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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 251 - Nr. 260 (26. Oktober - 6. November)
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Hummer 2L3. H Jahrgang.

Ae»rev

Montag, 28. Oktober 1884.

General-GAnmger

für Heidelberg und Umgegend

JnsertionöpreiSr
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Expedition: ^Hauptstraße Mr. LS.

*-—-—---'
Expedition: ^Hauptstraße Mr. LS.


belesenstes Vlntt in Sterdt n. HeldeMeVD und ZlinSegend. GvZtzteV Gvssls suV Inse^nte.

Telephon-Anschlutz Nr. 102. -MU

Die Krifis in Berlin.
Graf Caprivi hat seine Entlassung
^beten und erhalten und Graf Eulen-
arg,derpreußischeMini st erpräsident
Unfalls, haben wir bereits mitgetheilt. Wie
Blitz aus heiterem Himmel — und wohl kaum
Mals hat sich diese etwas abgebrauchte Redensart
^ zutreffend anwenden lassen, als in diesem Augen-
sbck .— trifft diese Nachricht das deutsche Volk und
wird nicht nur im deutschen Reiche, sondern in
A gesammten Kulturwelt Sensation machen. Man
Me ja jn den letzten Tagen so mancherlei ge-
dunkelt und getuschelt, daß die Position des
putschen Reichskanzlers etwas in's Wackeln gerathen
A- daß Gegensätze beständen zwischen ihm und
M preußischen Ministerpräsidenten und was so
^gleichen Dinge sind, aber — Du lieber Gott —
^gleichen hatte man schon oft gehört und man
^ßte aus Erfahrung, daß auch hier die Suppe
immer so heiß gegessen wurde, wie sie gekocht
Und als gar am Donnerstag die Herren
Hsiziösen meldeten, daß zwischen dem Kaiser und
Mprivi wieder Alles in schönster Ordnung sei,
legten sich die deutschen Reichsbürger mit dem
"^uhjgenden Bewußtsein schlafen, daß alle Gerüchte
M Krisen und dergleichen eitel Schwindel seien
^Ud die bösen Zeitungsschreiber wieder einmal aus
dfl Mücke einen Elephanten gemacht hatten. Aber
'e bösen Zeitungsschreiber haben doch Recht gehabt,
sie dachten „Wo Rauch ist, da ist auch Feuer!"
Graf Caprivi hat demissionirt.
Warum? Ja, warum — das ist die große
Aage, die heute wohl in der Welt diskutirt werden
s?^d. Daß er schon lange ein Haar in der Herr-
Mkeit des deutschen Reichskanzleramts gefunden
?at, ist bekannt und Niemand wird ihm das wohl
"bei nehmen, denn auch er kann sich rühmen, der
bestgehaßteste Mann", seiner Zeit gewesen zu sein,
Mistens allerdings mit Unrecht. Aber mit der
seit wird es auch der stärkste Mann müde, Tag
Ae Tag in dem grimmigen Massenfeuer der Par-
Aeu zu stehen und so wartete er nur auf einen
Maß, die ganze Herrlichkeit an den Nagel zu
Mgen.
Diesen Anlaß fand er allem Anscheine nach
den von oben her beabsichtigten Bestrebungen,
d'e immer mehr um sich greifende Umsturzbe-
^egung mit aller Wucht an die Wand zu drücken.
M preußische Ministerpräsident hatte da einen
Entwurf ausgcarbeitet, der nur so von Aus-
nahmegesetzen und dergleichen schönen Dingen
Wimmelte. Inwieweit sich der Einfluß des
Kaisers hierbei geltend machte ist noch nicht ge-
igend aufgeklärt. Die Sache wäre auch an und

