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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 201 - Nr. 210 (29. August - 8. September)
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Nummer 203. H Jahrgang.


Freitag, 31. August 1894.

General-GAnmger

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mit «seifigem illustrirtem Sonntagsblatt: monatlich
»0 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld.

Expedition: Kcruptltraße Hkr. L5.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

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die lspaltige Petitzeile oder deren Raum dfg»,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Brieder-
holung entsprechender Rabatt.
Expedition: Hauptstraße "Ar. 26.

Gelesenstes Blatt in Stadt rr. Anrt HeidetbeVS aird MiageDead. G^ösztev Gvfslg für Inserate.

4vW" Telephon-Anschluß Nr. 102. "WM

Mr 34 PH.
für den Monat September kostet der
rr e « e
General - Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
(Bürger-Zeitung)
Nebst Jllustr. Sonutagsblatt am Postschalter
abgeholt.
Wom Briefträger ins Haus gebracht 13 Pfg. mehr.)
In Heidelberg und den nächsten Orten der
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Heidelberg und Umgegend"
monatlich nur 40 Pfg.
frei in s Haus.
Bestellungen werden von unfern Trägern und
Trägerinnen sowie von allen Po st an st alten
fortwährend angenommen.

Tie Rechtsfrage im Börsenfpiele.
In weiten Volkskreisen herrscht gegen die
Börse oder vielmehr gegen das Treiben an der
Börse ein so großer Unwille, daß man in parla-
mentarischen und juristischen Kreisen sich schon
längere Zeit mit der Frage beschäftigt, wie man
den Auswüchsen in den Börsengeschäften ein Ende
oder doch wenigstens eine empfindliche Strafe
bereiten kann. Es muß übrigens, um bei der
hochgohenden Agitation gegen die Börsenmanöver
nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten,
darauf aufmerksam gemacht werden, daß sich ver-
nünftige Reformbestrebungen niemals gegen die
Börsengeschäfte richten dürfen, denn die Börse ist
eine Einrichtung zur Ermittelung der Preise aller
Werthe und zur Anlage von Geldkapitalien in
Zins und Dividenden tragenden Papieren, sowie
Zum Verkaufe der letzteren, und würden sich so-
fort neue Zusammenkunftsorte von Kaufleuten,
Kapitalisten u. s. w. bilden, also neue Börsen
M allen Städten entstehen, wenn die bestehenden
aufgehoben würden.
Sowohl hinsichtlich des wirthschaftlichen Ge-
meinwohles als auch bezüglich der Verwerthung
bvn Geldkapitalien find deshalb die Börsen, an
Welchen vorzugsweise die Käufer und Verkäufer
bon Staats- und Stadtanleihen, Eisenbahnobli-
gationen, Bank- und Industrie-Aktien stattfinden,

Die verborgene Kcrnö.
Kriminal-Roman aus der neuesten Zeit
von E. von der Have.
22) (Fortsetzung.)

. Die Finger des jungen Mannes umklammerten
wst das Handgelenk des Greises.
„Es sei denn, daß die Todte irgend einen Anlaß
öehabt habe, sich aus Verzweiflung selbst den Tod zu
geben."
..Aus Verzweiflung über mich, ihren Sohn?"
... Schrill rang sich die Frage über Hans Volkheim's
Lippen.
„Himmel, ja, mir kam der Gedanke," ächzte der
^reis, aber ich will es ja gar nickt glauben —"
. Des jungen Mannes Brust hob und senkte sich
üürmisch; stoßweise sprach er:
. . „Johann, — der Vater glaubt es, wer weiß, viel-
fiicht mehr noch! Mein Leichtsinn ist mein Verhäng-
Mß geworden. Eine Unterschrift von mir, welche ich,
jMchdem sie geschehen, für die Firma Volkheim gelten
"fß, hat meinen Untergang besiegelt. Der Vater hat
T>ch verstoßen, verflucht, und er schickt mich fort über
^ee — als Schiffsjunge!" . . . Johann, ich kann dir
ben Abgrund nicht schildern, den dieses furchtbare Ur-
Mil vor mir öffnete, aber eine grausame Erkenntniß
fft über mich gekommen: ich bin in ein Netz gerathen,
instinktiv fühle ich es, in ein Netz dessen Maschen
Mi mich gesponnen wurden, bis es jetzt kein Entrin-
flm mehr für mich gibt, der Tod der Mutter steht damit
M engsten Zusammenhang!"
„Gräßlich!" stammelte der alte Diener.
„. „»Johann, es ist nur ein unerklärliches Gefühl,
welches mich das erkennen läßt, aber ich bin überzeugt,
Afit die Wahrheit. In letzter Nacht faßte ich einen
-vtenschen hier im Garten ab, der mir indes entschlüpfte
dem ich dann über den Fluß folgte; nutzlos er
Entkam mir. Dem Vater, der mir nichts mehr glaubt,
öu sagen wäre nmsonst. Aber dieser Vorfall zeigte
Mr, daß geheime Mächte hier die Hand im Spiele

