Nummer 303. H Jahrgang.
Nette«?
Freitag, 28. Dezember 1894.
General-GAlttemer
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für Heidelberg und Umgegend
(ZZürger-ZeiLung).
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Für Heidelberg und nähere Umgebung
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Der Uerlag des „Neuen General-Anzeigers",
>>.,,kptftrasre 25.
Deutsches Reich.
Berlin, 28. Dezember.
— Der Kaiser und dieKaiserin wohnten
gestern mit ihren vier ältesten Söhnen der Mor-
genvorstellung im königlichen Opernhause bei, wo
die Oper „Hänsel und Gretel" gegeben wurde.
— Der Kaiser hat für die durch das kürz-
liche Erdbeben in Sicilien und Kalabrien Verun-
glückten und Beschädigten einen Betrag von
10 000 Mark aus seiner Privatschatulle bewilligt.
— Ihre Majestäten der Kaiser und die
Kaiserin haben am Sonntag Nachmittag den
restaurirten Weißen Saal im königlichen Schloß
in Augenschein genommen. Den bei der Her-
stellung des Saales beschäftigten Künstlern und
Arbeitern hat der Kaiser Ordensauszeichnungen
und Ehrenzeichen verliehen. Am Montag Vor-
mittag unternahm der Kaiser einen Spazierritt.
Nachmittags um 4 Uhr vereinigten sich die Maje-
stäten mit dem engeren Hofstaat zur Tafel, an
welche sich die Weihnachtsfeier anschloß.
— Generallieutenant v. Blum rüder, Kom-
mandant des Jnvalidenhauses, ist gestorben.
- Wie die „Kreuzzeitung" vernimmt, ist der
Generalshnodalvorstand zu einer ge-
meinsamen Sitzung mit dem evangelischen Ober-
kirchenrath auf den 4. Januar einberufen.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." hört, die Be-
kanntgabe des Ergebnisses der Untersuchung gegen
die Oberfeuer Werkerschüler stehe in kurzer
Zeit bevor.
— Das Weihnachtsgeschenk, welches der
kaiserliche Flügeladjutant Major Graf. v. Moltke
im Auftrage des Kaisers der Königin der Nieder-
lande im Haag überreichte, ist ein Jugendporträt
Wilhelms von Oranien, dessen Original sich in
der Galerie zu Kassel befindet. Da in den
Niederlanden kein ähnliches Bildniß aus der
Jugendzeit Wilhelms von Oranien vorhanden ist,
so ließ der Kaiser eine Kopie anfertigen und
machte sie der Königin zum Geschenk.
— Unerwarteter Weise haben sich neue Aus-
sichten dafür eröffnet, daß der Bierkrieg, der
zum Schaden beider Parteien nunmehr lang genug
gedauert haben dürfte, seinem baldigen Ende ent-
gegen geht. Mittelbar herbcigeführt wurde diese
Aussicht dadurch, daß der „Verein der Brauereien
Berlin's und der Umgegend" die Einrichtung eines
Arbeitsnachweises für das hiesige Brauereigewerbe
beschlossen bat nnd sich an den Vorsitzenden des
Centralvereins für Arbeitsnachweis, Magistrats-
assessor Or. zur. Richard Freund, um Annahme
einer etwa auf ihn fallenden Wahl in das Cura-
torium wandte. Dr. Freund, der bei den bisherigen
Einigungsversuchen schon wiederholt vermittelnd
aufgetreten war, schrieb darauf an den Bevollmäch-
tigten des Vereins, Generaldirektor Richard Roe-
sicke, daß nach seiner Ansicht die Absicht des
Vereins, aus dem Arbeitsnachweis eine dauernde
und gedeihliche Einrichtung zu schaffen, nur dann
verwirklicht werden könne, wenn von der Betheili-
gung an ihr von vornherein nicht diejenigen Ar-
beiter ausgeschlossen blieben, die in Folge einer
gemeinsamen Maßregel der Brauereien seiner Zeil
zur Entlassung gekommen wären. Der Verein er-
widerte, daß er eine solche Ausschließung nicht be-
absichtigt habe, aber unter den obwaltenden Um-
ständen gezwungen sei, seine endgiltige Zustimmung
zu den in dieser Beziehung von Dr. Freund ge-
machten Vorschlägen davon abhängig zu machen,
daß von der Gegenseite die Bereitwilligkeit zur
Einstellung der Feindseligkeiten zuaesichert werde.
