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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 241 - Nr. 250 (15. Oktober - 25. Oktober)
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Nummer 247. LI Jahrgang.

Montag. 22. Oktober 1«r>4

General-O Anzeiger

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Expedition: Hauptstraße Mr. 26.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

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die lspaltige Petitzeile oder deren Raum 6 Pfg.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt-
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Expedition: Hauptstraße Mr. 26.

GeleseirsLss BlesLt irr Stcrdt rr. Anrt HerdsWeVS rrnd MMBDeseird. GV'ötzte^ Evfstg srrr^ Inserate.

»E- Telephou-Anschluk Nr. 1«2. -W«
Ein Verurtheiltes Urtheil.
Das Urtheil, welches die Disziplinarkammer
in Potsdam über den ersten Richter und stellvertre-
tenden Gouverneur in Kamerun, Kanz-
ler Leist, gefällt hat, macht wegen seiner milden
Auffassung der Leist'schen Verfehlungen und seiner
anscheinend ganz unrichtigen Beurtheilung der Ver-
hältnisse in den Kolonien überall berechtigtes Auf-
sehen und wird fast einmüthig verurtheilt.
In der Thronrede vom 22. November 1888
heißt cs, daß unsere afrikanischen Ansiedelungen
„das Deutsche Reich an der Aufgabe betheiligt
baben, jenen Welttheil für christliche
Gesittung zu gewinnen." Kanzler Leist
hat, wie die Potsdamer Verhandlungen gezeigt
haben, eine höchst eigenartige Auffassung von dieser
Aufgabe. Es ist erwiesen, daß Leist an den Frauen
der Dahomeyer die Prügelstrafe in Gegenwart ihrer
Ehemänner in der verletzendsten Form hat voll-
strecken lassen, nur um dieselben zur Arbeit anzu-
halten. Mit Recht hat der Vertreter des Auswär-
tigen Amtes in dem Disziplinarprozeß darauf hin-
gewiesen, daß es zu diesem Zwecke genügt hätte,
die Weiber in's Gefängniß zu sperren und ihnen
die Verpflegung schmälern zu lassen. Die Dis-
ziplinarkammer hat seltsamer Weise in der Aus
Peitschung eine Ueberschreitung der Amtsbefugnisse
des Angeklagten nicht erblickt. Es sei dem Ange-
klagten nichts Anderes übrig geblieben. Auch der
Modus der Auspeitschung stelle keine Ueberschreitung
der Amtsbefugnisse dar. Der Vertreter des Aus-
wärtigen Amtes hatte festgestellt, daß bis dahin
an der ganzen westafrikanischsn Küste eine Prügel-
strafe nicht angewendet worden sei, bis auf zwei
Fälle.
Schon diese Feststellung der Potsdamer Dis-
ziplinarkammer über die Zulässigkeit des Aus-
peitschens von Frauen nach den geltenden Bestim-
mungen nöthigt nach allgemeiner Anschauung das
Auswärtige Amt, gegen das Urtheil der Disziplinar-
kammer Berufung einzulegen. Ob die Auspeitschung
der Weiber allein den Aufstand hervorgerufen hat
oder in Verbindung mit anderen Vorkommnissen,
erscheint für die Beurtheilung des Sachverhalts un-
erheblich. Wenn ohnehin schon unter den Dahomey
svldaten eine Erregung herrschte, so wäre es erst
recht geboten gewesen, solche aufhetzenden Maßnah-
men zu unterlassen.
In dem unzüchtigen Verkehre mit den seiner
Aufsicht anvertrauten Pfandweibern erblickt der
Disziplinarhof eine Verletzung der amtlichen Pflichten.
Aach § 174 des Strafgesetzbuches sind „Beamte,
die nut Personen, welche ihrer Obhut anvertraut
sind, unzüchtige Handlungen vornehmen", mit Zucht-
haus bis zu 5 Jahren zu bestrafen. Es mag sein,

