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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 201 - Nr. 210 (29. August - 8. September)
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Nummer 207. H Jahrgang.

Mittwoch, L. September 1894


General

für Heidelberg und Umgegend


Expedition: Hauptstraße ^r. 25.

Jnsertionöprciör
die lspaltige Petitzeile oder deren Raum df-»,
für auswärtige Inserate 1V Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-

Abonnementöpreis r
mit Zeitigem illuftrirtem Sonntagsblatt: monatlich
40 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld-
Expedition: Fkauptltraße Wr. 28.


belesenstes Blatt in Stadt n. Aint Heidelberg und Llnrgegend. Grötzter Lrsolg für Inserate.

Telephon-Anfchlutz Nr, 102. "WM
Um 34 M
für den Monat September kostet der
U<rrre
General-Anzeiger
für Heidelberg und Umgegend
(Bürger-Zeitung)
Nebst Jllustr. Sonntagsblatt am Postschalter
abgeholt.
lVom Briefträger ins Haus gebracht 13 Pfg. mehr.)
In Heidelberg und den nächsten Orten der
Umgebung kostet der „Neue General-Anzeiger für
Heidelberg und Umgegend"
monatlich nur 40 Pfg.
frei in s Haus.
Bestellungen werden von unfern Trägern und
Trägerinnen sowie von allen Postanstalten
fortwährend angenommen.
Aus der freien Schweiz.
Schon lange sind die politischen Kreise der
Schweiz nicht in so tiefgehende Aufregung versetzt
Worden, wie durch die sogenannte Zweifranken-
Jnitiative, d. h. den Antrag, daß künftig aus
den Zolleinnahmen des Bundes auf den Kopf
der Bevölkerung jährlich zwei Franken, im Ganzen
also 6 Millionen, vertheilt werden sollen. Die
konservativen Kantone haben die Initiative an-
geregt, die nöthigen Unterschriften sind eingegangen
Und die Volksabstimmung ist auf den 9. November
angesetzt.
Motivirt wird die Initiative durch den Hin-
weis auf die wachsenden finanziellen Schwierig-
keiten in den Kantonen, denen der Bund zu
Hilfe eilen müsse. Aber dieses Argument ist kein
durchschlagendes. Nicht alle Kantone sind in
finanziellen Verlegenheiten; diejenigen, die e.ne
gerechte und vernünftige Finanzwirthschaft haben,
können ihren Bedürfnissen genügen und brauchen
keine Bnndeshülfe. Wenn die anderen Kantone
in den Bundessäckel greifen dürfen, so wäre das
Uur ein Antrieb mehr für sie, im alten Schlen-
drian zu verharren und die Steuerreformen, zu
denen die Finanznoth sie sonst zwingen würde,
Nicht durchzuführen. Richtiger ist eher das andere
Argument: diejenigen Kantone, die finanziell nicht
auf eigenen Füßen stehen können, haben damit
ihre Lebensunfähigkeit bewiesen und haben keine
innere Berechtigung mehr zur Fortexistenz.
Ein Grundfehler der Initiative liegt ferner