Dr. Freund trat daraufhin mit den betheiligten
Kreisen in Verbindung, und es ist am 24. Dez.
zwischen Herrn Roesicke einerseits und dem Bevoll-
mächtigten der Gegenseite, dem sozialdemokratischen
Reichstagsabgeordneten Singer, anderseits vor
Herrn Freund protokollarisch vereinbart worden,
daß den zwischen Weihnachten und Neujahr ein-
zuberufenden Versammlungen seitens der arbeit-
nehmenden Partei die Aufhebung des Boycotts
unter den vom Brauereiverein gemachten Zusicher-
ungen empfohlen werden soll. Diese Zusicherungen
betreffen in der Hauptsache: Einführung des Arbeits-
nachweises vom 1. Januar 1895 ab, bevorzugte
Eintragung derjenigen Arbeiter, die im Mai d. I.
von den Brauereien entlassen worden sind und noch
keine Arbeit gefunden haben, in die Arbeitsnachweis-
listen, Zulassung dieser Arbeiter zur erstmaligen
Curatoriumswahl, Bereitwilligkeit zur Mitwirkung
bei Regelung eines etwa gegen früher für die Arbeiter
ungünstiger gewordenen Verhältnisses der Arbeitszeit
und des Arbeitslohnes, möglichste Berücksichtigung
der seit Mai d. I. außer Arbeit befindlichen Bött-
chergesellen. Man wird nunmehr abzuwarten haben
ob die einzuberufenden Volksversammlungen die Be-
dingungen dieser Einigung, bei denen die Seite der
Arbeitgeber ein nicht geringes Entgegenkommen ge
zeigt zu haben scheint, genehmigen werden.
Karlsruhe, 27. Dez. Ihre Königliche Hoheit
die Großherzogin traf gestern Abend i/zb Uhr in
Begleitung Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroß-
herzogs hier ein, um der Einsegnung der Leiche
der verstorbenen Kammerfrau Nöldecke anzuwohnen.
Dieselbe starb am 24. d- M. m der Frühe uner-
wartet rasch an einem Blutsturz. Die Leiche
wurde in den unteren Räumen des Großherzoglichen
Schlosses neben der Schloßkirche aufgebabrt, so
daß die Angehörigen der Verstorbenen sich dort
vereinigen und aufhalten konnten. Die Großher-
zogin, von diesem Trauerfaa tief bewegt, ordnete
Alles, was die Ehrung ihrer alten Dienerin er-
höhen konnte, mit der Liebe an, welche der hin
gebenden Pflichttreue entspricht, die Frau Nöldecke
während der 38 Jahre ihrer dienstlichen Wirksam
keil bewährt hat. Die Trauerfeier fand in den
oben bezeichneten Räumen des Schlosses statt, in
welchem die Leiche aufgebahrt war, und wurde von
dem Oberhofprediger Dr. Helbinz vollzogen. Nach
Beendigung der Feier wurde die Leiche mit Hof-
pferden zur Leichenhalle des Friedhofes geführt, wo
heute Früh die Beisetzung stattgefunden hat. Ihre
Königlichen Hoheiten die Großherzogin und der
Erbgroßherzog sind gestern Abend um 8 Uhr nach
Freiburg zurückgereist. Die Höchsten Herrschaften
gedenken bis Samstag den 29. Dezember in Frei-
burg zu verbleiben und an diesem Lage nach Karls-
ruhe zurückzukebren-
Ausland.
Paris, 24. Dez. (Kamme r). Der Kriegs-
mi nister bringt einen Gesetzentwurf über Ver-
rath ein. Ist der Verrath durch Militärpersonen
oder Staatsbeanite begangen, so soll er mit dem
Tode, ist er durch Civilpersonen begangen, mit
lebenslänglicher Zwangsarbeit bestraft werden.
Der Gesetzentwurf findet allgemeinen Beifall.
Jaurds bringt einen Gesetzentwurf namens der
Sozialisten ein. Während der Hochverrath nicht
mit dem Tode bestraft werde, wird der gemeine
Soldat, der sich zu einer Respektlosigkeit fortreißen
lasse, erschossen. Trotzdem das bereits bestehende
Recht die Todesstrafe bei Hochverrath erlaube,
sei die Todesstrafe nicht verhängt worden, weil
man es nicht gewollt habe. (Stürmische Unter-
brechung). Der Präsident ruft James wegen
Beleidigung des Kriegsgerichts zur Ordnung.
James verliest hierauf, mehrfach heftig unter-
brochen, seinen Entwurf, der eine Revision der
Artikel des Militärstrafgesetzbuches fordert, die die
Todesstrafe auf Insubordination festsetzen.
Dupuy: James habe namens einer Gruppe,
die sich des Internationalismus rühmt, die Hie-
rarchie und die Disziplin der Armee angegriffen.
Wenn die Kammer nicht den Antrag Jaures
durch Vorfrage beseitige, bleibe die Regierung
keine Minute länger. (Stürmischer Beifall).
Jaurds: Sie haben die Kühnheit, von Inter-
nationalismus zu sprechen nach den Ereignissen,
die Ihre Freunde betroffen. (Ungeheurer Lärm).
Dupuy: Ich fordere eine Erklärung. Jaures:
Ich spreche von der Debatte über die Südbahn,
wo Dupuy versucht hat, eine kosmopolitische
Bande von Ausbeutern zu schützen. (Tumult).
