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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 291 - Nr. 300 (12. Dezember - 22. Dezember)
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Nummer 2S2. H. Jahrgang.

Neuer

Donnerstag, 13. Dezember 18S4.

General-GAnzeiger

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AbounementSpreiö r
Mit Sseittgem illustrirte« Touutagrblatt: meuatlich
Vfenrrlg frei in'S Haus, durch die Po» bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld.

Krpedition: ^bauptltrcrße Mr. LS.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

Jnsertionsprcisr
die lfpaltigr Petitzeile oder deren Raum S Pfg.,
für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.
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ßrpedition: ^bcruptllraße Mr. LS.

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WU^ Telepho«°A«fchlutz IQL.Nr.
Fo^trVähveird
werden von allen Pofianfialten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
cntgegengenommen.
Italien und England.
Die Gemeinsamkeit der italienischen und eng-
lischen Afrika-Interessen hat Seitens des
italienischen Ministers des Auswärtigen dieser
Tage in der römischen Deputirtenkammer eine
formale Bestätigung erfahren, die unter mehreren
Gesichtspunkten von allgemeinerem Interesse ist.
Da insbesondere Marokko und der egyptische
Sudan ausdrücklich genannt werden, so erscheint
damit die Richtung näher prästfirt, in welcher
sich die Bestrebungen der anglo-italienischen Afrika-
politik vorzugsweise zu bethätigen haben dürfte.
In Marokko ist bekanntlich eben jetzt die eng-
lische Diplomatie eifrig am Werke, den britischen
Einfluß zu stärken und der anarchistische Zustand,
in welchem sich das Land befindet, erscheint den
letzten Absichten des Londoner Kabinets eher
günstiger, als wenn der Sultan die Zügel fest
in der Hand hätte und freier Herr seiner Ent-
schließungen wäre. In Madrid scheint man den
Absichten Englands betreffs Marokko's nicht zu
trauen, das von dort sigualisirte Dementi von
der Abtretung der au der marokkanischen Küste
belegenen Insel Perigel an die Engländer könnte
unter Umständen auch als ein indirekter Wink
Spaniens an die Adresse England betrachtet
werden. Italien rangirt in Marokko und auch
in der Affairc des eghptischen Sudan erst an
zweiter Stelle: die Erklärung Manes, daß man
in Rom nicht die Absicht hat, Italiens Aktion
in der Richtung auf Khartum zu erweitern,
schließt nicht aus, daß Italien, wenn etwa Eng-
land oder auf Englands Ansporen Egypten ernst-
lich aus Rückeroberung des Sudans ausginge,
durch eine Demonstration von Kassala gegen die
Derwische den Operationen der befreundeten Macht
gegen Khartum Luft schaffte. Uebcrdies können
im Sudan jederzeit Dinge sich ereignen, welche
Italien nöthigen würden, auch gegen seine Ab-
sicht sich daselbst militärisch zu engagiren. Das
als spezifisch italienisches Jnteresscnobjekt geltende
Tripolitanien findet auffälligerweise in der Aus-
lassung des Barons Blane gar keine Erwähnung,
obwohl diese türkische Provinz in Sachen der
Verbindungen des Mittelmeeres mit dem Innern
Afrikas gewiß eine sehr hervorragende Rolle
spielt.

