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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 201 - Nr. 210 (29. August - 8. September)
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Kummer 299. H Jahrgang.

Neuev

Freitag, 7. September L894


General

für Heidelberg und Umgegend

Ab onnementSpreis r
mit Meitigem illustrtrtem Sountagsblatt: monatlich
4V Pfennig frei in's Hauö, durch die Post bezogen
vierteljäbrlich 1 Mark ohne Bestellgeld.
Expedition ^banptktrcrtze Wr. 28.

Jnsertionsprciör
die Ispaltigc Petitzeile oder deren Raum 5 Pf-.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wiedcr-
bolung entsprechender Rabatt.
— - - -—————»
Expedition: Hauptstraße Mr. 26.

Geleserrstes Blatt in Stadt rr. A-nt HeLdeLvei?s rrnd Anrgegend. Gvötzter* ErefoLg für Inserate.

Telephon-Anschluß Nr. 102. -MW
ym 34 U
für den Monat September kostet der
rr e rr e
Grnerul - Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
(Bürger-Zeitung)
nebst Zllustr. Sountagsblatt am Postschalter
abgeholt.
IVom Briefträger ins Haus gebracht 13 Pfg. mehr.)
In Heidelberg und den nächsten Orten der
Umgebung kostet der „Neue General-Anzeiger für
Heidelberg und Umgegend"
monatlich nur 49 Pfg.
frei in s Haus.
Bestellungen werden von unfern Trägern und
Trägerinnen sowie von allen Po st an st alten
fortwährend angenommen.
Man muß sich nach der Decke strecken.
Das alte Sprüchwort, daß man sich nach der
Decke strecken muß, ist schon längst außer Kurs
gerathen. Nichts hört man heutzutage häufiger
als das Klagelied: „Wir können nicht auskommen,
der Lohn, das Gehalt ist zu gering."
Es hieße die Augen vor offenkundigen Tat-
sachen verschließen, wenn man leugnen wollte,
daß diese Klagen in gewissen Fällen vollauf be-
rechtigt sind, dagegen muß man aber auch zu-
geben, daß in vielen Fällen etwas Anderes, als
der geringe Verdienst das Nicht-Auskommen ver-
schuldet. Und dieses „Andere" ist die immerzu-
nehmende Prunk- und Vergnügungssucht.
Manche Leute, manche Familien könnten ein
behagliches Leben sühren, wenn jene Sucht sie
nicht ergriffen und sortgerissen hätte. So ist
z. B. der Kleiderluxus bis in die untersten
Schichten der Gesellschast eingedrungen. Manches
Dienstmädchen, manche Fabrikarbeiterin rc. unter-
scheidet sich kaum von einer reichen Dame. Können
sie es auch in Güte des Stoffes den vornehmen
Leuten nicht nachmachen, so lassen sie es an
Schmuck und buntem Flitterwerk, an feinen
Schuhen, Hüten. Bändern, Sonnenschirmen, Hand-
schuhen w. nicht fehlen.
Junge und alte Männer sind ebensalls manch-
mal vom Kleiderluxus nicht freizusprechen, aber
noch weit mehr versehlen sich dieselben in über-
flüssigen Genüssen. Es gehört in den Kreisen