Arbeitsminister Bart Hou: Sie lügen. (Ord-
nungsruf des Präsidenten). Jaurös: Die
Lüge ist nicht bei uns, sondern bei denen, die in
ihrer sozialen und politischen Stellung bedroht,
mit dem Patriotismus manövriren. Präsi-
dent: Erklären Sie, daß der Ausdruck sich auf
kein Mitglied dieses Hauses beziehe. Jaurds:
Der Ausdruck bezieht sich auf Parteien und
diejenigen, die an deren Spitze stehen. (Unge-
heurer Lärm). Die Kammer, vom Präsidenten
aufgefordert, beschließt die zeitweise Ausschließung
James. Dieser verläßt den Saal. Der Bou-
langist Richard stürzt, Beschimpfungen aus-
stoßend, auf die Ministerbank zu. Der Präsident
hebt die Sitzung auf eine halbe Stunde auf.
Nach Wiedereröffnung wird die Vorfrage zum
Antrag James hierauf mit 437 gegen 85
Stimmen votirt. Gauthier de Clagny inter-
pellirt über die Bestrafung der Spionage und des
Verraths, wofür die Todesstrafe bisher nicht be-
steht. Er verlangt die Dringlichkeit für den vom
Kriegsminister eingebrachten Entwurf- Der
Kriegsminister aceeptirt die Dringlichkeit; nicht,
weil der Verrath in der französischen Armee
häufig sei, sondern Prozesse wegen Spionage aus-
ständen. Millerand gibt eine lange juristische
Darlegung, wonach Verrath kein Politisches Ver-
brechen, folglich die Todesstrafe anwendbar sei.
Die Dringlichkeit für den Entwurf des Kriegs-
ministers wird mit 542 gegen 3 Stimmen votirt.
Gesucht und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
73) (Fortsetzung.)
„Es ist furchtbar langweilig ohne Dich" sprach
Maya zu ihrem Vater. Walter hat mir sehr viel
vom englischen Leben erzählt und sich so viel als
möglich bemüht, mich zu unterhalten; aber selbst
Walter, so liebenswürdig er ist, ist mir keine so
halb angenehme Gesellschaft, wie Du."
Der Graf zog Maya an sich, aber ihre offenbar
in kindlicher Offenheit gemachte Erklärung über-
raschte ihn etwas- Er hatte bemerrkt, daß Maya
seit ihrer Ankunft in Belle-Jsle Walter Bathurst
sorgfältig auszewichen war, und er hatte geglaubt,
daß Maya den jungen Mann nicht leiden mochte.
Er fühlte ein instinktives Mißtrauen gegen den
Sohn seines Cousins, und er hatte unter dem Ein-
drücke, daß seine Anwesenheit im Schlosse dem
jungen Mädchen unangenehm sei, seine Entfernung
vom Schlosse ersehnt. Jetzt zu hören, daß Maya
ihre Vorliebe für ihn in offener, schwesterlicher
Weise bekundete, war ihm eben so unerwartet als
verblüffend. — „Walter ist Dir also eine angenehme
Gesellschaft?" fragte er. — „Sehr angenehm. Ich
kann nie vergessen, daß ich es ihm und Herrn El-
liot verdanke, Dir wiedergegeben worden zu sein!"
rief das Mädchen mit anscheinend großer Wärme.
„Ich werde Cousion Walter immer lieb haben,
und ich bin froh, daß Du ihn für so lange Zeit
hierher geladen hast. Du mußt ihn vorläufig noch
hier behalten. Und wenn Armand Elliot und
Sinda auch noch hier wären, daß wäre wirklich
Prächtig."
Der Graf seufzte. „Elliot wird wahrscheinlich
vorläufig nahe bei Sinda bleiben," sagte er- „Er
kann sie nicht ganz ibren Verwandten überlassen,
wenn sie es wirklich sind." — „Wenn, Papa?
Ei, die Verwandschaft war doch genügend bewiesen.
— »Ich weiß es, daß eigentlich kein Zweifel mög-
lich ist", sagte der Graf. „Wären die Beweise
nicht so überzeugend stark gewesen, ich hätte sie
nicht an Frau Biggs abgetreten. Aber trotz all'
dieser Beweise war ich, seit Sinda uns verließ,
immer von trüben Ahnungen erfüllt. Sie ist Frau
Biggs gar nicht ähnlich. Sie ist in der Tbat so ver-
schieden von ihr, wie eine Treibhauspflanze von
einer Distel." — „Sehr richtig, Papa", bestätigte
Maya; „aber der Mangel einer Ähnlichkeit ist
doch nichts so Wunderbares. Ich sah in London
unter den Straßenbettlerkindern die reizendsten
kleinen Geschöpfe, und ihre Eltern müssen doch roh
und unwissend gewesen sein, wie Du weist. Sinda
wurde als Prinzessin erzogen und war längere Zeit
sogar Königin. Für sie hielt man in Putpur nichts
für zu gut. Die alte Königin verschwendete die
seltensten Landesprodukte an Sinda. Sie wurde in
die prächtigsten Stoffe gehüllt, hatte eine Menge
Diener und eine prachtvolle eigene Sänfte mit
sechs Trägern. Und all dieses Wohlleben und dieser
Lurus mußten natürlich durch die Reihe von Jahren
eine von diesem hart arbeitenden, biertrinkenden
Waschweibe manche verschiedene ^Person aus ihr
machen.
