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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 161 - Nr. 170 (13. Juli - 24. Juli)
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leichter Kreditgewährung. Diese Betrachtungen sind
gerade heute von großem wissenischaftlichen und un-
mittelbar wirthschaftlichen Interessen. — Die bad.
geologische Landesanstalt mit den, Sitz in Heidelberg
besteht gegenwärtig aus dem Geh. Bergrath Prof.
Rosenbüsch sowie aus den Mitgliedern Dr. Sauer,
Dr. Schalch und neuerdings Dr. Thürach. An die
Stelle des Prof, der Geologie an der technischen
Hochschule in Karlsruhe, des verstorbenen Geh.
Hosraths Dr. Knop, istProfissor Brauns getreten.
Karlsruhe, 11. Juli. Durch das von dem
jetzigen Ministerialdirector Dr. Schenkel bearbeitete
Berggesetz vom 22. Juni 1890 wurden für
das Bergwesen im Großherzogthum neue Grund-
lagen geschaffen, auf welchen sich jetzt eine leb-
haftere private Thätigkeit entwickelt. Auf Grund
dieses Gesetzes wurden auch die Bergbehörden neu
organisirt. In der „Bad. Corresp." beginnt
nunmehr die Darstellung einer fachlichen und
geschichtlichen Entwicklung des badischen Bergrechts,
welche nach beiden Seiten interessante Gesichts-
punkte bietet. Unter den neueren Vorschriften
sind für weitere Kreise bemerkenswerth: die Ver-
ordnung des Ministeriums des Innern zum
Schutz der Mineral- und Thermalquellen und
jene des Justizministeriums über die Führung
der Grund- uud Psandbücher hinsichtlich des
Bergwerkseigenthums. In früherer Zeit hatte
die Regierung von ihrem thatsächlichen Aus-
beutungsrecht (Occupationsrecht) innerhalb des
Bergregabs nur Gebrauch gemacht hinsichtlich der
Gewinnung der Eisenerze im badischen Oberland
und hinsichtlich der Steinsalzlager in Dürrheim
und Rappenau.
* Baven. (Aktuarsprüfung.) Auf Grund
der im Monat Juli d. I. abgehaltenen Prüfung sind
folgende Jncipienten als Justizaktuare ausgenommen
worden: Albert Baumgärtner von Mahlspüren, Ferd.
Baur von Urloffen, Adolf Borell von Friedrichsthal,
Ferdinand Braun von Karlsruhe, Franz Deger von
Offenburg, Heinrich Frey von Freiburg, Karl Gretz
von Karlsruhe, Josef Hillenbrand von Wiesloch, Franz
Karrer von Karlsruhe, Julius Kleinhans von Bühl,
Valentin Knörzer von Oberkessach, Friedrich Kuhn von
Langenbrücken, Heinrich Liebler von Sinsheim, Gustav
Lippolt von Karlsruhe, Johannes Müller von Oefingen,
Richard Müller von Rappenau, Konstantin Müßig
von Freudenberg, Friedrich Olbert von Heidelberg,
Alfred Paulus von Steißlingen, Jakob Scheffner von
Walldorf, Ludwig Schmolck von Gengenbach, Gustav
Schroff von Untercggingen, Albert Seiberlich von
Aglasterhausen, Leo Veit von Nizza, Hermann Wald-
vogel von Mannheim, Anton Walter von Rastatt, Karl
Wittmann von Heidelberg, Johann Zechner von Heidel-
berg, Julius Ziegler von Boxthal.
Ausland.
Paris, 14. Juli. Das Nationalfest ist durch
das Wetter schon wenig begünstigt, morgens ver-
scheuchten mehrere Platzregen die Menge. Die
Stadt ist übrigens weniger beflaggt, als gewöhnlich.
