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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 161 - Nr. 170 (13. Juli - 24. Juli)
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Nummer 161. H. Jahrgang.

2leuev

Freitag, 13. Juli 1894.



General-OAMige

für Heidelberg und Umgegend

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unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
cntgegengenommen.

Kampf gegen Schwindel.
Seitdem Staatssekretär von Bötticher gelegent-
lich versprochen hat, dem Reichstag in seiner
kommenden Tagung einen Gesetzentwurf zur Be-
kämpfung des unlauteren Wettbewerbes vorzu-
legen, beschäftigen sich die zunächst beteiligten
Kreise etwas mehr mit dieser Materie.
Die Hauptfrage, deren Erledigung die meisten
Schwierigkeiten bieten dürfte, bezieht sich natürlich
auf das, was unter unlauterem Wettbewerb zu ver-
stehen ist. Es gibt der Arten gar viele, durch
welche der unlautere Wettbewerb operirt, hierbei
theils den Käufer aus dem Publikum, theils den
reellen Geschäftsmann, häufig aber auch Beide,
schädigend.
Eine Hauptrolle bei den unreellen, oder wenn
man will, unlauteren Manipulationen spielt das
Anlocken von Käufern durch falsche Angaben über
die Herkunft der Waare. Hierher gehören vor
Allem die Waarenbezeichnungen, welche zur Be-
nennung gewisser Erzeugnisse dienen, ohne jedoch
deren Herkunft zu bezeichnen. Die vorsätzlichen
Täuschungen des Publikums, welche in diese
Kategorie fallen, sind ungemein zahlreich, wosür
sich aus dem geschäftlichen Leben tagtäglich frap-
pante Beispiele erbringen ließen.
Ungemein ausgedehnt ist ferner das Gebiet
der Täuschungen über die Waare durch wissentlich
falsche Angabe des Erzeugungsortes, was speziell
im Weinhandel in ausgiebigster Weise geschieht.
Gar häufig kommt ja der Fall vor, daß minder-
werthiger oder gar mehr oder weniger gefälschte
Weine unter der prangenden Etiquette berühmter
Marken dem Publikum aufgehalst werden, so daß
alsdann nicht nur letzteres, sondern auch der
Weinproduzent in den Gemarkungen mit berühm-
ten Lagen geschädigt wird, letzterer wenigstens an
feinem geschäftlichen Rufe.
Recht beliebt sind auch die Täuschungen über
den Inhalt und über den Preis der Waare,
weiter die Nachahmungen bekannter Firmen, und
auch in dieser Beziehung ließen sich zahlreiche
Beispiele erbringen. Viclverbreitet sind ferner
die Versuche, das Publikum in Betreff verschie-
dener Geschäfte oder gewerblicher Unternehmungen
irre zu führen, dann die unlauteren Wettbewerbe,
welche z. B. durch illoyale Reclamen u. s. w.