Graf Tregaron lächte. „Deiner Schlußfolgerung
liegt ziemlich viel gesunder Verstand zu Grunde,
Kathrine", sagte er. „Ich wußte gar nicht, daß
Du so klug bist. Aber Essen und Trinken und
Wohlleben und Lurus allein können Sinda's
gründliche Charakterverschiedenheit von Frau Biggs
nicht erklären. Sinda ist fein, eine wahre Dame
— sanft, rein und edel — von Frau Biggs so
verschieden, wie das Licht von der Finsterniß. Und
ich habe zuweilen das Gefühl, als läge ein furcht-
barer Jrrthum zu Grunde — als wäre Sinda gar
nicht Frau Biggs Tochter, noch überhaupt ein-An
verwandte von ihr. Deine Freundin trägt in
ihrem Gesichte und in ihrem Charakter die Züge
einer edlen, ehrenhaften und verfeinerten Herkunft."
Maya erschrak. „Deine Vorliebe für Sinda beein-
trächtigt Dein Urtheil, Papa", unterbrach sie ihn
hastig. „Sinda ist ein gutes Mädchen, aber Frau
Biggs ist ihre Mutter und Sinda sollte bei ihr
kleiden. Eine Mutter hat ein geheiligtes Recht an
ihr Kind. Aber wie finster es wird. Höre doch
den Regen an die Scheiben schlagen. Vetter
Walter läuten Sie nach Lichtern."
Bathurst gehorchte- Ein Diener erschien und
zündete die großen Wachskerzen in den Armleuchtern
an und die über dem Kamine und zog sich
dann schweigend grüßend zurück. „Bitte, bringen
Sie mir ein kleines Sträußchen, Walter," sagte
Maya. „Nur eine weiße Rosenknospe und einige
Geranienblätter." Bathurst begab sich gehorsam in
den Wintergarten. Der Graf setzte sich in einen
Lehnstuhl an den Kamin. Er sah ernst und be-
kümmert aus, wie immer in Rr letzten Zeit. Und
es war jener Ausdruck in seinem Gesichte, der
Maya beunruhigt hatte und sie veranlaßte, seinen
Tod zu wünschen. Sie wußte, daß sein Herz in
ihr keine Ruhe gefunden hatte, daß er unzufrieden
mit ihr war und mehr als alles das, daß die
überströmende Zärtlichkeit, die er ihr im Anfänge
gezeigt hatte, wieder geschwunden war und daß zu-
weilen sogar ihre Anwesenheit ihm lästig war.
Sie zog einen Schemel herbei, setzte sich an
seine Seite, senkte ihren blonden Lockenkopf auf
seine Kniee herab und schaute mit scheinbar war-
mer Begeisterung in sein Helles, großes Gesicht hin-
auf. „Ich glaube, Papa, daß ich aufsSinda eifer-
süchtig bin!" rief sie plötzlich. „Du scheinst sie
so viel mehr zu bewundern als mich und fragst
mich immer über sie aus und zweifelst, daß sie
Frau Biggs Tochter ist. Das kann ich nicht er-
tragen! Es war immer so! Sie war der Liebling
der alten Königin von Kählsar, von allen Damen
bei Hofe; Armand Elliot hat sie mir vorgezogen
und ich glaube, daß Du sie mir auch oorziehst.
Ich mußte ihr immer den Vorrang einräumen. Ich
hasse sie !" rief das Mädchen in plötzlich auf-
wallender Leidenschaft. „Ich hasse sie!" — „Ka-
tharina!" rief der Graf. „Und ich wollte, ich
hätte sie in Putpur gelassen!" fuhr Maya fort,
jetzt, wo ihr Neid endlich die Fesseln gesprengt
hatte und sich in Worten Luft machte, die Folge
nicht bedenkend. „Der Rayah Wansee wollte sie
heirathen. Ich wollte ich hätte mich geweigert,
sie mit uns kommen zu lassen. Sie ist mir mein
ganzes Leben lang im Wege gestanden, und selbst
Du liebst sie mehr als mich. Ich hasse sie! Ich
hasse sic."
„Stille! Katharine, Du weißt nicht, was Du
sprichst!" rief der Graf aus. „Sinda war De ne
Freundin, Deine Schwester; sie hat Dich geliebt,
sie liebt Dich noch." — „Ich frage nicht da-
nach", sagte Maya mürrisch. „Ich hasse sie!"
