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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 4. August)
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Nummer 178. II Jahrgang.

Aeuev

Freitag, 3. August 1894.

General-GAmeiger

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für Heidelberg und Umgegend
(Mürger-IeiLung).

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holung entsprechender Rabatt.
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Expedition: Hauptstraße?lr. 25.

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Italien in Afrika.
Als der ehemalige italienische Minister des
Aeußern, Mancini, als Uebcrschuß der italieni-
schen Abenteuerlust, die sich nach dem errungenen
Einheitswerke nach weiterer Bethätigung sehnte,
die Landung italienischer Truppen am Rotheu
Meer unternahm und damit den Grundstein zur
erythreischen Kolonie legte, hatte er schwerlich die
Opfer an Gut und Blut vorausgeahnt, welche
dieses Betreten der Kolonialpolitik seinem Vater-
lande auferlegen würde. Millionen und aber
Millionen verschlang das Unternehmen, das erst
nach langen Jahren versprach, für Italien zur
milchenden Kuh zu werden. Von Seiten der
erbeingesessenen Kolonialmächte, von Seiten Eng-
lands und Frankreichs war dies Abenteuer von
Anfang an mit kaum verhohlenem Mißtrauen
angesehen worden. Man betrachtete den kolonialen
Eindringling mit Groll und war eisrig bemüht,
ihm Steine in den Weg zu legen, wie man das
ja auch Deutschland gegenüber zu thun bestrebt
war, als das neue Kaiserreich sich als Mitbe-
werber um den Besitz im schwarzen Continent
aufgethan.
Mit wechselndem Glück aber blieben die
Italiener auf dem einmal errungenen Boden,
und trotz mancher Fehlgriffe ihrer Verwaltung
und mancher Niederlagen ihrer Truppen wußten
sich die neuen Besitzer am Rothen Meer doch in
ihrer Position zu erhalten, dergestalt, daß man
in England einsah, daß man mit Italien am
Rothen Meer als mit einem starken, nicht zu
übersehenden Faktor werde rechnen müssen. Nach-
dem nun im vorigen Jahre cs dem italienischen
General-Gouverneur gelungen war, die Mahdisten
derb auf's Haupt zu schlagen, stellte man in
London die italienische Armee als einen gleichsam
kostenfreien Bundesgenossen gegen die Schwären
des Mahdi in Rechnung und gewöhnte sich an
den Gedanken, mit Hülfe der Italiener den Su-
dan wieder in anglo-egyptische Gewalt zurückzu-
bekommen, ein Unterfangen, an welchem bisher
die Egypter allein, wie in Verbindung mit den
Briten, schmählich Schiffbruch gelitten hatten.
Zu diesem Eude gab man auf Seiten des
Kabinets von St. James der italienischen Ex-
bansionslust insofern freie Hand, als man durch

E> e s ü H n t.
Roman von H. von Gabain.
(Fortsetzung.)

Olga weilte nun schon einige Monate bei den
schlichten Leuten in der alten Lagunenstadt. Ein
Künftiger Zufall Hattees gewollt, daß in dem Hause,
'n welchem der Gondolier wohnte, zur Zeit ein
düsteres, einfenstriges Stübchen leer stand; dieses
'sahm Olga in Beschlag und für einige Lire täg-
üch erhielt sie von Frau Albana eine bescheidene
^ost. Die biederen Leute verehrten das junge Mäd-
chen wie eine Heilige und sahen mit tiefer Trauer,
düe die Rosen auf Olga's Wangen bleichten und
der weiche Glanz ihrer seelenvvllen Augensterne er-
lich. Wie war es auch anders denkbar! Eine
Treibhauspflanze aus Hellen, luftigen Räumen in
neinigen Boden versetzt, verurtheilt, ohne Licht und
Sonnenschein zu eristiren, neigt das Haupt und
stirbt.