Die „elsässisch lothringischen Vereine" legten wie
üblich Kränze am Standbilde der Stadt Straß-
burg und dem Eintrachtsplatz, an dem der Jung-
frau von Orleans und an dem Gambettas im
Louvrehof nieder. Bei letzerem Denkmal rief ein
Mann „Es lebe Preußen!" Die Menge wollte auf
ihn stürzen; die Polizei jedoch nahm ihn in Schutz
und führte ihn nach der Wache ab. Gegen 10
Uhr fand vor dem Institut die Enthüllung des
Condorcetdenkmals statt. Etwa 200 Personen
waren zugegen. Auf den öffentlichen Plätzen waren
Concerte- Die Stadt ist jedoch wenig belebt. Viele
Pariser sind ausgeflogen.
Brüssel, 13. Juli. Die Abendblätter ver-
öffentlichen gerüchtweise eine Meldung, wonach die
Polizei gestern einen Menschen verhaftete, der ver-
dächtig ist, das Feuer im Palais d 'Ete angelegt
zu haben. Er war bei seiner Verhaftung betrunken
und hatte einen von der „Anarchistengruppe" unter-
zeichneten Brief bei sich, worin er als derjenige
bezeichnet ist, der auch das Skala-Theater in
Brüssel in die Luft sprengen soll. Er ist ein vom
Palais d'Ete entlassener Arbeiter, der jetzt in einer
im Kellergeschoß des Palais d'Ete befindlichen
Eisfabrik beschäftigt wird. Für die Ursache der
beten? Ha, ha, ha, der Narr! Du bleibst
Deinem Georg treu, und wenn wir nächste Woche
in unser Waldschlößchen zurückkehren, dann will
ich ihm sagen, daß es hohe Zeit ist, Euch einen
Besuch zu machen, um zu recognoSzieren, wie die
gestrenge Frau Mama über den bürgerlichen,
schlichten Schwiegersohn denkt."
Olga nickte stumm und drückte Liza verständniß-
voll die Hand.
„Ich habe Dir selbstredend für diese Nacht ein
Plätzchen in meinem Zimmer freigemacht, dort be-
sprechen wir nach beendetem Fest noch so manches."
Ein flüchtiger Kuß streifte Olga's Wange, dann
huschte sie geschmeidig, gleich einer Eidechse, davon,
Lust und strahlende Freude in den großen Kinder
äugen, als das Musikkorps einen. Walzer intonirte
und die kleinen Füßchen graziös über das glitzernde
Parquet hinflogen.
„Hans Ullrich, auf ein Wort", flüsterte der
Hausherr.
„Was beliebt?"
„Kommen Sie, wenn ich bitten darf, herüber
in mein Zimmer. Dort liegt eine Depesche für
Sie, die ein reitender Bote brachte. Es thut mir
leid, daß ich möglicherweise der Ueberbringer einer
unangehmehmen Nachricht bin, allein vorenthalten
dürfte ich sie Ihnen kaum." Unterdessen waren
die Herren zur rechten Hand durch einige Säle
gegangen und verschwanden hinter der Thür, die
zu des Grafen Arbeitszimmer führte. Nichts Gutes
ahnend, griff Hans Ullrich hastig nach der Depesche,
riß die Dienstsiegel von dem zusammengefalteten
Papierstreifen und erbleichte während des Lesens
sichtlich, dann sagte er lakonisch:

während des Brandes erfolgten Erplosion ist noch
keine Erklärung gefunden, da die Untersuchung er-
gab, daß die Dampfmaschinen der Eisfabrik unbe-
schädigt sind.