Nette«?
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Der Uerlag des „Neuen General-Anzeigers",
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Deutsches Reich.
Berlin, 28. Dezember.
— Der Kaiser und dieKaiserin wohnten
gestern mit ihren vier ältesten Söhnen der Mor-
genvorstellung im königlichen Opernhause bei, wo
die Oper „Hänsel und Gretel" gegeben wurde.
— Der Kaiser hat für die durch das kürz-
liche Erdbeben in Sicilien und Kalabrien Verun-
glückten und Beschädigten einen Betrag von
10 000 Mark aus seiner Privatschatulle bewilligt.
— Ihre Majestäten der Kaiser und die
Kaiserin haben am Sonntag Nachmittag den
restaurirten Weißen Saal im königlichen Schloß
in Augenschein genommen. Den bei der Her-
stellung des Saales beschäftigten Künstlern und
Arbeitern hat der Kaiser Ordensauszeichnungen
und Ehrenzeichen verliehen. Am Montag Vor-
mittag unternahm der Kaiser einen Spazierritt.
Nachmittags um 4 Uhr vereinigten sich die Maje-
stäten mit dem engeren Hofstaat zur Tafel, an
welche sich die Weihnachtsfeier anschloß.
— Generallieutenant v. Blum rüder, Kom-
mandant des Jnvalidenhauses, ist gestorben.
- Wie die „Kreuzzeitung" vernimmt, ist der
Generalshnodalvorstand zu einer ge-
meinsamen Sitzung mit dem evangelischen Ober-
kirchenrath auf den 4. Januar einberufen.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." hört, die Be-
kanntgabe des Ergebnisses der Untersuchung gegen
die Oberfeuer Werkerschüler stehe in kurzer
Zeit bevor.
— Das Weihnachtsgeschenk, welches der
kaiserliche Flügeladjutant Major Graf. v. Moltke
im Auftrage des Kaisers der Königin der Nieder-
lande im Haag überreichte, ist ein Jugendporträt
Wilhelms von Oranien, dessen Original sich in
der Galerie zu Kassel befindet. Da in den
Niederlanden kein ähnliches Bildniß aus der
Jugendzeit Wilhelms von Oranien vorhanden ist,
so ließ der Kaiser eine Kopie anfertigen und
machte sie der Königin zum Geschenk.
— Unerwarteter Weise haben sich neue Aus-
sichten dafür eröffnet, daß der Bierkrieg, der
zum Schaden beider Parteien nunmehr lang genug
gedauert haben dürfte, seinem baldigen Ende ent-
gegen geht. Mittelbar herbcigeführt wurde diese
Aussicht dadurch, daß der „Verein der Brauereien
Berlin's und der Umgegend" die Einrichtung eines
Arbeitsnachweises für das hiesige Brauereigewerbe
beschlossen bat nnd sich an den Vorsitzenden des
Centralvereins für Arbeitsnachweis, Magistrats-
assessor Or. zur. Richard Freund, um Annahme
einer etwa auf ihn fallenden Wahl in das Cura-
torium wandte. Dr. Freund, der bei den bisherigen
Einigungsversuchen schon wiederholt vermittelnd
aufgetreten war, schrieb darauf an den Bevollmäch-
tigten des Vereins, Generaldirektor Richard Roe-
sicke, daß nach seiner Ansicht die Absicht des
Vereins, aus dem Arbeitsnachweis eine dauernde
und gedeihliche Einrichtung zu schaffen, nur dann
verwirklicht werden könne, wenn von der Betheili-
gung an ihr von vornherein nicht diejenigen Ar-
beiter ausgeschlossen blieben, die in Folge einer
gemeinsamen Maßregel der Brauereien seiner Zeil
zur Entlassung gekommen wären. Der Verein er-
widerte, daß er eine solche Ausschließung nicht be-
absichtigt habe, aber unter den obwaltenden Um-
ständen gezwungen sei, seine endgiltige Zustimmung
zu den in dieser Beziehung von Dr. Freund ge-
machten Vorschlägen davon abhängig zu machen,
daß von der Gegenseite die Bereitwilligkeit zur
Einstellung der Feindseligkeiten zuaesichert werde.
