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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 231 - Nr. 240 (3. Oktober - 13. Oktober)
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Nummer 231. H. Jahrgang.

Mittwoch, 3. Oktober 18A4


General-GAnB-er

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GeLesenstes Vlertt in Stndt HeideLLrsVD nnd N-nDeDend. Mv Insevnte.

UM" Telephon-Anschluß Nr. 102. "MU
Der kranke Zar.
Während in Öftersten die Völker aufeinander-
schlagen und in einem Theile der deutschen Presse,
veranlaßt durch die Thorner Rede des Kaisers,
der Reichskanzler Caprivi ob seiner Polenpolitik
sehr unliebenswürdig behandelt wird, kommt aus
der russischen Hauptstadt die offizielle Konstatirung
von der Erkrankung des Zaren. Der russische
Regierungsbote, ein amtliches Organ, stellt, wie
am Schluffe dieses Artikels ersichtlich in denkbar
kürzester Form die Genesis der Krankheit dar
und erfährt die Welt nunmehr, daß der Zar
bereits über dreiviertel Jahr schwer leidend ist.
Im vorigen Januar an einer „schweren" In-
fluenza erkrankt, leidet der Zar seitdem an den
Folgeübeln. Im Sommer ist eine Erkrankung
der Nieren hinzugetreten, der hohe Patient müsse
nunmehr „zum Behufe einer erfolgreicheren Heilung"
ein warmes Klima aufsuchen und nach Livadia
in der Krim übersiedeln.
An und für sich erscheint die Erkrankung
wohl ernster Natur, doch keineswegs noch besorgnis-
erregend im absoluten Sinne. Wenn die öffent-
liche Meinung inner- und außerhalb des Zaren-
reiches durch das Bulletin des „Reichsboten"
gleichwohl zu pessimistischen Gedanken sich an-
geregt fühlt, so ist lediglich das Vertuschungs-
system schuld darammit welchem man in Peters-
burg bis allher Mhsi auf die Erkrankung des
Selbstherrschers bezüMchen Privatmeldungen be-
gegnet ist. UeberaHitung, Nervenüberreizung,
das war Alles, was man in Petersburg über
den Gesundheitszustand des Zaren zugestehen
wollte. Jedes ernstere Krankheitssympton wurde
Stein und Bein geleugnet!
So lautet das hochoffizielle, Krankheitsbul-
letin, welches nicht verfehlen Md, allseits in
Europa die Aufmerksamkeit auf döst hohen Kranken
zu lenken. Nun ist's also ernst mit der Krank-
heit des Zaren, die so lange geleugnet wurde!
Nichts ist natürlicher daher, als daß die
Darstellung, welche von dem Leiden nunmehr
hochamtlich geleistet wird, vielfältigen Zweifeln
begegnet, daß sich Jedermann die bange Frage
aufdrängen muß, ob der „Regierungsbote" nun,
da ihm zu sprechen erlaubt wurde, auch die ganze
Wahrheit sagen durfte.
Diese Zweifel werden zudem auch durch ge-
wisse tatsächliche Umstände genährt-
Zunächst durch eine Depesche aus Darmstadt,
wonach die für gestern eben anberaumt gewesene
Ankunft des russischen Thronfolgers zum Besuche
seiner Braut, Prinzessin Alix von Hessen, ver-
schoben wurde, weil der Zarewitsch seinen erkrankten
Vater nach Livadia begleiten müsse: Die An-

