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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 241 - Nr. 250 (15. Oktober - 25. Oktober)
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Armrmer 248. H. Jahrgang.

N e »rev

Dienstag, 23. Oktober t«»4.

General-G Anzeiger






für Heidelberg und Umgegend



Expedition: Aeruptstrcrße Wr. LS.

Abonnementspreis r
mit Zeitigem illnürirtrm Sonntagsblatt: monatlich
46 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezog«
vierteljährlich t Mark ohne Bestellgeld,
Expedition: Kauptttrcrße Hkr. LS.

Jnsertionspreisr
die Ispaltige Pctitzeile oder deren Raum S Pfg.»
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
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GeLeserrsLeS BLcrLL r^r SLackL m. HeLdelli>e^<g rrmd MRMSeDe«d. GV'ötzteV fÄV IMsevcrLG.

MO Telephon-Anfchlutz Nr WS.

Fsntwähvend
werden von allen Postanstalten, Landbri efträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengcnommen.

Post und Eisenbahn im Verkehrs-
leben.
Unter allen großen Erscheinungen der Neuzeit
'st die riesige Entwickelung des Verkehrslebens
^Urch die hohen Leistungen der Post und der
Eisenbahn wohl die bedeutenste, und hat dadurch
Handel und Wandel in den letzten Jahrzehnten
ahne Zweifel eine ungeheuere Ausdehnung er-
lahren. Indessen in einer Zeit, welche auch sehr
^el wirthschaftliche Unzufriedenheit hervorgebracht
hat, muß man auch von dem Rechte Gebrauch
fachen, die wirthschastlichen Einwirkungen
°es Post- und Eisenbahnverkehrs nach ihren mög-
^chen Schattenseiten zu critisiren. So fällt z.
-o-, dem die Gesammtintcressen der einzelnen Be-
^ussklassen im Auge habenden Volkswirth auf,
°aß die Post mir dem billigen Briefporto, dem
niedrigen dem Zeitungswesen und der Geschäfts-
reklame dienenden Kreuzbandporto und den be-
quemen und billigen Postanweisungen dem allge-
meinen Geschäfts- und Vcrkehrsleben unbedingt
°lnen großen Dienst erwiesen hat. Weniger
Mnstig aber muß das Urtheil bezüglich des billigen
postalischen Packetportos lauten, denn bei dem
Anstande, daß die Post für nur 25 Pfg. ein 5
Kilogramm schweres Paket zehn Meilen weit,
hnd für nur 50 Pfg. ein solches Paket nach
lsvem beliebigen Orte des deutschen Reiches be-
ordert, begünstigt sie nicht nur diesen Paketver-
Ar, sondern sie hat dadurch auch einen sür viele
Geschäftskreise ungünstigen Einfluß aus das wirth-
chaftliche Leben, zumal auf dasjenige der mitt-
elen und kleineren Kaufleute, Händler und Ge-
werbetreibenden, sowie auf das ganze legitime De-
Ahgeschäft hervorgebracht. Mit Hülfe des billigen
Metportos und allerdings auch einer großen
^eklame machen sogenannte Versandtgeschäfte in
Merlin, Leipzig, Hamburg, Bremen u. s. w in
glichen Bedarfsartikeln, wie Kaffee, Thee, Zi-
q?rren, Kleidern, Uhren, Handschuhen, Hausge-
Athen, Luxusgegenständen u. s. w. eine kolossale
Konkurrenz für den legitimen Detailhandel am
^atze und schaffen sich beinahe eine Art Monopol.
Mner veranlaßt das billige Paketporto auch eine
^renge Fabrikanten unter Umgehung der Groß-
säufleute und Händler direkt mit dem Privatpubli-
flskn Geschäfte zu machen. Diese Art der Ent-
^ckelung eines wichtigen Theiles des Geschäfts-

lebens kann sowohl staatlich als volkswirthschaft-
lich nicht unbedingt gutgeheißen werden, denn sie
schafft in oen Kreisen der mittleren Geschäftsleute
viel Unzufriedenheit. Es wäre daher wünschens-
werth, wenn sich der Reichstag einmal mit der
wirthschastlichen und sozialen Seite des billigen
Paketportos beschäftigte und zwar nicht nur aus
dem angegebenen Grunde, sondern auch uoch
wegen einer ganz anderen Ursache. Aeltere wie
neuere Untersuchungen haben nämlich dargethan,
daß die Post die Pakete nur deßhalb so billig
befördern kann, weil die Eisenbahnen für die
Beförderung der Postwagen eine ganz ungenügende
Entschädigung bekommen, das heißt mit anderen
und richtigen Worten, daß die Post Staatsunter-
stützung durch die Staatseifenbahnen erhält, also
ein Defizit in Wirklichkeit hat, welches durch Aen-
derung des Paketportos vielleicht beseitigt werden
könnte.