Dr. Freund trat daraufhin mit den betheiligten
Kreisen in Verbindung, und es ist am 24. Dez.
zwischen Herrn Roesicke einerseits und dem Bevoll-
mächtigten der Gegenseite, dem sozialdemokratischen
Reichstagsabgeordneten Singer, anderseits vor
Herrn Freund protokollarisch vereinbart worden,
daß den zwischen Weihnachten und Neujahr ein-
zuberufenden Versammlungen seitens der arbeit-
nehmenden Partei die Aufhebung des Boycotts
unter den vom Brauereiverein gemachten Zusicher-
ungen empfohlen werden soll. Diese Zusicherungen
betreffen in der Hauptsache: Einführung des Arbeits-
nachweises vom 1. Januar 1895 ab, bevorzugte
Eintragung derjenigen Arbeiter, die im Mai d. I.
von den Brauereien entlassen worden sind und noch
keine Arbeit gefunden haben, in die Arbeitsnachweis-
listen, Zulassung dieser Arbeiter zur erstmaligen
Curatoriumswahl, Bereitwilligkeit zur Mitwirkung
bei Regelung eines etwa gegen früher für die Arbeiter
ungünstiger gewordenen Verhältnisses der Arbeitszeit
und des Arbeitslohnes, möglichste Berücksichtigung
der seit Mai d. I. außer Arbeit befindlichen Bött-
chergesellen. Man wird nunmehr abzuwarten haben
ob die einzuberufenden Volksversammlungen die Be-
dingungen dieser Einigung, bei denen die Seite der
Arbeitgeber ein nicht geringes Entgegenkommen ge
zeigt zu haben scheint, genehmigen werden.
Karlsruhe, 27. Dez. Ihre Königliche Hoheit
die Großherzogin traf gestern Abend i/zb Uhr in
Begleitung Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroß-
herzogs hier ein, um der Einsegnung der Leiche
der verstorbenen Kammerfrau Nöldecke anzuwohnen.
Dieselbe starb am 24. d- M. m der Frühe uner-
wartet rasch an einem Blutsturz. Die Leiche
wurde in den unteren Räumen des Großherzoglichen
Schlosses neben der Schloßkirche aufgebabrt, so
daß die Angehörigen der Verstorbenen sich dort
vereinigen und aufhalten konnten. Die Großher-
zogin, von diesem Trauerfaa tief bewegt, ordnete
Alles, was die Ehrung ihrer alten Dienerin er-
höhen konnte, mit der Liebe an, welche der hin
gebenden Pflichttreue entspricht, die Frau Nöldecke
während der 38 Jahre ihrer dienstlichen Wirksam
keil bewährt hat. Die Trauerfeier fand in den
oben bezeichneten Räumen des Schlosses statt, in
welchem die Leiche aufgebahrt war, und wurde von
dem Oberhofprediger Dr. Helbinz vollzogen. Nach
Beendigung der Feier wurde die Leiche mit Hof-
pferden zur Leichenhalle des Friedhofes geführt, wo
heute Früh die Beisetzung stattgefunden hat. Ihre
Königlichen Hoheiten die Großherzogin und der
Erbgroßherzog sind gestern Abend um 8 Uhr nach
Freiburg zurückgereist. Die Höchsten Herrschaften
gedenken bis Samstag den 29. Dezember in Frei-
burg zu verbleiben und an diesem Lage nach Karls-
ruhe zurückzukebren-
Ausland.
Paris, 24. Dez. (Kamme r). Der Kriegs-
mi nister bringt einen Gesetzentwurf über Ver-
rath ein. Ist der Verrath durch Militärpersonen
oder Staatsbeanite begangen, so soll er mit dem
Tode, ist er durch Civilpersonen begangen, mit
lebenslänglicher Zwangsarbeit bestraft werden.
Der Gesetzentwurf findet allgemeinen Beifall.
Jaurds bringt einen Gesetzentwurf namens der
Sozialisten ein. Während der Hochverrath nicht
mit dem Tode bestraft werde, wird der gemeine
Soldat, der sich zu einer Respektlosigkeit fortreißen
lasse, erschossen. Trotzdem das bereits bestehende
Recht die Todesstrafe bei Hochverrath erlaube,
sei die Todesstrafe nicht verhängt worden, weil
man es nicht gewollt habe. (Stürmische Unter-
brechung). Der Präsident ruft James wegen
Beleidigung des Kriegsgerichts zur Ordnung.
James verliest hierauf, mehrfach heftig unter-
brochen, seinen Entwurf, der eine Revision der
Artikel des Militärstrafgesetzbuches fordert, die die
Todesstrafe auf Insubordination festsetzen.
Dupuy: James habe namens einer Gruppe,
die sich des Internationalismus rühmt, die Hie-
rarchie und die Disziplin der Armee angegriffen.
Wenn die Kammer nicht den Antrag Jaures
durch Vorfrage beseitige, bleibe die Regierung
keine Minute länger. (Stürmischer Beifall).
Jaurds: Sie haben die Kühnheit, von Inter-
nationalismus zu sprechen nach den Ereignissen,
die Ihre Freunde betroffen. (Ungeheurer Lärm).
Dupuy: Ich fordere eine Erklärung. Jaures:
Ich spreche von der Debatte über die Südbahn,
wo Dupuy versucht hat, eine kosmopolitische
Bande von Ausbeutern zu schützen. (Tumult).
