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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 151 - Nr. 160 (2. Juli - 12. Juli)
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je erfahren, daß Du mich besuchtest. Jeden Tag
um die vierte Nachmittagstunde gehe ich mit dem
jungen Grafen im Park spazieren, dort will ich
Dich erwarten; nur einmal will ich meinen Fritz
in die Arme schließen, dann kannst Du mit ihm
Heimreisen."
Clara hatte damals die eingelegte Banknote auf
den Tisch geworfen, denn ihr bangte vor der weiten
Reise mit dem neun Wochen alten Knäbchen und
doch reiste sie Tag und Nacht, weil die Mutter es
gewollt. Unter dem Namen einer Frau Klein
trat sie in das Wirthshaus von Ulestein ein, Fritz
für ihren Sohn ausgebend. O, wie die Lüge auf
der reinen Kinderseele brannte, wie die Stimme
schwankte, als der fremde Name über ihre Lippen
kam! An demselben Tage noch zur bezeichneten
Stunde erstieg Cläre den Berg, Fritz auf dem Arm-
Die Mutter stand auf dem Plateau unter weit-
verzweigten Eichen und Ahornbäumen und winkte
mit einem weißen Tuch. Endlich hielt sie das
eigene Kind auf dem Arm; sprachlos schaute sie
in seine dunklen Augen, ihr Blick flog unstät von
ihrem Pflege-Befohlenen auf das eigene Kind,
während der Mund unverständliche Worte mur-
melte; dann sagte sie plötzlich mit fester Stimme:
„Geh, laß mich eine halbe Stunde allein, geh,
geh! rief sie heftig, als Cläre unschlüssig dastand,
denn das Wesen der Mutter erschreckte sie. „Dem
Buben geschieht nichts Böses, nur einmal will ich
ihn an mein Herz drücken, dann hole ich ihn
wieder ab, zieh so schnell wie möglich heim, grüße
das stille Thal und warte geduldig den Winter
hindurch, bis ich zum Frühjahr zu Euch zurück-
komme."

Cläre gehorchte. Bei ihrer Rückkehr sand sie
den kleinen Fritz mit einem Tuch zugedeckt, neben
dem dünnen Stämmchen der Hans-Ulrich-Eiche
liegen. Die Mutter war nirgends zu sehen, so
viel das Mädchen auch suchte und die Augen
füllten sich mit Thränen gekränkter Kindesliebe.
Das schlafende Kind auf dem Arm schlich Cläre
davon.
Wieder stöhnte die einsame Frau im lang-
schleppenden Sammetkleide schwer auf; die zu-
sammengesunkene Gestalt bebte, als ihre Finger
eine funkelnde Armspange berührten. Die grau-
sige Nachtseite des Lebens packte sie mit aller Ge-
walt. Vor ihrem geistigen Auge, tief, tief aus dem
Herzen heraus, erschien ein Bild des Jammers.
Der kleine Liebling, ihr teures Brüderchen, dem sie
ihre ganze hingehende Liebe geschenkt, war gestorben.
Kurz war der Kampf gewesen, bis es die lieben
lachenden Augen schloß. Schlicht, nur mit Tannen-
reisig geschmückt, stand der gebeizte Sarg auf dem
rohgezimmerten Tisch, bis die Thür der niedrigen
Hütte sich öffnete und zwei schwarzgekleidete Männer
kamen, den kleinen Weltbürger fortzutragen, um ihn
einzusarzen auf dem stillen Friedhöfe im Walde.
Cläre hatte sich damals in verzweifeltem
Schmerz auf die Erde geworfen; sie hatte ihren
Jammer hinausgeschrieen zwischen die Tannen des
Waldes. Unter den bunten Blumen der Wiese
saß sie und wand Kränze für den kahlen Grab-
hügel. Auch jetzt noch, in diesem Augenblick, sank
die stolze Frau in die Kniee, faltete die Hände
und Thränen der Erinnerung flössen über die
vollen, schönen Züge. Aber nur von kurzer Dauer
war dieses Sichgehenlassen; sie raffte sich gewalt-

vcn 280 bis 400 Mark, 7 Mastrinder, 4 im
Preis von 260 bis 380 Mark.
