Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

DOI Kapitel:
Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 4. August)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44556#0110

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
werden um's Leben gebracht. Es war daher nm
zu erwarten, daß die nächsten Verwandten des
koreanischen Hochverräthers Kimokkiun, der vor
einiger Zeit in Shanghai von einem Landsmann
ermordet wurde, ein ähnliches Schicksal theilen
würden. Aus Korea geht nun dem „Ostasiat. A."
die Nachricht, zu, daß der Vater Kim's, über 60
Jahre alt und seit etwa 20 Jahren blind, vor
einigen Wochen in Chyonan gehängt wurde. Die
Frau Kim's und seine Tochter, 17 Jabre alt, sind
ins Gefängniß geworfen worden; da aber das
koreanische Gesetz die Todesstrafe in Fällen von
Frauen nicht zuläßt, so werden sie wohl ihr Lebe-
ianq im Gefängnisse zubringen müssen._
Aus Wuy und Aern.
- Mannheim, 31. Juli. Am vergangenen
Sonntag feierte der Ortsverband deutscher Gewerk-
vereine "Mannheim sein 14jähriges Stiftungsfest
in den Lokalitäten des Badener Hofes. Zahlreich
besucht, besonders von auswärtigen Vereinen, wir
nennen Eberbach, Rohrbach, Handschuhsheim, Viern-
beim, Käferthal, Waldhof Neckarau, Neustadt a. d.
H., Worms, Heidelberg, begünstigt vom schönsten
Wetter verlief das Fest in prächtiger Weise. Die
guten Vorträge der Kapelle Metzger, sowie des
Sängerklubs des Arbeiterfortbildungsoereins fanden
reichen Beifall. In der Festrede beleuchtete das
Gcwerkoereinsmitglied Herr Gleichauf in trefflicher
Weise die gegenwärtigen wirthschaftlichen Kämpfe
und erläuterte die Wege, auf denen die Gewerk-
vereine glauben, Abhilfe treffen zu können. Der
allgemeine und langanhaltende Beifall, den seine
Ausführungen fanden, bewies, daß Redner es ver-
stand, die Anwesenden zu fesseln und daß er das
Richtige getroffen hatte. Erwähnt sei noch die
herzliche Ansprache des Herrn Hort, sowie ein Pro-
log vorgetragen von Frl. König. Eine gemüthliche
Tanzunterhaltung hielt die Theilnehmer bis zur
frühen Morgenstunde beisammen. Die hiesigen
Gewerkvereine können mit Befriedigung auf dieses
Fest zurückblicken.
* Karlsruhe, 30. Juli. Ein alleinstehender,
geistesschwacher, in der Stefanienstraße wohnender
alter Herr wurde seit etwa ^4 Jahren von zwei
jetzt 15 und 13 Jahre alten Mädchen des östlichen
Stadttheils, welche unbemerkt von Dritten bei dem
Herrn verkehrten, um namhafte Geldbeträge bestohlen
und betrogen. Zunächst entwendeten sie demselben
den Betrag von 15 Mk. und wurden dann, da sie
die Geistesschwäche des Mannes bemerkten, immer
dreister, so daß die demselben in gewissen Zwischen-
räumen unter allen möglichen Umständen abgeschwin-
delten Beträge immer ansehnlicher wurden, bis
sie nach und nach die Summe von nahezu 12 000
Mk. erreichten. Theils wegen Beihilfe, theils wegen
Urkundenfälschung und Hehlerei sind lt. „Bad.
Ldsztg." 7 Personen, Eltern und Bekannte der
beiden Mädchen, in Haft genommen; mehrere der
Betbeiligten sind noch flüchtig.
* Wiesenthal, 30. Juli. Die gestrige Fahnen-
weihe des Gesangvereins dahier war von 28 Ge-
sangvereinen aus den Bezirken Bruchsal, Bretten,
Karlsruhe, Wiesloch, Schwetzingen, Mannheim und
Speyer in der Gesammtstärke von etwa 800 Per-
sonen besucht. Dieselbe verlief in bester Ordnung
und war vom schönsten Wetter begünstigt.
* Offenburg, 28. Juli. Es zeigt sich nun,
daß die Regenzeit vor 14 Tagen nicht ohne nach-
theilige Folgen für die Reben geblieben ist. Von
den so reichlich vorhandenen Trieben sind viele
abgefallen und es zeigen sich Anfänge der Blatt-
fallkrankheit, so daß das Spritzen dringend emp-
fohlen wird. Andererseits sieht an manchen Orten
man an Reben eine ganz ungewöhnliche Menge
von Trauben, so daß doch noch auf guten Ertrag
zu hoffen ist.
* Offenburg, 30. Juli. Auf dem Rebgut
des Herrn Franz Walter in Ortenberg befinden
sich schon weiße reise Trauben — gewiß für die
jetzige Jahreszeit eine Seltenheit.
* Freiburg, 30. Juli. In der Nacht von
gestern auf -heute fand man vor der Karlskaserne