darin, daß sie nicht berücksichtigt, daß auch der
Bund seine eigenen Aufgaben hat, deren Er-
füllung beeinträchtigt und vielfach sogar unmöglich
gemacht würde, wenn die Mittel dazu fehlen
würden. Bei einer sehr sparsamen Wirtschaft
hat der Bund doch jährlich ein Defizit, das
namentlich von den außerordentlichen Aufwend-
ungen herrührt, die der Bund alljährlich zu leisten
hat. Durch die sechs Millionen, die der Bund
fortan herauszuzahlen hätte, würde das Defizit
so erheblich gesteigert werden, daß gewöhnliche
Mittel zu dessen Deckung nicht mehr hinreichen
würden. Man müßte zu einer Bundessteuer
schreiten, so daß, was zu dem einen Sack hinein-
ginge, zum anderen wieder hinausgehen müßte.
Oder wollen die Initianten dem Bund keinen
Ersatz gewähren? Dann müßte der Bund seine
Thätigkeit in einer Weise einschränken, daß feine
Lebensfähigkeit darunter litte.
Zunächst würden allerdings auch die Kantone
darunter zu leiden haben und zwar merkwürdiger
Weise am Meisten gerade diejenigen, die den
Bund berauben möchten. Nirgends leistet der
Bund mehr an Straßenbauten, Posten, Tele-
praphen, Flußkorrektioncn u. s. w. als in der
Urschweiz, und gerade hier sitzen die Urheber und
die eifrigsten Anhänger des Beutezuges. Sie
würden es wohl am Bäldesten zu spüren haben,
wenn der Bund sür gemeinnützige Zwecke kein
Geld mehr hätte. Freilich, was kümmert sie's, wenn
sie uur ihre zwei Franken per Kopf in die Tasche
bekommen! Man würde ihnen indeß Unrecht thun,
wenn man glauben wollte, daß sie die volle Trag-
weite ihres Beginnens nicht übersehen. Ginge
der Jnitiativ-Antrag durch, so würde die eid-
genössische Zentralgewalt unheilbar geschwächt, und
das eben ist der Zweck der Initiative.
Auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens
der Schweiz, im Verkehre, in der Verwaltung,
im Rechtsleben, macht sich das Bedürfniß nach
größerer Gleichheit, wirksamerer Zusammenfassung
und strammerer Leitung geltend, und cs wächst
in weiten Kreisen die Ueberzeugung, daßdies Alles
nur erreicht werden kann, wenn die Einheitlichkeit der
Einrichtungen vermehrt, die Zentralgewalt er-
weitert und verstärkt wird. Mit anderen Worten :
Die politische Entwickelung der Schweiz, ist im
Begriffe, einen weiteren Schritt in der Richtung
des Einheitsstaates zu machen.
Zur Niederlage der Holländer.
In der Geschichte der Kolonialpolitik sind
manche Niederlagen, manche verschuldete oder un-
verschuldete Unglücksfälle verzeichnet, aber die un-
erwartete Niederlage, welche die Niederländer auf
der Sunda-Jnsel Lombock erlitten haben, bildet ein

Ereigniß, das nicht nur in ganz Holland, sondern
in allen Kolonialpolitik treibenden Ländern lebhaft
besprochen wird.
Wie erinnerlich, gab es auf dem nur 99 Quadrat-
meilen umfassenden Lombock Thronstreitigkeiten, in-
dem sich dem alten Sultan ein Gegenherrscher un-
bequm machte.
Um nun Ruhe und Ordnung auf der unter
ihrer Oberhoheit stehenden Insel wieder herzustellen,
rüsteten die Holländer von Batavia aus eine Ex-
pedition, die bei ihrem Vordringen in das Innere
Lombocks vom Glücke begünstigt war und deren
Erfolg gesichert schien, als sich der junge Gegen-
sultan, um der Gefangenschaft zu entgehen, ein
Dolchmesser in das Herz stieß.
Die entstandenen Schwierigkeiten müssen aber
offenbar größer gewesen sein, wie man in Europa
vermuthete, sonst hätten nicht noch mehrere Wochen
nach dem Tode des Unruhestifters fünf Streifkorps
die kleine Insel zu durchziehen gehabt und es wäre
nicht ein Anschlag gegen sie gelungen, der beinahe
den Untergang der gesammten Erpeditionsmacht
herbeigeführt hätte. Dessen Urheber, soll der alte
zu Mataram residirende Sultan gewesen sein, der
wahrscheinlich die im Lande herrschende Gährung
dazu zu benutzen suchte, Lombok wieder gänzlich
unabhängig zu machen.
Die östlich von Java liegende und von diesem
nur durch die kleine Insel Bali getrennte Lombok-
Insel steht nämlich erst seit 1840 unter nieder-
ländischer Botmäßigkeit und erträgt sie ziemlich ungern.
Besonders grollen ihr die eingewanderten Balinesen
deren zwar nur 20 000 sind, während die Gesammt-
einwohnerzahl 405 000 beträgt, die aber gleich-
wohl die 300 000 Sassaks (die Ureinwohner) und
die Maleien und Bugisen-Stämme beherrschen und
je eher je lieber das niederländische Joch abschütteln
möchten.
Selbstredend werden die Holländer die erhaltene
Niederlage blutig rächen und vielleicht kommt es
dahin, daß die Macht der Balinesen gebrochen und
bis zu einem der niederländischen Verwaltung nicht
sonderlich gefährlichen Grade an die Ureinwohner,
die Sassaks, zurückgegeben wird. Die Meldung,
daß die Holländer diese zu einem Einfall in das
Gebiet ihrer Unterdrücker der Balinesen, zu bewegen
suchen, deutet bereits auf eine solche Entwickelung
der Dinge hin. Im Mutterlande selbst ist die
Trauer über die Unglücksbotschaft eine sehr große^
weshalb auch alle Festlichkeiten des Hofes zu Ehren
des Gebmtsfestes der Königin Wilhelmine einge-
stellt worden sind, andererseits zeigt sich der feste
Muth und die Lebenskraft des Holländers in dem
raschen und freiwilligen Anmelden vieler beurlaubter
Offiziere der indischen Armee zum Rachefeldzug gegen
die heimtückischen Feinde auf Lombok.