nahme, daß in dem Leiden eine Erschwerung ein-
getreten sein müsse, war schon nach dieser Moti-
virung des Besuchsaufschubes nicht leicht abzu-
weisen.
Folgeübcl der Influenza sind in der Regel
sehr peinvoll und das nunmehr konstatirte Nieren-
leiden ist gewiß nicht leicht zu nehmen. Die
Uebersiedelung in ein freundlicheres Klima, die
sorgsame Wartung und ärztliche Pflege von Seiten
hervorragender Meister der Heilkunde wird hoffent-
lich dem Uebel ein Ziel setzen, dem erlauchten
Patienten die volle Gesundheit wiedergeben. In
dieser Hoffnung sühlen sich wohl alle gesitteten
Völker eins mit den Millionen Unterlhanen des
kranken Herrschers.
So sehr auch die politischen Wege Rußlands
jene der meisten übrigen europäischen Staaten
vielfach kreuzen und so tief auch die Interessen-
gegensätze sein mögen, welche Europa zwingen,
dem Zarenreiche gegenüber gleichsam die Fechter-
stellung auszuharren, die Person Zar Alexander
III. genießt trotz alledem die Sympathien des
ganzen Welttheiles. Alle Welt hat eben in des
Zaren starken Willen eine hohe Friedensbürg-
schaft schätzen gelernt und weiß es dem Selbst-
herrscher Dank, daß er gewisse ruhelose Aben-
teurertriebe zu zügeln verstanden hat, welche von
Nah und Fern auf ihn einwirkend, lange Zeit
eine, imminente Gefahr für den Frieden Europas
gebildet haben.
Wir wollen deßhalb auch hoffen, daß der
Patient in Bälde neugekräftigt, in voller Frische
und Rüstigkeit seinem Volke wiedergegeben sein
werde.
Die Verhaftungen in der Lberfeuer-
werkerschule.
Berlin, I. Oktober.
lieber die sensationelle militärische Massen-
verhaftung in Berlin erfährt das „Beil. Tagebl.":
In der Oberfeuerwerkerschule, Jnvalidenstraße
55a, werden Unteroffiziere aus der gesummten
Armee, zumeist Leute, die bereits 6 bis 8 Jahre
gedient haben, zu Oberfeuerwerkern ausgebildet,
und zwar in einem zwei Jahre dauernden Kur-
sus. Mit Rücksicht daraus, daß die Schüler die-
ses Instituts zumeist ein größeres Maaß von
Bildung haben, wurde denselben seither in ihren
außerdienstlichen Verhältnissen eine freiere Be-
wegung gelassen, als dies sonst im militärischen
Leben üblich ist. Die Leute fanden sich zu einer
Art studentischen Verbindung zusammen,
so zwar, daß z. B. die Garde ein eigenes Korps
bildete, ebenso die Marine und die verschiedenen
Armeekorps; jedes dieser Korps hatte seinen Prä-
siden und über allen stand ein Oberpräside. Die

Korps hielten Kommerse nach studentischer Art,
gaben Bierzeitungen heraus, sangen allerhand
Lieder, die von Mitgliedern gedichtet waren und
in denen die dienstlichen und außerdienstlichen
Verhältnisse einer mehr oder minder scharfen
Kritik unterzogen wurden.
Im August v. I. war für die Hälfte der Mann-
schaft ein Kursus beendet und cs verblieben etwa
180 Mann, die erst ein Jahr auf der Schule
waren, und zu diesen kamen ungefähr ebenso viele
neue Schüler hinzu. Gleichzeitig fand auch ein
Wechsel in der Stelle des Kommandeurs statt.
Der neue Kommandeur führte eine stramme
Disziplin ein, die namentlich unter den älteren
Mannschaften viel böses Blut machte, so daß es
unter denselben schon seit ewigen Wochen zu
gährcn beganu. Unter Anderem waren sie auch
mit dem Oekonomen der Schule, Wollmann, un-
zufrieden und boykottirten denselben daher und
entnahmen von ihm nur, was sie vorschrifts-
mäßig von ihm entnehmen mußten; so speisten
sie Mittags bei ihm, tranken aber nichts dazu,
wie es früher der Fall war, bezogen das Bier
vielmehr direkt von hiesigen Brauereien.
Am Sonnabend, in vorgerückter Nachmittags-
stunde war aus irgend einem uns nicht näher
bekannt gewordenen Anlaß der Unmuth der
Mannschaften in so hohem Maaße erregt, daß
gegen den Kommandeur, der sich gerade auf dem
Hofe der Anstalt befand, laute Drohungen von
Mannschaftszimmern ausgestoßen wurden, an
einem Fenster wurde auch noch der Ruf laut:
„Hoch die Anarchie." Die gesammteMann-
schaft wurde in -Folge dessen sofort konsignirt und
es wurde eine genaue Durchsuchung der Wohn-
räume vorgenommen. Hierbei sollen nun eine
Menge Lieder, Bierzeitungen und dergl. vorge-
funden worden sein, in denen der mißliebige neue
Kommandeur in gröblichster Weise verhöhnt wird.
— Von dem Vorgänge ist zunächst der HiFigen
Kommandantur Meldung erstattet und von dort
aus dem Kaiser auf telegraphischem Wege Nach-
richt gegeben, der aus gleichem Wege die Ordre
hierhergelangen ließ, die renitenten Mannschaften
nach Magdeburg in die Festung überführen zu
lassen.
Zu diesem Zweck wurde gegen Mitternacht
das 2. Batallion des in der Kaserne an der
Rathenower Straße liegenden vierten Garde-Re-
giments alarmirt. Nachdem das Batallion an-
getreten war, wurde dasselbe mit scharfen
Patronen versehen und dann nach der
Oberfeuerwerkerschule geführt; dort wurden sämmt-
liche Schüler des älteren Coetus, wie gesagt,
etwa hundertundachtzig, von dem Bataillon in
Empfang genommen und nach dem Potsdanier