Demsches Reich-
Berlin, 23. Oktober.
— Wie die Blätter melden, soll der Reichs-
tag im neuen Reichstagsgebäude zusammentreten.
Vor diesem Termine soll eine besondere Feier, für
die der 15. November in Aussicht genommen ist,
im neuen Reichstagsgebäude veranstaltet werden.
Der Kaiser soll der Feier beiwohnen.
—Mach dem Gesetz zum Schutze der Waaren-
bezeichnungen können die bisher in Gemäßheit des
Gesetzes über Markenschutz in die gerichtlichen Zeichen-
register eingetragenen Waarenzeichen bis zum
1. Oktober 1898 jederzeit zur Eintragung in die
bei dem Patentamt geführte Zeichenrolle nach Maß-
gabe des erstgenannten Gesetzes angemeldet werden
und unterliegen alsdann dessen Bestimmungen. Die
Eintragung geschieht unentgeltlich und unter dem
Zeitpunkte der ersten Anmeldung. Ueber den Inhalt
der ersten Eintragung ist ein Zeugniß der bisherigen
Registerbehkrde beizubringen, welches in einer be-
glaubigten Abschrift der in dem bisherigen Register
enthaltenen Eintragungen bestehen soll. Die Ge-
richtsbehörden sind unter dem 16. d. M. seitens
des Justizministers angewiesen, die vorgezeichnetcn
beglaubigten Abschriften unentgeltlich zu
ertheilen.
— Für den deut sch-russischen Verkehr
von Bedeutung sind viele durch das neue Zoll-
reglement verfügte Vereinfachungen der Zollforma-
litäten- Die amtliche Bekanntgabe derselben steht,
wie man uns schreibt, bevor. U. A. soll für die
Zolldeklarationen die Stempelgebühr in Fortfall
kommen. Es war angeregt worden, die Gehälter
der russischen Zollbeamten zu erhöhen und ihnen
dafür die Antheile an den Zollstrafen zu entziehen.
Man hat davon jedoch Abstand genommen, um das

HefuchL und Gefunden.
18) Roman von Hermine Frankenstein.
(Fortsetzung.)
„Aber Du lasest sie viele Monate, nachdem er
Eftvlgt war," unterbrach sie Bathurst, beunruhigt
ihrer wachsenden Aufregung und bestrebt, ihr
senken wenigstens momentan von ihren herbsten
schmerzen abznlenken. „Es war in der That
?^hr als ein Jahr vergangen, als mir ein Einge-
?rener einen Brief von Dir brachte mit der Näch-
st, daß Du am Leben wärest und Dich mit
seiner alten Dienerin Rannelee im Gebirge ver-
°°rgen hieltest. Stelle Dir mein Erstaunen und
?rine Bestürzung vor! Ich eilte von Kalkutta
um Dich aufzusuchen und ich entdeckte Dich
einer kleinen Gebirgshütte, an den nothwendig-
!-sn Dingen Mangel leidend." — „Ich wünschte,
wäre im Sommerhause gestorben, als mein
, ?tte mich für todt hielt!" rief Frau Elliot in
A.denschaftlichstem Tone aus. „Aber ich kam zu
cflr aus jener langanhaltenden Betäubung, aus
^sfer todesgleichen Erstarrung — um meine alte
jAenerin in Thränen gebadet zu finden — mein
^atte und mein Kind waren fort und ich war für
gehalten, zurückgclassen worden, um begraben
werden."
, „Rannelee pflegte mich," fuhr Frau Elliot nach
von Erschöpfung zeugenden Pause fort, „sorg-
sss"ig und zärtlich und Tag für Tag wurde ich
särker. Kein einziger Diener war uns geblieben,
vnnelee konnte mich aber nicht verlassen. Wir
qvtteu Niemanden, um ihn mit einer Botschaft zu
deinem Gatten zu schicken. Eines Tages kam ein