Deutsches Reich.
Berlin, 5. September.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Nachrichten
aus dem südwest-afrikanischen Schutzgebiete
zufolge fand im Provianthause zu Win'dhöck am
26. Juli ein Brand statt, bei dem vier eingeborene
Frauen ums Leben kamen; der Proviantmeister
Goldammer ist nicht unerheblich an den Händen
und Beinen verletzt. Der Brand wurde infolge
thatkräftiger Hilfe beschränkt, sodaß nur ein geringer
Theil des Gebäudes zerstört ist. Dagegen ist eine
größere Proviantmenge verbrannt. Der Gesammt-
schaden beträgt etwa 60 000 Mk. Das Feuer
ist durch die Entzündung eines mit Spiritus ge-
füllten Fasses entstanden. Eine Untersuchung ist
eingeleitet.
— Die Frage thunlichster Einheitlichkeit der
deutschen Eisenbahn-Personentarife ist, wie der
„Post" gemeldet wird, wieder ausgenommen worden.
Eine Konferenz hierüber findet wahrscheinlich
in Wiesbaden statt.
— In mehreren Handelskammerbezirken werden
jetzt Erhebungen veranstaltet werden zur Beant-
wortung von Einzelsragen über die Einwirkung
des S i lb e r stur z e s auf den Geschäftsgang in
der Textilindustrie. Veranlaßt sind diese Umfragen
durch eine Anregung der Handelskammer Frank-
furt a. M.
— Die „Oesterrcichische Zeitschrift für Eisen-
bahnen" erzählt eine sonderbare Geschichte. Nach
dem genannten Blatt fand vor Kurzem in Linz
eine Tarif-Konferenz der am orientalischen Verkehr
betheiligten Bahnen statt. Hier forderte die schroffe
Haltung der deutschen Vertreter eine scharfe und,
wie behauptet wird, treffende Charakterisirung der
deutschen Verkehrspolitik durch die Delegirten der
Balkanbahnen heraus. Die bulgarischen Staats-
bahnen haben für die Getreideausfuhr nach Deutsch-
land keine Zugeständnisse erhalten können und
stellten daraufhin Repressalien in Aussicht. Die
Herren erklärten in Linz, daß die für Zucker- und
Papier-Transporte aus Deutschland im österreichisch-
ungarisch-orientalischen Verkehr zuzestandenen Ein-
heitstaren sowohl im Verkehr mit Sofia wie auch
im Durchgangsverkehr durch Bulgarien dem deut-
schen Tarife vorenthalten werden sollen. Wir
müssen dem genannten Blatte die Verantwortung
für seine Mittheilung überlassen. Eine Auf-
klärung von zuständiger Seite wäre jedenfalls er-
wünscht.
Karlsruhe, 4. Sept. Jbre Königliche Hoheit
die Großherzogin und Jbre Durchlaucht dieFürstin-
Mutter zu Wied haben Sich heute Vormittag zum
Besuche Ihrer Majestäten des Königs und der
Königin von Rumänien nach Ragatz begeben.