Bahnhof eskortirt, woselbst in der Zwischenzeit
ein Sonderzug bereit gestellt war, der nach 2
Uhr mit den Mannschaften der Oberfeuerwerkcr-
schule und ihrer Eskorte nach Magdeburg abfuhr.
Soweit unser Gewährsmann, von dem wir
annehmen dürfen, daß er über die Vorgänge
genau unterrichtet ist. Direkte Information aus
dem betheiligten Offizierskreise war, aller Be-
mühungen ungeachtet, nicht zu erlangen, der Kom-
mandeur der Feuerwerkerschule und das Lehrer-
personal hatten militärische Posten vor ihren
Thüren, welche strenge Anweisung hatten, Nie-
manden vorzulassen.
Nach dem „Lokal-Anzeiger" war schon am
Freitag in aller Stille ein Kascrnement in der
Citadelle vorbereitet. Auch hatte das Eisenbahn-
betriebsamt Berlin-Magdeburg Ordre erhalten
einen Extrazug für die Nacht zum Sonntag be-
reit zu halten. — Ueber die Verhaftung wird
noch Folgendes mitgetheilt: Die Oberfeuerwerker-
schule lag im tiefsten Schlaf, als sie umzingelt
und alle Ausgänge besetzt wurden. Dann ward
allarmirt und den Sergeanten wie den Unter-
offizieren des älteren Jahrgangs besohlen, im
Tuchanzug ohne Seitengewehr auf dem Hofe an-
zutreten. Bei der Verlesung der Mannschafts-
liste fehlten zuerst drei Mann, die sich jedoch bald
meldeten. Nack der Verlesung der Mannschafts-
liste hielt der Direktor der Schule, Major von
Stetten folgende Anrede: „Sie haben sich von
diesem Augenblicke an als Untersuchungsgefangene
zu betrachten. Wer sich den Transporteuren
wiedersetzt, den treffen die schweren Folgen."
Derrtsches Mich.
Berlin, 3. Oktober.
— Auf Grund des zwischen der preußischen
Regierung einerseits und den Regierungen von
Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Mecklen-
burg-Schwerin,Sachsin-Weimar, Meklcnburg-Strelitz
Oldenburg, Sachsen-Meinigen, Sachsen-Altenburg,
Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudol-
stadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß ältere
Linie, Reuß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe,
Lippe-Detmold, Lübeck, Bremen, Hamburg und
Elsaß-Lothringen andererseits vor einigen Jahren
getroffenen Uebereinkommens wird jetzt, wie die
„V- Z." erfährt, mit aller Strenge darauf ge-
halten, daß die dem preußischen Staate ange-
hörenden Kinder, die sich in einem dieser Staaten
aufhalten, sowie die einem der letzteren angehörenden
Kinder, die sich im preußischen Staate aufhalten,
nach Maßgabe der im Lande des Aufenthalts be-
stehenden Gesetze wie Inländer zum Besuche der
Schule herangezogen werden. Diese Nöthigung
zum Schulbesuch erstreckt sich nicht nur auf die
eigentliche Elementarschule, sondern, wo daneben

