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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 161 - Nr. 170 (13. Juli - 24. Juli)
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* Mannheim, 15. Juli. Vom Hunger-
tods durch Operation gerettet. Dem
„N. Mannh. Volksbl." wird geschrieben: Seit ca.
20 Jahren litt unser Mitbürger Herr Rechtskon-
sulent S. hier-an Magenleiden. Derselbe hat alle
Kuren unternommen, die ihm selbst von Autoritäten
für Magenleidende empfohlen wurden, doch stets
ohne Erfolg. Das Leiden verschlimmerte sich in
den letzten anderthalb Jahren derart, daß er sich
von nichts mehr ernährte, als Sauermilch und
Cognac. Es wurden tägliche Magenausspülungen
vorgenommen, die jedoch in letzter Zeit keinen Er-
folg mehr hatten. Da nun der Kranke auch die
in letzter Zeit in Eis tropfenweise genommene
Sauermilch nicht mehr vertrug, die unsäglichsten
Schmerzen hatte und im Ernährungszustand derart
zurück kam — er nahm im Körpergewicht gegen
30 pCt. ab — wurde derselbe vor die Alternative
gestellt, entweder den Hungertodt unter gräßlichsten
Schmerzen zu sterben oder sich einer Magenvpera-
tion zu unterziehen, die auf Leben und Tod ging.
S. zog die gefährliche Operation vor, welche in
kurzer Zeit, im Beisein vieler Aerzte, von Herrn
Dr. Heuck, Chef der Chirurgie-Abtheilung im all-
gemeinen Krankenbause hier, dessen Asststenzärte Dr.
Berkobusch, Dr. Balsch und den bisher mitbehan-
delten Arzt Dr. Werthheimer im hiesigen allge-
meinen Krankenhause ausgeführt wurde. Nach-
dem der Patient durch Chloroform-Aether narko-
tisirt, wurde der große Bauchschnitt vorge-
nommen und die Gastrotomie beschlossen. Man
öffnete den Magen von der vorderen Seite und
fand am Magenausgang ein apfelgroßes Ge-
wächs, das jeden Abgang aus dem Magen verhin-
derte, denn es war keine nagelgroße Oeffnung mehr
vorhanden. Das Gewächs hatte sich bereits durch
den Darm gefressen und war fast mit der Leber
verwachsen, weßhalb bei Bewegungen des Magens
und des Körpers die horrenten Schmerzen und
Schlaflosigkeit, die selbst durch tägliche Morphium-
Einspritzungen nicht gelindert und der Schlaf her-
gestellt werden konnte, entstanden sind. Da man
von vorne die Entfernung des Gewächses nicht er-
reichen konnte, schritt man dazu, den Verbindungs-
darm abzuschneiden, das Gewächs von der Leber
zu lösen, schlug den Magen um, nachdem man
die durch das zerschnittene Bauchfell austretenden
Därme durch sterile Gase zurückhielt, öffnete den
Magen von der andern Seite, entfernte das Gewächs
vernichtete den alten Magenausgang. Nachdem
nun der geöffnete Magen wieder sorgfältig vernäht,
brachte man ihn wieder in seine natürliche Lage
und schloß mit Silberdraht. Die Operation dauerte
3 Stunden 18 Minuten und war besonders auf-
regend, da durch die Zerschneidung der größten
Blutgefäße große Blutungen eingetreten sind, daß
selbst ein beiwohnender Arzt Unwohlsein bekam.
Nun war das Hauptaugenmerk der Aerzte darauf
gerichtet, daß jede Bewegung des Patienten und das
Brechen vermieden werden müßte, und daß der Patient
bei Kraft erhalten werde, um diese Operations-
folgen auch durchmachen zu können. Dies wurde
einerseits durch künstliche Ernährung und durch
das vorzügliche Verhalten des Patienten, da
er sich 14 Tage nicht rühren durfte, erreicht.
Fieberzustand trat gar nicht ein. Nach ca. 14
Tagen erhielt der Patient zum ersten Male feste
Nahrung, die er vorzüglich vertrug und ist heute
gerettet, vollständig gesund, er braucht weiter nichts
mehr, als seinen Kräftezustand, der durch die lange
Krankheit und die schwere Operation auf ein
Minimum kam, durch einen wöchentlichen Aufenthalt
und kräftigere Lebensweise zu vermehren bezw. wieder
herzustellen. Wir haben von diesem Ereigniß sofort
Kenntniß erhalten, berichteten indeß nicht früher
davon, weil wir erst den Erfolg der schweren
Operation abwarten wollten, um zu- ersehen, ob es
möglich ist, daß ein Mensch solche Operation durch-
machen und nachher mit Erfolg leben könne. Herr
St. haben wir inzwischen mehrere Male gesehen,
gesprochen und konnten uns überzeugen, wie gesund
er aussieht und daß er guter Laune ist. Er darf
außer Salat Alles essen, selbst das Rauchen ist ihm

„Du mußt der Mama hilfreich zur Seite stehen
während sie sich den Gästen widmet, die Arragement
zum Jagdessen treffen. Was würde außerdem Deine
Freundin sagen, wenn Du den halben Tag fort-
bliebest, anstatt ihr Gesellschaft zu leisten?"