Bald nach ihrer Ankunft in Venedig hatte Olga
üch mit einem Berliner Geschäft in Verbindung
Kesetzt, von dem sie früher einmal gehört, daß der
Inhaber der Firma, P. D-, geübte Kunststücke
Ünnen suche. Darauf hin baute sie ihren be-
scheidenen Plan; mit dieser Beschäftigung wollte
R ihr trauriges Dasein fristen. Allein die Hoff-
nung auf baldige Erledigung dieser Angelegenheit
^U>ies sich als irrig; Monate vergingen, ehe der
Kescheid kam. Unterdessen nahm ihre Kasse be-
deutend ab; das unterihänige Leben widerstrebte
,)rer Natur, außerdem fühlte sie das dringende Ver-
"Ngen, sich wenigstens für einige Stunden der

einen besonderen Vertrag nicht nur die Besetzung
Massauahs als einer italienischen Kolonie förm-
lich anerkannte, sondern auch des 200 Kilometer
vom äußersten Ende des italienisch gewordenen
Territoriums belegenen Kassala ausdrücklich ge-
nehmigte, freilich mit der Klausel, daß die
Italiener sich wohl in dieser Stadt festsetzen, sie
aber durchaus nicht als in ihren Besitz überge-
gangene eroberte Stadt festhalten dürften. Schneller
als man in Rom und London gemeint, ist dieser
Fall nun eingetreten. Die Armee der Derwische,
die sich eben zu einem Einfalle in die italienische
Kolonie von Kassala ausgerüstet hatte, wurden
bekanntlich von den Italienern angegriffen und
mit ungeheurer Wucht geschlagen, so daß sie
Kassala selbst aufgeben mußten und ungeheure
Vorräthe, sowie eine Anzahl von Fahnen und
Kanonen in den Händen des Siegers zurück-
blieben.
Nun aber, nach erfochtenem Siege, beginnt
erst die eigentliche diplomatische Frage, denn
Frankreich, das nach einer Gelegenheit lechzt, die
Stellung Englands in Egypten vor ein europäi-
sches Forum zu ziehen, um so Gelegenheit zu er-
halten, das im Jahre 1883 leichtsinnig auf-
gegebene Kondominium am Nil zurückzugewinnen,
Frankreich bestreitet der englischen Regierung,
kurzer Hand über Kassala zu Gunsten der Italiener
zu verfügen. In London aber will man die
Sieger in Kassala nicht vor den Kopf stoßen,
denn jeder Triumph der Italiener über das Heer
der Mahdisten bedeutet ebenso viel gewonnene
Etappen auf dem Wege zur Wieder-Eroberung
des verlorenen Sudan mit Chartum. Die Re-
publik aber sagt nicht ohne einen Anschein for-
malen Rechtes, daß Kassala als Bestandtheil des
Sudans zu Egypten gehöre, das wiederum unter
der Suveränität des Sultans stehe, und daß so-
mit der Schlüssel der italienischen Position und
die endgültige Entscheidung über dieselbe einzig
und allein in Konstantinopel zu suchen und zu
finden sei.
So stehen zur Zeit die Dinge. In Italien
aber hat sich Angesichts des großen und uner-
warteten Erfolges das patriotische Fieber mächtig
geregt. Das Volk, niedergedrückt von seinen
finanziellen und wirthschaftlichen Gebrechen, sonnt
sich glückstrahlend in dem Glanze des Sieges und
kein Minister wäre stark und mächtig genug, um
die Aufgabe der Eroberung ohne Weiteres auf
seine Kappe nehmen zu können. Im Gegentheil,
die Italiener scheinen eben jetzt zu allen mög-
lichen Opfern bereit, um das Gewonnene sich und
ihrer Kolonie am erythreischen Meer zu asfimi-
liren. Frankreich aber steht wieder als Neben-
buhler des Königreichs da, und die Streitaxt,