für sich nicht gefährlich gewesen, aber nun sollte
die Frage zur Reichsangelegenhcit gemacht werden,
von Reichswegen sollten durch den Reichskanzler an
den Reichstag Vorlagen gebracht werden, die schwere
Angriffe auf die Volksrechte enthielten und für den
Fall der Ablehnung wurde sogar schon das Ge-
spenst der Reichstagsauflösung in sichtbare Nähe
gerückt.
Da zeigte Caprivi vielleicht zum ersten Male
während seiner viereinhalbjährigen Amtsthätigkeit,
daß er n'cht nur der mit gebundener Marschroute
gehende General, sondern auch verantwortlicher Kanz-
ler des deutschen Reiches ist; er verwahrt sich ganz
entschieden gegen derlei Absichten, sowohl im Minister-
rathe, wie dem Kaiser gegenüber.
Es steht sogar fest, daß Graf Caprivi am
Dienstag dem Kaiser ein ausführliches Abschieds-
gesuch unterbreitet hatte, das u- A. die Erklärung
enthielt, daß der Kanzler ein ferneres Zusammen-
wirken mit dem Grafen Botho v. Eulenburg für
ergebnißlos erachtete. Der Kaiser hat damals am
Dienstag dem Kanzler sein volles Vertrauen aus-
gesprochen und sich für die vom Reichskanzler em-
pfohlene Beschränkung auf das im Reichstage Er-
reichbare bei Bekämpfung der Umsturzparteien ent-
schieden. Jn der Berathung der stimmführenden
Minister der Bundesstaaten am Donnerstag haben
sich, soviel man hört, die Vertreter sämmtlicher
Staaten nach einem eingehenden Vortrage des
Grafen Caprivi für dessen Anschauungen und Vor-
schläge ausgesprochen.
Die Antwort des Grafen Eulenburg war dessen
Rücktrittsgesuch. Das wäre nichts befremdliches
gewesen, daß aber mit dem Besiegten nunmehr auch
der Sieger, Graf Caprivi, selbst das Feld verläßt,
das ist zum Mindesten schwer verständlich. Jeden-
falls haben auch persönliche nicht nur politische
Konflikte dabei eine große Rolle gespielt. — Nähe-
res darüber wird ja die Sonne wohl noch an den
Tag bringen.
Jedenfalls hat sich Caprivi einen sehr guten
Abgang gemacht. Er fiel mitten im Kampfe für
die Rechte des Volkes und das wird ihm im deut-
schen Reiche auch jene Sympathien erringen, die er
bis jetzt vielleicht noch nicht besessen hat.
Wer wird der Nachfolger sein? Alle Augen sind
auf einen gerichtet, den der Kaiser einst selbst als
„seinen Mann" bezeichnet hat — der frühere Bürger-
meister von Frankfurt und jetzige preußische Finanz-
minister, Herr v. Miquel.
* «
*
Berlin, 27. Okt. Es wird als zuverlässig
bestätigt, daß das nachgesuchte Entlassungsgesuch
des Grafen zu Eulenburg sowohl als Mi-
nisterpräsident wie alle Minister des Innern in
huldvollster Weise vom Kaiser angenommen

worden ist. Der kaiserliche Statthalter Fürst
Hohenlohe ist auf der Wildparkstation einge-
troffen und dort vom Kaiser empfangen und auf
das huldvollste begrüßt worden. Mit dem
Fürsten v. Hohenlohe traf auch Unterstaatssekre-
tär v. Köller ein, der ebenfalls vom Kaiser
huldvoll begrüßt wurde. Der Kaiser fuhr mit
dem Fürsten Hohenlohe im offenen Wagen zum
Neuen Palais, Herr v. Köller mit dem Adju-
tanten Graf Moltke. Auch die Anwesenheit v.
Köllers wird mit der Krise in Verbindung ge-
bracht.
Berlin, 27. Okt. Dem Vernehmen nach
verabschiedete sich Ministerpräsident Graf Eulen-
burg heute Mittag in Anwesenheit des Unter-
staatssekretärs Braunbehrens und des Ministerial-
direktors Haase von den Räthen des Ministeriums
des Innern. Er führt aber die Geschäfte bis
zum Eintritt seines Nachfolgers fort.
Berlin, 27. Okt. Wie die Blätter melden,
nahmen der kaiserliche Statthalter Fürst Hohen-
lohe und der Unterstaatsfekretär v. Köller im
Neuen Palais Wohnung.
Berlin, 27. Okt. Ueber die Unterredung
des Kaisers mit den Gesandten der Bundes-
staaten verlautet, der Kaiser habe ihnen gegen-
über geäußert, die gegen den Umsturz gerichteten
Gesetzvorschläge sollten auch nach Caprivis
Rücktritt in der Form vorgelegt werden, wie sie
von ihnen mit dem bisherigen Reichskanzler ver-
einbart worden seien.
Berlin, 27. Okt. Das Wolffsche Telegraphen-
bureau meldet: Es verlautet mit Bestimmtheit,
zum Reichskanzler und preußischen Ministerprä-
sidenten sei Fürst Hohenlohe und als Mi-
nister des Innern der bisherige Unterstaatssekre-
tär v. Köller in Aussicht genommen. Bis zu
später Abendstunde sind die Ernennungen noch
nicht erfolgt.
Berlin, 27. Okt. Die Nachricht, daß der
kaiserliche Statthalter Fürst Hohenlohe vom
Kaiser nach Berlin gerufen worden sei, verbreitete
sich schon gestern Abend in der politischen Welt
und rief gleich einen günstigen Eindruck hervor.
Wenn man auch sehr daran zweifelte, daß der
Fürst den für einen Mann seines Alters doppelt
schwierigen Posten in so unklarer Lage annehmen
werde, so verbürgt doch die Thatsache der Be-
rufung, daß der Kaiser nicht daran denkt, das
unsichere Gebiet einer extremen Politik zu be-
treten. Daß der künftige Reichskanzler unter
allen Umständen auch preußischer Ministerpräsi-
dent werden soll, ist der feste Entschluß des
Kaisers. Für den nöu zu besetzenden Posten des
Ministers des Innern soll der mit dem Statt-
halter hier eingetroffene Unterstaatssekretär v-