Bettler vorbei und von ihm erfuhr meine Dienerin
die Geschichte des Aufstandes und aller Gräuel,
die er im Gefolge gehabt hatte. Einige Nächte
später kam eine Bande herumziehender Sepoys zu
unserem Hause. Wir sahen sie stehen mit Fackeln
und Waffen, um uns anzugreifen. Hätten wir
sie nicht schon von der Ferne erblickt, unser Leben
wäre ihnen damals zum Opfer gefallen. Wir er-
warteten das Schlimmste, als wir sie kommen
sahen, versteckten unsere wenigen Habseligkeiten und
flüchteten uns in den Garten, während sie sich vor
dem Hause aufstellten. Sie durchsuchten das ganze
Haus, währenddem entflohen wir. Einige von
ihnen erspähten uns und verfolgten uns. Rannelee
zog mich fort, in das Innere der Hügel. Sie feu-
erten Schüsse auf uns ab und verfolgten uns, und
der Himmel allein weiß, wieso es kam, daß wir
ihnen entschlüpften. Wir verbargen uns in einer
Felsspalte, an welcher sie achtlos vorüber eilten.
Wir kauerten dort die ganze Nacht. Wir saben,
wie sie unser Sommerhaus in Brand steckten und
den Feuerschein, der davon den Himmel röthete.
Als der Morgen anbrach, waren sie fort und das
hübsche Häuschen spurlos von der Erde verschwun-
den. Tage lang lebten wir zwischen den Felsen
und Rannelee baute uns eine Hütte, die sie mit
Palmblättern eindeckte. Rannelee war es auch,
welche Vögel fing, von denen wir lebten und die
uns Früchte und Waldbeeren suchte. Ich war dann
eine lange Zeit krank und wir lebten einige Mo-
nate in Angst und Schrecken. Wir sahen von
unserm Verstecke aus zeitweilig Banden von Sepoys
vorüberziehen und wir verbargen uns vor ihnen.
Der Herbst und der Winter vergingen. Eines

Interesse der Beamten an der Aufdeckung von
Schmuggel aufrecht zu erhalten. Andererseits dürf-
ten hierin viele Zollkuriosa ihre Erklärung finden;
denn die Beamten haben eben an höherer Verzollung
Gewinn.
— In den letzten Tagen hat wieder eine Sitzung
der Reichs-Cholera-Kommission stattge-
funden. In derselben soll auf Grund der von den
zuständigen Reichs- und Staatskommissaren erstatte-
ten Berichte festgestellt sein, daß in allen von der
Cbolera betroffen gewesenen Theilen des Reichs
die Seuche im Rückgang begriffen oder ganz erloschen
ist. Nur im Rheingebiet sind gerade in letzter Zeit,
nachdem während fast dreier Wochen sich dort kein
Cholerafall ereignet hat, wieder einige Fälle vorge-
kommen.
Karlsruhe, 22. Okt. Ihre Königliche Hoheit
die Großherzogin ist heute Vormittag 9 Uhr von
Schloß Baden hier eingetroffen. Seine Königliche
Hoheit der Großherzog beabsichtigt, heute Berlin zu
verlassen und morgen gegen Mittag hier anzu-
kommen. Seine Königliche Hoheit werden Sich
behufs der Entgegennahme von Vorträgen hier
einige Stunden aufhaltcn und Sich sodann nach
Schloß Baden begeben.
Ausland.
Wien, 22. Okt. In dem hiesigen „Hotel
Imperial" weilt seit gestern auch der König
Alerander von Serbien incognito und
empfing heute den Grafen Kalnoky, sowie den
gestern Abend aus Berlin eingetroffenen Gesandten
Bogitschewitsch. — An istrische Abgeordnete kam
ausPiramo ein Telegramm, wonach bei der An-
bringung der slovenischen Tafeln am Bezirksgericht
Unruhen entstanden seien; die Gendarmerie sei ein-
geschritten und habe Verhaftungen vorgenommen.
Wien, 22. Okt. Der Großfürst Alexis
reiste Samstag Abend hier durch nach Livadia und
fand hier, wie das „Fremdenblatt" berichtet, folgendes
Telegramm des russischen Thronfol-
gers: „Selbstgefühl besser, sonstiger
Zustanv unverändert." Seither ist aus der
russischen Kaijerfamilie keine weitere Nachricht hier-
her gelangt. Der König von Griechenland, der
seinen Sohn heute hier erwartet, wird morgen früh
über Fiume nach Korfu abreisen. 60 Kisten mit
Möbeln und Einrichtungsstücken und drei Wagen
hatte er über Triest nach Korfu für die Villa ab-
gesandt, die den Zar aufnehmen sollte.
Brüssel, 22. Oktbr- Stichwahlergebnisse bis
gestern 10 Uhr Abends: Der Sieg der Klerikalen
in Brüssel gegen die sozialistisch-liberale Koalation
ist wahrscheinlich. Hierdurch würden 18 liberale
Kammermitglieder durch Klerikale ersetzt, was der
Regierung eine starke Mehrheit sichern würde.
In Chaleroi haben nach den bisherigen Ergeb-