auf dem östlichen Trottoir einen Soldaten, entkleidet
in seinem Blute liegen. Wie sich herausstellte war
es ein Tambour, Gefreiter der 9. Komp., der aus
dem 2. Stock gestürzt war. In Folge des erlittenen
Schädelbruches ist der Verunglückte heute Morgen
halb 6 Uhr gestorben. Ein Grund zu einem
Selbstmord oder zu einer selbstverschuldeten Fahr-
lässigkeit ist kaum anzunehmen, da der Gestorbene
als braver besonnener Soldat bei seinen Vorgesetzten
bekannt war. — Ein Theologiestudirender Namens
Z. von hier soll letzten Samstag beim Baden in
einem Weiher in Endingen ertrunken sein. Die
Leiche wurde hierher überführt.
* Villiugen, 30. Juli. Wegen Kassenrest
und Urkundenfälschung wurde der Gcmeindepfleger
Jäckle von Mönchweiler verhaftet und ins Amts-
gefängniß dahier eingeliefert. Ein unvermutheter
Kaffensturz hat die strafbaren Handlungen zu
Tage gefördert.
* Aus Vaden, 31. Juli. Bürgermeister Zech
von Weingarten wurde am 29. d. M. einstimmig
wiedergewählt. — Geistlicher Rath Kutruff in
Kirchen feiert am 31. August sein 50jähriges
Priesterjnbläum. — In Bürgeln brannte das
Anwesen von Stabhalter Hilpert völlig ab. Auch
einige Schweine sind verbrannt. H.' ist mit Fünftel
und Fahrnissen versichert. — In Triberg
wurde der Friedrich Hockenjos von Brigach ein-
geliefert- — Ueber die Säckinger Gegend ging
am 29. d. Mts., Abends, ein schweres Hagel-
wetter nieder. — Steueraufseher D. inHeili gen -
.berg hat sich erhängt. — Der Fabrikarbeiter
Ernst Gerwig in Schopfheim ist einem Stich
erlegen, den ihm vor acht Tagen ein in Maul-
burg wohnhafter Bayer versetzt hatte. Der Thäter
ist verhaftet. — Postbote Graner in Hugstetten
wurde wegen Verdachts der Unterschlagung ver-
haftet. — Kronenwirth R. in Denzlingen
wurde von seinem tobsüchtigen Stiefvater in den
Oberschenkel gestochen. — Bei Belling en wurde
im Rhein die Leiche einer etwa 25 Jahre alten
Frauensperson geländet. — Dem 40 Jahre alten
verheiratheten Rangierarbeiter von Schutter-
wald wurde in Offenburg ein Fuß gequetscht
und verdreht. — Die Ehefrau des Sägebesitzers
Aug. Philipp in Zell fiel in Folge Bruchs eines
Brettes vom Heuboden auf die Tenne und erlitt
innere Verletzungen.
" Ulm. 30. Juli. Die gelben Dragoner in
Ulm und die rothen Ulanen in Stuttgart tauschen
in diesen Tagen ihre Garnisonen. Wie nun die
Ulmer Schnellpost mittheilt, haben sich auf das
Jakobiziel (25. Juli), gleichzeitig mit dem Abmarsch
ihrer gelben „Schätze", 120 weibliche Dienstboten
mehr abgemeldet, als sonst auf diesen Tag. Die
meisten gehen nach Stuttgart. Viele trugen Sträuß-
chen von Kornblumen und gelbe Rosen, die Farbe
des Regiments.
* Simbach, 27. Juli. .(Gaunerstreich.)
Gestern Morgen gegen halb 4 Uhr entstand indem
etwa fünf Minuten von Brauüau (Oesterreich) ent-
fernten großen Holzlager des Holzhändlers HkM
Ortner in Braunau ein Brand, der jedoch sofort
gesehen und durch die Nachbarschaft, sowie die
Feuerwehr Braunau, obwohl wenig Wasser vorhanden
war, verhältnißmäßig rasch gedämpft wurde. Etwa
12 Ster Holz wurden ein Raub der Flammen.
Mit welcher Raffinirtheit seitens des oder der
Brandstifter, die an Gemeinheit nichts zu wünschen
übrig läßt, vorgegangen wurde, beweisen die an
fünf Stellen vvrgenommenen Brandlegungsversuche.
Zu diesem Zwecke waren aus verschiedenen Holz-
stößen Scheite herausgezogen worden, in die da-
durch entstandenen Oeffnungen wurden mit Pe-
troleum getränkte und mit Wagenschmiere bestrichene
Späne gelegt und auf diese brennende Wachskerzen-
stumpen gesteckt. Diese Zündvorrichtungen waren
derart geschickt vertheilt, daß, falls sie nicht recht-
zeitig entdeckt worden wären, wohl das ganze, große
viele tausende Klafter Brennholz umfassende Lager
unfehlbar verloren gewesen wäre, zumal in der
Nähe nicht genügend Wasser vorhanden ist. Welch
großes Unglück schließlich bei heftigem Winde für

