindustrien wohl vorübergehend leiden wer-
den. Aber eine unbefangene Abwägung der In-
teressen wird darüber doch nicht im Zweifel lassen
können, daß es sich hier um die Erhaltung der
deutschen Landwirthschaft handelt." — Weiter
wünscht der Vorstand des Landwirthschaftsraths
eine Abänderung der deutschen Zucker-
steuer-Gesetzgebung und eine Besteuerung
des Saccharins.
Karlsruhe, 7. Nov. S. Großh. H. der
Prinz und I. Kais. H. die Prinzessin Wilhelm
sind gestern früh von hier abgereist und begeben
sich über Berlin, wo ein kurzes Zusammentreffen
mit S. Er. H. dem Prinzen Max stattfindet,
nach St. Petersburg. Dort werden dieselben
einige Zeit verweilen und zunächst bei der Schwester
der Prinzessin Wilhelm, der Herzogin von Olden-
burg, wohnen. Nach der Rückkehr desinLivadia
weilenden Großfürsten Michael Nikolajewitsch
werden dieselben in dessen Palais Wohnung
nehmen. S. Gr. H. der Prinz Wilhelm hat es
übernommen, S. K. H. den Großherzog bei der
Beisetzungsfeier für den Hochseligen Kaiser
Alexander III. zu vertreten. Die Großher-
zoglichen Herrschaften werden heute Abend 5 Uhr
S. K. H. den Großherzog von Sachsen am
Bahnhof in Baden-Baden empfangen und zum
Großherzoglichen Schlosse geleiten. S. K. H.
der Großherzog empfängt heule Abend den Frhrn.
Ferdinand v. Bodman, Kammerherr und Groß-
herzoglicher Gesandter am Königlich Bayerischen
und Königlich Württembergischen Hofe. Der-
selbe nimmt an der Abendtafel theil und kehrt
dann nach Karlsruhe zurück.
Karlsruhe, 7. Nov. In kirchlichen Kreisen
verlautet, der Prälat Doll werde bereits im Monat
Dezember von seinem Amte zurücktreten.
Ausilms.
Wien 7. Nov. Wie das „Fremdenblatt" mel-
det, hat der Generalgouverneur von Polen, Gene-
ral Gurko, der Beileidsabordnung der Warschauer
Bürgerschaft die sehr merkwürdige Antwort gegeben:
„Es ist mir nicht bekannt, ob Ihre Gefühle auch
aufrichtig sind! Für Sie ist der Todt des Kaisers
ein Verlust, für uns ein entsetzlicher Verlust. Der
Heimgegangene war die Verkörperung des russischen
Geistes. Gebe Gott, daß sein Nachfolger in seine
Fußstapfen trete!"
London, 7. Nov. Der Abgesandte der ,Times^
in Tientsin meldet, die chinesische Regierung habe
am lebten Samstag die Vertreter der Großmächte

Gesucht unö Gefunden.
33) Roman von Hermine Frankenstein.
(Fortsetzung.)
Bathurst glaubte, sein Sohn könnte ihm bei
der Förderung seines großen Lebenszweckes nützlich
sein und er machte sich gar kein Gewissen daraus,
ihn dazu auszubcuten.
„So bist Du also wieder hier, Walter", sagte
der Kaufmann. „Ihr wäret über drei Monate in
dieser Angelegenheit fort und ich hatte Euch schon
für verloren gegeben, da erscheint Ihr Plötzlich von
Erfolg gekrönt." — „Wer hat Dir das gesagt?"
fragte der Sohn betroffen. „Wer sagte es denn
Dir, daß wir wieder hier sind? Wir sind ja erst
gestern Abend angekommen." — „Puntab sagte es
mir", entgegnete der Kaufmann kalt. „Er kam
Noch gestern Abend in die Villa hinaus." —„Viel-
leicht weißt Du nicht, daß er ein miserabler Spitz-
bube ist", sagte Walter, scharf und argwöhnisch
seinen Vater betrachtend. „Er hat einen Versuch
gemacht, Katharine Elliot von uns zu stehlen, um
sie irgendwo gegen ein bedeutendes Lösegeld verbor-
gen zu halten und bei Gott! ohne Elliot's Diener
wäre ihm der schändliche Plan gelungen." —„Alle
Hindus sind vcrräthcrisch", bemerkte der Kaufmann
ruhig. „Elliot's Diener hätte dasselbe gethan; nur
hielt er es für einträglicher, treu zu sein. Puntab
ist nicht schlechter als die Anderen seiner Rasse und
Klasse. Er betrachtete seinen Plan wie ein er-
laubtes Geschäft. Er erzählte mir von Eurem Er-
folge And ich eilte natürlich, so bald ich konnte,
hierher? Ist Puntab's Geschichte wirklich war? Ist
Katharine Elliot gefunden?" — „Ja, sie ist ge-