Tages kam ein Wanderer, ein Gebirgsbewohner,
vorbei und Nennelee bewog ihn, einen Brief für
Sie mitzunehmen. Wir wußten nicht, daß der
Aufstand unterdrückt worden war. Ich glaubte,
daß mein Mann auf eine andere Station versetzt
oder getödtet worden sein könnte, aber ich wußte,
daß Sie in Kalkutta in Sicherheit sein mußten
und ich glaubte, daß mein Kind bei Ihnen sei.
Deßhalb schrieb ich an Sie und Sie kamen
zu mir."
„Ich flog zu Dir auf den Flügeln der Liebe,
Agnes," rief Bathurst, „und ich werde nie die
Freude vergessen, die ich empfand, als ich Dich le-
bend erblickte, noch meine Bestürzung und meinen
Schmerz bei dem Anblicke Deines bleichen, dünnen
fast zum Schatten abgezehrten Gesichtes!" — „Sie
sagten mir," fuhr Frau Elliot fort, „daß mein
Gatte todt sei, daß im Lande noch immer Unruhe
herrsche und daß mein Kind verloren wäre. Sie
baten mich, da zu bleiben, wo ich war, bis ich mit
Sicherheit fortgebracht werden könnte, und einen
Monat später kamen Sie wieder und sagten, daß
Sie mich nach Kalkutta bringen wollten. Aber
Sie brachten uns sicher in dieses Haus, welches
Sie während dieses Monats des Wartens erbauten,
und hier haben Sie mich seither beständig gefangen
gehalten. Ich versuchte es oft zu entfliehen, und
Sie legten mich in Ketten wie eine Verbrecherin.
Sie waren entschlossen, mich zu zwingen, daß ich
Sie heirathe, und vor sechs Monaten rissen Sie
meine treue alte Dienerin von mir und schlossen
sie in einen Kerker unter dem Hause ein und wei-
gerten sich, sie frei zu lassen, ausgenommen, ich er-
löse sie, indem ich mich Ihnen zu eigen gebe.