Gesucht unö Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
3) (Fortsetzung.)
Als der Morgen kam, sah er abgehärmt und
gealtert aus und seine Züge trugen den Ausdruck
hoffnungslosen Kummers; aber er war voll rüh-
render Sorgfalt für sein geliebtes Kind und plau-
derte mit ihm und Bathurst, der ungemein auf-
merksam gegen ihn war. Bei dem Einpacken von
Frau Ellivt's Schmuckkästchen waren einige Gegen-
stände übersehen worden. Im letzten Augenblicke
Noch hatte Bathurst auf dem Ankleidetische des
Krankenzimmers ein goldenes Halsband mit einem
Medaillon daran bemerkt, sowie ein breites, mit
kostbaren Steinen besetztes Armband. Er hatte
diese Gegenstände in die Tasche gesteckt und fand
an diesem Morgen Gelegenheit, der kleinen Käthe
das Halsband unter dem Kleidchen verborgen um
den Nacken zu befestigen und ihr das Armband
oberhalb des Ellbogens um das Aermchen zu schließen.
„Sie werden bei Dir sicherer sein als bei mir,
Meine Kleine", sagte er, „und Du weißt, ich kann
sie eben jetzt nicht Deinem Papa übergeben; es
würde ihm zu sehr wehe thun. Bewahre sie sorg-
fältig, sie haben einen großen Geldeswerth, aber
für Dich haben sie den größten Werth, weil sie
von Deiner Mutter sind. Es waren ihre Hoch-
zeitsgeschenke von Deinem Vater und sie schätzte
sie weit höher als alle anderen Juwelen!"
So einfach und natürlich diese Handlung auch
war, dem Kinde den Schmuck seiner Mutter zu
geben, war sie dennoch bestimmt, den ganzen Lebens-
lauf von Katharina Elliot und noch mehrerer an-

derer Personen zu verändern. Ohne diese einfache
Handlung wären den ohnedies schon hinlänglich
mit Kummer belasteten Herzen namenlose Oualen
erspart geblieben; ohne sie hätten sich die seltsamen
Ereignisse, die wir unseren Lesern vorzuführen im
Begriffe stehen, nimmer abgespielt.
Das Kind kehrte zu seinem Vater zurück, die
Schätze unter den Kleidern verborgen. Die Wan-
derung wurde trotz der großen Hitze und sengendem
Sonnenbrände fortgesetzt. Am Abend hielten sie
in einem Palmenhain Rast und schlugen in der
Nähe eines rauschenden Baches ihre Zelte auf.
Das Kind war den ganzen Tag um den Vater
gewesen. Jetzt bemerkte er aber, wie ernst und
bleich die Kleine war, wie aus ihren Augen ein
weit über ihre Jahre hinaus gehender Schmerz
sprach, und er befahl ihr daher, unter die nahen
Bäume zu laufen und Blumen zu pflücken. Sie
gehorchte ihm; aber was sie sonst so gern that,
machte ihr heute gar kein Vergnügen und sie pflückte
gleichgiltig einige Blumen und ging damit an den
Rand des Baches, langsam eine Blüthe nach der
andern in das Wasser werfend. Sie stand noch
dort, als Topee, der Diener ihres Vaters, in ir-
gend einem Auftrage an dem Ufer vorbei kam.
Sein Kommen schreckte sie aus ihrer kindischen
Träumerei auf und ließ ihre Blumen zu Boden
fallen. Als sie sich bückte, um sie aufzuheben, glitt
das Armband von ihrem Oberarme bis Zum Hand-
gelenke herab und wurde für den Sepoy sichtbar.
Seine Augen begannen begehrlich zu funkeln. Er
war ein großer, hagerer, knochiger Mensch, mit
dicken, pechschwarzen Kraushaaren, einem grausamen
Munde und einer unterdrückten Wildheit im Aus-