funden und ist hier mit uns in demselben Gast-
hofe."
„Bist Du ihrer Identität sicher? Weißt Du,
daß sie wirklich und in Wahrheit Eugen Elliotö
Tochter ist?" — „Ja, ja! Gewiß weiß ich es.
Sie hat den Schmuck, den Du ihr einst eigenhän-
dig umgehangen hast, bei sich. Sie erinnert sich an
ihre Kindheit, an Alles!" — „Dann kann auch
nicht der geringste Schatten eines Zweifels über
ihre Identität vorherrschen", erklärte der Kaufmann
mit glühendem Gesichte. „Ihre Entdeckung scheint
ein wahres Wunder zu sein. Es sei aber auch
noch ein anderes Mädchen da, sagte Puntab." —-
„Die Fürstin? Ja, und sie ist die schönste von
Beiden, aber sie ist von niedriger Herkunft", er-
widerte Walter Bathurst; eine unbekannte Person,
welcher Fräulein Katharine nur aus Mitleid und
Gutmüthigkeit gestattet hat, uns zu begleiten. Ihr
Name ist Sinda, und in Ermangelung eines Fa-
miliennamens heißt sie sich Fräulein Plain (Ein-
fach) — ein ganz unpassender Name, denn sie
ist schön, schön wie ein Engel!" — „Hm! hm!
Wann segelt Ihr nach England ab?" — „Mit
dem nächsten Dampfer. Wir haben Graf Trega-
ron die glückliche Kunde unseres Erfo'ge- voraus-
geschickt. Fräulein Katharina ist sehr ungeduldig,
zu ihrem V ckcr zu kommen und hier hält uns nichts
zurück. Die Regenzeit hat hier begonnen und
Kalkutta ist in dieser Nässe und bei dem grauen
Himmel sehr langweilig. Wir werden in diesen
Tagen abreißen." — „Erzähle mir etwas von
Katharine. Ist sie so beschaffen, daß Graf Tre-
garon sie als seine Tochter willkommen heißen
kann?" — „Sie ist hübsch, wohlerzogen trotz ihrer

s.ltsamen Umgebung und wird mit ihrem Vermö-
gen und bei ihre- Stellung während der nächsten
Saison in London Aufsehen erregen. Der Graf
wird wohl auf sie stolz sein können!"
Der Kaufmann dachte an seine einsame Ge-
fangene zwischen fernen Hügeln und freute sich in
der Aussicht, Frau Elliot ihr Kind wiederzugeben
und sie so zu zwingen, ihr Versprechen, ihn zu
heirathen, einzulösen. „Du scheinst doch die Fürstin
mehr zu bewundern, als Katharina", bemerkte er.
— „Kann sein; aber ich werde Katharina hei-
rathen", bemerkte der junge Bathurst mit einer Zu-
versicht, die seinen Vater überraschte. „Wir fangen
bereits an, einander zu verstehen. Ich sehe meinen
Weg klar, der Schwiegersohn des Grafen Tregaron
zu werden." Bathurst's Gesicht verdunkelte sich.
Die Pläne seines Sohnes konnten 'eicht die seinen
durchkreuzen. Doch es war ihm klar, daß er Wal-
ter nicht in sein Vertrauen ziehen konnte. — „Du bist
ehrgeizig!" sagte er endlich etwas höhnisch. —
„Ganz richtig", erwiderte sein Sohn ruhig. „Ich
trage Verlangen nach Reichthum und Stellung, allen
irdischen Gütern und ich werde das Alles erlangen,
wenn ich Katharina .Elliot heirathe. Ich möchte
diese Heirath nicht um alle Schätze Indiens auf-
geben."
„Das wünsche ich auch gar nicht. Es wird
eine großartige Partie für Dich sein", sagte der
Kaufmann heuchlerisch. „Ich möchte der jungen
Dame gerne eine Aufmerksamkeit bezeugen, Walter.
Ich kannte sie in ihrer Kindheit und sie ist meine
nahe Verwandte, wie Du weißt. Bringe sie und
die Fürstin und Elliot heute zu mir zum Speisen."
— „Sehr wohl. Ich will sie von Ihrer Einla-

dung verständigen. Ohne Zweifel wird sie dieselbe
mit Vergnügen annehmen." — „Mein Wagen steht
Dir während Eures Aufenthaltes hier zur Ver-
fügung", fuhr der Kaufmann fort, der seine Pläne
nach einiger Ueberlegung geändert hatte und nicht
wünschte, Puntab in seines Sohnes Diensten zu
haben. „Befiehl meinem Kutscher, Dir und Ka-
tharina ganz nach Eurem Belieben zur Verfügung
zu stehen. Er wird gegen Abend hier sein, um
Euch spazieren zu fahren, wenn der Regen, wie es
jetzt den Anschein hat, aufhört." — „Du bist sehr
gütig", sagte der junge Bathurst, und ich nehme
das Anerbieten Deines Wagens mit Dank an."
Er hatte Maya eine wunderbare Geschichte von
seinen gegenwärtigen Reichthümern und seinen Zu-
kunftsaussichten entrollt und das Anerbieten der
prächtigen Equipage des Kaufmannes war geeignet,
seinen Angaben den Schein der Wahrheit zu geben.
„Ich möchte Käthe gerne sehen," sagte der Kauf-
mann. „Ich möchte sehr gerne wissen, ob sie mich
erkennen würde? Ich glaube es wohl, Walter?"
— „Ich werde sie rufen," sagte der Sohn. „Ich
weiß, daß sie sich freuen wird, Dich zu sehen. Du
würdest in der zwanzigjährigen Dame die kleine
Käthe von vor dreizehn Jahren kaum wieder er-
kennen; sie erkennt Dich vielleicht noch." Er eilte
zu dem kleinen Salon, den die beiden Mädchen
gemeinschaftlich benützten und klopfte an derThüre.
Maya's Stimme hieß ihn eintreten. Er gehorchte.
Er fand Maya von ganzen Stößen von Damen-
toiletten umgeben und zwei Verkäuferinnen warteten
auf ihre Entscheidu Sie schaute aus einer ganzen
Wolke von Muslin und Seide auf, als er eintrat
und lächelte ihm freundlich entgegen.
 
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