* Neckargemünd, 6. Juli. Vorgestern Abend
gingen zwei Tünchergesellen unmittelbar nach dem
Abendessen zum Baden an den Neckar. Einer da-
von wagte sich etwas zu weit in den Fluß, sank
unter und ward nur noch einige Augenblicke an der
Oberfläche gesehen, dann verschwand er. Da Beide
des Schwimmens unkundig waren, so war Rettung
unmöglich. Alles Suchen nach ihm blieb erfolglos.
Der Ertrunkene heißt Adam Heim, ist ein Würtem-
berger und etwa 19 Jahre alt.
' Mannheim, 6. Juli. Erschossen hat sich
beute früh in seiner Wohnung beim Neckerauer
Uebergang der 25 Jahre alte Kaufmann Ludwig
Hummel von Frankenbach, O.-A. Heilbronn. Das
Motiv des Selbstmordes dürfte in Unterschlagungen,
welche sich der junge Mann zu schulden kommen
ließ, zu suchen sein.
" Mannheim, 6. Juli. Eine in N 2
wohnende Putzmacherin gab gestern in dem Augen-
blick, als ein Gerichtsvollzieher eine Pfändung bei
ihr vornehmen wollte, zwei Revolverschüsse auf sich
ab, ohne jedoch zu treffen. In der Aufregung
verließ sodann das Frauenzimmer das Haus und
schlug den Weg nach dem Rhein ein, ver-
muthlich, um hier ihr Vorhaben zur Ausführung
zu bringen; sie wurde jedoch von Schutzleuten
unterwegs angehalten und nach dem Allgm. Kranken-
haus verbracht.
* Mannheim, 7. Juli. Gestern Mittag um
2 Nbr ertrank beim Baden im Floßhafen der 12
Jahre alte Joseph Pfister. Die Leiche wurde sofort
geländet. — Gestern wurde im Neckar (in der Nähe
von Ilvesheim) eine entkleidete männliche Leiche ge-
ländet. Ob hier Selbstmord oder ein Unglück beim
Baden vorliegt ist unbekannt. — Der sieben Jahre alte
Sohn des Schreiners Joh. Kußmann fiel von einem
Geländer im 2. Stockwerk des Hinterhauses herunter
und erlitt einen Schädelbruch. — Im Rangirbahn-
hofe wurde ein Oberschaffner von der Maschine er-
faßt und zu Boden geworfen. Doch hat derselbe
glücklicherweise nur unbedeutende Verletzungen im
Gesicht davongetragen. — Gestern Abend ^10 Uhr
schlich sich ein Haussier in eine Magdkammer des
Hauses L 4 Nr. 1, erbrach einen Koffer des Dienst-
mädchens und stahl daraus die Ersparnisse des
Mädchens im Betrage von 56 Mark. Der Dieb,
welcher flüchtig ist, hat seinen Hut, sowie seinen
Hausirkasten an dem Thatorte zurückgelassen.
* Vom Odenwald, 5. Juli. Die Handels-
leute bieten lt. „H. Ztg-" eben in kiesiger Gegend
nicht nur für Fett- sondern auch für Milchvieh ganz
enorm bohe Preise. So wurde dieser Tage in St.
eine frischmelkende Kuh für 410 Mk. verkauft die
der Besitzer im Spätjahr für 100 Mk. erworben
hat. Gewiß ein netter Verdienst für den Bauers-
mann.
' Lörrach, 3. Juli. Heute früh starb dahier
in Folge von Brandwunden die bei Henn Ober-
ingenieur Eisenlohr bedienstete Christine Bücke! von
Malterdingen. Dieselbe hatte in den Kochapparat
bei offener Flamme Ervöl nachgegossen, was eine
Erplosion verursachte. Die alte Geschichte,
* Ans Vaden, 6. Juli. In Wölchingen
brannte am 5. ds. M. früh der Dachstuhl des
Hauses des Bäckers und Kaufmanns Wilh. Hof-
mann ab.