Arbeitsminister Bart Hou: Sie lügen. (Ord-
nungsruf des Präsidenten). Jaurös: Die
Lüge ist nicht bei uns, sondern bei denen, die in
ihrer sozialen und politischen Stellung bedroht,
mit dem Patriotismus manövriren. Präsi-
dent: Erklären Sie, daß der Ausdruck sich auf
kein Mitglied dieses Hauses beziehe. Jaurds:
Der Ausdruck bezieht sich auf Parteien und
diejenigen, die an deren Spitze stehen. (Unge-
heurer Lärm). Die Kammer, vom Präsidenten
aufgefordert, beschließt die zeitweise Ausschließung
James. Dieser verläßt den Saal. Der Bou-
langist Richard stürzt, Beschimpfungen aus-
stoßend, auf die Ministerbank zu. Der Präsident
hebt die Sitzung auf eine halbe Stunde auf.
Nach Wiedereröffnung wird die Vorfrage zum
Antrag James hierauf mit 437 gegen 85
Stimmen votirt. Gauthier de Clagny inter-
pellirt über die Bestrafung der Spionage und des
Verraths, wofür die Todesstrafe bisher nicht be-
steht. Er verlangt die Dringlichkeit für den vom
Kriegsminister eingebrachten Entwurf- Der
Kriegsminister aceeptirt die Dringlichkeit; nicht,
weil der Verrath in der französischen Armee
häufig sei, sondern Prozesse wegen Spionage aus-
ständen. Millerand gibt eine lange juristische
Darlegung, wonach Verrath kein Politisches Ver-
brechen, folglich die Todesstrafe anwendbar sei.
Die Dringlichkeit für den Entwurf des Kriegs-
ministers wird mit 542 gegen 3 Stimmen votirt.
Gesucht und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
73) (Fortsetzung.)
„Es ist furchtbar langweilig ohne Dich" sprach
Maya zu ihrem Vater. Walter hat mir sehr viel
vom englischen Leben erzählt und sich so viel als
möglich bemüht, mich zu unterhalten; aber selbst
Walter, so liebenswürdig er ist, ist mir keine so
halb angenehme Gesellschaft, wie Du."
Der Graf zog Maya an sich, aber ihre offenbar
in kindlicher Offenheit gemachte Erklärung über-
raschte ihn etwas- Er hatte bemerrkt, daß Maya
seit ihrer Ankunft in Belle-Jsle Walter Bathurst
sorgfältig auszewichen war, und er hatte geglaubt,
daß Maya den jungen Mann nicht leiden mochte.
Er fühlte ein instinktives Mißtrauen gegen den
Sohn seines Cousins, und er hatte unter dem Ein-
drücke, daß seine Anwesenheit im Schlosse dem
jungen Mädchen unangenehm sei, seine Entfernung
vom Schlosse ersehnt. Jetzt zu hören, daß Maya
ihre Vorliebe für ihn in offener, schwesterlicher
Weise bekundete, war ihm eben so unerwartet als
verblüffend. — „Walter ist Dir also eine angenehme
Gesellschaft?" fragte er. — „Sehr angenehm. Ich
kann nie vergessen, daß ich es ihm und Herrn El-
liot verdanke, Dir wiedergegeben worden zu sein!"
rief das Mädchen mit anscheinend großer Wärme.
„Ich werde Cousion Walter immer lieb haben,
und ich bin froh, daß Du ihn für so lange Zeit
hierher geladen hast. Du mußt ihn vorläufig noch
hier behalten. Und wenn Armand Elliot und
Sinda auch noch hier wären, daß wäre wirklich
Prächtig."
Der Graf seufzte. „Elliot wird wahrscheinlich
vorläufig nahe bei Sinda bleiben," sagte er- „Er
kann sie nicht ganz ibren Verwandten überlassen,
wenn sie es wirklich sind." — „Wenn, Papa?
Ei, die Verwandschaft war doch genügend bewiesen.
— »Ich weiß es, daß eigentlich kein Zweifel mög-
lich ist", sagte der Graf. „Wären die Beweise
nicht so überzeugend stark gewesen, ich hätte sie
nicht an Frau Biggs abgetreten. Aber trotz all'
dieser Beweise war ich, seit Sinda uns verließ,
immer von trüben Ahnungen erfüllt. Sie ist Frau
Biggs gar nicht ähnlich. Sie ist in der Tbat so ver-
schieden von ihr, wie eine Treibhauspflanze von
einer Distel." — „Sehr richtig, Papa", bestätigte
Maya; „aber der Mangel einer Ähnlichkeit ist
doch nichts so Wunderbares. Ich sah in London
unter den Straßenbettlerkindern die reizendsten
kleinen Geschöpfe, und ihre Eltern müssen doch roh
und unwissend gewesen sein, wie Du weist. Sinda
wurde als Prinzessin erzogen und war längere Zeit
sogar Königin. Für sie hielt man in Putpur nichts
für zu gut. Die alte Königin verschwendete die
seltensten Landesprodukte an Sinda. Sie wurde in
die prächtigsten Stoffe gehüllt, hatte eine Menge
Diener und eine prachtvolle eigene Sänfte mit
sechs Trägern. Und all dieses Wohlleben und dieser
Lurus mußten natürlich durch die Reihe von Jahren
eine von diesem hart arbeitenden, biertrinkenden
Waschweibe manche verschiedene ^Person aus ihr
machen.