dargestellt werden, dann die Scheinausverkäufe,
und endlich die mannigfachen Mittel, um den
Konkurrenten und seine Waare in den Augen
des Publikums zu verdächtigen. Schließlich muß
als ein ebenfalls zu verurtheilender „Geschäfts-
tric" die Ausforschung und Abspcnstigmachung
von Angestellten eines Geschäfts durch Concurrenz-
geschäfte erwähnt werden.
Wir haben schon erwähnt, daß betheiligte
Kreise, namentlich verschiedene Handelskammern,
die Frage des unlauteren Wettbewerbes einer
Erörterung unterzogen haben. Diese Mithülfe
aus der Praxis kann dem Bundesrathe und
Reichstage uur angenehm sein, da eine gesetzliche
Regelung dieser Materie denn doch nicht so leicht
ist, als vielleicht allgemein angenommen wird.
Eine zu enge Fassung des Begriffes „un-
lauterer Wettbewerb" dürfte die neue Waffe bald
als stumpf erscheinen lassen, während eine zu
weite Fassung die Gefahr nahe legt, daß ein an
sich berechtigter Wettbewerb, der aber den Mit-
bewerbern unangenehm ist, getroffen werden kann.
Die allgemeine Richtung geht heute jedenfalls
auf ein Spezial-Gesetz, das man abwarten muß,
um zu prüfen, ob es die unlautere Konkurrenz
zu treffen geeignet ist und ob es die berechtigte
Konkurrenz frei läßt.
DenLscheS Reich.
Berlin, 12. Jul'.
— Im „Reichs- und Staats-Anz." wird
folgende Königliche Kabinetsordre vom
30. Juni er. betreffend das Apotheken-Kon-
zessionswesen veröffentlicht: „Auf den Be-
richt vom 23. d. M. genehmigte Ich unter ent-
sprechender Abänderung der Königlichen Erlasse
vom 5. Oktober 1846 und 7. Juli 1886, daß
bis zur anderweiten gesetzlichen Regelung des
Apothekenwesens denjenigen Apothekern, welchen
in Zukunft neue Konzessionen zur Errichtung von
Apotheken verliehen werden, die Präsentation von
Geschüftsnachfolgern überhaupt nicht mehr zu ge-
statten ist, die Konzession vielmehr beim Aus-
scheiden eines Apothekers aus seinem Geschäft zur
anderweiten Verleihung in allen Fällen an den
Staat zurückfällt. Den Wittwen und Waisen der
neuen Konzessionäre sollen jedoch im 8 4 Titel I.
der Revidirten Apotheker-Ordnung vom 11. Okt.
1801 bezeichneten Vergünstigungen zu Theil
werden. Ich ermächtige das Staats-Ministerium,
hiernach das Weitere zu veranlassen. In einer
gleichfalls in dem amtlichen Blatte publizirten
Zirkularverfügung des Ministers der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten an
die Oberpräsidenten vom 5. Juli heißt es: „In
Ausführung dieser Allerhöchsten Ordre bestimme

ich hierdurch unter Abänderung der Erlasse vom
21. Oktober 1846 und 21. Juli 1886, daß, von
dem Tage der Veröffentlichung dieses Erlasses im
„Reichs- und Staatsanzeiger" an, Konzessionen
zur Errichtung neuer Apotheken oder Weiterver-
leihungen von an den Staat zurückgefallenen
Apothekengerechtigkeiten nur mit dem Zusatz er-
theilt werden dürfen, daß dem Inhaber die
Präsentation eines Geschäftsnachfolgers in Ge-
mäßheit der Allerhöchsten Ordre vom 30. Juni
1894 nicht gestattet sei. In den Wettbewerb-
Bekanntmachungen ist auf diese Bestimmung hin-
zuweisen. Den Wittwen und Waisen eines Apo-
thekers, welcher eine solche unveräußerliche und
unererbliche Konzession erhalten hat, soll es er-
laubt sein, die Apotheke nach Maßgabe des 8 4
der Revidirten Apotheker-Ordnung vom 11. Okt.
1801 verwalten zu lassen."
— Der „Reichsanzeiger" führt aus, daß in
Spanien die Cortes am 11. Juli geschlossen
wurden, ohne daß die zur Begutachtung des deutsch-
spanischen Handelsvertrags eingesetzte Senats-
kommission einen Bericht über den Vertrag an das
Plenum erstattete. Hiernach müsse das Zustande-
kommen des Vertragswertes endgiltig als ausge-
schlossen angesehen werden. Die Schuld hieran und
an der hierdurch begründeten Fortdauer des deutsch-
spanischen Zollkrieges fallen auf diejenigen spanischen
Politiker zurück, welche die Durchberathung
des Vertrages während der jetzigen Cortessesston zu
vereiteln wußten. Der „Reichsanzeiger" gibt als-
dann einen Ueberblick über das Vertragsverhältniß
seit der Kündigung des Handelsvertrages von 1883
bis zum Ablauf der Verlängerung des Provisoriums
am 15. Mai 1894, mit welchem Datum der au-
tonome Zolltarif in Kraft trat. Die deutsche Re-
gierung sehe den Versuch, zu einer handelspolitischen
Verständigung mit Spanien zu gelangen, als ge-
scheitert an. Der Botschafter in Madrid sei beauf
tragt worden, der spanischen Regierung unverzüg-
lich die entsprechende Erklärung abzugeben.
— Nach einer im „Staats-Anz." veröffent-
lichten Zusammenstellung der im Ressort des
Ministeriums der geistlichen u. s. w. Angelegen-
heiten während des Jahres 1893 durch Aller-
höchste Erlasse genehmigten Schenkungen und
letztwilligen Zu w endu n g en an inländische
Korporationen und andere juristische Personen
betrug die Gesammtsumme der in Geld gemachten
Zuwendungen 6 337 077 Mk. und der Werth der
nicht in Geld gemachten 1429 972 Mk. betragen-
den sind hier nicht mitgerechnet — um 329
Einzelzuwendungen. Der Löwenantheil entfällt
auf katholische Anstalten (Bisthümer, Pfarr-
gemeinden, Kirchen, Stiftungen rc). nämlich
4252 618 Mk.