Köller in Aussicht genommen sein, der frühere
konservative Führer. Köller soll ebenfalls auf
kaiserliche Ordre hierher berufen sein. Seine
frühere politische Thätigkeit läßt ihn gemäßigt
liberalen Kreisen nicht als besonders genehm er-
scheinen, doch verkennt man nicht, daß seine
künftige Thätigkeit von dem künftigen Reichs-
kanzler abhängen würde.
Berlin, 27. Okt. Der kaiserliche Statthalter
Fürst Hohenlohe konferirt feit heute Mittag
mit dem Kaiser. Der Kaiser hegt den
dringenden Wunsch, Hohenlohe zur Uebernahme
des Reichskanzlerpostens zu bewegen. Eine Ent-
scheidung ist noch nicht gefallen.
Berlin, 27. Okt. Das Entlassungsgesuch des
Grafen Botho Eulenburg ist in ebenso for-
meller Wei'e bestätigt, wie das des Reichskanzlers.
Von konservativer Seite wird dagegen mit auf-
fallendem Nachdruck betont, daß diese Entlassung
nur als eine vorläufige und nicht recht ernst
gemeint zu betrachten sei, da es gelingen werde,
den Kqiser davon zu über-eugen, daß Graf Botho
Eulenburg der Einzige sei, der der schwierigen
inneren Lage Herr werden könne. Diese Auf-
fassung erscheint nach der ganzen Sachlage als
nicht sehr begründet. Sie tritt aber mit großer
Zuversicht auf, wie überhaupt die Konservativen
überzeugt zu sein scheinen, daß sie die Lage nach
ihren Interessen werden ausnutzen können. Der
General der Infanterie Graf Caprivi hat
bereits gestern im Laufe des Nachmittags den
Staatssekretären der Reichsbehörden und einigen
näheren Freunden seinen Abschiedsbesuch gemacht.
Er hat dabei nicht verhehlt, daß er sich herz-
lich freue, die schweren Bürden des verant-
wortlichen Amtes los zu sein. Seit vier und
einem halben Jahre hat er nahezu keine dienstfreie
Stunde gehabt. Selbst während seines Kuraufent-
halts in Karlsbad hat er sich den wichtigeren Dienst-
geschäften unterziehen müssen. Jetzt gedenkt er schon
in den nächsten Tagen von hier abzureisen und sich
zunächst längere Zeit in der Schweiz zu erholen.
Graf Botho Eulenburg nahm gestern Abend
mit seiner Gemahlin in sehr vergnügter Stimmung
an einer kleinen Tischgesellschaft theil. Erst nach
Tisch wurde einem der Gäste ein Extrablatt
hereingebracht, und erst dadurch erfuhr die Ge-
sellschaft, welche politischen Ereignisse sich imsLaufe
des Nachmittags im kaiserlichen Schlosse vollzogen
hätten. Graf Eulenburg gedenkt als Privatmann
hier in Berlin zu bleiben.
Berlin, 28. Oktbr. Der kaiscrliche
Statthalter Mrst Hohenlohe hat
sich Henle Morgen dem Kaiser gegen-
über zur Annahme beider Posten
grundsätzlichbereit erklärt. Seine