DeAtfches Keich.
Berlin, 13. Dezember.
— In der vor zwei Jahren dem Reichstage
zugegangenen, aber unerledigt gebliebenen Novelle
zum Branntweinsteuergesetz war eine Be-
stimmung enthalten, die es den Brennern ermög-
lichen sollte, in einzelnen Jahren, z. B. bei einer
Mißernte in Kartoffeln, ihr Kontingent nicht
zu erledigen. In den betheiliqten Kreisen
besteht die Ansicht, daß es einer derartigen gesetz-
lichm Bestimmung nicht erst bedürfe, sondern daß
nach Lage der bestehenden Gesetzgebung der Bundes-
rath befugt sei, selbständig in diesem Sinne zu
verfügen. Man beruft sich darauf, daß der Bundes-
rath auch vor zwei Jahren im Hinblick auf die
damalige ungünstige Kartoffelernte selbständig ein-
gegriffen und den landwirthschaftlichen Brennereien
zur Erledigung ihres Kontingents die Verarbeitung
von Mais freigegeben habe. Die Frage ist aktuell
geworden, weil auch in diesem Jahre wieder in
einzelnen Gegenden des Reichs die Brennereien
aus Mangel an Kartoffeln nur mit außerordent-
lichen Opfern im Stande wären, ihr Kontingent
zu erledigen. Aus den betheiligten Kreisen ist dem
Bundesrath eine Eingabe zugegangen,
worin er um die Beschlußfassung ersucht wird, daß
den Brennereien aus der in diesem Jahre wegen
Mangels an Kartoffeln etwa nothwendig werdenden
Nichterledigung des Kontingents ein Nachtheil nicht
erwachsen solle.
— In turnerischen Kreisen wird schon lange
die Frage erwogen, wie der sozialdemokra-
tischen Agitation in Turnvereinen
entgezengetreten werden könne, die sich besonders in
großen Städten immer deutlicher bemerkbar macht.
Der Ausschuß der deutschen Turncrschaft hatte eine
Reihe von Vorschlägen aufgest llt und zur Erwä-
gung empfohlen. Der Berliner Turnrath hat hierzu
Stellung genommen und an die ihm angehörigen
Vereine eine Kundgebung gerichtet, in der er ein
direktes Vorgehen gegen das Eindringen des sozial-
demokratischen Elements durch Ausschluß von Mit-
gliedern, Beschränkung des Stimmrechts u. s. w.,
wie der Ausschuß empfohlen hatte, nicht befürworten
zu können erklärt, dagegen folgende Ansicht aus-
spricht: „Vollkommen einverstanden sind wir mit
dem Ausschuß der deutschen Turnerschaft in der
grundsätzlichen Auffassung, daß die Turnsache im
Geiste Jahn'ö als nationale Angelegenheit zu be-
trachten und zu betreiben ist, also auch der Pflege
vaterländischer Gesinnung durch Wort, Lied und
That zu dienen hat. Wir finden es darum natür-
lich, wenn dieser Auffassung im Grundgesetz der
Turnvereine — wie es schon vielfach der Fall ist —
ein angemessener Ausdruck verlieben wird. Dagegen
halten wir die angeblich unabweisbare Nothwendig-

keit, die als VercinSzweck zu bezeichnen und die
Aufnahme einer dahingehenden Bestimmung in die
Vereinssatzungen jetzt auf einmal als eine Lebens-
frage hinzustellen, nicht für vorhanden glauben,
vielmehr, daß einerseits die von Jahn'schcm Geiste
beseelten Turnvereine auch ohne solche Bestimmung
auskommen können, während andererseits die Letztere
unwirksam bleibt, wo sozialdemokratische Wühlereien
überhaupt einen Boden finden."
— In der Angelegenheit der aus der
Festung Magdeburg in Haft befind-
lichen Oberfeuerwerker-Schüler gelangen
nur sehr spärliche Nachrichten in die Oeffentlich-
keit. Sv erfährt das „B. T.", daß die sämmt-
liche Sachsen und Württemberger entlassen und
zu ihren Regimentern zurückversetzt worden sind;
ferner, daß die im Militärarrest zu Berlin unter-
gebracht gewesenen Gefangenen jetzt ebenfalls in
Magdeburg sich befinden. Ueber den Stand der
Untersuchung ist absolut nichts zu erfahren, und
niemand weiß, wann und wie die Entscheidung
ausfallen wird. Inzwischen stehen die Schüler
der jüngeren Abtheilnng in der Anstalt unter
der strengsten Disziplin, und von den vielen
Freiheiten, deren sich die Zöglinge der Anstalt
früher zu erfreuen hatten, ist nicht mehr die
Rede. Das geringste Vergehen wird unnachsicht-
lich bestraft.
Karlsruhe, 12. Dez. Der Groß Herzog
empfing gestern den Präsidenten des evangelischen
Oberkirchenraths, Geheimrath v. Stößer, über
dessen Rücktritt neuerdings wieder gesprochen
wird, und den von seinem Aufenthalt in Berlin
hierher zurückgekehrten Minister v. Brauer.
Bekanntlich schweben bei dem Landesbischos die
Fragen der Ernennung eines Prälaten an Stelle
des vom Amte scheidenden Dr. Doll und die
Schlußentscheidungin dem Falle des Pfarrers
Schwarz, der sich von dem Amtsentsetzungs-
urtheil des Oberkirchenraths an die oberste In-
stanz gewendet hat. Was die Stellung des
Oberkirchenrathspräsidenten betrifft, so kann sie
nach dem Verlauf der Gcneralshnode innerlich
kaum fester gewesen sein, als eben jetzt, und ein
allenfallstgcr Rücktritt könnte nur auf Gesund-
heitsrücksichten zurückgeführt werden.