sehr nützliche Institute. Dieselben bieten aber.zu
einer Menge mehr oder weniger bedenklicher Ge-
schäfte Gelegenheit, welche man allgemein Börsen-
spiel nennt, und wobei es sich nicht um eine
eigentliche Kapitalanlage, sondern um sogenannte
Differenz- und Termingeschäfte, also um Schein-
kaufgeschäfte oder Spekulationsspiel handelt. Mit
dieser Art Börsengeschäfte wird nun vielfach ein
colosfaler Unfug getrieben, hauptsächlich insofern,
daß eine große Anzahl berufener und unberufener
Börsenmänner theils selbst diese Scheinkäufe zu
Spiel- oder Spekulationszwecken abschließen und
dadurch die Preise vieler Werthe und Waaren
oft ganz unsinnig beeinflussen, theils aber auch
eine ganze Menge großer und kleiner Privat-
kapitalisten zu dieser Art Börsenspiel verleiten.
Es ist nun an sich unmöglich, derartige Ge-
schäfte überhaupt gesetzlich ausrotten zu wollen,
denn für gewisse Geschäftsleute, welche z. B. für
ihre Ankäufe im Auslande russische Rubel und
ungarische Gulden, die im Werthe steigen und
fallen, brauchen, ist das Differenz- und Termin-
geschäft in solchen Geldsortcn ein durchaus recht-
liches Geschäft, denn dadurch können solche Kauf-
leute den wirklichen Einkaufspreis bei Abschluß
des Geschäftes festlegen und sind mit der zu
zahlenden Kaufsumme nicht vom Rubel und
Guldencours abhängig.
Verwerfliches Spielgcschäft ist aber das Dif-
ferenz- und Termingeschäft, wenn Leute, welche
gar nicht die Absicht haben, die russischen Rubel
oder den amerikanischen Weizen je abzunehmen,
solche Scheinkäufe machen, bezw. Scheinlieferungen
übernehmen und solche Fälle sollten einfach als
verbotenes, bez. strafbares Hazardspiel behandelt
werden. Tatsächlich hat auch das Reichsgericht
in einer ganzen Anzahl aus solchen Börsenge-
schäften entstandenen Prozessen den Spieleinwand
seitens der Verklagten gelten lassen. Differenz-
und Termingeschäfte sind also bis zum Beweise
des Gegentheils Glücksspiel und dürften in diesem
Sinne abgeurtheilt werden. Damit ist aber den
Auswüchsen in den Börsengeschäften immerhin ein
Damm vorgeschoben.
Deutsches Reich.
Berlin, 31. August.
— Zu den sozialpolitischen Gesetzen, über
deren Wirksamkeit statistische Nachweise vorliegen,
gehört das am 1. April 1891 in Kraft getretene
Reichsgesetz, betreffend die Gewerbegerichte,
vom 2o. Juli 1890. Am Schluß des Jahres
1893 wurden im Deutschen Reich 217 (1892: 154)
auf Grund dieses Gesetzes errichtete Gewerbegerichte
gezählt. Davon entfielen auf Preußen 151
(1892: 102), Bayern 14 (1892: 11), Sachsen