' Rheingönheim, 5. Juli. Heute Mittag um
12 Uhr ist die Leiche des am verflossenen Sonntag
beim Baden im Rhein ertrunkenen Jean Hirsch in
unmittelbarer Nähe der Unglücksstätte von Schiffern
aus Speyer gelandet.
* Worms, 5. Juli. In der seit Jahren
außer Betrieb befindlichen Melas's-ben Fabrik entstand
gestern Abend Feuer, welches jedoch bald gelöscht
werden konnte. Der 39 Jahre alte Taglöhner
Johann Leist aus Weinsheim gestand heute ein,
den Brand angelegt zu haben, um wieder im
Zuchthaus ein Unterkommen zu finden. Leist ist
wegen Diebstahls und Brandstiftung schon bestraft.
* Otterberg (Pfalz), 5. Juli. Ein gräß-
liches Unglück passtrte heute Nacht kurz nach 12

Uhr dem Dienstknecht des Ackerers Karl Jung von
hier. Als derselbe die Pferde fütterte, schlug eines
derselben nach hinten aus und traf den Dienst-
knecht I. Stamm derart auf die Brust, daß die
Herzkammer eingeschlagen wurde, in Folge dessen er
bald darauf seinen Geist aufgab. Stamm ist ver-
heirathet, und ist seine Familie wohnhaft zu Enken-
bach.
* Mainz, 5. Juli. Nach einer kriegsministeriellen
Verfügnng wurde der einzige noch lebende Sohn
des Herrn Christoph Falk, dessen ältester Sohn vor
Kurzem durch einen Unfall bei der Felddienstübung
des 13. Husaren-Reg. von einem Nebenmann er-
schossen wurde, für immer von dem Militärdienst
befreit. Das Kriegsministerium hat dies in einem
Schreiben dem bekümmerten Vater mitgetheilt.
* Mainz, 7. Juli. Die gegenwärtig in Brom-
berg weilende Kaiserin Friedrich wird demnächst
Mainz einen Besuch abstatten. Zweck des Be-
suches ist hauptsächlich, die Kunstschätze Mainz zu
besichtigen und wird der hohen Dame hierbei Dom-
kapitular Dr. Schneider als Führer dienen.
* Vilbel, 6. Juli. Der vor einigen Tagen
wegen Sittlichkeitsverbrechen inhaftirte hiesige Ge-
schäftsmann Louis Jkles hat sich gestern Mittag
in, Gefängniß erhängt.
WennischLes.
— Das Fahrrad in den Dienst der Feuer-
wehr zu stellen erstrebte seit längerer Zeit der in
Altona stationirte Branddirektor Reichel, dem die
dortige städtische Feuerwehr bereits verschiedene vor-
treffliche Neueinrichtungen zu verdanken hat. Diese
Neuerung tritt in einigen Tagen in Thätigkeit.