Rom, 13. Juli. Heute Nachmittag wurde der
Bericht der permanenten Finanzkommission des
Senats vertheilt. Er billigt säw örtliche Maß-
nahmen, ausgenommen die über die 20prozentige
Erhöhung dec Ricchezza mobile, die durch eine all-
gemeine einheitliche löprozentige Erhöhung der
Ricchezza mobile ersetzt werde. Der Bericht enthält
als Anhang eine Note des Schatzministers, worin
er erklärt, daß die Klausel, wonach die Erhöhung
der Gläubiger allein zu tragen habe, als inter-
pretativ angesehen werden müsse- Wenn der Ver-
trag, welcher dem Schuldner die Zahlung der Ric
chezza mobile auferlegt, vor der Veröffentlichung
des Gesetzes geschlossen ist, muß dies ausgelegt
werden als sich beziehend auf die Steuer, wie sie
zur Zeit bestand, als der Vertrag abgeschlossen
wurde. Deßhalb beabsichtigt man weder das Außer-
krafttreten noch Ungiltigerklären irgend eines klar
abgefaßten Vertrags, worin in ausdrücklicher Vor-
aussicht künftiger Fälle von Steuererhöhungen oder
Abänderungen festgesetzt ist, daß diese Erhöhungen
zu Lasten des Schuldners fallen sollen.

Aus Wuy unö Jern.
* Mannheim, 14. Juli. Bei der vorgestern
im Großh. Gymnasium abgehaltenen Abiturien-
prüfung, welcher im Auftrage des Großh. Ober-
schulraths Herr Geh. Rath Prof. Nhode von
Heidelberg anwohnte, haben sämmtliche 43 Abi-
turienten die Prüfung bestanden.
* Rappenau, 14. Juli. Im nahen Ober-
gimpern ereignete sich diese Woche ein seltener,
sür die betreffende Familie höchst bedauerlicher
Unglücksfall. Am Mittwoch Abend ging ein 14-
jähriger Knabe in den Wald, um junge Eich-
hörnchen zu holen, da er ein Nest auf einem
ziemlich hohen Baume wußte. Als zum Schrecken
seiner Familie der betr. Knabe am Abend nicht
zurückkehrte, wurde am Morgen in aller Frühe
vom Bürgermeisteramt die ganze Gemeinde zu
einer Streife durch den Wald aufgeboten. Man
fand den Knaben entseelt unter dem Baume
liegen, aus welchem sich das vermeintliche Eich-
hörnchennest befand, mit einem Biß am Halse,
das Genick gebrochen, ein Auge ausgefallen und
mit mehreren sonstigen Verletzungen. In dem
Neste befand sich noch am Morgen ein Marder
mit mehreren Jungen. Es ist anzunehmen, daß,
als der Knabe auf den Baum gestiegen war
und in das Nest griff, der Marder herausfuhr,
ihm den Biß beibrachte und der erschrockene Knabe
jäh herabfiel, was seinen Tod herbeiführte.
* Karlsruhe, 13. Juli. Der deutsche Ver-
band der Architekten- und Ingenieur Vereine hat
sich zu einem hochinteressanten vaterländischen "Unter-
nehmen vereinigt; der Darstellung der Entwicklungs-
geschichte des deutschen Bauernhauses. Es ist nicht
daran zu zweifeln, daß grade auch in unserem
Lande sich eine reiche Fülle von Eigenihümlichkeit
und Urwüchsigkeit auf diesem Gebiete findet, sodaß
die Hebung und Bewahrung dieses Schatzes als
eine fruchtbare und l hnende Aufgabe erscheint.
Die Techniker können die Aufgabe nicht voll lösen,
wenn ihnen nicht die Bevölkerung im ganzen, der
Vslksgeist als solcher zu Hilfe kommt. Die badische
Sektion des Verbandes (der badische Architekten-
und Ingenieur-Verein), an ihrer Spitze Baurath
Williard, zuletzt Vorstand des erzbischöflichen
Bauamts, fordert deshalb alle Freunde der Sache
zur Hilfe auf und wendet sich insbesondere auch neben
den Männern vom Fach an die Bürgermeister und
VolkSschullehrer in den einzelnen Gemeinden, denen
ein Blick für die Volksseele und die Volksgewöbnung
eigen zu sein pflegt. Fragebogen, die bis Ende Oktober
mit Grundriß versehen an den Vorstand zurücker-
beten worden, sollen bestimmtes und leicht verwend-
bares Antworten sichern, ohne daß mit ihnen ein
Zwang für die Beobachtung oder eine Einschränkung!