dunklen, drückenden Atymosphäre zu entziehen, die
in der schmalen, düstern Straße herrschte, wo kein
Sonnenstrahl, kaum ein Stückchen Himmelsblau
hineinleuchtete und so entschloß sie sich auf Zureden
ihrer Pflegerin, täglich auf den MarkuSplatz das be-
liebte Erbsenfutter für die Vögel der Aphrodite feil-
zubieten. Anfangs wagte sie sich nur schüchtern in
den Kreis der Verkäuferinnen, allein Olga faßte
ibr herbes Geschick energisch an. Mit Willenskraft
und Demuth ausgestattet, überwand sie das pein-
liche Gefühl; sie legte alle Scheu ab und streckte
ohne Erröthen die Hand nach einem sous aus.
Nur einmal wurde ihre Willenskraft auf eine harte
Probe gestellt.
Es war im August. Die Sonne sandte ihre
glühend heißen Strahlen von oben herab und Olga's
sonst so bleiches Antlitz hatte sich mit einem feinen
Karmin gefärbt, so baß ihr Aussehen den alten,
bestrickenden Reiz zeigte und wie sie so da stand,
umflattert von zahmen Tauben, ein Bild der Frische
und des Liebreizes, geschäftig den Vorübergehenden
die kleinen, nut Erbsen gefüllten Düten bietend,
da blieb manch bewundernder Bück auf ihr haften,
viele schüttelten zweifelnd das Haupt, indem sie er-
wogen, ob das schlanke, zarte Mädchen wohl in
Armuth und Niedrigkeit geboren, oder ob das
Schicksal es auf diesen Posten gestellt. So in
ihrer momentanen Beschäftigung vertieft, fühlte
Olga Plötzlich instinktiv den scharfen, brennenden
Blick eines Menschen auf sich ruhen. Ein scheuer
Augenaufschlag genügte, um unverkennbare Be-
stürzung auf ihr Antlitz zu malen. Röthe und
Blässe wechselten mit einander, sie sah sich hilfe-
suchend um und zog den Hut tief in die Augen,

die man eben im Begriffe war, zwischen Rom
und Paris zu begraben, wird auf's Neue hervor-
geholt und die Versöhnungsprediger in beiden
Lagern sehen sich durch die Gewalt der Thatsachen
um ihre Arbeit betrogen.