nissen die Sozialisten, von den Liberalen unter-
stützt, die Mehrheit. In Lüttich sind liberale
Senatoren mit sozialistischer Hilfe, für die Kam-
mer Sozialisten und Progressisten mit Hilfe der
Liberalen gewählt. In Huh- sind die Liberalen
gewählt. In Verviers wurden die Sozialisten
mit liberaler Hilfe in die Kammer gewählt. In
Soignies sind Sozialisten mit liberaler Hilfe ge-
wählt, in Tournai vier Liberale, darunter Mini-
ster Bara, durch Klerikale ersetzt worden.
London, 22. Okt. Der „Central News"
wird aus Shanghai das unbestätigte Gerücht
einer Schlacht au: Daluflusse gemeldet. Die Ja-
paner hätten den Fluß überschritten, die chine-
sische Stellung angegriffen, seien aber nach einem
heftigen Gefecht und schweren beiderseitigen Ver-
lusten zurückgeschlagen worden. Die Chinesen
landeten in Tientsin eine Schiffsladung von
Waffen und Pulver, die von einer deutschen
Firma geliefert wurde. Von Tientsin wurde
eine Ladung nach Port Arthur und Niu Tschuan
weiter verschifft, da dort gute Gewehre schwer zu
haben sind. — Niu Tschuau ist zur chinesischen
Operationsbasis ausersehen, falls die Japaner
vom Palu auf Peking vorrücken. Die Garnison
ist dort verstärkt worden. — Der Vicekönig ist
von den deutschen Gewehren so befriedigt, daß er
der deutschen Firma einen weiteren großen Auf-
trag übergeben hat, der in zwei Monaten ausge-
führt werden muß.
Rom, 22. Okt. Nach einer Meldung der
Agencia Stefan! sind durch Dekret heute gleich-
zeitig in allen Provinzen sämmtliche Vereinigungen
welche sich als „socialistische italienische Arbeiter-
partei" bezeichneten, aufgelöst worden, ebenso die
Gesellschaften, welche Sektionen solcher Vereinigung
bildeten, und Vereine, welche, obgleich zu philan-
tropischen oder wirthschastlichen Zwecken gegründet,
sich dem bezeichneten Parteiprogramm zuwandten,
welches zwischen den verschiedenen Klassen der Ge-
sellschaft Streit errege und Umsturzideen verbreite.
Die bis nachmittags eingelaufenen Nachrichten be-
sagen, daß die Auflösung der Vereine und die Haus-
suchungen bisher zu keinem Zwischenfall geführt
haben.
Petersburg, 22. Okt. Unter den vielen im
Volk umherspukenden Gerüchten spielen ein große
Rolle die „Ab d an ku ngsgerüch te", die
aber den „unrichtigen" Persönlichkeiten nachgesagt
werden. In Wirklichkeit handelt es sich um den
etwaigen Thronfolger nach einem etwaigen
Thronwechsel. Kommt der jetzige Cesarewitsch
auf den Thron, so würde, so lange von ihm
keine Leibeserben da sind, sein Bruder Großfürst
Georg der neue Tronfolger sein. Seine schwere
Krankheit veranlaßt ihn aber, auf die Thron-
Aber Sie kennen mich nicht, Thomas Bathurst.
Nicht einmal um meiner treuen, alten Rannelee
willen — nicht einmal, um sie vom Tode zu er-
retten, würde ich Sic heirathen. Es gibt nichts
auf der Welt, was mich zu einem solchen Schritte
bewegen könnte."
„Nichts, Agnes?" — „Nichts," erwiderte Frau
Elliot fest. — „Du pflegtest zuweilen zu sagen,
daß Du glaubtest, Dein Kind lebe noch?" —
„Ich denke noch oft so. Mir ist zuweilen, als
hätte Topee sie zu irgend einem entsetzlichen Ge-
schicke aufgespart. Erst in der vergangenen Nacht
träumte ich, daß sie lebe, daß sie mich weinend
rufe mit ihrer lieblichen Stimme, die ich nimmer
vergessen kann." — „Stelle Dir vor, daß sie noch
lebt, theure Agnes!"
Frau Elliot schaute ihn an und zitterte wie
Espenlaub. — „Ich sagt- Dir doch, welche Mühe
ich mir gegeben hatte, das Geheimniß ihres Schick-
sals zu ergründen und daß ich endlich zu der
Ueberzeugung gelangte, daß sie todt sei," erklärte
Barthurst hastig. „Agnes, Du liebtest Dein Kind
von ganzer Seele. Nimm an, daß ich mich
früher irrte — daß es noch lebt —" — „Barm-
herziger Gott! Sie haben Nachrichten von ihr?"
schrie die Mutter plötzlich außer sich vor Aufreg-
ung, während ihr Gesicht sich mit Lcichenbläffe
überzog. „Sie wissen, daß Sie lebt und ich will
Ihnen all' Ihre Grausamkeiten, all' Ihre Unter-
drückungen verzeihen —- ich will Sie auf meinen
Knieen segnen." — „Stille, Agnes. Diese Auf-
regung ist zu viel für Dich. Sei ruhig. Um's
Himmels willen, beruhige Dich!" — „Sie haben
Nachrichten von ihr — sprechen Sie!" — „Ich
 
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