Deutscher Reichstag.
Berlin, 13. Dezember.
Abg. v. Kardorff (Rcichsp.) spricht namens
der Partei dem Reichskanzler sein vollstes Ver-
trauen aus.
Abg. Rickert (freis. Vereinig.) sagt, Graf
Caprivi habe dem Ansturm der Agrarier weichen
müssen, diese aber kämen doch nicht über den Damm

der Handesvcrträge hinweg. Die Freisinnigen be-
willigen alles im Interesse des Vaterlandes, aber
keine unten drückenden Steuern.
Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky
-rändert, die Fürsorge des Staates sei in den letzten
Jahrzehnten vorwiegend den Städten zugute gekom-
men, die Steucrkraft des platten Landes sei zu-
rückgangen. Redner rechtfertigt die Finanzreform
und weist den gestrigen Angriff Richters zurück.
Abg. Frhr. v. Manteuffel (kons.) hebt
hervor, Vorgänge, wie sie am 6. Dezember im
Reichstage sich ereignet Kälten, seien seit Gründung
des Reiches nicht vorgekommen. Die Verheißungen
des Handelsverträge seien bisher olle ausgeblichen.
Eine starke conservative Partei sei die beste Stütze
der Regierung. Die konservativen erhofften die
Einbringung der Börfenvorlage noch in dieser Ses-
sion. Der Redner führt die Wünsche der Conscr-
vativen im einzelnen auf, bedauert das Nichtzu-
standekommen des preuß. Volksschulgesetzes, das den
wirksamsten Schutz gegen die Umsturzbestrebungen
geboten hätte, und spricht sich für eine Verstärkung
der Marine sowie für die Finanzresorm aus.
Abg. Liebknecht (Soz.) erklärt, die Sozial-
demokraten, die bei einem Hoch auf den Kaiser
aufständen, würden ihrer Gesinnung untreu. (Große
Unruhe.) Die Thronrede bringe den Widerspruch
zwischen den schönen Theorieen und der Praris
schärfer als je zur Darstellung. Die Wahrheit sei
die einzige Grundlage der wahren Religion, Sitte
und Ordnung. Einerseits gebe man die Verheißung
für eine Fürsorge, anderseits das Knebelgesetz. Das
sei Heuchelei. (Oho! Unruhe. Präsident v. Levetzow
ruft den Abg. Liebknecht zur Ordnung.) Redner
bespricht dann die Vorgeschichte des Sozialistengesetzes
unv nennt unter großer Heiterkut des Hauses den
Mörder Nobili ng ein Mitglied der na-
tionalliberalen Partei. Man gebe dem
Arbeiter ein freies Koalitionsrecht, das wäre dann
wirklicher Arbeiterschutz. Redner behauptet, die
Großindustriellen Stumm und Krupp übten den
größten Einfluß auf die Gesetzgebung aus. Das
Umsturzgesetz sei der Lohn für Stumms Zustim-
mung zum russischen Handelsvertrag. Anarchismus
herrsche gerade in der bürgerlichen Gesellschaft wegen
der zügellosen Konkurrenz. (Gelächter.) Die
weiteren Ausführungen des Redners richten sich
gegen den Militarismus; er vergleicht den franzö-
sischen mit dem deutschen Militäretat, bekämpft
die Kolonialpolitik und bespricht die auswärtige
Politik, wobei er zur Sache gerufen wird. Redner
schließt, der internationale Sozialismus werd- Herr
werden über den internationalen Anarchismus von
oben und unten. (Beifall bei den Sozialdemokraten
Lachen rechts.)
Die Berathung wird auf morgen vertagt.