Gesucht und Hefunöen.
Roman von Hermine Frankenstein.
(Fortsetzung.)
„Topee", begann Hußpeth neuerdings, „ein
^heimlichen der Wahrheit kann Ihnen jetzt nichts
^utes bringen. Sie haben ihre Rache vollauf ge-
habt.« — „Ich habe die Wahrheit gesagt. Maja
Käthe Elliot!" sagte der Hindu ungeduldig.
«Ich rufe Brahma zum Zeugen an, Sie ist die
kechte." — „Wer ist dann Sinda?" — „Sie ist
-Z Tochter eines gemeinen Soldaten, der auf einer
Station lag, wo die Engländer massakrirt wurden,
^ie war in einem entlegenen Zimmer verborgen.
fand sie und brachte sie zu einigen Leuten, die
kannte. Sie war sehr lange krank und sie
hegten sie. Inzwischen stahl ich Maya und kehrte
Sinda zurück und begann dann mit den Kin-
Hn meine Wanderung, um aus Hauptmann El-
iots Bereich zu kommen. Und so gelangte ich hier-
dA nach Khalsar; die Königin sah die Kinder, sie
^vptirte sie; aber ohne sie und den Priester hier
Me jch Sklavinnen aus ihnen gemacht." — „Also
ist die Herkunft der Fürstin?" sagte Bathurst-
»Das ist sie," erklärte der Hindu. „Maya ist
Mullin Elliot. Wie der Missionär sagt, ich habe
Mche gehabt. Mag die Wahrheit nun heraus-
Mmem" Sie fragten ihn noch weiter aus.
^°PPee beharrte indessen bei seiner Geschichte, setzte
Mancherlei Erklärungen hinzu und fragte schließlich :
«Haben Sie mit Maya von den Juwelen ihrer
sNutter gesprochen? Sie hat sie noch immer bei
IM" — „Noch stärkere Beweise für ihre Jden-
M", rief Bathurst. „Sie sind für sick allein

gar keine Beweise, denn Topee konnte sie dem einen
Kinde genommen und dem anderen gegeben baben",
bemerkte Elliot. „Und es ist auch sonderbar, daß
er der Eigenthümerin gestattet haben sollte, sie zu
behalten." — „Es war nichts weiter, als ein Arm-
band", sagte Topee. „Jch nahm es ihr weg, aber
als ich es der Königin sagte, welche mir die ganze
Wahrheit entlockte, zwang sie mich, es zurückzugeben.
Bringen Sie das Mädchen zu seinem Vater und
sagen Sie ihm, daß ich meine Rache gehabt habe.
Er hielt sie für todt und betrauerte sie jahrelang.
Er bat die besten Jahre seines Lebens verloren.
Sie wird bald heirathen und ihn dann für immer
verlassen. Alle seine Träume werden die verlorenen
Jahre nicht zurückbringen, noch sie wieder zu einem
Kinde machen." Und während seine Augen wieder
so unheimlich und höhnisch funkelten, entfernte sich
der Hindu plötzlich.
Der Mifstouär bedeckte sich das abgezehrte, ehr-
würdige Gesicht mit den zitternden Händen. —
„Die Sache ist abgemacht", sagte Bathurst,
„Mayas's Identität ist klar." -— Der Missionär
seufzte tief. — „Sie haben Topec's Angaben ge-
kört", sagte er. „Jetzt hören Sie auch meinen
Rath. Nehmen Sie diese beiden Mädchen mit
nach England zu Graf Tregaron. Eine von ihnen
ist sicherlich seine Tochter; der Vater wird ohne
Zweifel sein Kind erkennen. Familienzüge ver-
lachen sich. Die Tochter sieht vielleicht ihrer Mut-
ter ähnlich. Lasten Sie Graf Tregaron Beide
sehen." — „Wird die Fürstin Khalsar verlassen?"
fragte Elliot. — „Wenn ich ihr dazu rache, thut
sie es gewiß und ich werde ihr dazu rachen." —
„Vertrauen Sie sie meiner Obhut an, Herr Huß-