daß juristisch dieser Paragraph des Strafgesetzbuchs auf
das Verhältniß der Beamten in Kamerun zu den Ein-
geborenen nicht anwendbar ist. Moralisch aber
kann das Verhältniß des Kanzlers Leist nicht milder
beurtheilt werden als derjenige Thatbestand, welcher
in Gemäßheit des 8 174 deutsche Beamte dem
Zuchthaus überliefert.
Um so größer ist allgemein das Befrem-
den, daß die Disziplinarkammer glaubt, diese
Verletzung der amtlichen Pflichten hinlänglich damit
sühnen zu können, daß Kanzler Leist in ein anderes
Amt, zwar mit demselben Range, aber unter Schmä-
lerung von einem Fünftel seines bisherigen Ein-
kommens, zu versetzen sei. Nach dem Reichsbeamten-
gesetz von 1873 hat jeder Reichsbeamte nicht, bloß
das ihm übertragene Amt den Gesetzen entsprechend
gewissenhaft wahrzunehmen, sondern auch „durch sein
Verhalten in und außer dem Amte der Achtung,
die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen."
Ist es nun denkbar, daß nach den festgestellten
Vorkommnissen Herr Leist, wenn er zur Wahrneh-
mung eines Kanzlerpostens etwa nach Ostafrika
versetzt wird, dasjenige Maß von Achtung bei Ein-
geborenen und Europäern beanspruchen kann, wel-
ches sein Brruf erfordert?
Die Disziplinarkammer hat bei der Strafzu-
messung das Land und die Verhältnisse, unter
denen der Angeklagte gehandelt, in Betracht gezogen.
Aber wir treiben doch nicht Kolonialpolitik, damit
solche Beamte sich „die larere Moral" der Wilden
aneignen, sondern treiben Kolonialpolitik, um nach
Maßgabe der Thronrede „jenen Welttheil für christ-
liche Gesittung zu gewinnen". Jedenfalls ist sol-
ches Verhalten von Kolonialbeamten und solches
Urtheil nicht geeignet, das Ansehen des Reiches
und seiner Kolonialpolitik zu heben.

Deutsches Reich,
Berlin, 22. Oktober-
— Der Kaiser empfing am Samstag Mittag
im Beisein des Ministerpräsidenten Grafen Eulen-
burg, des Landwirthschaftsministers v. Heyden
und des Chefs des Civilcabinets Wirkt. Geh.
Raths Dr. v. Lucanus eine ostpreußische Abord-
nung des Bundes der Landwirthe.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die
Angaben der „Süddeutschen Tabakztg." über den
neuen Tabaksteuerentwurf enthalten nur das eine
Zutreffende, daß der Entwurf in seinen Grund-
zügen sich demjenigen der letzten Session an-
schließe.
— Die Beratungen des Staatsmini-
steriums über Das, was man die Bekämpf-
ung desUmsturzes nennt, sind noch nicht ab-
geschlossen; es werden noch weitere Sitzungen statt-
finden. Es handelt sich um eine ganze Reihe von

Entwürfen, und es verlautet nur, daß eine Ver-
ständigung darüber wahrscheinlich sei.
— Die feierliche Uebergabe des
Ehrenbriefes der Stadt Danzig an den
Reichskanzler Caprivi fand am Samstag im
Reichskanzlerpalais durch den Oberbürgermeister
Baumbach, den Stadtrath Koßnack, die Stadtver-
ordnetenvorsitzenden Steffens und Damme statt.
— Der Colvnialrath beriet am Samstag
den Etatsentwurf für Deutsch-Ostafrika und be-
sonders lebhaft wird die Behandlung der befreiten
Sklaven und die Ausbildung der in Ostafrika
zu verwendenden Beamten und Offiziere
besprochen. Für erstere wird besonders Verständnis
und Interesse für die wirthschaftliche Entwickelung
der Colonie gefordert. Die Positionen des Etats-
entwurfs für Landesculturzwecke fanden Zustimmung.
Ein Antrag zwischen Unterstützung des „Institut
Ooloniul International", vornehmlich zur Be-
gründung einer internationalen colonialen Bibliothek,
durch einen jährlichen Beitrag aus den Mitteln des
Auswärtigen Amtes wurde angenommen. Hierauf
wurden die Resolutionen des Ausschusses, betreffend
die astafrikanische Eisenbahnfrage, berathen.
— Die Abordnung des ostpreußischen Bundes
der Landwirthe, welche dem Kaiser eine
Huldigungsschrift überreichte, bestand aus v- Groe-
ben-Arenstein, v. Simpson-Georgenburg, Heller-
Peitschendorf und v. Staegen-Kleinsterze. Nach
einer Mittheilung der „Deutschen Tageszeitung"
erwiederte der Kaiser auf die Adresse überaus gnädig
und drückte seine Freude aus, daß die Abordnung
sich an ihn gewandt habe. Er versicherte, daß seine
Sorge für die Landwirthschaft nie nachlassen werde.
Der Kaiser unterhielt sich mit jedem einzelnen Mit-
gliede der Abordnung über die landwirthschaftlichen
Fragen und entließ dann die Herren mit den herz-
lichsten Grüßen an ihre Heimat.
— Für die Bcrathungen der Kommission zur
Formulirung des dem Reichstage vorzulegenden
Börsenreform-Gesetzentwurfs, die am
Mittwoch im Reichsamt des Innern unter dem
Vorsitz des Ministerialdirektors Rothe zusammenge-
treten ist und außer aus Delegirten der Bundes-
staaten, in deren Gebiete sich Börsen befinden, aus
Kommissorien der verschiedenen Reichsämter und
Ministerien besteht, ist, wie die „Nordd. Allg. Ztg."
berichtet, beschlossen worden, die Verhandlungen als
streng vertrauliche anzusehen. Daraus ergibt sich,
daß die, beiläufig bemerkt, von anderer Seite bereits
bestrittene Nachricht, die der Kommission unterbreitete
Vorlage enthalte eine Bestimmung, daß die Emis-
stonshäuser zehn Jahre lang für ihre Emissionen
zu haften haben, auf Zuverlässigkeit keinen Anspruch
machen kann.