Braunau hätte entstehen können, ist leicht begreiflich.
Von den Thätern hat man noch keine Spur-
Möchte der Gendarmerie die Ausfindigmachung ge-
lingen, damit die Gauner einer exemplarischen
Strafe anheimfielen!
* Augsburg, 30. Juli. Am gestrigen Sonn-
tag wurde wieder eine blutige Unthat verübt.
In einer Vorstadt-Wirthschaft an der Donau-
wörtherstraße mußten 3 Brüder, welche als wilde
Burschen gefürchtet sind, wegen des Unfugs den
sie trieben, ausgewiesen zu werden. Sie versteckten
sich hierauf hinter der Kegelbahn, und als die
beiden Schutzleute, durch welche sie hinausgeschaft
worden, aus der Wirtschaft heraustraten, fielen
sie über dieselben her und bearbeiteten sie mit
Messern derart, daß der eine Schutzmann, welcher
je einen Stich in die Brust und in den Rücken
und gefährliche Schnittwunden am Arme erhielt
und sehr viel Blut verlor, in das städtische
Krankenhaus verbracht werden mußte. Verändere
Schutzmann, welcher auch mehrere Verwundungen
erlitt, konnte sich noch in seine Wohnung begeben.
* Berlin, 30. Juli. Heute Vormittag wurden
in den Koncordia-Festsälen die Verhandlungen der
13. Wanderversammlung des deutschen Tapezierer-
bundes eröffnet. Anwesend waren 48 Delegirte
und 31 Theilnehmer, die 19 Innungen mit 1619
Mitgliedern vertreten. Der Bund umfaßt 38 In-
nungen mit 1920 Mitgliedern und außerdem 20
Einzelmitglieder. Nach Erstattung des Geschäfts-
berichts und Feststellung des Haushaltsplanes für
die beiden nächsten Jahre auf 2950 Mk. begannen
die eigentlichen Berathungen zunächst mit Aende-
rung der Statuten der Sterbekasse des Bundes.
Die mit der Versammlung verbundene Ausstellung
ist auch für den Laien sehr interessant und wurde
gestern gut besucht. Sie ist auch von auswärtigen
Firmen (Holland, China) beschickt und weist über
100 Nummern auf.
* V^nn, 80. Juli. Bei Oberkassel ertrank
gestern Abend beim Baden im Rhein ein junger
Mann aus Dollendorf. Als er mit den Wellen
kämpfte, eilte ihm eine Gefährte zu Hilfe, wurde
aber von dem Untergehenden mit in die Tiefe ge-
zogen. So fanden die beiden jungen Leute, 16
und 18 Jahre alt, ein vorzeitiges Grab.
WermifchLes.
— Eine große tnrnerische Leistung aus
Anlaß dos Deutschen Turnfestes in Breslau wird
erst nachträglich bekannt. Ein Berliner Turner ist
von hier nach der Feststadt Breslau zu Fuß ge-
wandert und hat den 46 Meilen langen Weg in
7 Tagen zurückgelegt. Die stramme Leistung eines
täglichen Marsches von 6^/2 Meilen hat in
turnerischen Kreisen große Anerkennung gefunden
und dem dauerhaften Läufer zu Ehren wurde in
Breslau eine besondere Festkneipe abgehalten.
— Wenn stille Zeit ist! Georg Kindermann
hat sich einen Kaufladen eingerichtet und wartet
auf Kunden. Es ist stille Zeit, und bis zum
Abend hat er den erfreulichen Besuch folgender
Kunden zu verzeichnen: Ein Fremder verlangte das
Adreßbuch. — Ein Mann ersuchte, ihm einen
Hundertmarkschein zu wechseln. — Ein Junge
wünschte Schwefelhölzchen abzusetzen. — Ein Un-
fallversicherungsagent erschien und entfaltete seine
gcn ze Beredsamkeit. — Ein Kassenbote trat ein
und verlangte, daß Georg einen Wechsel decke. —
Ein junger Mann erschien mit der Bitte, Georg
möchte einen kleinen Beitrag für ein Frauenheim
zeichnen. — Dann machte ein Bücher-Kolporteur
seine Aufwartung. — Nach ihm kam ein Freund,
der ein kleines Darlehen wünschte. — Georgs
Schneider. — Noch ein Freund, der um kleines
Darlehen bittet. — Ein Weib erkundigt sich, ob
Herr Hasenpfeffer im dritten Quergebäude vier
Treppen wobnt. — Wieder ein Freund, der Georg
dringend bittet, ihm fünf Mark bis zum Sonn-
abend zu pumpen. — Ein Nachbar gegenüber
wünscht das Telephon zu benutzen. — Ein Junge
bittet um das Kursbuch für Herrn Wernike neben-