Die Feuerwehr von Altona wird die erste auf dem
Kontinent sein, die sich des Rades bedient, um
die Brandstelle schneller zu erreichen. Der Brand-
direktor hat ein zweisitziges Dreirad beschafft, welches
nach seiner Angabe mit Laterne, Fackelhalter und
Signalglocke versehen wird. Dieses Fahrzeug wird
in der Remise direkt neben dem Telegrap isten
zimmer stationirt und hat bei Feuermeldung sofort
nach der Meldestelle auszurücken. Das Fahrrad
hat vor dem nachfolgenden Zuge einen Vorsprung
von mindestens einer Minute, der sich mit der Ent-
fernung vergrößert. An der Meldestelle angekommcn,
springt der Vordermann vom Rad ab und stellt
sich nach erhaltener Mittheilung, wo das Feuer ist,
an der eventuell vom nachfolgenden Zuge zu pas-
sirenden Straßenecke auf, ruft hier dem Fahrer des
ersten Fahrzeuges Straße und Hausnummer zu, wo-
durch ein möglicher Weise durch Umkehren entstehen-
der Verzug vermieden wird, und begibt sich sodann
ebenfalls sofort zur Brandstelle. Inzwischen ist der
andere Mann schon an der Brandstelle angelangt,
orientirt sich beruhigt die Hausbewohner und
hält sie nötigenfalls von Thorheiten ab. Beim
Erscheinen des Löschezuges ruft er dem Führer zu,
wo der Herd des Feuers, ob Menschen in Gefahr,
ob das Sprungtuch zu benutzen, u. s. w, daß die
Mannschaft sofort in Thätigkeit treten kann, und
wiederum eine Verzögerung der Rettungsarbeiten
vermieden wird. Zum Fahrdienst werden selbstver-
ständlich nur die intelligentesten Feuerwehrleute ge-
nommen. Noch weiter anzustellende Versuche und
die Praxis werden ergeben, ob das Fahrrad auch
noch mit Sprungtuch oder sonstigen Rettungswcrk-
zeugen oder Löschgeräthschaften auszurüsten ist.
Lokcll'e MrLLHeMmgen
aus Stadt und Amt Heidelberg.
Heidelberg, 9. Juli.
/X Evangelische Kirchengemeiudeversamm-
lung. Gestern Vormittag wurde in der Providenz-
kirchc hier eine Kirchengemeindeversammlung abgehalten,
die sich mit drei sehr wichtigen Positionen zu beschäf-
tigen hatte. Zunächst erstattete der Vorsitzende des
Krrchengemeinderaths Herr Stadtpfarrer Honig Be-
richt über die Rechnungsablage des Jahres 1892, die
ein günstiges Resultat ergab. Nach Beendigung der-
selben, die ohne weitere Diskussionen ihre Genehmigung
fand, trat Herr Stadtpfarrer Honig in den Hauptpunkt
der gestrigen Versammlung ein, nämlich „die Erwerbung
eines Bauplatzes für eine Kirche im westlichen Stadt-
theil." Er erörterte zunächst die unumgängliche Be-

dürfnißfrage und erneuerte abermals die Vorlage des
Jahres 1890, die infolge Nichtannahme der Ein-
führung einer örtlichen Kirchensteuer von der Kirchen-
gemeindeversammlung damals abgelehnt worden war.
Nachdem sich nun inzwischen ein Fond gefunden und
die Einführung der Kirchensteuer auch zu anderen
erforderlichen Ausgaben eine unbedingte Nothwendigkeit
geworden war, sei infolge der stetigen Zunnahme der
Bevölkerung im westlichen Staottheil die heute schon
über 5000 evangelische Seelen zähle, und infolge der
unzureichenden Räumlichkeiten in der Turnhalle des
Schulhauses lll, die Erbauung einer Kirche in nicht
zu ferner Zeit ein zweifelloses Bedürfniß geworden. Der
Bauplatz der Kirche, der von dem Kirchengemeinderath
vorgeschlagen, und zu dessen Erwerbung bereits der
Entwurf eines Kaufvertrags mit der Firma P. I. Land-
fried, vorlag, begrenzt im Norden die Wilhelmstraße, im
Süden die Zähringerstratze, im Westen die Römerstraße
und im Osten das Landfried'sche Gelände. Der Ge-
sammtflächeninhalt beträgt 4407,30 und der Kaufpreis
41076,03 Mark, wodurch der Quadratmeter auf 9,32