haben müssen. Johann, der Tod der Mutter ist nicht
natürlich erfolgt; dem liegt ein Verbrechen zu Grunde!"
„Junger Herr!"
„Ein Verbrechen, ja, ich habe es gesagt und ich
halte daran fest .... Ich gehe, weil' es der Wille
meines Vaters ist, aber du, alte, treue Seele, bleibst,
und ich beschwöre dich: halte die Augen nnd Ohren
offen! Wenn die Wahrheit noch einst an den Tag
kommt-"
„Sie wird es!" Des Greises Blick flammte in
Begeisterung. „Sie wird es!" wiederholte er, „Die
Wahrheit muß immer siegen und wenn auch tausend
Teufel ihr den Weg vertreten. Sie wird auch hier
siegen, wenn wir es nur glauben wollen. Als ich —
wie lang ist das her! von meinem greisen Konfirma-
tionsherrn mir einen Spruch erbat ins Stammbuch,
da schrieb er mir hinein: „Wer Gott, dem Aller-
höchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut!"
„Johann, lieber, treuer, guter Johann, tausend,-
tausendfachen Dank dir für deinen Glauben an mich!
stieß Hans Volkhcim konvulsivisch aus und seine Arme
umfaßten in tiefster Bewegung den Greis. „Mir ist
es, als habe der Segen der Mutter mich geweiht zum
Abschied! Das, — du herztreue Seele das werde ich
dir nie, nie vergessen!"
Er war niedergesunken vor dem Graukopf und
zitternd legten dessen Hände sich auf sein Haupt.
„Segne — segne," stammelte er, „segne du, all-
gütiger Gott, dieses arme, verstoßene Menschenkind!"

Elf dumpfe Schläge vibrierten noch durch die Luft,
ein einfacher Miethswagen von dem Volkheim'schen
Hause aus sich in Bewegung setzte. Zwei Herren waren
in das Gefährt gestiegen; ein dritter, stiller Passagier
hockte hinten drauf.
Der Wagen verließ das elegante Viertel bald, um
durch ein Gewirr von Straßen dem Hafen zuzurollen.
Es war eine wilde Stacht geworden; der Sturm
heulte; die Wasser gingen hoch und am Himmel jagte
zerrissenes Gewölk dahin.
Vor einem altgiebligen Hause in der Hafengegend
hielt das Geführt. Die beiden Männer stiegen heraus.

18 (1882: 12), Württemberg 9 (1982: 9),
Baden 7 (1892: 5), Hessen 5 (1892 : 4), Sachsen-
Weimar 2 (1892: 2), Oldenburg 1 (1892: 1),
Braunschweig 6 (1892: 5), Sachsen-Koburg und
Gotha 1 (1892: 1), Anhalt 1 (1892: 0), Reuß
ä. L. 1 (1892: 1) und Lippe 1 (1892: 1). Die
Zuständigkeit von 147 (1892: 112), Gerichten
ging über die Bezirke einzelner Gemeinden nicht
hinaus, während 70 (1892: 42) Gerichte für
weitere Bezirke errichtet waren. Im Jahre 1893
wurden nach einer Zusammenstellung im „Reichs-
anzeiger" bei den Gewerbegerichten 37 396 (1892:
20 175) Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitern
und Arbeitgebern und 221 (1892 : 136) Rechts-
streitigkeiten zwischen Arbeitern desselben Arbeit-
gebers anhängig. Erledigt wurden durch Ve rgleich
14 865, Verzicht 374, Zurücknahme der Klage
6346, Anerkenntniß 727, Versäumnißurtheil 3766,
und durch sonstige Endurtheile 8579, zusammen
34 657 (1892: 19 798) Streitsachen. Ein Theil
der anhängigen Streitigkeiten erledigte sich auf
andere Weise, z. B. dadurch, daß die Parteien
das Verfahren ruhen ließen, und der Rest wurde
in das nächste Geschäftsjahr übernommen. Gegen
die Endurtheile der Gewerbegerichte wurden 118
(1892: 76) Berufungen an die ordentlichen Ge-
richte eingelegt. Außerdem ist auf die Thätigkeit
der nach dem Gesetz vom 29. Juli 1890 auf-
recht erhaltenen landesgesetzlichen Gewerbegerichte
hinzuweisen. Hierhin gehören 10 Gewerbegerichte
in der Rheinprovinz, 5 Bergschiedsgerichte in
Sachsen, je 1 Gewerbegericht für Hamburg Bremen
und Lübeck und 5 Gcwerbegertzchte in Elsaß-Loth-
ringen.
— Zu der bereits telegraphisch gemeldeten, in
Novsant wegen Spionage erfolgten Verhaftung
der Frau Jsmert, die Gattin des ehemaligen
Polizeiinspektors von Pagny-sur-Moselle, werden
einem hiesigen Blatte aus Paris folgende Emzel
heilen mitgetbeilt: Schon seit längerer Zeit war
die deutsche Behörde in Metz darauf aufmerksam
gemacht worden, daß Frau Jsmert Spionage in
Metz treibe, dort militärische Auskünfte einziehe und
ihre wiederholten Reisen nach Metz diesem Spionage-
zwecke gälten. So beschloß die Polizei, die Ver-
dächtige abserviren zu lassen. Auch ani letzten Sonn-
abend hatte sich Frau Jsmert nach Metz begeben,
und zwar hatte sie aus Vorsicht die Fahrt von Pagny
nach Novsant nicht per Bahn sondern per Wagen
zurückgelegt. Als Frau Jsmert jedoch am Abend
von Metz heimkehrend, in Novsant eintraf, wurde
sie hier durch den deutschen Kommissar Szaggo,
dessen Bureau telephonisch mit der Polizeidirektion
in Metz verbunden ist, festgenommen. — Bei der
Untersuchung wurden in dem Regenschirm der Ver-
hafteten ein Zünder, Modell 6 1882, und in den