junger Leute vielfach gewissermaßen zum guten
Tone, sich einander im Biertrinken und Rauchen
zu überbieten. Sieben, acht Glas Bier zu trinken
wird noch nicht zu den Heldenleistungen gerechnet.
Mancher junge Mann unserer Zeit verjubelt an
Bier täglich den Betrag der Mahlzeit für die
ganze Familie. An Sonn- und Feiertagen
strömen die Familien, welche am lautesten über
die schlechten Zeiten klagen, Mann, Frau und
Kinder zu den Vergnügungslokalen und thun sich
an Bier, Schinken und Braten gütlich. Die Tanz-,
Konzert- und Trinkhäuser sind mancher Orts an
Sonn- und Feiertagen übersüllt, und die Frauen
und Kinder, die zu Hause besser aufgehoben
wären, bilden einen großen Theil dieser Ver-
gnügungssüchtigen.
Stellte man solche überflüssige Ausgaben ein,
so würde man in vielen Fällen wohl viel weniger
Grund zur Klage haben. Solche Ansichten werden
freilich in der Regel mit einem verächtlichen
Kopfschütteln beantwortet, oder man sagt: „Jeder
muß in der Lage sein, ein menschenwürdiges Da-
sein zu führen." Mit dem letzteren sind wir
vollkommen einverstanden, aber das Maßhalten
ziemt sich für jeden Stand und in jeder Lebens-
lage und der Uebergenuß führt nicht zu einem
menschenwürdigen, sondern zu einem menschenun-
würdigen Dasein.
Unsere Voreltern gaben sich mehr dem Natur-
genusse hin; wenn sie aus dem Nachmittagsgottes-
dienste kamen, so ergingen sie sich in Gottes freier
Natur; dabei blieb ihr Kopf klar, ihr Magen
gesund, ihre Seele frisch. Wir wollen durchaus
nicht die Behauptung aufstellen, daß überhaupt
keine großen wirtksckmNliche" Natlütände mehr
existiren. Leider ist dies noch lange nicht der
Fall, im Gegentheil ist noch viel, sehr viel zu
thun, um die sozialen Mißstände zu heben, und
um den arbeitenden Klassen eine auskömmliche
und zufriedenstellende Existenz zu sichern, und es
muß an diesem Werke unabläsiig weiter gearbeitet
werden. Aber wenn der Genußsucht kein Damm
entgegengesetzt wird, dann können die besten so-
zialen Gesetze und die eifrigsten Bemühungen ein-
sichtsvoller Volksfreunde nichts helfen.
Es fällt uns natürlich nicht ein, für die
Hebung der erwähnten Mißstände die Hilfe des
Polizeistockes anzurufen; vielmehr sind wir der
Meinung, daß die Sclbsterkenntniß, wie in anderen
Dingen, so auch hier der sicherste Weg zur Besser-
ung fein wird. Bedenke Jeder, daß er nicht für
sich allein da ist, sondern ein Glied von einer
großen Kette Mdet. Was er thut und treibt,
bleibt nicht ohne Einfluß auf die anderen. Er
werde sich also feiner Verantwortlichkeit im Kleinen
und Großen bewußt.