Mark zu stehen kommt. Die Kirche selbst würde mit
der Erstellung ihres Hauptportals nach der Zähringer-
straße hin einzig" schön gelegen sein und würde ihre
architektonische Wirkung wesentlich dazu beitragen, sodaß
der evangelischen Gemeinde nur Glück zu wünschen sei,
wenn ein derartig ideal gelegener Bauplatz zu Errichtung
eines Gotteshauses gefunden worden. Herr Stadtrath
Abel eröffnete hierauf die Diskussion, und empfahl,
da die Gelegenheit zur Erwerbung eines passend ge-
legenen Bauplatzes nie wieder so günstig sei, dringend
die Genehmigung der Vorlage. Herr Oberbürgermeister
Dr. Walz erörterte sodann die bisherigen Verhand-
lungen und Vorschläge Seitens der Stadtgemeinde;
dieselbe hatte ursprünglich einen Bauplatz cm Auge,
dessen Erwerbung allerdings nicht so kostspielig, jedoch
durch seine Lage dem Landfried'schen Platze weit nach-
steht. Herr Sadtpfarrer Hönig dankt sodann der
Stadtverwaltung für das freundliche Entgegenkommen
nnd ertheiltc Herrn Banrath Behaghel das Wort, der
von technischer Seite über den Platz selbst und die
Errichtung der Kirche sprach. Der angegebene Preis
von 9,32 Mk. pro gm. sei allen anderen Verkäufen
gegenüber ein sehr billiger, da an anderen in der Nähe
liegenden Grundstücken für den gm. bis zu 25 Mark
bezahlt werden. — Die Zahlungsbedingungen sind
ebenfalls äußerst günstige. Es sollen am Tage der
Protokollirnng 5000 Mk. und jedes folgende Jahr
ebenfalls 5000 Mk. gezahlt werden. Der Restkauf-
schilling ist vom Tage der Protokollirnng an mit 3>/2
Prozent zu verzinsen. An der weiteren Diskussion he-
theiligten sich sodann noch die Herren Oberbürgermeister
Dr. Wilckens, Herr Stadtrath Abel, Herr Geh. Rath
Heintze und Herr Hofrath Meyer. Herr Stadtpfarrer
Hönig ließ sodann abstimmen, wobei die Vorlage ohne
weitere Debatte einstimmig angenommen wurde. —
Die Kosten des Bauplatzes aufzubringen, ist die Sache
der örtlichen Kirchensteuer. Der Vorschlag des Kirchen-
gemeinderaths auf einen Steuerfuß von 3 Pfa. auf
100 Mark. Gemeindesteuerkapital, wurde genehmigt:
Zur Deckung der Anzahlung und zur Bestreitung
weiterer Kosten seien z. Zt. durch die Zuwendung eines
ausgeschiedenen Kapitals ans dem Siebein-Mieg'schen
Familienstipendienfond Seitens der Stadtverwaltung
18 350 Mark zur Verfügung und sprach Herr Stadt-
pfarrer der letzteren für das bewiesene Wohlwollen
seinen Dank aus.
Hmrdeausstellung. In den letzten Tagen der
vorigen Woche konnte man jenseits des Neckars unter-
halb dem Schiffwirthgarten ein reges Treiben bemerken,
das viele zn Achselzucken und Kopfschütteln veranlaßt
haben mag. Und erst als die große Halle zur Hunde-
ausstellung ihrer Vollendung entgegenging, wird Mancher
den gestrigen Tag voll Neugierde erwartet haben. Ent-
täuscht waren wohl Alle von der großen Zahl der von
Auswärts hier eingetroffenen Hunde und von dem
Arrangement auf dem Ausstellungsplatz. Auch die im
Nebenzimmer des Schiff ausgestellten Ehrenpreise haben
die Bewunderung der Aussteller und Besucher hervor-
gerufen. Gestern Morgen von Ve7 Uhr ab erfolgte die
Einlieferung der Hunde, die sich auf nahezu 300 belief
und um 11 Uhr begann die Eröffnung der Ausstellung.
Es wurden bis Abends gegen nahezu 2i 00 Eintritts-
karten ausgegeben. Alle Besucher der Ausstellung
waren befriedigt von den schönen Hunden und der
Ordnung die während dem offiziellen Theile der Aus-
stellung herrschte. Es gereicht dem jungen Verein zur
größten Ehre, daß er Mitglieder hat, die es verstehen
eine so großartige Ausstellung bei den noch knappen
Mitteln zu veranstalten nnd so musterhaft durchzuführen.