— Dem Vernehmen des „Hamb. Korr." nach
ist in Konsequenz des Inkrafttretens des deutsch-
russischen Handelsvertrages eine Erweiterung der
deutsch-russischen Verbandstarife auf Auf-
nahme verschiedener russischer und polnischer Sta-
tionen, die bisher die Möglichkeit direkter Abferti-
gung im Verkehr mit Deutschland nicht besaßen,
schon sür die nächste Zeit geplant. Im Verkehr
von Deutschland nach Rußland würde wegen der
Eigenartigkeit der hier bestehenden Verhältnisse die
geplante Verbesserung nur dann zu einer solchen
sich gestalten, wenn gleich hiermit die Umkartirung
an der Reichsgrenze auf Grund der bis und ab
hier bestehenden Transittaren tarifarisch beseitigt
würde.
Ausland.
Paris, 12. Juli. Der Kammerausschuß für
die Anarchistenvorlage hat nach Verstän-
digung mit dem Justizminister Guerin folgende
Vorschläge festgestellt: „1) Die durch die Artikel
23, 24 und 25 des Gesetzes von 1881 über die
Presse in Verbindung mit der Novelle vom 13.
Dezember 1893 vorgesehenen Zuwiderhandlungen
werden den Strafkammern unterbreitet. 2) Vor
die Strafkammer wird gebracht und mit 3 Monat
Gefängniß, sowie mit Geldbuße von 100—200
Franken bestraft, wer außerhalb der Presse durch
Aufreizung zu solchen Gewaltthaten oder Lob-
preisung derselben eine oder mehrere Personen zu
Mord, Plünderung, Brandstiftung oder Diebstahl
gehetzt und auf diese Weise eine Handlung der
anarchistischen Propaganda begangen hat. 3) Gegen
die laut 1) und 2) verurtheilten Personen kann
die Verschickung verfügt werden. 4) Die kraft des
Gesetzes zu Freiheitsstrafen verurtheilten Personen
werden in Zellenhaft gebracht ohne Umrechnung
der Strafdauer. 5) In allen durch dieses Gesetz
vorgesehenen und allen sonstigen Fällen, wo die
vorgebrachten Thatsachen einen anarchistischen Cha-
rakter haben, können die Gerichte die Berichter-
stattung über die Verhandlungen ganz oder theil-
weise untersagen; Zuwiderhandlungen werden mit
6 Tagen bis 1 Monat Gefängniß und Geldbuße
von 1000—10 000 Fr. bestraft. In derselben
Weise werden Veröffentlichungen oder Enthüllungen
über Aktenstücke oder Einzelheiten des Verfahrens
bestraft." Zum Berichterstatter ist Lasserr ernannt
worden.
Paris, 11. Juli. Die Kommission der
Kammer nahm die Anarchisten-Gesetze an, sie
desinirte ein neues Delikt der anarchistischen Pro-
paganda und setzte fest, daß als Zusatzstrafe die
Verweisung in eine Strafkolonie nicht nur aus-
gesprochen werden könne bei Verurtheilung zu
einem Jahre Gefängniß, sondern auch schon, wenn
eine andere Vermtheilung zu Zuchthaus ocer mehr-

e f ü H rr t.
Roman von H. von Gabaiu.
19) (Fortsetzung.)