Gesucht und Gefunden.
63) Roman von Hermine Frankenstein»
(Fortsetzung.)
Siebenunddreißigstes Kapitel.
Elliot's Treue und Sinda's
Festigkeit.
Bei dem ersten Anblicke ihres Geliebten an
diesem düsteren und trostlosen Platz vergaß Sind«
ganz, daß sie ihm auf ewig Lebewohl gesagt hatte,
und wurde sich nur ein r grenzenlosen Freude und
Seligkeit bewußt, eines unaussprechlichen Gefühls
der Erleichterung und Dankbarkeit. Bleich und
zitternd und unfähig, sich von der Stelle zu rühren,
stand sie auf, aber ibre Augen leuchteten wie die
Sterne und sie streckte ihm in unbewußtem Ent-
zücken beide Hände entgegen. Es kam ihr wie eine
Ewigkeit vor, seit sie ihn nicht gesehen hatte. In
den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sich für
sie mehr Schmerz und Jammer zusammengedrängt,
als für manchen Menschen in einer ganzen Lebens-
zeit. „Armand!" hauschte sie. „Sinda! "rief er,
ihre beiden Hände ergreifend. „Mein armer, armer
Liebling! Wie bleich und angegriffen Du aus-
siehst! — Wie schwer mußt Du gelitten haben,
seit Du Belle-Jsle verlassen hast!"
Sie standen einige Minuten ganz versunken,
Mit in einander geschlungenen Händen, hochklopfen-
den Herzen und fliegenden Pulsen. Der elende,
kleine Garten war ihnen plötzlich zum Paradies ge-
worden. Es war nirgends ein Haus in der Nähe
si- Alles lag in tiefer Einsamkeit vor ihnen. El-
sivt zog seine Geliebte an die Brust und küßte sie

zärtlich. Erröthend machte sie sich augenblicklich
von ihm los, als sie sich plötzlich daran erinnerte,
wer und was sie sei, und welche Kluft sie von ein-
ander trennte. „Das ist wirklich eine reizende
Ueberraschung", sagte sie mit bebender Stimme.
„Aber ich bin erst einen einzigen Tag von Beüe-
Jsle fort, Armand. Wie kommt es nun, daß Sie
schon hier sind?" „Ich kam in demselben Zuge,
wie Du, Sinda", erwiderte Elliot. „Ich folgte
Dir gestern Abend hierher, um mich von Deiner
Sicherheit zu überzeugen."
Sinda schaute ihn verwundert an. — „Glaubst
Du, ich hätte Dich ganz allein mit der fremden
Person fortgehen lassen?" fragte Elliot. „Du
kennst mich schlecht, Sinda. Ich habe meine Reise-
vorbereitungen in der Nacht getroffen, um Dich un-
gesehen begleiten zu können. Ich zeigte mich Dir
auf dem Wege nicht, weil ich Frau Biggs meine
Ueberwachung nicht verrathen wollte — und noch
aus anderen Gründen. Du freuest Dich also^
mich zu sehen, Sinda?" Ihre Augen antworteten
ihm. — „Wie Du zitterst!" sagte Elliot. „Setze
Dich nieder. Ist Frau Biggs zu Hause?" —
„Nein. Sie ist ausgegangen, um ihren Sohn zu suchen
der noch nicht zu Hause war, seit wir hier sind."
— „Wo ist Falla?" fragte Elliot nach dem Hause
hinsehend. — „Sie ist ausgegangen, um einige
Einkäufe zu machen." — „Und ließ Dich hier
allein zurück?" Das Mädchen bejahte.
„Das war nicht klug. Das sieht Falla gar
nicht ähnlich", rief Elliot aus. „Sie muß sehr
wichtige Gründe zum Ausgehen gehabt haben, daß
sie Dich allein und unbeschützt hier ließ. Aber
das Geschick war mir günstig, daß es mir diese