Deutsches Keich.
Berlin, 7. September.
— Das Neichsverficherungsamt hat an die Vor-
sitzenden der Schiedsgerichte in Unfallver-
si cher un a s sa ch en ein Rundschreiben gerichtet,
nach welchem es zwei das schiedsgerichtliche
Verfahren betreffende Aenderungen eingeführt
sehen möchte. Einmal wünscht es, daß dem Reichs-
Verficherungsamt, als oberster Instanz in Unfall-
versicherungssachen, die Nothwendigkeit der Leweis-
erhemng nach Möglichkeit erspart wird, die er-
schaffende Klarstellung des Sachverhalts vielmehr
in ter genossenschaftlich und schiedsgerichtlichen In-
stanz vorgenommen wird. Zu dieser Erinnerung
ist bas Reich j-Versicherungsamt durch die große
Aryahl der im Jahre 1893 in der Rekurs-Instanz
nöhig gewordenen Beweiserhebungen veranlaßt
wv:dm. Es waren nicht weniger als 846 Beweis-
erhebungen nöthig, welche der Reichskasse Kosten
im Betrage von 17 370 Mk. verursachten. So-
dain wünscht das Reichs Verstcherungsamt, daß die
Syiedsgerichtsvorsitzenden die Zustellungen, welche
dm Lauf von Fristen bedingen, nicht gegen Post-
zfftellungsurkunden, sondern mittels eingeschriebenen
Briefes bewirken. Es erhofft davon eine Verein-
fachung und größere Sicherheit des Verfahrens.
— Bei der En th ü l l un g s f ei er des D e nk-
nals für Kaiser Wilhelm I. in Königs-
bcg sagte der Kaiser zu einer Anzahl Herren: Hier
hche König Wilhelm es vor seinen Landen zum
Albdruck gebracht, daß er allein aus Gottes Hand
jene Krone nehme. Das sei auch seine tiefernste
Afffassung, die ihm die Richtschnur seines Handelns
die«.
«gSbVÜg i. P«-, S. B-i dn gcstrlgcn
Paadetafel trank der Ka i ser zuerst auf den König
va Sachsen, den glorreichen Führer der Maas-
ariee, den letzten Ritter des Eisernen Kreuzes erster
Kffse mit dem Großkreuz und den Chef des ost-
piußischen Dragonerregiments Nr. 10 Der König
eviederte dankend mit einem Hoch auf den Kaiser.
Ldann trank der Kaiser auf das I. Armeekorps,
dc den Prüfstein der Friedensausbildung glänzend
beährt habe. In den altehrwürdigen Regimentern
seidie Geschichte des Landes wie des Heeres ver-
köert, und eine ruhmvolle Vergangenheit knüpfte
sic an die zerrissenen Feldzeichen der verliehenen
Fmenbänder. „Möge das Corps", so schloß der
Kier, „stets der hohen Geschichte der Regimenter
ei.edenk und bestrebt sein, meine Zufriedenheit im
Fdm wie im Kriege zu erwerben". —Der Kaiser,
diKönig von Sachsen und Prinz Albrecht begaben
si heute Vormittag 8 Uhr 50 Minuten auf das
Mövergelände. Der Grundgedanke des Manövers
w folgender: Eine Südarmee rückt gegen das von
dMordtruppen besetzte Königsberg vor; der be-

sondere: Die Südarmee — markierter Feind —
unter dem Befehle bes Kommandanten des kaiser-
lichen Hauptquartiers Generallieutenants v. Plessen,
will Königsberg auf dem linken Pregelufer ein-
schließen. Die Nordtruppen unter dem komman-
direnden General des I. Armeekorps, General der
Infanterie v. Werder, wollen die ausgedehnte feind-
liche Linie in der Richtung auf Tharaü durchbrechen.
Karlsruhe, 6. Sept. Seine Königliche Hoheit
der Großherzog besichtigte am 4. d. M.,' Vormittags
die 67. Infanterie- Brigade, wohnte sodann den
Hebungen der 33. und 34. Kavallerie-Brigade, so-
wie des Feld-Artillerie-Regiments Nr. 34 auf dem
großen Ererzierplatz bei Metz an und folgte hierauf
einer Einladung des Offizierscorps des Königl.-Jn-
fanterie-Regiments Nr. 145 zur Mittagstafel. Abends
wohnte Seine Königliche Hoheit einer Sturmübung
auf Fort Goeben bei. Gestern Vormittag besich-
tigte derselbe die 68 Infanterie-Brigade und die
33. Kavallerie Brigade und wohnte Nachmittags
einer Uebung im Ueberschreiten der Mosel bei Olgy
bei. — Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin
empfing am gestrigen Nachmittag je zwei Vertreter-
innen der dreizehn zunächst gelegenen Frauenvereine
und besprach mit denseben in Anwesenheit des Ge-
neralsekretärs Geheimrath S« 4 s verschiedene Vereins-
angelegenheiten. Die Obersthofmeisterin Ihrer
Königlichen Hoheit, Frau von Holzing, und
der Oberststallmeister, Herr von Holzing, sind heule
auf Schloß Mainau eingetroffen.
Ausland.
London, 6. Sept. Der Vertrag zwischen
Großbritannien und China, betreffend die
birmanischen Grenzen, ist insofern ein Triumph für
China, als zum ersten Male in der Geschichte in
einem Vertrage zwischen Großbritannien und China
die Namen des chinesischen Kaisers und seines
Bevollmächtigten den Vorrang einahmen vor dem
Namen der Königin und des englischen Ministers
des Aeußern.
London, 6. Sept. Nach einem der „Times"
heute aus Shangbai zugegangenen Telegramm droht
Japan mit der Zurückziehung seines Versprechens,
nichts gegen Shanghai zu unternehmen, wenn nicht
das dortige Kiangnan-Arsenal geschlossen würde. Da
dieses Arsenal wenig bedeutend sei, vermutete man
andere Beweggründe zu dieser Drohung. Vielleicht
lege Japan es darauf an, eine Einmischung Eng-
lands herb'äzuführen.
Petersburg, 6. Sept. Hier tauchen noch fort-
während die widersinnigsten Gerüchte über die
Krankheit des Kaisers auf. Das neueste dieser
Gerüchte behauptet, eine Operation sei nöthig
befunden worden. Von der bestunterrichteten
Serie können wir versichern, daß das alles Klatsch
ist und daß Prof. Sacharjin daran festhält, hin-

