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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 181 - Nr. 190 (6. August - 16. August)
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Nummer 182. H. Jahrgang.

N euer

- Dienstag, 7. August 1894


General-GAn^eiser

für Heidelberg und Umgegend

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Erst vor der eigenen Thiire kehren!
Ein Entrüstungssturm tobt gegenwärtig durch
die deutsche Presse: Griechenland hat sich in un-
verantwortlicher Weise gegen das deutsche National-
vermögen versündigt. Man geht sogar so weil,
das Ausgebot der deutschen Heeresmacht zu ver-
langen, um das bankerotte Königreich zur Er-
füllung seiner Schuldverbindlichkeiten zu zwingen.
Die Entrüstung ist berechtigt; die heutigen
„schlechten Zeiten" haben nicht zuletzt ihren Grund
in dem Umstande, daß viele Tausende von
Rentnern, die aus den Ertrag ihrer Werthpapiere
angewiesen sind, um den Genuß der Zinsen von
einem Theile ihres Kapitals geprellt, sich nun
bedeutend einschränken müssen.
Es wäre gewiß sehr zahlreich und würde über
die Zustände in unserem Börsen- und Emissions-
lesen so Manchem die Augen öffnen, wenn eine
Enquete, diesmal aber eine ernsthafte, veranstaltet
vÄrde, um nachzuforschen, welche Volkskreise es
sind, auf die die Verluste bei „Griechen", „Argen-
tiniern" u. s. w. sich vertheilen. Man wird an-
vehmen dürfen, daß nur oder doch vorzugsweise
das Privatpublikum daran partizipirt. So wäre
ks denn, ganz abgesehen davon, daß die gegen'
Griechenland gerichtete Entrüstung vollauf berech-
tigt ist, in der Ordnung, wenn die Entrüstung
des deutschen Publikums, das hier wieder einmal
geprellt ist, sich in erster Linie gegen die Emisi
sionsbanken und gegen die Börse richtete,
^äme bei dieser Entrüstung vielleicht auch nicht
diel mehr heraus, als aus der gegen Griechenland
tsindgethanenen, so würde doch Aussicht vorhanden
jdin, daß derlei Beutelschueidercicn für die Zu-
luft unmöglich gemacht würden, und daß die
Emissionsbanken nicht bei besseren „Konjunk-
turen" wieder einmal durch einen guten Wurf
fkotischer „Werthe" auf den deutschen Markt ihr
Schäfchen ungestraft scheeren lassen.
. Wer gefälschte Nahrungsmittel verkauft, wer
durch falsche Vorspiegelungen sich Vermögensvor-
Mile verschafft, ist strafbar und haftpflichtig. Wer
^chinucksachen aus Gold feilhält, muß sich die
^taatskontrolle gefallen lassen; der Milliarden
dsusetzende Emissionsverkehr ist an solche Schranken
dicht gebunden. Unsere „Finanzaristokratie" wird
'dM meist mit Recht als geschästsersahren und
Weitblickend gerühmt; unsere Börsen vereinigen
^geblich die „feinfühligsten" Knlturelemcnte.
Zie verborgene Knnö.
Kriminal-Roman aus der neuesten Zeit
von E. von der Have.
(Nachdruck verboten.)
1. Kapitel.
Erstickt?
k Ein Schrei, der gellend das Haus durchhallte,
duv noch ein zweiter, — Thüren wurden auf-
d zugeschlagen, eilige Schritte hasteten über Kor-
r °re und Treppen; stockende Stimmen schwirrten
j^cheinander und — weit auf flogen die Fenster
. Parterre, während zugleich die Hausthür heftig
yr merissm ward und ein Mann, trotz des scharfen
Abwindes barthäuptig, auf die Straße stürzte.
„ »Es ist bestimmt in Gottes Rath, daß man
'd Liebsten, das man Hot, muß scheiden!"
Eine Gesellschaft, welche, dies wehmutsvolle
ein, Rftdnelsohn'sche Lied singend, eben die Straße
H ^Ug gekommen war, hemmte den Schritt. Das
ej i^ßen der Fenster, das fluchtartige Herausstürzen
Menschen aus dem Hause, vor allem aber der
sr '^nde, starke Gasdunst, der durch die offenen
h ü"r in die Nachtluft hinausströmte, das alles
bm allerdings nicht wenig auffällige Erscheinungen,
.st die Aufmerksamkeit der an das Außer-
^tlichste gewöhnten Großstädter zu erwecken.
berühr Gesang war mitten in der Strophe jäh
s» ^k"mt. Die Gesellschaft stand sogar sprachlos,
deutlich vernehmbar ward, was drinnen in
" Hause gesprochen wurde.
»Gott, Gott, ist es möglich?" Es war eine