Graf Tregaron lächte. „Deiner Schlußfolgerung
liegt ziemlich viel gesunder Verstand zu Grunde,
Kathrine", sagte er. „Ich wußte gar nicht, daß
Du so klug bist. Aber Essen und Trinken und
Wohlleben und Lurus allein können Sinda's
gründliche Charakterverschiedenheit von Frau Biggs
nicht erklären. Sinda ist fein, eine wahre Dame
— sanft, rein und edel — von Frau Biggs so
verschieden, wie das Licht von der Finsterniß. Und
ich habe zuweilen das Gefühl, als läge ein furcht-
barer Jrrthum zu Grunde — als wäre Sinda gar
nicht Frau Biggs Tochter, noch überhaupt ein-An
verwandte von ihr. Deine Freundin trägt in
ihrem Gesichte und in ihrem Charakter die Züge
einer edlen, ehrenhaften und verfeinerten Herkunft."
Maya erschrak. „Deine Vorliebe für Sinda beein-
trächtigt Dein Urtheil, Papa", unterbrach sie ihn
hastig. „Sinda ist ein gutes Mädchen, aber Frau
Biggs ist ihre Mutter und Sinda sollte bei ihr
kleiden. Eine Mutter hat ein geheiligtes Recht an
ihr Kind. Aber wie finster es wird. Höre doch
den Regen an die Scheiben schlagen. Vetter
Walter läuten Sie nach Lichtern."
Bathurst gehorchte- Ein Diener erschien und
zündete die großen Wachskerzen in den Armleuchtern
an und die über dem Kamine und zog sich
dann schweigend grüßend zurück. „Bitte, bringen
Sie mir ein kleines Sträußchen, Walter," sagte
Maya. „Nur eine weiße Rosenknospe und einige
Geranienblätter." Bathurst begab sich gehorsam in
den Wintergarten. Der Graf setzte sich in einen
Lehnstuhl an den Kamin. Er sah ernst und be-
kümmert aus, wie immer in Rr letzten Zeit. Und
es war jener Ausdruck in seinem Gesichte, der
Maya beunruhigt hatte und sie veranlaßte, seinen
Tod zu wünschen. Sie wußte, daß sein Herz in
ihr keine Ruhe gefunden hatte, daß er unzufrieden
mit ihr war und mehr als alles das, daß die
überströmende Zärtlichkeit, die er ihr im Anfänge
gezeigt hatte, wieder geschwunden war und daß zu-
weilen sogar ihre Anwesenheit ihm lästig war.
Sie zog einen Schemel herbei, setzte sich an
seine Seite, senkte ihren blonden Lockenkopf auf
seine Kniee herab und schaute mit scheinbar war-
mer Begeisterung in sein Helles, großes Gesicht hin-
auf. „Ich glaube, Papa, daß ich aufsSinda eifer-
süchtig bin!" rief sie plötzlich. „Du scheinst sie
so viel mehr zu bewundern als mich und fragst
mich immer über sie aus und zweifelst, daß sie
Frau Biggs Tochter ist. Das kann ich nicht er-
tragen! Es war immer so! Sie war der Liebling
der alten Königin von Kählsar, von allen Damen
bei Hofe; Armand Elliot hat sie mir vorgezogen
und ich glaube, daß Du sie mir auch oorziehst.
Ich mußte ihr immer den Vorrang einräumen. Ich
hasse sie !" rief das Mädchen in plötzlich auf-
wallender Leidenschaft. „Ich hasse sie!" — „Ka-
tharina!" rief der Graf. „Und ich wollte, ich
hätte sie in Putpur gelassen!" fuhr Maya fort,
jetzt, wo ihr Neid endlich die Fesseln gesprengt
hatte und sich in Worten Luft machte, die Folge
nicht bedenkend. „Der Rayah Wansee wollte sie
heirathen. Ich wollte ich hätte mich geweigert,
sie mit uns kommen zu lassen. Sie ist mir mein
ganzes Leben lang im Wege gestanden, und selbst
Du liebst sie mehr als mich. Ich hasse sie! Ich
hasse sic."
„Stille! Katharine, Du weißt nicht, was Du
sprichst!" rief der Graf aus. „Sinda war De ne
Freundin, Deine Schwester; sie hat Dich geliebt,
sie liebt Dich noch." — „Ich frage nicht da-
nach", sagte Maya mürrisch. „Ich hasse sie!"