halb dem eleganten Etagenaufgang führten auch zwei
Treppen in den Keller hinab. Nach her Straße zu
wurde der Vordertheil desselben von einem Höker zur
einen und von einem Steinzeughandler zur andern
Seite vom Hauseingang benutzt- Ztach der Rückseite
indeß befanden sich zu den verschiedenen Wohnungen
des Hauses gehörende Piöcen und von hier aus führte
auch sicher ein Ausgang auf einen Hurtern Hofvlah
hinaus.
Was sollte er thun? Roderich Falb stand rathlos.
Verließ er seinen Standpunkt hier, so konnte der andere
zu derselben Zeit, indes er ihn in den Keller hinab-
steigen hörte, ihm durw sm schnelles Fortgehen ent-
schlüpfen. Andrerseits besaß ex ,^och nicht die gerinste
Garantie, daß L"" WEH m den oberen Theil des
Hauses hlnaufgestiegen war und sich nicht etwa irgend-
wo verborgen hielt.
er kein Geräusch
der unteren Treppe und horchte hinab; nichts rührte
sich; auch im Treppenhause war alles still.
Schritte vom Hauseingang her schreckten den Be-
amten auf; er wandte sich, als wenn er eben die Treppe
herabgekommen ser, und ging an dem ihm entgegen-
kommenden Herrn — offenbar ein Arzt, feine Equipage

galt der Besuch des Mannes, wenn dieser nicht selbst
Zu den Bewohnern des Kolossalbaues zählte?
Die Frage war mehr als ein Räthsel; während
sie ihm noch durch den Kopf schoß, war er schon durch
die Hintere Windfangthür getreten, um zu horche», ob
sich mcht aus Schritten feststellen l^ wie hoch der
Unbekannte stieg. Er hörte auch sofort ein Geräusch,
aber nur das einer Thür, welche ins Schloß schnappte;
m welchem Stockwerk das war, vermochte er jedoch
nicht festzustellen. Freilich schien es ihm, als wenn es
cher näher als entfernter gewesen sei, aber das konnte
täuschen.
Was nun?
Er überlegte. Nach der Rückseite zu konnte dieses
Haus kaum einen Ausweg haben, der em Entschlüpfen
auf unauffälligem Wege möglich erscheinen ließ. Anders
aber lag die Sache betreffs des Erdgeschosses. Unter-
halb dem elegc ' """ '
Treppen in d,
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mnen und „von einem Steinzeughäiidlcr ^zurZandern
indeß befanden sich^zi/den verschiedenen Wohnungen
des Hauses gehörende Piöcen und von hier aus führte
auch sicher ein Ausgang auf einen hmtern Hofplatz
hinaus.
Was sollte er thun? Roderich Falb stand rathlos.
Verließ er seinen Standpunkt hier, so konnte der andere
zu derselben Zeit, indes er ihn in den Keller hinab-
stelgen hörte, ihm dE em schnelles Fortgehen ent-
schlüpfen. Andrerseits besaß cr nicht die gerinste
Garantie, daß L"" WEH m den oberen Theil des
Hauses hlnaufgestlegcn war und sich nicht etwa irgend-
wo verborgen Hst"-
Voffichsig ernen Fuß Vox den andern setzend, daß
un Gerausch^verursachte, trat er an die Balustrade