WM- Telephon-AnfchLutz Nr. t«2. -MU

Gleichwohl werden durch deren Vermittelung und
Anpreisung Emissionen von Papieren in die Wege
geleitet, die nach kurzer Zeit als schlecht sich er-
weisen und deren Kurs, nachdem die Emissions-
banken das „Geschäft" gemacht haben, sinkt.
Soll denn solchen auf Täuschung berechneten
Unternehmungen das Publikum noch weiter schutz-
los preisgegeben werden? Sind die Emissions-
häuser nicht vorsichtig oder nicht gewissenhaft
genug, um schlechte Werthpapiere von dem deut-
schen Markt, auch wenn hoher Gewinn winkt,
sernzuhalten, so müssen Maßregeln getroffen wer-
den, das Publikum zu schützen. Jeder Geschäfts-
mann ist für die vertragsmäßige Qualität, für
die Güte der Waare haftbar, weßhalb soll der
mit dem baaren Gelde Handel treibende Bankier
nicht für die Güte des Werthpapieres, das er
anpreist, haftbar gemacht werden?
Spräche man die gesetzliche Haftbarmachung
bei solchen Geschäften aus, so würden die Emis-
sionsbanken „vorsichtiger" Verfahren und so er-
hebliche Verluste, wie sie neuerdiugs an „Argen-
tiniern", „Griechen" und „Portugiesen" zu be-
klagen waren, würden kaum Vorkommen können.
Die Emissions-Konsortien oder die einzelnen
Emissionsbanken sollten also durch Unterschrift
auf den von ihnen emittirten Papieren eventuell
solidarisch für Verluste an Kapital und Zinsen
regreßpflichtig gemacht werden. Sie haben dann
unzweifelhaft das Recht, bei den Anleihen kontra-
hirenden Staaten oder Banken Rückdeckung zu
suchen, so daß sie auf jeden Fall gesichert wären.
Das würde unseres Erachtens zum Schutze
des Privatkapitals gegen börsenmäßige Aus-
beutung genügen. Möglich, daß solche Maßregeln
das „Geschäft" erschweren würden; allein das
wäre nicht vom Uebel. Gewiß würde heute
mancher Inhaber von „Griechen" erfreut sein,
wenn das „Geschäft" mit dem halb bankerotten
Staate damals überhaupt nicht zu Stande ge-
kommen wäre._ _
Deutsches Neich.
Berlin, 7. August.
— Der „Vorwärts" thcilt ein Rundschreiben
des Vereins der Berliner Brauereien an
Berufsgenossen in Süddeutschland, nament-
lich in München, Hof, Fürth, Nürnberg, Er-
langen und Würzburg mit, worin diese anfge-
fordert werden, die Bierlieferungen au die boh-
kottirende Sozialdemokratie einzustellen, damit der
im Interesse des gesammten deutsch n Brauge-
werbes geführte Kampf nicht unnöthig erschwert
und verzögert werde. In einem gleichen Falle
würden auch die süddeutschen Brauereien von den
hiesigen unterstützt werden.
— Die deutschen Zuckerinteressenten wenden