Olga gehorchte seufzend und bald darnach löschte
sie Re Lampe, um gleich der Mutter das Bett auf-
zusuchen. Still, mit angehaltenem Athem, die
Augen weit geöffnet, lag das junge Mädchen und
horchte ängstlich auf die unruhigen Bewegungen der
Mutter.
„Wie das häßliche Betragen der Präsidentin die
arme Mama erregt hat," dachte Olga theilnchmend,
Hann wieder flogen ihre Gedanken weit, weit hin-
über zu dem trauten Waldhaus und ihre ernste
Etirn hellte sich auf. Sie blickte selig lächelnd auf
den Mond, der durch graues Gewölk hindurch zeit-
weise seinen matten Lichtschein in das Fenster hin-
ein sandte. Sie vergegenwärtigte sich, wie dieses
selbe Licht durch die schneebeladenen Bäume des Frostes
in die Fenster schien, wo der ernste, theure Mann
weilte, dem sie sich im Geheim verlobt.
„Georg, mein lieber Georg, glaube an mich,
ich lasse nicht von Dir," flüsterte der süße Mädchen-
bund. Mit diesem verlockenden Gedanken schlum-
wertc sie ein; der Traumgott zauberte ibr köstliche
Bilder vor, hingegen die Baronin kein Äuge schloß
Und nur in dumpfem Halbschlaf verbrachte sie die
Nacht.
Als der exklusive Kreis sich gegen Mitternacht
Nus dem Hoftheater entfernte, und die Präsidentin
Hannipot als eine der Letzten die Garderobe
oetrat, um sich zur Nachhausefahrt Pelz und Spitzen-
sichu reichen zu lassen, blieb sie einen Augenblick

wie erstarrt stehen. Ihre Blicke hafteten auf dem
geöffneten — leeren Safianetui, in dem die werth-
vollen Perlenschnüre gelegen. Sekunden lang blitzte
es bitterböse in den braunen, strengen Augen auf,
doch eben so schnell wie dieses Leuchten erschienen,
verschwand es. Verstimmt über ihre eigenen häß-
lichen Gedanken schüttelte sie verdrießlich das Haupt
und die schon geöffneten Lippen zu dem Posaunen-
ruf: „Diebe, ich bin bestohlen!" schlossen sich zu
ihrem eigenen Vortheil-
Was half es, wenn sie die Angelegenheit an
die große Glocke brachte! All' die Personen die hier
mit und ohne Erlaubniß Zutritt gehabt, konnten
nicht kontrolirt werden; sicher waren die Juwelen
jetzt schon zerstückelt und dadurch unmöglich als ihr
Eigenthum zu recognosciren, denn eine Perle gleiche
der anderen, so dachte die in allen Stücken über-
legende Frau. Jeder würde ihr die Schuld an dem
Verlust beimessen, denn, daß Olga bat, dringend
ersuchte, die Juwelen an sich zu nehmen, würde die
Baronin sehr ostensiv zu verbreiten wissen ; die ganze
fatale Unterredung, in der sie — die Präsidentin
— sich ungeheuere Blöße gegeben, käme wohl gar
bis an den Hof.
„Ah, bah, Schweigen ist Gold, endete sie ihren
Monolog und ließ sich von der Zofe in den pelz-
gefütterten Sammetmantel hüllen."
„Ercellenz, der Wagen ist vorgefabren," mel-
dete der Diener mit lauter Stimme, den Rücken
unterthänig gekrümmt. Leutselig lächelnd nickte
Frau von Hannipot nach allen Seiten hin, wie
Jemand, den die Sonne der allerhöchsten Gnade
beschienen, und dieser Helle Abglanz lag deutlich auf
den ehrgeizigen Gesichtszügen der Dame.