Viele Aussteller haben den Wunsch geäußert im kommen-
den Jahre zu einer großen Ausstellung von Hunden
wieder hierherkommen zu können. Der hiesige Verein
wird jedoch sehr wahrscheinlich als nächsten Ausstellungs-
ort Baden-Baden Vorschlägen. Die Prämiirnng be-
gann bereits bei Eröffnung der Ausstellung und ergab
folgendes Resultat:
Es waren vertretend englische und russische Wind-
hunde und 3 italienische Windspiele. Von den eng-
lischen Windhunden erhielt „Sir Portland" von
Maxime Goldberg hier den 1. Preis und „Flora"
von Moritz in Ubstadt als ital. Windspiel den 2. Preis-
Unter den russischen Windhunden erhielten „Sascha"

sam empor und blickte verstört um sich; sie kreuzte
die Arme über der wogenden Brust und wanderte,
in neues Sinnen verloren, über den weichen Fuß-
boden. Die arme, aus ihrer Ruhe aufgeschreckte
Frau fand eine grausame Genugthuung darin, sich
durch diese Reminiscenzen martern; sie wollte bis
zu Ende die Vergangenheit zu herausbeschwören und
hoffte dann Ruhe zu finden.
Nach diesem herben Schicksalsschlag, der dem
Kinde alles entriß, was ihr freundliches Herz aus-
gefüllt und ihrem stillen Leben Werth verliehen,
trat Oede und Leere ein. Ihr Inneres verschloß
sich gegen jeden Zuspruch, es bäumte sich vielmehr
gegen die unsichtbare Gewalt auf, die sie so hart
geschlagen. Das sanfte, zärtliche Gemüth ver-
wandelte sich in Trotz und Eigenwille, um das liebe-
warme Herz legte sich eisiger Frost. Aus dem
lachenden, spielenden Kinde bildete sich ein harter
Charakter; ein durch nichts zu beugender Wille
sprach aus jedem Wort. Dis Fesseln der Armut
dünkten Cläre als etwas unerträglich Beschämendes
und ihre Gedanken standen nur darauf, sie zu zer-
reißen, aber wie, wie! Wieder wurde der Mald
ihr Vertrauter; je mehr es stürmte und der wilde
Jäger über die bewaldeten Berge zog, daß es in
den Allsten und Kronen der alten Bäume knackte,
desto wohler fühlte sich das mit sich uneins ge-
wordene Mädchen. Die dunkelblonden Haare zer-
zaust, das Antlitz glühendroth vom Weinen und
Klagen, lag Cläre stundenlang neben dem Grabe
des Lieblings.