tiefe Männerstimme, die die Wvrte stöhnend aus-
stieß. „Todt — todt!"
Ein schwerer Fall folgte, als wenn ein Körper
zu Boden sank. Hastige Schritte mehrerer Per-
sonen, dann eine weibliche Stimme:
„Herr Volkheim, Herr Volkheim, kommen Sie
doch zu sich, — o, Himmel, er ist ohnmächtig ge-
worden !"
Gemurmel, unverständliches Flüstern entstand
jetzt. Man schien den Bewußtlosen aufzuheben und
sich um ihn zu bemühen.
Leise tauschte die Gesellschaft unter dem Fenster
diese Meinung untereinander aus.
„Hallo, was geht denn hier vor?"
Mit diesen Worten schritt ein Mann mit bis
unter das Kinn zugeknöpftem Rock auf das Haus
zu. Niemand hatte sein Herannahen bemerkt;
seine Frage schreckte alle gleichsam auf.
„Es scheint ein plötzlicher Todesfall eingetreten
zu sein!" meinte ein älterer Herr, der der Haus-
treppe am nächsten stand.
„Hm, das wollen wir schon sehen!" sagte der
Zugeknöpfte. Damit stieg er bereits die Treppe
hinan und trat durch die offen gebliebene Haus-
thür ein.
Die nach der Straße zu offenen Fenster zeigten
ihm die Richtung an, die er nehmen mußte. In
der nächsten Minute stand er auf der Schwelle des
Gemachs, aus welchem der erstickende Gasdunst in
die Nacht hinausströmte.
Noch halte ihn keiner der im Zimmer An-
wesenden bemerkt. Mit einem Blick übersah er die
ganze Situation.
Es brannte kein Licht in dem Raum, aber die