derselben beabsichtigt wäre. In der Regel soll die
Darstellung sich auf solche Gebäude beschränken,
deren Errichtung vor den Beginn des Jahrhunderts
fällt. Es gilt Sammlung, Rettung und Er-
haltung eines urwüchsigen Elementes unserer
Volksentwicklung, und dazu sollen alle mit-
helfen, die ein Herz haben für die Volksseele.
In seinem Rundschreiben stellt der badische Archi-
tekten- und Ingenieur-Verein ein Wort aus der
preisgekrönten Schrift von Otto Ammon „Bedeu
tung des Bauernstandes für Staat und Gesellschaft"
an die Spitze: „Wer den Charakter unseres Volkes
nicht von Grund aus umgestaltet wissen will, wer
sein Interesse an der Erhaltung unserer Gattung
bethätigen will, der muß mit allen Kräften an der
Kräftigung unseres Bauernstandes arbeiten."
* Adelsheim, 11. Juli. Das landwirth-
schaftliche Gaufest Adelsheim, Buchen, Mosbach
und Eberkach gehören, findet in Adelsheim statt
und ist hirfür Donnerstag, 20. September, bestimmt.
Mit der Ausstellung ist zugleich eine Verlosung von
Thieren, landwirthschaftlichen Maschinen und Ge-
rüchen rc. verbunden. Es werden 4500 Lose zu je
1 Mark ausgegeben und gelangen 260 Gegenstände
im Gesammtwcrthe von 3150 Mark, derunter 2
Kalbinnen, sonstige Nutzthiere, landwirthschaftliche
Maschinen rc. zur Verlosung.
* Freiburg, 13. Juli. Der hiesige Maurer-
streik, der für die betheiligten Maurer ein so kläg-
liches Ende nahm, war eine fast unversiegliche
Quelle von Klagen und Prozessen. Eine große
Reihe solcher Fälle, in denen einzelne von den
Streikenden wegen Körperverletzung, Bedrohung
oder Beleidigung angeklagt waren, kam in letzter
Zeit vor dem hiesigen Schöffengericht zur Verhand-
lung. Die schönste Blüthe des Maurerstreiks ist
jedoch die gestrige Schwurgerichtssitzung. Nicht
weniger als elf ehedem streikende Maurer waren
des Landfriedensbruchs angeklagt. Es handelte sich
um den bekannten Ucberfall in der BaSlerstraße.
In Folge der Finsterheit der Nacht u. in Folge der all
gemeinen Verwirrung (es waren nahezu 200
Menschen zusammengeströmt) war es der Staats-
anwaltschaft unmöglich, aller Schuldigen habhaft
zu werden. Gerade die Hauptthäter verstanden es,
sich dem Arme der Gerechtigkeit zu entziehen! In
Folge dieser Umstände konnten nur 5 Angeklagte
von den 11 ihrer Schuld überführt werden. Es
wurden veruriheilt: Joseph Kuppender von Wösch-
bach zu 8 Monaten, Joseph Eberle von hier zu
1 Jahr, Kosmas Hellslern von Empfingen zu 6
Monaten und Jakob Hänsel von Owingen zu 1
Jahr Gefängniß. Wie nicht anders zu erwarten,
rief der Prozeß in hiesiger Stadt große Aufregung
hervor.
* Aus Vaden, 14. Juli. In Hockenheim
wurde bei Abbrucharbeiten am alten Pfarrhaus dem
26 Jahre alten Christian Stohner durch Einsturz
einer Maurer die Hirnschale zerdrückt. St. hinter-
läßt -fine Wittwe mit einem kleinen Kind. — In
Rassig wurde der 17 Jahre alte Sohn des Mitbe-
sitzers der abgebrannten Scheune als Stifter des
Brandes verhaftet.