Wie Olga ganz richtig tarirt hatte, war die
Herzogin gütig, tkeilnehmcnd gewesen und hatte ihr
plötzliches Entfernen aus dem Kreise der zur Vor-
stellung Bestimmten nachsichtig beurtheilt; aus des
Herzogs Worten hatte tiefes Bedauern gesprochen.
All' diese Einzelheiten erfuhr Olga Tags darauf
von Ruth, als sie mit der Freundin auf dem Eise
zusammentraf und Arm in Arm über das glatte
Parquet des Flusses dahinfuhr. Man bewunderte
das schöne Paar, boshafte Zeugen besprachen die
dunkle H.rkunft der Eltern, resp. der Mütter beider
Mädchen, deren Herzen sich unbegreiflicher Weise
sympathisch an einander geschlossen, trotzdem beide
ein und dasselbe hohe Ziel verfolgten. „Welcher
wird es glücken, die Grafenkrone zu gewinnen?"
flüsterten halblaute Stimmen und dergleichen Anzüg-
lichkeiten mehr,
„Goldner Sonnenschein, stiehlst dich in's Herz,
Südlicher Sternenhimmel, machst uns viel Schmerz,"
improvisirte der Graf Ulestein mit seiner heiser
schnarrenden Stimme zum höchsten Gaudium Aller,
während seine verzehrende Blicke vom Ufer aus den
holden Erscheinungen folgten.
Frau von Hannipot, die inmitten dieser de-
battirenden Herren- und Damen Gruppe promen-
tirte, kniff die Lippen zusammen und begnügte sich
statt aller Antwort mit einem undefinirbaren Achsel-
zucken. Nur einmal raunte sie dem Grafen zu:
„Bleiben Sie an meiner Seite, jede Ueber-
eilung bringt Ihrem Herzenswunsch, den ich Ihret-
willen auch zu dem meinigen gemacht, Nachrheil."
Der Graf verneigte sich zustimmend, wiewohl das
brennende Verlangen auf seiner Stirn stand, den
beiden Mädchen zu folgen, um die Gefühle der

Einen zu sondiren, zugleich seine sengenden Blicke
in die unergründliche Tiefe der nachtschwarzen Augen
der Augen der Anderen zu versenken.
Frau von Hannipot hatte nicht die Umvahrhei
gesprochen, als sie meinte, des Grafen Angelegen-
heit zu der ihrigen erhoben zu haben- Anfangs
freilich sprach nur das unselige Verlangen aus ibr,
sich an Ruth zu rächen, deren stolze Unnahbarkeit
und trotziger Eigenwille ihren Anordnungen und
gesellschaf l chen Wünschen gegenüber die Präsidentin
zum höchsten Zorn aufgestachelt batte.
Allein im täglichen Verkehr mit dem „tollen
Grafen," der d^e Millionen seines Vaters verjubelte,
indeß den liebenswürdigsten Gesellschafter abgab,
waren beide sich näher getreten; er ordnete sich gern
den Rätkschlägen und Wünschen der Präsidentin
unter; sie faßte eine an mütterliche Zärtlichkeit
grenzende Zuneigung für ihren Portegä, was je
länger, desto mehr zunahm . . ,
Die Vorbereitungen zu dem nahestehenden Weih-
nachtsfeste hielten.alle mehr oder weniger von größeren
Festlichkeiten zurück. Auch Frau von Adrianowitsch
lebte diese kurze Spanne Zeit ihr früheres, ein-
förmiges Alltagsleben weiter. Wenngleich ein herz-
liches Einvernehmen zwischen Mutter und Tochter
niemals bestanden hatte, weil krasse Charaktergegensätze
sich hier gegenüberstanden und abstießen, so herrschte
seit der Theatervorst.llung eine unheimlich drük-
kcnde Schwüle in dem dürftigen Heim der Ba-
ronin. Düster und wortkarg- saß sie tagelang
über ein Buch gebeugt; es schien fast, als wollte
sie ihre tobenden Gedanken einschläfern, und
wenn sie zuweilen sprach, so bewegte sich da
Thema meist in denselben Umrissen, die Loche
 
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