sich energisch gegen den von den Vereinigten Staaten
Nordamerikas geplanten Zuckerzoll. Der Vor-
stand des Ostpreußischen Landwirthschaftlichen Zen-
tralvereins richtete an den Reichskanzler eine Ein-
gabe, worin ersucht wird, der in den geplanten
Zöllen liegenden differentiellen Behandlung Deutsch-
lands gegenüber den höhere Ausfuhrprämien zahlen-
den Ländern Frankreich und Oesterreich entgegen-
zutreten und dieser den Grundsatz der Meist-
begünstigung verletzenden Wirthschaftspolitik der
Vereinigten Staaten gegenüber die Interessen der
deutschen Landwirthschaft mit allem Nachdruck zu
wahren.
Wilhelmshaven, 5. Aug. Der Kaiser traf
gestern Abend 11 Uhr 45 Min. mit de i> Hof-
zug ein und begab sich an Bord der Pacht „Hohen-
zollern", die in der Hafeneinfahrt lag. Heute
Morgen kurz nach 8 Uhr trat der Kaiser mit
der „Hohenzollern", welcher der Kreuzer " Prinzeß
Wilhelm" folgte, die Reise nach Cowes an.
Halle, 6. Aug. Der Rektor der Friedrichs-
Universität, Professor Bey schlag, richtete ein
Dankestelegramm au den Kaiser, in
dem es heißt! Die Universität spreche ihren tief
empfundenen Dank aus für die reichen, ergreifen-
den Zeichen königlicher Huld, wie Gewährung
der Festdotation, Bildniß des Kaisers, Entsendung
eines herzlich theilnehmenden Stellvertreters, vor
allem für die hochherzige ermuthigende königliche
Botschaft. Liebe, Dankbarkeit und Verehrung des
Hohenzollern-Hauses, welchem die Friedrichs-Uni-
versität Dasein und Blüthe verdanke, sei der
Grundton der Feier gewesen unter Zustimmung
Deutschlands und des Auslands.
Ausland.
Wien, 5. Aug. Eine Abordnung der rus-
sischen Batterie Nr. 1 der 7. reitenden
Artilleriebrigade ist heute aus Anlaß des Todes
des Erzherzogs Wilhelm aus Warschau hier ein-
getroffen und hat einen prachtvollen Kranz am
Sarge des Erzherzogs niedergelegt. Die Abord-
nung des preußischen Feldartillerieregiments Nr.
1 ist heute in die Heimath zurückgereist.
Wien, 5. Aug. Die „N. Fr. Presse" ver-
öffentlicht den Inhalt einer Unterredung mit dem
politischen Reise-Berichterstatter der „Nowoje
Wremja", Old Gentleman, der sich gegen-
wärtig in Wien aufhält. Derselbe sagte, seine
Entsendung nach Bulgarien sei nicht ohne Zu-
stimmung des russischen Auswärtigen Amts er-
folgt. Bulgarien sei ein wohlgeordneter Staat,
in dem sogar musterhafte Ordnung herrsche. Bei
der Erörterung der Gründe, welche den Sturz
Stambulows herbeiführten, hob Old Gentleman
hervor, in Bulgarien gebe es keine Russophilen
in dem Sinne, daß Bulgarien an Rußland aus-
Kandelaber über der Haustreppe, außerdem die
Straßenlaterne gerade dem letzten Fenster gegenüber
am Trottoir, erhellten den Raum hinreichend, um
ihn alles erkennen zu lassen.
Und mit Falkenblick sahen seine Augen alles.
Sie sahen ic regungslose Frauengestalt in dem Sessel
dort und deren wachsbleiches Gesicht, daraus die
Augen weit geöffnet ihn gerade anzustarren schienen.
Sie sahen auf einer Ottomane am Fenster hinge-
streckt den dunkelbärtigen Mann, um den mehrere
Personen sich beschäftigten, und sie richteten sich
prüfend und forschend sekundenlang auf jede dieser
Personen. Der ungewisse Schein des hereinfallen-
den Lichtes ließ dieselben mit Genauigkeit nicht er-
kennen, aber so viel sah der immer noch unbe-
merkte Beobachter doch, daß es ein grauköpfiger,
alter Mann in der Dienerlivree eines vornehmen
Hauses, ein junges Mädchen in voller Salontoilette
und eine anscheinend ältere Frau mit dunkler Schutz
brille waren, welche sich um den Daliegenden be-
mühten.
„Er kommt zu sich!" sagte diese leqtere eben
jetzt. „Der Schreck bat ihn nur betäubt!"
Das junge Mädchen, wie auch der grauköpfige
Diener antworteten nicht, aber der Mann an der
Thür konnte sehen, welche Seelenangst sich auf den
Zügen der Ersteren malte, welches tiefe Mitleid
des Graukopfes Gesicht ausdrückte.
Hastige Schritte die Treppe herauf und dann
über den Flur ließen ihn sich in der nächsten Mi-
nute schnell zurückwenden.
Der junge Mensch, der vorhin in so wilder
Eile aus dem Hause gestürzt war, kehrte eben in
der Begleitung eines eleganten jungen Herrn zurück.