Auf ein Klopfen gegen die mit Holzläden versehene
Thür ward dieselbe gleich geöffnet. Eine kleine Frau
erschien auf der Schwelle. Sie trug eine Haube mit
flatternden Bändern; das etwas aufgedunsene Gesicht
verrieth im übrigen Gntmüthigkeit.
„Ach, Herr, Sie sind das?" begrüßte die Frau den
älteren der beiden Ankömmlinge, auf den der fahle
Schein einer auf der Diele brennenden Lampe fiel.
„Und da ist der junge Mann auch! Bitte, wollen die
Herren nur eintreten. Ich rufe meinen Mann!"
„Warten!" gebot der ältere Fahrgast dem Kut-
scher, der schläfrig auf seinem Bocke nickte.
Die Hausthür schloß sich, und von der Rückseite
des Wagens löste sich eine dunkle Gestalt, welche über
die finstere Straße in den Schatten eines mächtigen
Krahns glitt, der hier am Wasser seinen Stand hatte.
Machte das selbst auch ein Geräusch, der Kutscher
konnte es gar nicht vernehmen, weil der Wind mit losen
Ziegeln auf den Dächern und Schildern vor den Thüren
sein Spiel trieb nnd vor allem die aufgeregten Fluthen
des Stromes schäumend gegen die Kajnng schlug.
Da — endlich! Es 'hatte lange gedauert, sehr
lange; die Thür ging auf, ein Heller Lichtschein fiel
heraus und gerade auf den Krahn zu, unter welchem
der stille Beobachter stand. Aber ebenso schnell hatte
er sich in völlige Dunkelheit zurückgezogen.
Eine Gestalt erschien tucker der Thür, der ältere
der beiden nächtlichen Ankömmlinge.
Er sprach noch einige Worte zu dem Manne und
der Frau, welche jetzt unter dem Eingang auftauchten;
dann zog er den Hut und wandte sich dem Gefährt zu,
dessen Schlag gleich darauf hinter ihm zufiel. Der
Wagen rasselte über das holprige Pflaster davon.
Das Paar auf der Schwelle wandte sich, einige
Worte wechselnd, nach der Diele zurück nnd schwer
schlug Hücker ihnen die Hausthür zu; aber ehe dieselbe
von innen geschlossen werden konnte, legte sich eine Hand
von außen ans den Drücker und die Thür ward mit
Vehemenz zurückgestoßen.
Rasch trat der Mann, der Zeuge des nächtlichen
Vorganges gewesen war, über die Schwelle, die Thür
hinter sich znfallen lassend.