Japan gegen China.
Jetzt wird man doch an eine ernstliche Fehde
zwischen Japan und China glauben müssen.
Laut Nachrichten aus Soeul hat der japanische
Gesandte bei der koreanischen Regierung bean-
tragt, die Zurückziehung der chinesischen Truppen
zu verlangen. Auf die Weigerung der koreanischen
Regierung sand ein kurzer Kampf in Soeul statt,
in Folge dessen die japanischen Truppen den
Palast, in dem sich der König befand, in Besitz
nahmen.
Von anderer Seite wird letztere Thatsache
dementirt. Der König von Korea sei nicht ge-
fangen. Er habe aber ans Verlangen Japans
den ersten Minister entlassen, und an feiner Statt
den eigenen Vater Taikiug ernannt, der Japan
günstig gesinnt sei.
Neber das Schicksal des chinesischen Trans-
portschiffes „Kowshing" liegt folgende Meldung
vor: Das Transportschiff „Kowshing" wurde von
japanischen Schiffen mit Torpedos beschossen und
sank bei der Shopoint-Jnsel mit fünfzehnhundert
Mann, wovon nur vierzig von dem französischen
Kanonenboote „Lion" gerettet wurden. Alle
Europäer an Bord des „Kowshing" wurden er-
schossen oder fanden den Tod durch Ertrinken.
Unter den getödteten Ausländern befindet sich auch
der ehemalige deutsche Offizier Hauptmann von
Hannekcn, der seit 25 Jahren eine wichtige
Stellung in chinesischen Diensten bekleidete.
England hat übrigens jetzt bestimmten Anlaß,
sich in die chinefisch-japanischen Händel einzu-
mischen-Das Transportschiff, welches die Japaner
in den Grund bohrten, ist ein englisches
Schiff; es gehört der Londoner Firma Mathe-
son Jardine und Compagnie und war von
den Chinesen für den Truppentransport ge-
chartert worden. Das Schiff führte angeblich
die englische Flagge. Zu Kriegszeiten wäre dies
allerdings von Seiten Englands ein Bruch der
Neutralität gewesen, und die Japaner hätten
durchaus das Recht gehabt, das Schiff beschießen
zu lassen, wogegen jetzt, da der Krieg immer
noch n'cht offiziell erklärt ist, eine Beleidigung
der englischen Flagge vorliegt, ganz abgesehen
davon, daß britische Staatsangehörige mit unter-
gingen.
Aus Shanghai wird unterm 30. Juli ge-
meldet: Am Freitag fand eine Landschlacht in
Korea statt. Die japanischen Truppen eröffneten
wobei sie sich langsam, unauffällig rückwärts be-
wegte, bis sie im dichten Menschengewühl stand.
Da erst athmete sie frei auf, denn dort, weit ab
von ihr, am Eingang der Markuskirche, standen die
beiden Männer, deren Anblick sie so erschreckt, daß
es einer langen Zeit bedurfte, bis das laut pochende
Herz wieder ruhig schlagen lernte und der sich auf-
bäumende Stolz in Demuth unter die Hand eines
Höheren beugte.
Olga hatte beide Herren, die sie so scharf st-
rikten, trotz der veränderten Tracht sofort erkannt.
Es war der Herzog Franz Leopold Bolding Jsenau
mit seinem Adjutanten, Major von Schelding. Der
tropischen Hitze halber hatten sie die lästige Fuß-
bekleidung gegen leichte Schuhe vertauscht; den
Tuchanzug "ersetzte ein blusenartig feingestreifteS
Wollcnhemd, nach Matrosenart bis zur Brust ge-
öffnet, nur ein leichtes Leinentuch um den Hals ge-
schlungen, auf dem Haupt einen kleinen, buntge-
ränderten Strohhut. Es stand außer Zweifel, der
hohe Herr befand sich auf einer Erholungsreis-.
Bleich und athemloö vom schnellen" Lauf er-
reichte die so jählings aus ihrer schwer errungenen
Rübe Aufgestörte das düstere Haus in der engen,
winkligen L-traße . . .
„Bei Gott, ich habe mich nicht getäuscht, oder
die Baroness- von Adrianowitsch muß eine Doppel-
gängerin haben," rief der Herzog, als er mit seinem
Reisebegleiter nach dem Hotes zurückkehrte. „Wie
kommt überhaupt solch ein zartes Geschöpf unter
diese braune, dunkeläugige Race? Oh, ich werde
forschen, man wird mir sagen, wo sie wohnt. Die
kursirenven dunklen Geschichten über die plötzliche
Abreise des Fräuleins scheinen somit nicht unbe-