Ausland.
Wien, 20. Oktbr. Dem „Fremdenblatt" zu-
gegangene Mittheilungen besagen, obwohl der Zu-
stand des Zaren thatsächlich höchst bedenklich sei,
halte der Kranke sich doch stundenlang außer Bett
auf und gehe sogar im Zimmer auf uud ab.
Großfürst Wladimir habe vorgestern Abend im
Augenblicke seiner Abreise von Paris eine Depesche
vom Thronfolger erhalten, welche ihm mittheilte
der Zar habe am Frühstück theilgenommen.
Petersburg, 20. Okt. Die Residenzstadt ist
in fortgesetzter Aufregung. Man möchte durch wo-
möglich stündliche Berichte über den Zustand des
Zaren unterrichtet werden, doch fließen die Be-
ruhte nur spärlich, während immer neue schwer zu
prüfende Gerichte der erschütternsten Art die Er-
regung fortwährend vermehren. So hieß es, die
Zarin habe gestern erst die volle Wahrheit über
den hoffnungslosen Zustand ihres Gemahls erfahren
und sei vor Schreck darüber von einem Schlage
gerührt worden, die eine Lähmung der Füße zur
Folge hatte. Auch auf die seit 3 Monaten ver-
heiratete Großfürstin Xenia soll die gliche Eröff-
nung schädlich eingewirkt haben. Daß Großfürst
Georg schwer krank, ist bekannt.
Petersburg, 20. Okt. Die Moskauer
Börse wurde gestern durch ihren Vorsitzenden
ermahnt, eingedenk der jetzigen für Rußland so
schmerzlichen Zeit sich unbedingt jeglicher Vornahmen
zu enthalten, welche die Unruhe des schon schmerz-
lich erregten Publikums noch steigern könnten. Wie
verlautet, soll dieselbe wohl von leitender Stell-
ausgehende Mahnung auch an die Petersburger
Börse ergehen.
Petersburg, 10. Okt. Die Prinzessin Alix
von Hessen wird mit dem Großfürsten und der
Großfürstin Sergei heute Nachmittag von War-
schau nach Livadia weiter fahren und voraussicht-
lich Montag Abend in Livadia eintreffen. Es
wird hier nach wie vor an der Ueberzeugung fest-
gehalten, daß die Reise die baldigste Trauung der
Prinzessin mit dem Großfürsten-Thronfolger Niko-
laus ermöglichen soll. Prinzessin Ludwig von
Battenberg, die ihre Schwester bis Warschau be-
gleitet hat.kehrt von dort unmittelbar nach Darm-
stadt zurück.
Petersburg, 20. Okt. Infolge weiterer Ver-
schlimmerung desZustandes desZar en sind gestern
Abend fämmtliche Grostfürsten telegraphisch nach
Livadia berufen worden. In den Kirchen werden
Fürbitten für die Genesung des Zaren abgehalten.
Die meisten Mitglieder der kaiserlichen Familie sind
dem Rufe zuvorgekommen und haben sich, wie.aus
unseren bisherigen Meldungen hervorgeht, bereits
nach Livadia begeben.
Shanghai, 20. Okt. Heute verbreitete sich