Strümpfen verschiedene kompromittirende Dokumente
vorgefunden. Mit dem letzten Zuge unter Be-
gleitung eines Gendarmen nach Metz befördert, ließ
man Frau Jsmert die Nacht über im dortigen
Polizeigebäude, von wo sie nach kurzem Verhör am
folgenden Morgen nach dem Gefängniß übergeführt
wurde. Mit der Untersuchung der Affaire soll der
dem kaiserlichen Ministerium in Straßburg attachirte
Polizeirath Zahn betraut werden, der zur Zeit
auch bei der Affäre Schnaebele thätig gewesen ist.
Wie weiter verlautet, soll ein deutscher Militärbe-
amter bei dieser Affäre mit kompromitirt sein. Frau
Jsmert, mit ihrem Mädchennamen Olivier, ist aus
Metz gebürtig, woselbst auch ihre Eltern wohnen.
Sie ist einige fünfzig Jahre alt. Ihr Mann
wurde vor einigen Jahren in Folge eines Eisen-
bahnunfalls, bei dem er einen Arm verlor, pen-
sionirt.
Karlsruhe, 30. Aug. Heute Vormittag be-
sichtigte S. K. H. von Hüfingen aus die zur Zeit
in dieser Gegend befindlichen drei Brigaden der
kombinirtcn Kavallerie-Division. I. K. H. die
Großherzogin empfing gestern den Besuch Ihrer
Kaiserllichen und Königlichen Hoheiten des Groß-
herzogs und der Großherzogin von Toskana, welche
mit ihrer Tochter, Ihrer Kaiser!, und König!. Ho-
heit der Prinzessin Friedrich August von Sachsen,
und ihren andern Töchtern und Söhnen mit dem
Dampfboot von Lindau kommend gegen 12 Uhr
Mittags auf Schloß Mainau eintrafen. Die
Hohen Herrschaften nahmen an der Tafel Theil
und kehrten um halb 4 Uhr zu Schiff nach Lindau
zurück.
Ausland.
Pest, 30. Aug. Während der Manöver bei
Balassa-Gyarmat werden am Hoflager an-
wesend sein dieMinisterFej ervary, A ud ra s sy
und Hieronymi. Der Fürstprimas und fünf
Bischöfe des Eomitats Neograd ließen das Comi-
tatöhaus als Hauptquartier des Königs prächtig
ausstatten. In den Gemeinden werden Triumph-
bogen errichtet. Vor dem Zuge wfid ein Herrcn-
bandesium reiten und Prachtgespanne derComitats-
herren werden im folgen. Die Stadt wird elek-
trischbeleuchtet; zur Aufrechterhaltung der Ordnung
sind 400 Mann als Bürgerwache zusammengetreten'.
Paris, 30. Aug. Der heutige im Elysse ab-
gehaltene Ministerrath beschloß auf Vorschlag der
Minister der Justiz und des Unterrichts, Herrn
Robin, den Leiter des Waisenhauses von
Cempuis, abzusetzen und zu untersuchen, welche
Verwaltungsbehörde für die durch den Ausschuß zu-
tage geförderten Mißbräuche verantwortlich sei. —
ES ist jetzt festgestellt, daß von den 86 General-
räthen, denen das Gesuch unterbreitet war, sich über
das neue Anarchistengesetz zu äußern, nur sechs in
Ein Blick, und mit einem kurzen Schrei taumelte
die Frau zurück, daß fast die Lampe ihrer Hand ent-
fallen wäre.
„Herr —Herr Falb!" stieß der Mann stockend aus.
Ja, der nächtliche Gast war kein anderer, als Rode-
rich Falb, der Geheimpolizist.
„Ja, ich bin's!" sprach der eingetretene mit seiner
sonoren Stimm gedämpften Tones. „Aber ich komme
nicht um euretwegen sondern um eines andern Menschen
willen, der unter eurem Dache weilt, — om junger
Mann, mit Namen Hans Volkheim!"
E^Der Mann und die Frau wechselten einen raschen
„Kenne ich nicht, Herr," sagte der erstere, köpf-,
schüttelnd. „Bei uns verkehren nur Seeleute und
. „Ihr wollt behaupten, daß ihr den Namen Volk-
heim nicht kennt?" unterbrach der Kriminalbeamte
ihn scharf.
„O, ja, — einer der ersten Namen unserer Stadt
— wie sollte ich, der ich so viel mit dem ehrenwerthen
Kaufmanns- und Seefahrtsstande zu thun habe, den
Namen nicht kennen!" antwortete der andere. „Aber
ebenso steht doch auch fest, daß ein Trager dieses Namens
zur Nachtzeit in einem Hanse, wie das meine, nichts
zu suchen haben kann - - -
Der Kriminalbeamte trat dicht vor den Sprecher
hin nnd musterte Mann und Frau scharf.
„Wollt ihr in Abrede stellen, daß eben ein später
Besuch bei euch war?
Der Mann, dm vor allem der forschende Blick
traf, wand sich gleichsam wie ein Aal.
„O nein, gewiß nicht," stammelte er hervor. „Es
kam nur ein Schiffsjunge für einen Chinafegler, der
heute Nacht noch den Hafen verläßt. Es ist alles in
Ordnung, Herr, in bester Ordnung. Der junge Mann
ist noch minderjährig und es ist alles gehörig angezeigt
und unterschrieben. ^fie wissen ja besser als ich, was
dazu gehört, und da die Anheuerung, so zu sagen, in
elfter Stunde geschah, habe ich auch gar keine Zeit ge-
habt, weiter nachzuforschen. Aber der Kapitän weiß
alles: er ist hier, er und seine ganze Mannschaft. Soll
ich ihn rufen? Er kann mehr sagen als ich —"
 
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