drucke, welche die teuflische Natur unter seinem un-
heimlichen Aeußeren andeutete. Frau Elliot hatte
ihn nie leiden mögen, aber er war dem Haupt-
manne von einem anderen Offizier seines Regiments
gut empfohlen worden, und Elliot war der Ansicht,
daß die eingeborenen Soldaten alle gleich wären
und daß Topee nicht schlimmer sei als ein Anderer.
Daher hatte er ihn trotz der Abneigung seiner Frau
im Dienste behalten.
„Hübsche Steine, kleines Fräulein", sagte er in
schmeichelndem Tone, sein Auge nicht von dem
Geschmeide adwendend. „Laß Topee sehen."
Die letzten Strahlen der scheidenden Sonne
fielen auf das Armband und die Diamanten und
Rubinen flammten und funkelten vor Glanz. Der
Scpoy vergaß in seiner Habgier alle Klugheit und
neigte sich vorwärts und packte das Kind heftig bei
der Hand. Das Kind versuchte sich frei zu machen,
und stieß einen lauten Angstschrei aus. Der Indier
ließ sie los; aber in demselben Augenblick kam
Hauptmann Elliot, der die ganze Szene mit ange-
sehen hatte, mit der Reitpeitsche herbeigeeilt, und
ließ einen ganzen Hagel von Peitschenschlägen auf
Topee's verzerrtes Gesicht niederfallen. Vergebens
betheuerte der Schurke, daß das kleine Fräulein das
Armband hätte fallen lassen und daß er es ihr nur
wieder um den Arm hätte befestigen wollen; der
Hauptmann wollte ihn nicht anhören. Er hielt
mit den Schlägen erst inne, als das Gesicht des
Indiers blutete. Dann befahl er ihm, das ent-
wendete Geschmeide zurück zu geben und verwies
ihn in das äußerste Zelt.
„Du hast Dir in diesem Schurken einen ge-
fährlichen Feind gemacht, Eugen", sagte Bathurst

ernst. „Ich bin froh, daß Deine Kompagnie aus
weißen Soldaten besteht. Wenn sie Sepoys wären,
würde Topee noch vor dem Morgen einen Aufstand
erregen."
Hauptmann Elliot hörte die Geschichte von sei-
nem Kinde; untersuchte ihr Hals- und Armband
und befahl der Kleinen diese Sachen vorläufig bei
sich zu behalten.
„Sie gehören Dir, Kätchen," sagte er traurig.
„Wenn Du alt genug sein wirst, wirst Du sie
frei und offen tragen."
Sie kehrten in das Zelt zurück. Topee hielt
sich in der Entfernung und ehe es Schlafenszeit
war, brachte man Elliot die Nachricht, daß der
Sepoy desertirt sei.
„Es ist gut", sagte er. „Wir sind ihn glück-
lich los".
Wie in der vergangenen Nacht schlief Kätchen
in den Armen ihres Vaters. Da er ruhelos war,
legte er sie etwas bei Seite nach Mitternacht, da-
mit seine Bewegungen sie nicht im Schlafe stören
sollten. Bald darauf verfiel er in einen ungemein
festen und tiefen Schlaf. Als er am Morgen er-
wachte, suchte sein erster Blick das Kind. Es war
nicht im Zelteü Er kleidete sich rasch an und
ging hinaus, um es zu suchen, da er es in der
Nähe glaubte. Aber Niemand hatte es gesehen.
Von plötzlichem Entsetzen erfaßt, eilte der Vater
von seinem Vetter und mehreren Soldaten gefolgt,
in fein Zelt zurück. Und jetzt bemerkte Elliot zum
ersten Male in dem Bette, wo das Kind gelegen
war, einen eigenthümlich aussehenden Dolch, der
bis an das Heft in der Matratze steckte, die aus-
einander geschnitten war." (Forts, folgt).
 
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