Unterredung mit Dir beschnd, Sinda. Ich fürch-
tete schon, baß Frau BiggS mich nicht zu Dir las-
sen würde. Erzähle mir von ihr, mein Liebling.
Konntest Du bereits lernen sie als Deine Mutter
zu betrachten?" — „Nein", antwortete das Mäd-
chen traurig; „ich werde sie nie lieben können, und
das Schlimmste von Allem ist, daß ich sie nicht
einmal achten kann; sie ist so roh und gemein.
Sie wissen ja, daß ich fein und sorgfältig erzogen
wurde. Und ich kann mick an Frau Biggs nicht
gewöhnen, Armand; ich weiche mit heftigem Abscheu
von ihr zurück. Ich habe nie ihres Gleichen ge-
kannt. Ich glaubte den Verlust meiner Erinne-
rung an meine Kinderjahr- stets beklagen zu müs-
sen. Ich beklage den Verlust nicht länger", fügte
sie mit großer Bitterkeit hinzu.
„Meine arme Sinda! Warum willst Du
dann bei ihr bleiben? Laß mich Dich heute noch
jetzt gleich mit fortnehmen. Laß uns mit dem
ersten Zuge nach Belle-Jsle zurückkehren drängte
der leidenschaftliche junge Liebende. — Sinda
schauderte. — „Nein, ich kann nicht nach Belle-
Jsle gehen", sagte sie. — „Der Graf wird Dich
willkommen heißen, wie eine Tochter, Sinda. Ec
liebt Dich und wird Dich schützen gegen dieses
Weib." — „Meine Mutter! Wir dürfen nicht
vergessen, Armand, daß sie meine Mutter ist. Der
Graf ist sehr gütig. Aber ich kann nicht nach
Belle-Jsle zurückkehren." — „Maya ist zwar un
freundlich", sagte Elliot ernst. „Glaubst Du, ich
wäre blind gewesen, mein Liebling? Glaubst Du,
daß ich ihren Haß, ihren Neid, ihre Eifersucht
gegen Dich nicht bemerkt habe — daß ich ihre ver-
steckten Beleidigungen nicht hörte und mich über

Deine Geduld und Großmuth ihr gegenüber nicht
wunderte? Ich will Dich als meine Gattin nach
Belle-Jsle zurückbringen, Sinda. Sage, daß Du
mich noch heute heirathen willst. Sage, daß ich
fortgehen und eine Separatlizenz besorgen darf."
„Es kann nicht sein, Armand. Wenn auch
Sie meine Herkunft vergessen wollen, ich kann es
nicht. Frau Biggs würde sich als ein Vampyr
Herausstellen; sie würde sich der Verwandtschaft
rühmen, würde sie bis zur Unerträglichkeit de-
müthigen und man würde Sie ob ihrer Thorheit
und Schwäche, die Tochter einer Waschfrau gehei-
rathet zu haben, verachten. Nein, Armand, dringen
Sie nicht in mich. Ich muß festbleiben. Ueber-
lassen Sie mich mir selbst und ihr. Wie niedrig
sie auch sein mag, sie ist doch' meine Mutter."
Das Mädchen senkte den stolzen, jungen Kopf voll
Scham und Schmerz bei diesen Worten. Es
schien ihr wie ein Hohn und eine Entweihung,
Frau Biggs den geheiligten Mutternamen geben zu
müllen. Elliot vertrat seine Sache mit aller ihm
zu Gebot- stehenden Beredsamkeit, aber es gelang
ihm nicht, Sinda's Entschluß zu erschüttern —
„Du schickst mich also fort", sagte er endlich.
„Du weigerst Dich entschieden, mit mir zu geben ?"
— Ich muß mich weigern, Armand." — „Aber
ich werde Dich nicht aufgeben. Ich will Deinen
besseren Entschluß abwarten, Sinda. Ich weiß,
daß Du früher oder später an mein Herz flüchten *
mußt, wie in einen sicheren Hafen. Ich muß
mich begnügen zu warten —" und er seufzte.
Dennoch bin ich überzeugt, Sinda," fuhr
Armand Elliot fort, „daß ich' diese Frau Biggs
und ihren Sohn mit Geld abseitigen könnte."
 
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