an. — Ein Mann fragt, ob nicht ein Herr Schwarze
im Hause wohne. — Die Scheuerfrau, welche ihre
Abendaufwartung absolviren will. — Und draußen
in der Vorstadt wartet inzwischen eine niedliche
Blondine und grübelt traurig darüber nach, warum
Georg noch immer nicht mit seinem Heirathsantrag
herausrückt.
— Warnung an deutsche Mädchen. In
einer Anzahl deutscher Zeitungen war vor einiger
Zeit folgendes Inserat zu lesen: Im Palais d'Or
zu Antwerpen werden für die Dauer der Ausstellung
50 hübsche Damen als Verkäuferinnen gesucht.
Monatsgehalt 3000 Franks und 10 pCt. Provi-
sion vom Verkaufe. Die schönste Dame erhält eine
Prämie von 5000 Franks. Bewerbungen mit
Photographie sind zu richten an den Generalagenten
Walter, Static-Straat 21. Antwerpen." Die Ant-
werpener Polizei, auf dieses Inserat aufmerksam
gemacht, stellte fest, daß dort ein „Palais d'Or"
ebensowenig eristirt, wie eine „Generalagentur
Walter." Das Individuum welches unter diesem
Namen inserirte, ist ein Deutscher aus Köln und
wohnt in einem verrufenen Stadtviertel von Ant-
werpen. In der Static-Staat Nr. 21 hatte der
Halunke nichts weiter als einen Briefkasten gemiethet
aus welchem er täglich Hunderte von eingelaufenen
Bewerbungen abholte. Mit den Photographien
machte er die Runde in allen schlechten Häusern
und verflichtete sich, gegen Zahlung einer gewissen
Gebühr die gewünschten Mädchen „zu liefern".
Es läßt sich gar nicht kontroliren, wie viel deutsche
Mädchen auf solche Weise in den Höhlen ver-
schwunden sind. Die Polizei hat den verruchten
Mädchenhändler sofort verhaftet und eine umfangreich
Untersuchung angestellt.
— De« armen Grazer Studenten soÜ sich
zu all den Examensnöthen noch eine unheilvolle
neue gesellen. Der Ausschuß der Schneiderge-
nossenschaft in Graz hat nämlich, dem N. W. T.
zufolge, den Beschluß gefaßt, an den akademischen
Senat eine Petition zu richten, daß den vor den
Examen stehenden Studirenden, die ihre Schneider-
rechnung nicht bezahlt haben, entweder das Ab-
gangszeugniß oder der Doktorgrad verweigert werde.
— Eine sonderbare Postkarte, ein Unikum
in ihrer Art, soll dem Postmuseum in Berlin über-
wiesen werden. Die Karte ist nicht aus Papier
oder Karton, sondern — aus Baumrinde. Der
Absender, der bekannte Maler und Amerikareisende
Rudolf Cronau, der sich zur Zeit auf einer Fuß-
reise in Kanada befindet, hat von der Rinde eines
Baumes ein postkartengroßes Stück abgelöst. Auf
die Vorderseite hat er ein Stück Papier geklebt und
mit der Aufschrift „Postkarte der amerikanischen
Urwaldpost" versehen; darunter steht die Adresse.
Die Rückseite enthält bas, was man bei gewöhn-
lichen Postkarten die Schrift nennen kann: eine
Reihe von Mittheilungen, die freilich nicht ge-
schrieben, sondern mittels eines scharfen Messers in
die Baumrinde eingeritzt, aber vollkommen deutlich
und lesbar sind. Diese seltsame Postkarte ist in
einer Postanstalt in Kanada — der Name ist
nicht deutlich zu erkennen, wahrscheinlich ist es
Montreal — am 14. Juli aufgegeben worden und
am 25. Juli in Straßburg richtig zur Bestellung
gelangt. Der Empfänger will die Karte dem
Postmuseum in Berlin zuweisen.
Lokale Mittheilungen
aus Stadt und Amt Heidelberg.
Heidelberg, 1. August.
* Sonderzug von Basel nach Berlin. Wir
machen darauf aufmerksam, daß der schon früher in
unserem Blatte erwähnte Sonderzug von Basel nach
Berlin über Heidelberg-Sachsenhausen am Montag,
den 13. August, zur Ausführung kommen wird. Wie
aus der auf sämmtlichen badischen Stationen ange-
schlagenen Bekanntmachung zu ersehen, werden zu diesem
Zuge von den Hauptstationen Rückfahrkarten nach
Berlin zu bedeutend ermäßigten Fahrpreisen mit einer
Giltigkeitsdauer von 4S Tagen ausgegeben, welche zur
Rückreise nicht nur über den Weg des Sonderzuges,
sondern auch über Halle-Eisenach oder Nordhausen-
Cassel oder Magdeburg-Kreiensen berechtigen. Zur
Ermöglichung einer geordneten und bequemen Unter-