Die verborgene Knnö.
Kriminal-Roman aus der neuesten Zeit '
von E. von der Have.
26 (Fortsetzung.) . ,
Die Zimmerthür schloß sich, gleich darauf auch die
Hausthür. Roderich Falb war ans Fenster getreten.
Er sah die hohe Gestalt des Prokuristen vorüberschreiten.
Rasch trat er auf die Thür zu. Im selben Moment,
als er sie öffnen wollte, kam ihm bereits Frau Ramsen
entgegen.
„Herr Volkheim ist oben?" fragte er, ehe jene noch
em Wort hatte über ihre Lippen bringen können.
„ „Ja, und — — welchen Schreck ich bekommen
habe-
„Schon gut, schon gut!" schnitt, der Beamte ihr
die Rede ab. „Sie haben nichts zu befürchten. Ich
tverde jetzt mit dem jungen Herrn einen Spaziergang
Unternehmen."
„Einen Spaziergang?" stieß die Frau erregt aus.
»Himmlische Güte, wenn jemand ihn sähe!"
... „Das lassen Sie meine Sorge sein!" lautete die
fühle Antwort. „Ich denke, dafür besitzen wir Mittel.
Kann ich hinaufgehen?"
„Gewiß, gewiß", eiferte die kleine Frau knixend
»Bitte, der junge Herr ist oben, im zweiten Stockwerk"
rechts im mittleren Seitenzimmer."
Sie sah ihm nach während er die knarrenden Stufen
ßmancilte.
Durch die Tüllgardine, welche das Glasfenster in
der Thür verhüllte, sah der Beamte, im zweiten Stock-
werk angelangt, auf den ersten Blick, daß er vor der
richtigen Thür stand. Er klopfte kurz.
„Herein!" ertönte Hans Volkheim's Stimme.
Der junge Mann lehnte an dem offenen Fenster.
Er hatte den Kopf auf die Hand gestützt und starrte
ZU dem schmalen Streif Himmel empor, der zwischen
den beiden alterthümlichen Häusern grau verhängt her-
einblickte.

Den Beamten erkennend, richtete er blitzschnell sich
auf und trat auf denselben zu.
„Gottlob daß Sie kommen,„ stieß er aus, „denn
nicht wahr, Ihnen allein verdanke ich es doch, daß ich
nicht heute nacht mit dem Chinaschiff fortgekommen bin?"
„Ja," gab der Beamte zurück, allerdings bin ich
dazu die Veranlassung, denn bevor Sie unfern Hafen
verlassen, müssen Sie mir die Hölle ausfindig machen,
in welche dieser Sandory Sie an jenem Abend führte,
welcher so verhängnisschweres Unglück über Ihr Haus
brachte -
„Wie - ich soll -?"
„Sie sollen mich begleiten, ja," antwortete Rode-
rich Falb, den andern durchdringend musternd. „Ihre
ganze Zukunft, ja, Ihr Leben hängt davon ab, daß
wir das Haus entdecken, in welchem Sie während jener
Stunden weilten, in denen Ihre Mutter unter Meuchel-
hand endete!"
Gott, Gott im Himmel!" schrie der junge Mann
auf, niederstürzeird auf die Kniee, wo er stand.
„Herr Volkheim," sprach der Beamte, „es ist das
meine Ueberzeugung, und wenn ich Ihnen scheinbar
so schonungslos, die unverhüllte Wahrheit sage, so ge-
schieht es, Ihren ganzen Eifer anzuspornen zur Ent-
deckung des einen, was erforscht werden muß um jeden
Preis. — Sind Sie bereit, mir zu folgen?"
Beide Hände hatte Hans gegen seine Schläfen ge-
preßt. Es war ihm, als sollte ihm der Kopf zer-
springen vor der gräßlichen Wahrheit, die auf ihn
eindrang. Mühsam richtete er sich jetzt auf.
„Ich bin es," sprach er dumpf. „Sagen Sie mir,
was ich thun soll, ich bin zu allem, zu allem bereit!"
Der Bamie nickte kurz.
„So recht", sagte er und an die Thür tretend und
diese öffnend, rief er über das altmodische Treppen-
geländer hinab:
„Frau Ramsen!"
„Herr Falb!" antwortete von unten her dienstbe-
flissen die Stimme der Hausfrau.
„Bringen Sie einen recht schmucken Seemanns-
anzug für den jungen Herrn herauf, aber flink!"
Er trat in das Gemach zurück.