Und die Zeit verstrich, schleichend, träge. Der
Lenz schwebte hernieder aus seiner himmlischen
Heimath, um der Erde sein duftiges, arbenreiches

von Dr. Schifferdecker in Ncuenheim nnd „Krassofa"
von Pieper in Ludwigshafen je einen 2. Preis; „Wi-
fo ck y" von dem Letzteren erhielt einen 3. Pre'S. Höchst-
lobende Erwähnung erhielten „Burj a" und „Tunona"
von Pieper in Ludwigshafen und lobende Erwähnung
„Barsoi" von Tischbein und „Milaja" von Pieper,
beide Ludwigshafen. „Jersa III", die sich auf mehre-
ren großen Ausstellungen Erste- und Ehrenpreise ge-
holt hat, war zum großen Bedauern der Interessenten
außcrKonkurrenz gestellt. Von 13 vorgeführten kurzh.Jagd-
hunden errang „Hans" von V. Fuchs hier den I. und
einen Ehrenpreis, während „Tusco" von Noether
in Bruchsal, den wir für den würdigeren erachtet
haben, nur mit einem 2. Preis wegkam. „Hector"
von Carl Lang-Hilsbach erhielt, trotzdem er etwas spät
zur Ausstellung gebracht wurde, den 2. Preis als
langhaariger deutscher Vorstehhund. „Frigga" von
Piekenbroick in Beerfelden und „Cora" vom Rosenhof
erhielten je einen 3. Preis. Höchst lobende Erwähnung
erhielten „Harras" von Jakob Arnold hier nnd
„Sara" von Piekenbroick in Beerfelden; lobende Er-
wähnung „Flinko" vonHildenbeutel, Muckensturmer-
hof und „Cora" von Schmitt in Sandhaufen. Es
ist lebhaft zu bedauern, daß „Hertha" von Häpp,
hier abgehalten war, da dieselbe jedenfalls vorzügliche
Anerkennung gefunden hätte. Einige andere Hunde dieser
Klasse konnten^ nichts erhalten, weil sie zu spät gemeldet
wurden. Langhaarige Jagdhunde, Griffons, Pointers
waren bis gegen 20 vertreten und erhielten unter den
Griffons „Wachtel" von Piekenbroick in Beerfelden den
1. und einen Ehrenpreis, „Crasia" von demselben
und „Cora" von Lochbühler-Lützelsachsen je einen 2.
Preis. „Harras" vonHagmaier in Sinsheim erhielt
höchst lobende Erwähnung. Die langhaarigen deutschen
Jagdhunde waren theils abwesend, theils falsch gemeldet u.
wurden nur „Freya" von Saala hier, mit einem 2.
Preis und „Hektor" von Vierordt in Schwetzingen
mit einer lobenden Erwähnung bedacht. Von den
Pointers errang „Harry" von Anderst, hier, den
2. und einen Ehrenpreis, „Feldmann" und
„Oskar", beide von Sauer in Eppelheim je einen
3. Preis; „Feldmann" von Jakob Arnold, hier, und
„Mähdi" von Baro in Ketsch je eine lobende Er-
wähnung. Der engl. Setter „Don" von E. Genz,
hier, erhielt den 2. und der Eordon -Setter „Dar-,
ling" von Frl. Dietz, hier, den 1. Preis. „Ramas"
von Georg Schaefer, hier, erhielt als langhaariger
Jagdhund eine höchst lobende Erwähnung. Die
Dachshunde waren sehr gut vertreten und erhielt
I. Preis: „Waldi ne Ürban". 2. Preis erhielt
„Enderl e von Ketsch" von Dr. Reichardt hier
und außerdem die Zusaüprämie des Teckelklubs; ferner
noch „Hertha" von Sattler in Ziegelhausen. Den
3. Preis erhielt „Michel" von Stuttgart und „Rest"
von Ludwig in St. Ilgen, letzterer noch einen Ehren-
preis. Mit höchst lobender Erwähnung gingen aus:
„Wald ine" — mit Wurf — aus Straßburg,
„Zillack" von Stuart Shortt, Neuenheim, und mit
lobender Erwähnung: „Waldmann" vom Hassel-
bacherhof und „Witzka" von Schultze-Denhard, hier.
Von den Foxterriers erhielt „Vesca" von Rosenhof
den 2. und Ehrenpreis; höchst lobende Erwähnung
„Souri" von Frz. Sommer, hier; „Gretel" von C.
Genz, hier; „Gretel" von P. Baumgärtner, hier.