Unbewegt stand er, wie mit dem Laternenpfahl
verwachsen und starrte zu dem jenseits der Straße
Hin- Herwandelnden hinüber.
Zuweilen, wenn die Nebeldichtigkeit ihm denselben ent-
zog, machte er einige Schritte zur Seite, um jedoch, so-
bald er die Person seiner Beobachtung entdeckt hatte,
seinen vorherigen Standpunkt einzunehmen, auf dem er
auch verharrt haben würde, selbst wenn er den Beob-
achter hinter der Gardine an dem Parterrefenster des
Volkheim'schen Hauses geahnt hätte.
Auf emmal aber, als er eben wieder eine Schwen-
kung gemacht, um den andern zu erspähnen, kehrte dieser
nicht zurück. Mit raschem Entschluß kreuzte er den
Fahrweg. Da — richtig, da schritt ein Mensch zwischen
den Baumreihen dahin. Dieser verwünschte Nebel!
War es derselbe?
Der Beamte verdoppelte seinen Gang, bis er den-
jenigen, dem feine Aufmerksamkeit galt, auf zehn Schritt
Entfernung eingeholt hatte, so rasch dieser auch seinen
Weg verfolgte. Derselbe blieb in dem Gangtempo,
welches er eingeschlagen hatte, und der Beamte hielt mit
ihm Schritt. Kaum um einen Fußbreit veränderte sich
die Entfernung, so lange beide sich in der Allee be-
fanden ; dann aber, als sie durch das Thor und in das
Gewirr der Straßen einlenkten, verdoppelte der Beamte
seinen Schritt und rückte so dem Verfolgten näher.
Und während er das that, kam ihm mit einem
Mal dessen Gestalt bekannt vor, nicht wie die eines
Menschen, den wir schon oft gesehen, sondern vielmehr
wie eine Erscheinung, welche uns ungewiß vorschwebt
und welche wir nicht an die richtige Adresse zu bringen
wissen, so viel wir auch sinnen mögen. Wo hatte er
diese gedrungene Gestalt schon gesehen? Es war erst
ganz kürzlich gewesen, so schien es ihm, aber wo und
wann? Galt es vielleicht eine neue Spur zu entdecken?
Und wenn— wohin führte dieselbe? Er mußte es
wifsen, um jeden Preis, und Schritt um Schritt folgte
er dem Vorangehenden, wie jeden wandelnden Körper
sein Schatten begleitet, den ein höherer Lichtschein hinter
ihm her auf seinen Weg wirft ,
Entweder ahnte derjenige, dem Roderich Falb nach-
schritt, nichts von der Verfolgung, oder er wollte durch