hatte, noch zu ihm zurückgekehrt war? Auf die
beiden letzten Fragen waren die schweren Eisenketten
mit der Kugel, die sie tragen mußte, das barte Ge
sicht ihrer weiblichen Kerkermeisterin, die wilden
Mienen zweier Männer, die in der Gebirgsschlucht
Wache hielten, das Vorhandensein einiger böser
Wolfshunde im Hause genügende Antwort. Die
anderen Fragen werben im weiteren Verlaufe unserer
Erzählung zur Genüge aufgeklärt werden.
Es war klar, daß Bathurst sie bis zum Wahn-
sinn liebte. Bei ihrem Anblicke sänftigte sich sein
grausames Gesicht zur Zärtlichkeit, seine boshaften
Augen erglühten von seltsamer, leidenschaftlicher
Liebe und er streckte seine Hand aus, um sie zu-
rück zu halten, als er sie in der von uns mitge-
theilten Weise anredete. Das war die einzige große
Leidenschaft von Bathurst's Leben, der schwache
Punkt in seiner sonst so kräftigen, harten Natur
— seine wilde, Alles bemeisternd, grenzenlose Liebe
für Agnes Elliot. Für sie hätte er selbst seinen
geliebten Reichthum hingegeben — für sie hätte er
sein prächtiges Haus mit den seiner sybaritischen
Natur so theuren, eleganten Einrichtungen verlassen
— für sie wü de er vom Bette! gelebt haben, wenn
sie ihm nur freundlich zugelächelt und sie ihn ge-
liebt hätte. Aber all seine Jahre des Wartens, all
seine Grausamkeiten und Unterdrückungen, all seine
Gaben und Liebesbetheucrungen hatten nie einen
Ausdruck der Unterwürfigkeit in ihre Augen zu
bringen vermocht, hatten kein Lächeln erwiderter
Neigung auf ihre Lippen gelockt.
Und jetzt, als er auf sie zutrat und seine Hand
nach ihr ausstreckte, wich sie voll Abscheu und Ent-
rüstung vor ihm zurück, und ihre Ketten kliirten,

während sie sich bewegte. — „Zurück!" rief sie un-
gestüm und in befehlendem Tone aus, während ihr
Gesicht bleicher wurde und ihre großen, blauen
Augen Flammen sprühten. „Rühren Sie mich
nicht an, Thomas Bathurst!" — Das gelbe Ge-
sicht des Kaufmanns wurde fahl, aber er trat keinen
Schritt näher auf sie zu. — „Wie hart und er-
barmungslos Du bist, Agnes", rief er aus. „Du
bist noch ebenso kalt gegen mich, als Du es vor zwölf
Jahren warst, während ich nur für Dich und ein-
zig in der Hoffnung lebte, Dich zu gewinnen. Ich
bin hart und grausam gegen Dich gewesen, wäh-
rend jede Oual, die Du erduldest mir selbst tau-
send Mal schrecklicher war als Dir. Ich bin zärt-
lich und liebevoll gegen Dich gewesen und Du
stießest mich ebenfalls zurück. Wirst Du niemals
weich werden gegen mich Agnes?"
Frau Elliot's schönes Gesicht erglühte von dem
tiefen Widerwillen, den sie gegen ihn empfand,
als ihre Hand die eiserne Kette erfaßte, die ihren
Leib fesselte und den schweren Ball hervorzerrte,
der daran hing. — „Sehen Sie das?" fragte sie.
„Sie legen mich in Ketten wie eine Verbrecherin
und verlangen, daß ich Sie lieben soll?"—„Aber,
Agnes so lange ich Dich nicht fesselte, warst Du
wie ein wilder Vogel und versuchtest immer zu
entfliehen. Ohne diese Kette sammt Kugel hätte
ich Dich trotz all' meiner Vorsicht nicht hier be
halten können." — Es ist eine neue Art, Je-
manden seine Liebe zu beweisen", sagte Frau Elliot
bitter. „Erst legen Sie die Dame, die Sie hei-
rathcn wollen, in Fesseln, dann versichern Sie sie
ihrer unvergänglichen Liebe. Welche Art von Liebe
ist das?" — „Du kannst mich nicht verstehen,