* Langenburg, 12. Juli. Heute fand hier
die Trauung der Prinzessin Feodora zuHohen-
lohe- Langenburg mit dem Erbprinzen E m i ch zu
Lein in gen statt. Bei der Festtafel saßen ander
Seite der Braut der König von Württemberg, an
der Seite des Bräutigams die Großherzogin von
Baden. Zuerst erhob sich S. M. der König zu
einem Toast auf das Brautpaar. Hierauf erwiderte
der Fürst Hermann zu Hohenlohe-Langenburg in
bewegten Worten. Der Fürst sprach S. M. dem
König den tiefnnigsten Dank aus für dessen liebe-
volle Worte. Der Fürst erinnert sodann an die
innigen Beziehungen seines Hauses zu dem badischen
Herrscherpaar und erblickt in der Anwesenheit des
großherzoglichen Paares eine besondere Weihe der
heute geschlossenen Ehe. Anknüpfend an die Thai-
sache, daß vor nunmehr 66 Jahren eine Prinzessin
von Leiningen, des Fürsten verewigte Mutter, in
das Schloß zu Langenburg eingezogen ist, hebt der
Fürst die enge Verbindung der beiden Häuser

Leiningen und Hohenlohe hervor, welche durch die
badische Abstammung der Fürsten zu Leiningen und
der Fürstin zu Hohenlohe-Langenburg noch weiter
befestigt worden ist. Er schloß mit einem Hoch auf
S. M. den König, II- KK. HH. den Großher-
zog und die Großherzogin von Baden und die fürst-
lichen Gäste. — Den Dank der fürstlichen Gäste
brachte der Großherzog von Baden zum Ausdruck
ungefähr mit folgenden Worten: „Gestatten Euer
Durchlaucht, daß ich im Namen der sämmtlichen
fürstlichen Gäste, die Sie so herzlich begrüßt haben,
unseren innigsten Dank sage für die freundlichen
Worte, die Sie soeben an uns gerichtet haben.
Wir alle sind mit Freuden hierher ekommen und
sehen mit den fürstlichen Eltern getrost in die Zu-
kunft des fürstlichen Paares. Möge Gottes Segen
auf diesem jungen Paare ruhen und mögen die
beidenHäuserHohenlohe und Leiningen ferner blühen!"
— Bald nach 5 Uhr verließen der König und der
Großherzog und die Großherzogin von Baden unter
lebhaften Zurufen der Bevölkerung die Stadt.
* Weißenburg i. E., 13. Juli. Heute Morgen
ereignete sich lt. Pf. K. ein bedauernSwerther Unfall
im hiesigen Jnf.-Regt. Nr. 60. Gelegentlich einer
Felddienstübung in der Nähe von KapSweiler (Pfalz),
in der das 1. und 3. Bataillon zum Angriff gegen
genannten Ort vorgingen, wurde ein Mann der 11.
Comp. durch einen scharfen Schuß iödtlich getroffen.
Er starb auf dem Transport nach Weißenburg. Die
Untersuchung ist eingeleitet.
* Mainz, 13. Juli. Zwei älteren aus der
Kur von Wiesbaden kommende Damen aus Merse-
burg, die gestern mit dem Dampfer „Hansa" eine
Rheinreise nach Köln machen wollten, wurde durch
einen bedauerlichen Unfall ihr Reisevergnügen sehr
gestört. Unterhalb Bingen glitt die eine der
Damen auf dem Deck des Schfffes aus und fiel
so unglücklich, daß sie oberhalb dem Knie das Bein
brach. Da kein Arzt auf dem Schiff anwesend
und die nächste Haltestation erst St. Goar war,
mußte sich die allseits Bedauerte, dann bis dahin
mit der reichlich gewährten aber immerhin unzu-
reichenden Hülfe des Schiffspersonals und der übrigen
Passagiere begnügen.