der besorgten Dame auf, lehnte sich gegen den Tisch
und sagte dann sehr ernst, ohne die Augen zu
heben:
„Ich bin Dir Rechenschaft über mein wunder-
liches Benehmen schuldig, willst Du Dich setzen
und mich anhören?" Frau von Schledorn schüt-
telte bedenklich das Haupt. Solch' plötzlich melan-
cholische Anfälle in einem Augenblick, wo sie ihr
gedachte, durch das werthvolle Geschenk eine Freude
zu machen, erschien der Dame denn doch mehr als
wunderlich.
H. „Du bist wohl böse, daß ich der armen Cle-
mentine geholfen habe?"
„Oh, Gott soll mich vor solchen Gedanken be-
wahren! Es ist etwas anderes. —" Olga trat
ganz nah an die Freundin heran und flüsterte ihr
etwas in's Ohr, dann sank sie wie vernichtet auf
einen nahestehenden Sessel. Eine Weile blieb es
still in dem Gemach. Es war wohl nicht möglich,
was sie soeben vernommen, mußte einer krankhaften
Ueberreiztheit der Nerven entspringen.
„Willst Du mich wortlos vernichten, Fanny?"
fragte Olga tonlos. „Ist Deine Verachtung so
t groß
„Wenn es Wahrheit ist, was Dein Mund so-
eben auszusprechen wagte, dann — graut mir vor
Mstr, dann müssen wir scheiden. Die Tochter einer
Mliebin, die von der grauenvollen That Kenntniß
Ratte und sich trotz alledem nicht scheute, das Haus
Mner rechtschaffen denkenden Frau zu betreten ist
Meine Freundin nicht mehr! Geh, geh, ich bitte
Mich bleibe bis morgen auf Deinem Zimmer, ich
Mm Deinen Anblick nicht ertragen." Olga erhob

sich; Eiseskälte schauderte durch ihre Adern, als sie
die so liebevoll blickenden, grauen Augen so voll
zorniger Verachtung auf sich gerichtet sah.
„Willst Du mich wirklich nicht ruhig anhören?
hat Dich Dein Rechtlichkeitsgefühl, Dein: Milde
gegen Unglückliche so ganz verlassen?" bat Olga.
„Laß Dir doch alle Nebenumstände erzählen und
Du wirst andern Sinnes werden; so wahr ein
Gott über uns lebt, Du nimmst mich an Dein
Herz. Ohne einen Finger breit von der Wahrheit
abzuweichen, sollst Du erfahren, was ich gekämpft
und gerungen, wie Kindesliebe und Pflichtgefühl
mit einander stritten —"
„Höre auf", unterbrach Frau von Schledorn
das zitternde Mädchen, „und laß mich allein.
Alles, was ich für Dich noch thun kann, ist daß
ich dieses hier, nachdem die feblenden Perlen er-
gänzt sind, der rechtsmäßigen Eigenthümerin, der
Präsidentin von Hannipot, zurücksende. Meine
Liebe für Dich war so groß, daß ich dieses Opfer
willig bringe, doch damit ist es aus mit uns!"
„So reiche mir noch einmal Deine liebe Hand,
Fanny. Es ist das letzte, was von Dir erbitte",
fügte Olga dringend hinzu, als die entrüstete Frau
sich scheu zurückzog und ihren Blick abwandte.
„Deine tiefe Verachtung thut mir so weh, daß sie
schmerzt um so empfindlicher, als sie eine Unschul-
dige trifft. Ja, Fanny, lächle nur ironisch, laß
das Gift des Mißtrauens Dein Herz umstricken,
es kommt die Zeit, wo Du bereust, mir nicht willig
Dein Ohr zur ehrlichen Aussprache geliehen zu
haben." Mit unsäglich verzweifetem Gestchtsaus-
druck ließ Olga die Hand sinken, denn der Wunsch