Agnes. Es ist Liebe — es ist Wahnsinn! Hätte
ich Dich freigelassen und ich hätte Dich im Leben
nie wiedergesehcn. Mein Verfahren wurde gerecht-
fertigt von Deiner beharrlichen Kälte. Du weißt,
in der Liebe und im Kriege ist Alles erlaubt, und
es gab Beides zwischen uns." — „So viel ich
weiß, gab es nur Krieg." — „Und wessen Schuld
ist es gewesen?" Nicht die meine, Agnes, das
wirst Du zugestehen müssen. Ich hätte Deinen
Pfad gerne mit Rosen bestreut. Ich habe Dir ein
Haus in Kalkutta eingerichtet, mit prächtigen Gär-
ten — ein schönes Heim, mit großen kühlen Ge-
mächern, mit vielen Dienern, wo Dein Leben einem
köstlichen Paradiesestraum gleich gewesen wäre. Ich
habe Juwelen für Dich gekauft. Sie harren in
schönen Behältern in dem Zimmer, das ich als
Dein Ankleidezimmer eingerichtet habe, darauf, von
Dir getragen zu werden. Du wirst eine wahre
Fürstin sein, Agnes, wenn Du nur Deine Hand
in die meine legen und sagen willst, daß Du mich
h machest."
Das liebliche Gesicht der schönen Dame blieb
unbewegt. „Das werde ich nie sagen," sagte sie
matt und verzweiflungsvoll. „Nie niemals!
Die Jahre werden ebenso langsam kommen und
gehen, als bisher; Sie werden zuweilen Ihre
Besuche hier abstatten, und einmal werden Sie
kommen und mich todt finden. Aber lebend oder
todt werde ich dem Andenken des einzigen Mannes
treu bleiben, den ich je geliebt habe, meinem theueren
Galten Eugen Elliot." — „Wie oft Du auch das
schon gesagt hast, Agnes, kann ich doch nicht um-
hin, zu glauben, daß Du Dich noch ändern wirst.
Einmal muß meine Hingebung einen Eindruck avs

Gesucht und Gefunden.
Roman von Hermine Frankenstein.
Id) (Fortsetzung.)
> Neuntes Kapitel.
Bathurst beginnt zu triumphiren.
Agnes! Dieser Name in der einsamen Hügel-
legion des Himalaya! Der Name, welchen Haupt-
wann Elliot's Gattin getragen hatte, gehörte jener
holden Frau mit ihrer traurigen Schönheit und den
kummervollen Augen! Und ihr Gesicht! Trotz der
Meitze von Jahren, die vergangen waren, trotz Kum-
wers und Schmerzes, wie ähnlich war es dem
Reichen, jungen Gesichte, das in Frau Elliot's
Krankenzimmer auf den Kissen gelegen war! Wie
ähnlich dem stillen Gesichte, das Elliot in seiner
Namenlosen Verzweiflung geküßt hatte, während es
f^it geschlossenen Augen bleich und regungslos und
scheinbar im Tode erstarrt vor ihm lag! Wie ähn-
f'ch! Ei, es war ja dasselbe — diese Frau war
Agnes Elliot! Es war die tiefbetrauerte junge
Gattin, deren Verlust Elliot fast um Leben und
Vorstand gebracht hatte. Das war die Frau, deren
^kmeinter früher Tod die strotzende Gesundheit
chres Gatten untergraben hatte. Das waren die
Äge und die Gestalt, welche auch Graf Tregaron
Machend und schlafend nicht aus seinen Gedanken
A'ngcn konnte und die er fern von diesem düsteren
^ofängnisse in einem einsamen Grabe längst ver-
modert glaubte.
, Aber wie kam sie hierher? Wie kam es, daß
Hk Gatte keine Ahnung davon hatte, daß sie noch
kbte? Wie kam es, daß sie ihm nie geschrieben
 
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