peth", sagte unser Held. „Jch will ihr ein Bruder
sein, bis ich sie mit Maya in Graf Tregaron's
Schutz gebe.
Die trüben Augen des Missionärs ruhten lange
forschend auf den treuen, ehrlichen Zügen Elliot's.
— „Jch kann Ihnen vertrauen" sagte er sanft.
„Seien Sie ihr ein Bruder. Sie muß die Haupt-
stadt morgen verlassen. Sie muß heimlich gehen.
Eine alte Dienerin wird sie und Maya begleiten.
Und Sie müssen Ihre Pferde und Leute morgen
vor Einbruch der Nacht hinausschicken in die Bam-
buspflanzung vor dem südlichen Thore, denn um
zehn Uhr Nachts werden die Stadtthorc geschlossen
und später dürfte ihr Zug nicht passiren." Er
ertheilte ihnen noch weitere Rathschläge, welche
Elliot getreulich zu befolgen versprach. — „Wollen
Sie nicht auch mit uns gehen, ehrwürdiger Vater?"
fragte er. „Putpur wird kein sicherer Aufenthalt
für Sie sein nach der Flucht der Fürstin." —
„Jch werde auch gehen", sagte der Missionär. „Ich
harte gehofft, auf diesem Felde meines Wirkens zu
leben und zu sterben; aber der Wille des Herrn
geschehe! Wir wollen den Palast morgen Abends
zu einer späten Stunde, wenn Alles im Schlafe
liegt, verlassen und mit Ihnen um Mitternacht in
dem Orangenhain des Palastes zusammentreffen.
Sie verstehen mich doch ganz genau?"
Sie erklärten sich gegenseitig den ganzen Plan
noch einmal, damit keine Möglichkeit des Jrrthums
vorhanden blieb. Dann erhob sich der Missionär
schwerfällig und nahm Abschied. Die beiden jungen
Engländer schüttelten ihm warm die Hand und
schauten ihm von ihrem Fenster aus nach, bis
er ihren Blicken entschwunden war. — „Wir

stecken mitten in Abenteuern, Elliot", sagte Bäte
hurst. „Sie sollen Ihren Willen haben. Di'
liebliche Fürstin soll mit uns nach England gehen/t
— „Ich bin sehr beunruhigt," erwiderte Elliot mie
bekümmerter Miene. „Hußpeth bemüthe sich, sein
Angst vor uns zu verbergen. Jch fürchte das
Schlimmste. Das Leben der Fürstin ist bedroht.
Nach meiner Meinung wird sie der Rajah entweder
zwingen, ihn zu heirathen, oder er bringt sie grau-
sam ums Leben. Bathurst, ihre ganze Umgebung
ist von dem Feinde bestochen! Sie isi von Ver-
räthern umgeben. Sie schläft heute Nacht auf einem
Vulkan, der jeden Augenblick losbrechen und sie
vernichten kann." Elliot hatte Recht. Der ge-
jammte Hofstaat — alle Jene, denen sie Wohltaten
erwiesen und Vertrauen geschenkt hatte — waren
fast von dem Rajah gewonnen worden.
Dll Gründe für diesen allgemeinen Abfall waren
verschieden gewesen. Der Oberstkämmerer Topee
hatte seine Stellung brreits seit Jahren inne und
übte großen Einfluß ans die Wachen und Bedien-
steten aus. Diesen Einfluß machte er jetzt geltend,
um Anhänger für Rajah Wansee zu werben und
die Freunde der Königin in Feinde zu verwandeln.
Jn diesem Bestreben, die Verbindung zwischen dem
Rajah und Sinda zu ermöglichen, bot Topee
dem Einen sehr viel Geld, dem Anderen Stellung an.
Unter aller Achtung, welche der Hofstaat für die
weiße Fürstin hegte, schlummerte doch das heimliche
Gefühl, daß der Rajah der rechtmäßige Thronerbe
sei, währenddem die junge Königin ein Eindring-
ling «ar und einen Verhaßten Stamme entsprang
und sich bemüthe, das Volk von dem Glauben
seiner Väter abwendig zu machen.
 
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