ein heftiges Feuer auf die Tags zuvor bei Pasan
am Dalu-Fluß gelandeten chinesischen Truppen.
Der Zweck des Angriffs war, die Vereinigung
der Letzteren mit den koreanischen Truppen bei
Soeul zu verhindern ; das Resultat ist noch un-
bekannt. Die Nachrichten aus Pecking sind sehr
dürftig, weil eine strenge Zensur der Telegramme
ausgeübt wird. Es verlautet, daß die Truppen
der Nordarmee von den äußersten Garnisonen
herangezogen und so schnell wie möglich bei Taku
konzentrirt werden. Im Nord-Kanal und in der
Mündung des Aangtse-Kiang werden Torpedos
gelegt und Waffen und Munition gekauft. Der
Vizekönig von Nanking wies den dortigen chine-
sischen Gesandten telegraphisch an, die Fertig-
stellung der bestellten vier Torpedoboote zu be-
schleunigen und alle zu erlangenden Kriegsschiffe
anzukaufen. Li-Hung-Tschang kabelte gleiche Ordres
an die meisten Gesandten in Europa.
Aus Dokohama wird ferner telegraphisch be-
richtet: In Japan herrscht eine ungeheure Be-
geisterung. Volontaire bieten sich an, und Geld
wird der Regierung von zahlreichen Bürgern zum
Kriege offerirt, jedoch zurückgewiesen. Dagegen
werden Bureaus zur Vertheilung von Geschenken
an die Truppen eingerichtet. Ferner wird eine
Gothe-Kreuz-Gesellschaft zur Pflege der Ver-
wundeten und zur Vertheilung der Geschenke
organisirt.
Deutsches Reich.
Berlin, 3 August.
— Zu der kürzlich von uns erwähnten Spannung
zwischen Reichsversicherungsamt und
Reichsamt des Innern schreibt die „Voss.
Ztg.", daß diese vor zwei Monaten etwa aus
Anlaß der drei Entwürfe für das Unfallver-
sicherungsgesctz neue Nahrung erhalten habe. Diese
Entwürfe sollen im Reichsamt des Innern aus-
gearbeitet worden und mittelbar von dort aus
auch an die Presse bekannt gegeben worden sein,
ohne daß das Reichsvcrsicherungsamt dabei über-
haupt gefragt oder irgendwie zugezogen worden
wäre- Die mit Zähigkeit, mit der Herr von Bötticher
den Präsidenten Dr. Bödicker jahrelang von den
Verhandlungen des Reichstags über die Unfall-
versicherung fern zu halten weiß, ist im Parla-
mente so offen wie eben möglich von allen Par-
teien gerügt worden. Dieses Verhältmß zwischen
den beiden Beamten ist sehr zum Schaden der
Sache, denn wenn der Minister so weit geht,
aus persönlicher Abneigung gegen den Präsidenten
des Reichsversichcrungsamts die billigen Wünsche
des Reichstags einfach außer Acht zu lassen und
bei einer so wichtigen Novelle wie der vorliegen-
den von vornherein auf den Rath der erprobten
Beamten des Reichsversichcrungsamtes ganz zu
gründet." Der hohe Herr war ganz Feuer und
Flamme, ibm entging in seiner Aufregung das
cynische Lächeln seines Begleiters.
„Hoheit verzeiben einen Widerspruch," ent-
gegnete Schilding, „allein unsere lebhafte Phantasie
spielt uns oft einen bösen Streich." Der Herzog
schwieg und seine gute Laune war vorbei. Schel-
ding beobachtete den Fürsten von der Seite und
hatte seine eigenen Gedanken. Der auf zwei Tage
angesetzte Aufenthalt in Venedig wurde auf acht
Tage ausgedehnt. Allein wie oft der Herzog auch
den Markusplatz umging und seine dunklen, großen
Augen über den weiten Platz schweifen ließ,' jede
Spur von dem Mädchen, die seine Phantasie so
unausgesetzt beschäftigte, war verschwunden. Selbst
bei den allabendlichen Gonvelfahrten beugte sich seine
hohe Gestalt oft spähend vor, um, die Insassen
der mit Kunden Lampions geschmückten Gondeln
scharf zu mustern. Manch schönes Auge tauchte
alsdann in seine, manch sprühender Blick flog
hinüber, aber die blauen Augensterne fehlten und
mißgestimmt setzte der Fürst seine unterbrochene
Reise fort . . .
„Sie sind so ss^u geworden, Signorina,"
hatte die gutmüthige Frau Albana gesagt, als Olga
durch nichts zu bewegen war, die enge Wohnung
zu verlassen. werden uns krank werden."
Olga hatte verneinend das bleiche, ernste Haupt ge-
schüttelt und lächelnd entgegnet:
„Lassen Sie mich, siehe Frau, das sind kleine
Mißstimmungen, die vorübergehen," und sie
gingen vorüber, nachdem sie im Verlauf von
einer Woche in den ersten besten Hotels unauffällig
über die beiden Fremden Erkundigungen ein-
 
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