* Verlia, 13. Juli. In der Voraussetzung,
daß während der Gewerbeausstellung im Jahre
1896 die bestehenden Verkehrsmittel nach dem
Treptower Parke nicht ausreichen werden, will die
Firma Siemens und Halske aus dem Mittelpunkte
der Stadt heraus, nämlich von dem Platze hinter
dem Opernhause ausgehend nach dem Lreptrvwer
Ausstellungs-Park eine elektrische Straßenbahn auf
ihre Kosten anlegen und bat beim Magistrat einen
Antrag zur Genehmigung des Projektes eingereicht.
Sie will die Bahn mit oberirdischer Luftleitung
zur Ausführung bringen, sondern mit unterirdischer
elektrischer Stromleitung nach dem Muster der
elektrischen Straßenbahn in Budapest, die sich nun-
mehr schon seit fünf Jahren in jeder Beziehung
glänzend bewährt hätte.
* Berlin, 13. Juli. Von zwei Hunden buch-
stäblich zerrissen wurde der 11jährige Sohn des
Arbeiters Sch. Der Kleine vergnügte sich Abends
auf der Straße mit Ballspielen, wobei ihm der Ball
in Folge eines unvorsichtigen Wurfes über den Zaun
eines Fabrikgrundstückes flog. Nun kletterte der
Knabe über den Zaun, er hatte jedoch kaum den
Boden des Terrains betreten, als er von zwei großen
Hofhunden niederzeriffen wurde. Der Kleine Sch.
wurde grauenhaft von den beiden Bestien zugerichtet,
und als der durch das Bellen der Hunde und das
Geschrei des Aermsten aufmerksam gewordene Privat-
wächter hinzukam, fand er den Knaben, im Blm
schwimmend, mit Bißwunden am ganzen Körper
bedeckt, am Boden liegend.
Werrnifchtes.
— Ein Schwabenstreich. Im „Blaumann"
(Blaubeurer Blatt) zeigte in diesen Tagen ein
Bauer von Pappelan tiefbetrübt den Tod seiner
Gattin an und unmittelbar darunter erläßt er in
großem Druck eine Danksagung, welche wörtlich

„Lesen Sie, verehrter Freund, und — rathen
Sie."
Graf Kork, der seinen Untergebenen stets ein
nachsichtiger Herr gewesen, las, und neigte alsdann
sinnend das Haupt.
„Hm, das ist fatal, aber ehrlich gestanden, ich
habe es gefürchtet, nur daß es so schnell kommen
würde, nahm ich nicht an. Die Bauern lassen
sich nicht ungestraft knechten." Hans Ullrich wollte
heftig auffahlen.
„Wenn Sie meinen Rath wünschen, müssen
Sie mir das Recht einräumen, unumwunden meine
Ansichten auszusprechen", warf der Graf etwas
reservirt dazwischen.
„Ja, ja, sprechen Sie!"
„Sie waren zu streng, bester Herr; Sie nahmen
der arbeitenden Klasse alle von dem alten Reichs-
grafen — Ihrem Herrn Vater — verbrieften Rechte;
Sie schraubten den Pachtzins zu hoch, ohne Rück-
sicht auf die Bedürftigen, danach konnte eine Re-
volte nicht auSbleib en. Ich nehme an, Ihr Inten-
dant Werneg hat in seiner Angst die Sache über-
trieben, er ist ein Hasenfuß, wie ich oftmals Ge-
legenheit hatte, zu beobachten. Lassen Sie es nicht
zum Aeußersten kommen, üben Sie Milde und das
im Herzen gutmüthize Volk wird sich beruhigen."
Hans Ullrich war aufgeregt durch das Zimmer
geschritten, und nun blieb er vor dem zur Nachsicht
Mahnenden stehen und sagte schroff:
„Ah, bah, gutmüthig!" Eine Bande ist's,
die geknechtet werden muß! Ich will die Spitz-
buben, die es wagen, den Intendanten, der statt
meiner handelt, zu bedrohen, zwiebeln, daß ihnen
Hören und Sehen vergeht! Ein sechsläufiger Re-

volver wird sie schnell zur Raisvn bringen; kein
Pardon, Verehrtester, keine Nachsicht, das ist meine
Ansicht!"