geliefert werden wolle. Von einer Wiederher-
stellung des russischen Einflusses in Bulgarien
könne keine Rede sein. Auch das gegenwärtige
Ministerium und selbst Karawelow strebten nicht
die Schmälerung der Selbständigkeit Bulgariens
an. Prinz Ferdinand selbst sei zu Zugeständnissen
an Rußland bereit, soweit dadurch seine Ehre
nicht berührt werde.
Paris, 6. Aug. Soeben begann der Prozeß
gegen 30 Anarchisten, die angeklagt sind wegen
Verbrecher-Genossenschaft. 25 erschienen, darunter
Teneon, Jean Grave, Sebastien Faure, Ortiz Matha,
meistens Theoretiker der Anarchie. Auch 4 Frauen
sitzen auf der Anklagebank. Die Angeklagten wurden
in Handfesseln in den Saal geführt. 25 Advokaten
sitzen auf der Vertheidigungsbank. Dayras ist
Präsident. Der Justizpalast ist von einer großen
Wache besetzt.
Paris, 6. Aug. Der französische Reisende
Dutreuil de Rhins ist in Tibet ermordet
worden. Der französische Gesandte in Peking ver-
langte die Auslieferung der Leiche des Ermordeten
und der Papiere der Expedition.
London, 5. Aug. Wie Reuters Bureau er-
fährt, findet zwischen Beamten der chinesischen
Gesandtschaft und den Vertretern einer be-
kannten Geschütz fabrik ein reger Verkehr statt.
Es werden Verträge für große Lieferungen von
Kriegsbedarf für China abgeschlossen.
Petersburg, 5. Aug. Der politische Bericht-
erstatter der „Nowoje Wremja", „Old Gentleman",
schickt seinem Platte brieflich den Inhalt der
folgenden, ihm in Konstantinopel gestrichenen Tele-
gramme: Im Kreise dortiger bulgarischer Emigranten
sei ein in Sofia und Philippopel sehr sympathisch
aufgenommener Plan entstanden, demzufolge sich
Bulgarien an die russische Regierung mit der
Bitte wenden solle, der Bulgarien schädlichen Ent-
fremdung durch Anerkennung des Fürsten Ferdinand
ein Ende zu machen. Schon in Sofia börte Old
Gentleman von dem Plan dieser Adresse, doch be-
rührte ihm gegenüber kein offizieller Politiker den-
selben. Wahrscheinlich wissen die besonnenen und
erfahrenen Männer unter den bulgarischen Politikern
ganz genau, daß der Zar darauf gar nicht reagiren
würde, da seine Abneigung gegen den Koburger
ebenso heftig ist wie ehedem seine Antipathie gegen
den Battenberger. Als Motive sollen in der Adresse
angeführt werden: Bulgarien habe sich an den
Koburger gewöhnt, das ganze Volk stehe für ihn
ein: seine Beseitigung würde zweifellos neue poli-
tische Wirren zeitigen, denen man mit Besorgniß
entgegensehe. Die Adreßschmieder besorgen eine
Diktatur oder die Einmischung eines fremden
Staates, falls der Koburger entfernt würde; zweifel-
los werde die Adressenfrage in Volksversammlungen
angeregt werden. Förderer des Planes seien vor-
Der erstere trug dieselbe Livree wie der Graukops
im Zimmer; sein Begleiter verrieth in seinem ganzen
Wesen und Aeußcrn den Arzt.
Ohne ein Wort folgte er seinem Führer auf
dem Fuße und beide schritten an dem Beobachter
an der Thür vorbei, ohne denselben mit einem Blick
nur zu streifen. ,
Der junge Arzt legte Hut und Handschuhe auf
einen Seitentisch und näherte sich der Frauenge-
stalt im Sessel.
»Licht!" befahl er kurz, g-g-n den jungen
Diener gewandt.
Dieser zog mit offenbar zitternder Hand den
Kronleuchter inmitten des Raumes herab und zün-
dete die Flammen an. Im nächsten Moment er-
füllte eine Lichtflutb das Zimmer. Ein Stöhnen
von der Ottomane her ließ sich vernehmen. Der
dunkelbärtige Herr öffnete eben, zum Bewußtsein
zurückgekehrt, die Augen, und schmerzend traf die-
selben die Lichthelle. Mit einem Aufstöhnen schloß
er die Lider wieder.
Das junge Mädchen hatte sich von jh^i ge-
wandt. In einer Erwartung, die jeder Beschreibung
spottet, richteten ihre Augen sich auf jene andere
Gruppe in dem Gemach.
Mit Enttäuschung sah sie, daß es nicht der
alte Hausarzt war, der sich um die regungslose
Frauengestalt im Sessel beschäftigte. Das Gesicht
desselben war ihr fremd, aber in nichts verminderte
das die fieberhafte Unrube, mit der sie unverkenn-
bar auf seinen Ausspruch harrte; — so mag der
Unschuldige, gegen den die grausamen Verhältnisse
vernichtend sprechen, sein Urtheil erwarten, welches —
nach diesen Verhältnissen — ihn zerschmettern muß.
 
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