eines letzten Abschiedsdruckes wurde ihr mit un-
begreiflicher Schroffheit versagt; wankend verließ sie
das Zimmer. Als Olga langsam schleichend die
gußeiserne Wendeltreppe, die zu ihrem Zimmer
führte, emporstieg, hörte sie, wie Fanny mit lauter
Stimme den Diener rief und lange mit ihm sprach.
Sie hörte den Namen eines Hotels nennen und
vernahm einige Befehle, die darauf hinzielten, daß
ihrer Mutter das Sündengeld tatsächlich sollte aus-
gezahlt werden. Olga lehnte den müden, schmerz-
lichen Kopf eine Weile auf das kalte Geländer.
(Fortsetzung folgt).

Meines JeuMeLon.
" Abschiedsgruß. Unter stürmischem Jubel
wurde beim deutschen Turnfest in Breslau nach
der Melodie: „Deutschland, Deutschland über
Alles!" Nachstehendes von Fedor v. Köppen ge-
dichtete Lied gesungen:
„Deutsche Turner, wollt Ihr scheiden-? Ist das Wett-
kampfspiel am Schluß?
Nehmt aus Wratislawia's Mauern ein, ,Gut Heil
zum Abschiedsgruß:
Kehrt, gestärkt an Leib und Seele, in die Gau'n die
Euch gesandt,
Sagt, Ihr fandet deutsche Herzen auch bei uns im
Schlesierland!
Grüßt die deutschen Brüder Alle, jeder Stamm fei
hochgeehrt! —
Grüß den Kaiser auf dem Throne, grüßt den Bürger
an dem Herd,
Grüßt im Nord' die freien Städte, grüßt im Süd'
den blauen Strom,
Grüßt das Wasgau, Deutschlands Westmark, und die
Stadt mit hohem Dom! —

Friese von den Nordlandsgauen, ,edler, freier"
bring' den Gruß
Deiner meerumschlung'nen Heimath von dem Nix im
Oderfluß, —
Bied'rer S a ch se, grüß' Dein Leipzig und die Städt'
im Elbethal
Von den hohen Riesenbergen und dem Berggeist Rübe-
zahl! —
Franke von dem Rheingestade mit den Burgen,
groß' und klein,
Grüß'mir Deine Rebenhügel, — .grüß' mein Lieb'
am grünen Rhein',—
Du vom Neckar, Du vom Maine und Du von der
Donau Strand,
Grüß' Dein Schwaben, grüß Dein Bayern:
Hand und Herz dem Vaterland! —
Bleibet deutsch, wo Ihr auch weilet, wo Euch Gottes
Soune scheint,
Bleibt in deutscher Lieb' und Treue immerdar und
fest vereint,
Hier die Rechte, treu und bieder, legt noch einmal
Hand in Hand,
Gott befohlen, Turnerbrüder, Gott mit unserm
Vaterland!" —
4- 4-

* (Unmöglicher Ausgleich.) Baronin:
„Welches Glück, Gräfin, daß wir gerade vierzehn
zu Tische sind." —Gräfin: „Ja, ich habe ertra
deshalb den Professor Rudolf Meyer einladen lassen."
Baronin (aufstehend): „Da bedaure ich, da sind
wir doch wieder gerade dreizehn von Adel.
* (Kasernenhofblüthe.) Unteroffizier:
„Aber Paffke, Sie machen immer so eine melan-
cholische Fratze, als ob Sie mit einer Essigflasche
aufgepäppelt worden wären. Und Sie wollen in
Heitersheim auf die Welt gekommen sein?"
 
Annotationen