nis sich verrathen. Im ersten Fall war er der harm-
los Mensch von Welt, im zweiten der durchtriebendste
Srke.
Und durch Straße um Straße ging die Wanderung,
schönen, neuaufgeführten Prachtbauten vorbei und
dl enge, winklige Gaffen mit alten, baufälligen
Hern und schmalen, langen Höfen, wo hinein
Wen die dicht zusammenstehenden Häufer das Tages-
lichts ins Erdgeschoß kaum bei Hellem Sonnenschein
dr.; wie viel weniger an einem düsteren Nebelmorgen,
wier heutige.
!)er Beamte war darauf vorbereitet, daß der Ver-
so! die erstbeste Gelegenheit wahrnehmen würde, um
in en dieser mysteriösen Gänge zu verschwinden, und
staunausgesetzt auf dem Sprunge, ihn selbst dann
niaus dem Äuge zu verlieren.
nnöthige Sorge! Der andere trottelte seinen
Wahin, als sei er entschlossen, so bis ins Endlose
we zu wandern, und als habe er von einem Ver-
so! nicht die leiseste Idee.
uf einmal — der Unbekannte hatte eben den
Fceg überschritten und der Beamte wollte ihm wie
dir folgen, — scheute das Pferd eines mit unstatt-
haVehemenz um die Ecke biegenden Geschäftswagens
vor gerade dahersausenden Straßenbahn. Der Be-
anonnte mit aller Gewandtheit nicht vorüber, ohne
eiiBogen vor dem sich aufbäumenden Pferde zu be-
schn; er gerieth dabei von dem Straßenübergang
etmb, doch in der nächsten Minute hatte er bereits
dichere Richtung wieder gewonnen, eben noch recht-
zeium den Menschen, dem seine Nachforschung galt,
inn Hauseingang verschwinden zu sehen.
:r Beamte verdoppelte seinen Schritt und stand
schan derselben Stelle, wo er den Verfolgten zuletzt
en hatte.
ls Haus, in welches dieser eingetreten, war ein
Ne, außer dem Erdgeschoß aus fünf Stockwerken
besd. Auf leder Etcwe wohnten vier Partien, wie
dioellen zu beiden Seiten des Hauseinganges be-
kun. Welcher von diesen zwanzig Haushaltungen,
zuhen noch wieder Astermiether gehören konnten,

Me verborgene Kcrnö.
Kriminal-Roman aus der neuesten Zeit
von E. von der Have.
28) (Fortsetzung.)
Der Kriminalbeamte war bis an den Fahrweg
vorgeschritten, aber er kreuzte denselben nicht; er blieb
am Trottoir stehen, die Hände in den Taschen, seinen
goldknaufigen Stock gegen die linke Schulter gelehnt,
als wartete er aus etwas.
Des Grobhandelsherrn Augen wanderten umher.
Was konnte das zu bedeuten haben ?
Auf einmal hafteten seine Blicke auf der Allee dem
Hause gegenüber. Durch den Nebel sah .er emen
Schatten sich hin und her bewegen, als wenn ein Mensch
dort die Wache hielt. . .
Ah, gilt dem seine Aufmerksamkeit? fragte er
sich selbst. „Solche Leute haben ihre Augen auf jedem
Fleck .... Steht er denn angewurzelt?".... Doch
nein, er kreuzt den Fahrweg .... ja, wo ist denn der
andere geblieben? ... Er ist fort, verschwunden !
Des Kaufherrn Augen suchten den Nebel zu durch-
dringen, doch sie fahen nichts. Sie sahen weder den
Kriminalbeamten, noch den, dem dessen Verfolgung galt.
Aus Hans Volkheim's ganzem Auftreten war ihm
die Ueberzeugung von der Aufrichtigkeit des jungen
Mannes geworden. Damit aber nahmen die Gedanken
des gegen alle Aeußerlichkeiten so starren und abge-
schlossenen Mannes eine ganz besondere Richtung und
er hatte, dieser folgend, sich kurz entschlossen, den Kauf-
herrn aufzusuchen und diesen in einer privaten An-
gelegenheit in Rath zu nehmen. Wie sehr seine Hoff-
nung zunicht geworden, haben wir gesehen
Aus dem Hause tretend aber und schon im Be-
griff, den Fahrweg zu überschreiten, gewahrte er durch
den Nebel einen Schatten, der sich jenseits der Straße
langsam hin und her bewegte. So blieb er neben dem
Laternenpfahl, auf welchem Standpunkt er eben an-
gelangt war, stehen und suchte Mit seinen Augen den
dichten Schleier, der über der Erde lag, zu durchdringen.
 
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