„Damit werden Sie nicht mehr durchdringen,
die Gemüther scheinen zu erregt. Die ihrer Rechte
Beraubten werden das Aeußerste wagen, es werden
häßliche Auftritte vor dem Schloß stattfinden, denken
Sie an den ehrwürdigen Greis, — Ihren Herrn
Vater —" mahnte Kork eindringlich, der Schreck
könnte seinen Tod herbeiführen! hüten Sie sich vor
so schweren Gewissensbissen und folgen Sie meinem
Rath. Reisen Sie angesichts dieser Hiobspost nach
Ullstein und gleichen Sie alles mit Milve und
christlicher Liebe aus. Geben -Sie den Leuten
einige Liebe aus. Geben Sie den Leute einige
Versprechungen, erfüllen Sie die vernünftigen
Forderungen, so werden Ihnen die Leute mit der
selben Treue und Ergebenheit anhängen, wie Ihren
Vorfahren. Beherzigen Sie den Wahrspruch, den
das alte Grafengeschlecht hoch gehalten und mit dem
es so verkettet ist, gleich einem heiligen Schwur,
der vor dem Altar geleistet.
„Gerecht,— selbstlos — treu und fromm."
So steht es geschrieben in den vergilbten Pergament-
rollen der gräflichen Annalen. So soll es in jedes
einzelnen Herzen stehen, so beweisen Sie, Hans
Ullrich, mit der That, daß Sie kein Abtrünniger
sind und lassen Sie Recht walten, auf daß Ihre
Ahnen mit Stolz herniederblicken können."
Der Graf hatte die Sache der Unterdrückten
mit einem Feuereifer verfochten, als gälte es sein
eingenstens Interesse; ihm war dabei wohl die em-
pörende Maßregel in den Sinn gekommen, die den
ehrlichen Pächter Lendang von Haus und Hof ver

trieb. Er hatte es versucht, an des jungen Freundes
Stolz und Ehrgefühl zu appellieren, allein Hans
Ullrich's störrischer, egoistischer Charakter war schwer
zu überzeugen. Wohl stand er bei des Grafen
letzten Worten einen Augenblick überlegend da,
aber eben so schnell, wie die nachgiebige Regung
in seinem Herzen aufstieg, verflog sie; die Zornes-
ader prägte sich auf seiner Stirn aus und mit der
Faust auf den Tisch schlagend, daß die Prismen
des viclarmigen Leuchters klirrend an einander
schlugen, schrie er rücksichtslos:
„Schurken, Aufständige sind es, die sich zur
Ordnung und zum Gehorsam zwingen will! Wann
geht der nächste Zug?" Der Graf zog mißge-
stimmt die Uhr. Er hatte gethan, was in seinen
Kräften stand, jedes weitere Wort räuchte ihm
überflüssig.
(Fortsetzung folgt.)

» Schlau. Auditeur: „Und nun erheben Sie
die drei Finger zum Schwur. Wissen sie auch,
weßhalb Sie 3 Finger erheben müssen?" — Fü-
silier: „Ja, weil ich bei der dritten Compagnie bin."
" Ausrede. Hausfrau: Ich glaube gar,
Augusta, du hast einen Liebhaber, einen Saldaten
bei dir in der Küche." —Dienstmädchen: „Ich
einen Liebhaber ? Nein, der gebörtmeiner Freunndin,
sie pumpt ihn mir blos öfter!"
* Schwache Resultate. Frau (zu ihrem
Manne am nächsten Morgen nach der Jagd):
„Siehst du nun endlich die traurigen Resultate
deiner Jazdparthien ein ? Neulich schossest du eine
Katze, und diesmal ist das Ergebniß ein Kater!"
 
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