Lobende Erwähnung „Conntry Fire" von May in
Weinheim. Unter den deutschen Doggen erhielten:
„Caesar" von Bernecker in Karlsruhe den 1. Preis;
„Caesar" von Schuh in Kirchheim und „Caesar"
von Ludwig Steinemann hier, je den zweiten Preis;
„Hertha" von I. G. Schmuch, hier, und „Wodan"
von Knauf in Ziegelhausen je den 3. Preis. Höchst
lobende Erwähnung erhielten „Rüde" von Würth in
Mannheim, „Nero" von Gg, Fr.Ziegler hier; „Hek-
tor" von Kaebel in Gemmingen; „Zulu" "von
Zahn in Nußloch; „Alma" von Frankenthal, „Per-
tri" von Jean Lay hier, „Dolly" von Reidel
in Nußloch, „Gaska" von Fr. Daecke hier, „Bella"
von R. F. Stumpf in Kirchheim. Lobende Erwähnung
erhielten: „Tyra s" von Frankenthal, „Tyras" von
Birnstihl in Ziegelhausen, „Hektor" von Hoffmann
in Mannheim und „Flora" von H. Fculing in
Ladenburg. Bernhardiner errangen: „Linda" von
Karlsruhe den I. nnd einen Ehrenpreis, „Lord"
von Hartmann in Schriesheim und „Mrnka" vom
Rosenhof den 2. Preis, „Flora" von Kiefer-Karls-
ruhe und „Barry" von Kältreuther in Mannheim
den 3. Preis. Neufundländer: „Hektor" von Heil-
bronn und „Roland" von Geiger in Käferthal er-
hielten 2. Preis, letzterer noch einen Ehrenpreis.
Eine lobende Erwähnung wurde „Pascha" von Wirth
Schmieg hier zu Theil.
(Die weiteren Prämiirungen müssen wir des Zeit-
und Raummangels wegen in unserer morgigen Nummer
bringen.)
* Mrrsikstündchett. Gestern Vormittag zwischen
8 und 9 Uhr brachte die Karlsruher Leib-Dragoner-
kapelle dem z- Zt- im Grand-Hotel hier weilenden
Grafen von Waldersce, Chef desgroßen General-Stabs
zu Berlin, ein Musik-Ständchen vor obigem Hotel dar-
* Vereins-Ausflüge und Vergnügungen.
Der hiesige Gesang-Verein „Liederhallc" veranstaltete
gestern Nachmittag am Rondell (Wolfsbrunnenweg)
ein Waldfest, das den schönsten Verlauf nahm. —

Kleid zu schenken. Frau Schulz kehrte heim in ihr
heimatliches Thal, mit Geschenken reich beladen, denn
der Reichsgraf hatte nicht mit dem Lohn für die
opferwillige Pflege der Frau gekargt. Der holde
Sprvßling des alten Geschlechtes, das Grafenkind,
gedieh gleich der Eiche neben dem in Granit ge-
hauenen Wappen der von Haoar - Ulestein und
welch' stolze Hoffnungen zogen in die Herzen des
reichsgräflichen Paares ein, wenn sie auf das junge
frische Reis schauten!
Wie sorgenfrei hätte sich nun das Leben der
beiden Frauen im Erzgebirge gestalten können,
wenn auf dem Gemüth der Aelteren nicht ein
tiefer Schatten der Schwermuth gelegen hätte, vor
dem Kläre erschreckt zurücklaumelte und ihr junges
Herz sich immer mehr von jeder Aussprache
verschloß . . .
Auf der steinernen Bank vor dem Häubchen,
aus dem jeglicher Frohsinn gewichen, saß das junge
Mädchen eines Tages zur Sommerzeit, die Hände
müßig in den Schoß gelegt, den Blick nach der
staubigen Landstraße gerichtet, die nur durch einen
Bach und die Wiese von der Hütte getrennt, und
von der andern Seite durch den dunklen Tannen-
wald begrenzt wurde. Wie deutlich besann sie sich
heute noch auf das, was vor Dezennien geschehen
und über ihr ganzes Leben entscheiden sollte! Aus
einer mächtigen Staubwolke hatte sich Kläres Blic-
ken eine Miethskutsche gezeigt, die langsam näher
kam. Auf dem Vordersitz des Halbvervecks lehnte
die Gestalt eines Herren; neben dem Kutscher der
kräftig auf sein müdes Roß einhieb, standen Reiss-
Effekten.
(Fortsetzung folgt.)
 
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