„Die Kleidung und dieser Bart," er zog einen
künstlichen Schnurrbart aus der Tasche hervor, „wer-
den Sie für jeden ihrer Bekannten unkenntlich machen.
Da, die gute Seele kommt schon. Legen Sie schnell
die Verkleidung an und dann folgen Sie mir nach
unten; ich erwarte Sie!"
Die Frau trat ein mit dem verlangten Seemanns-
anzug. Derselbe war nagelneu, ein Zeichen, daß sie
ihren Gast respektierte.
Mit dem Kriminalbeamten stieg sie die Treppe
wieder hinab.
„Ach, du liebe Güte," sagte sie, unten angelangt,
zu ihrem Begleiter, „warum schickt denn den der Vater
über See? Himmel, wenn ich solch einen Sohn hätte,
in Gold würde ich ihn einfassen lassen, solch einen
allerliebsten Tausendsasa!"
Der Beamte hatte sich auf einen Stuhl niederge-
lassen. Die Hände auf seinen silberknopfigen Stock
gelegt und den Hut vor sich zwischen den Fingern hal-
tend, sprach er bedächtig:
„Ja, ja, so täuscht der Schein! Der junge Manu
hat was auf dem Kerbholz; sonst geschähe es nicht;
er hat sogar viel auf dem Kerbholz. Sie würden
staunen, wenn Sie das wüßten !"
„So, was denn?" fragte die kle-ne Dame und ihre
Augen leuchteten förmlich.
Sechstes Kapitel.
Die Stunde des Nachmittagsthees war vorüber.
Zwei Bediente trugen eben die kleinen Tische mit den
chinesischen Theeichalen hinaus, man öffnete dieThüren,
welche in den Garten führten, und die Damen in den
durchweg auserlesensten Toiletten zerstreuten sich in die
schattigen Anlagen.
Der Tag war ausnehmend heiß gewesen. Die
Baronin Hartop und ihre Gäste hatten die Herrn,
welche sich auf der Jagd vergnügten.
Herr Roderich Falb war noch dabei, die damit
hervorgerufene ganze Neugierde der Frau mit nichts-
sagenden Redensarten zu beantworten, als die Thür
geöffnet ward und der blitzsauberste, schmuckeste junge

Seemann, der sich nur denken ließ, die Schwelle über-
schritt.
Die Frau wollte in ihrer Exaleration in Entzückung
gerathen, aber der Beamte schnitt ihr jeden Auslaß der-
selben ab.
„Ah, Sie sind bereit," sagte er- „Das ist brav
Kommen Sie denn! Adieu, Frau Ramsen!"
Die Frau blieb in der Thkr stehen, bis beide
ihrem Blicke entschwunden waren. Kaum aber daß sie
die nächste Ecke passiert hatten, rief der Beamte eme
langsam daherfahrende Droschke an-
„Nach der Rosenstraße!"" sagte er. . „ .
Er forderte seinen Begleiter auf, er
selbst folgte, und in Karriöre rollte das Gefährt über
das holprige Pflaster davon.
„Die „Sphynr" hat heute nacht zur festgesetzten
welches Karl seinem Herrn d"mbulchte knn Wort.
Aber diese Nachricht befriedigte den Gebieter des Hauses
auch vollkommen. „ -
„Es ist gut," entließ er den Diener, der sich laut-
los zurückzog. „Nun, Frau Baumgart, was giebt es
weiter neues?" wandte er sich der Hausdame zu, welche
in einem Sammtiessel "eben der Chaise-longue saß,
auf welcher er ruhte, und ihm aus den Tagesneuig-
keiten vorqeleseu hatte, ais eben der Diener eiatrat.
Sie hörte seine Frage, aber sie war scheinbar nicht
im Stande, ihre Amgen von der Zeitung abzuwenden,
in welcher eine Notiz sie förmlich magnetisierend fesseln
^„Wollen Sie nicht weiter lesen, Frau Baumgart?"
Sie raffte sich auf, gewaltsam.
Wo waren wir doch?" stammelte sie. „Ah,
richtig: Bankerott
sind sie las weiter. Ueberschlug sie absichtslos die
»Unfall? Heute in aller Frühe fand man ein ge-
kentertes Boot auf dem Flusse. Zugleich ward bei
Fontenav der Leichnam eines Mannes ans Ufer ge-
schwemmt. Ob diese Vorfälle mit einander in Zu-
 
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