„An, bah, das sind alles nichtige Ausreden,
die ich nicht gelten lasse," schmollte sie weiter. Das
Diner wird auch ohne meine Hilfe fertig. Olga
ist leidend, sagen wir mißgestimmt, wie ich sie noch
nie sah."
„Die arme Olga", nickte der Graf ernst bewegt.
„Du kennst die Ursache ihrer Thräncn? Bitte,
bitte sage es mir. Sie thut so schrecklich geheim-
nißvoll und ich hätte wohl ein Recht, es zu aller-
erst zu erfahren." Liza blickte den Grafen so aller-
liebst unter Schmollen und Bitten an, daß seine
ernsten Züge sich wie durch Sonnenschein verklärt
aufhellten.
„Pst, Liebling, nicht so laut. Je weniger Du
da nachforst, um fo besser für Deine Freundin. Be-
gehre nicht etwas zu erfahren, was Dein unverdor-
benes Gemüth schwer bedrücken und Dich in häß-
liche Konflikte bringen würde.
Bestimmtes weiß ich auch nicht, damit gieb
dich zufrieden und sei nicht böse, wenn ich heute
ausnahmsweise Deine Bitte in Betreff Deiner Be-
theiligung an der Jagd abschlazen muß." Er legte
seinen Arm leicht um ihre schlanke Taille, strich die
gekräuselten Härchen von der weißen Stirn und
drückte ihr einen Kuß darauf.
„Morgen, wenn wir wieder unser eigener Herr
sinv, gehen wir beide nach kameradschaftlicher Art,
das Gewehr über der Schulter und jagen Meister
Lampe Herzenslust, willst Du?"

gestattet, ein Zeichen, daß die Heilung eine voll-
ständige ist.
' Waibstadt, 16. Julii Für eine Wein-
handlung in Bruchsal hat die Küserei von Karl
Bender dahier zwei Fässer gefertigt, wovon jedes
11 000 Liter hält. Von ihrem Umfang kann
man sich daraus einen Begriff machen, daß sie
nicht mit der Bahn transportabel sind, weil sie
beim Passieren des Zuges durch einen Tunnel an-
stoßen würden. Sie wurden deßhalb per Fuhr-
werk nach Bruchsal überführt. Dort werden sie
zerlegt und im Keller wieder aufgestellt. Die
betr- Weinhandlung hat Herrn Bender 10 solcher
Fässer in Auftrag gegeben. Bemerkt sei noch,
daß das Holz, aus dem diese Riesenfässer gemacht
werden, aus Ungarn bezogen wird, denn in
Deutschland sind Eichbäume, aus welchen man
solche große Dauben hauen kann, zu einer Selten-
heit geworden. Hier hat man bereits mit dem
Schnitt des Korns begonnen; auf hies. Gemarkung
wird auch ziemlich grüner Kern geschnitten, jedoch
weniger für den Handel als für den Hausbedarf.
* Buchen, 14. Juli. Ein junger Mann von
Hardheim, der auf dem Felde mit Wurzelhacken be-
schäftigt war, suchte letzten Samstag bei einem Ge-
witter Schutz unter einem Birnbaum. Der Blitz
schlug in den Baum, sprang an die Hacke über
und hat den Mann gelähmt. — In Götzingen fiel
ein Mann beim Kirschenbrechen vom Baum und
verletzte sich schwer am linken Oberschenkel. — Ein
kleines Mädchen in Altheim kam mit einer gefüllten
Gießkanne zu Fall, wobei ihm der Zeig-und Mittel-
finger buchstäblich durch die Kanne abgedrückt
wurden.
* Oberwihl, (A. Waldshut), 16. Juli. Vor-
gestern Nacht halb 2 Uhr schlug der Blitz in das
Haus des Gemeinderaths Jos. Matt, das sofort
in Flammen stand und bis aus den Grund nieder-
brannte. Menschenleben sind glücklicherweise nicht
zu beklagen und konnte auch das Vieh gereitet
werden; dagegen verbrannten sämmtliche Fahr-
nisse und 7 Bienenstöcke. Fahrniß- und Gebäude-
schaden beträgt ca. 13 000 Mk. der aber durch
Versicherung gedeckt ist.
* Thiengen bei Waldshut, 14. Juli. Die
hiesige Stadt rüstet sich auf einen Besuch der Gr.
Herrschaften, der auf 24. d. M- angeküudigt ist,
und welcher auf dem Weg zur Mainau stattfinden
wird, von St. Blasien aus, wo gegenwärtig die
höchsten Herrschaften weilen. Seit 1870 hatte
Thiengen nicht mehr die Ehre, den Landesherrn
begrüßen zu dürfen. Die Freude ist darum jetzt
eine große. Der Hauptzweck ist die Besichtigung
des neuerbauten Klettgauer Krankenhauses, welches
groß und stattlich gebaut am Fuße des Vitibuckö
liegt und die Stadt beherrscht. Ein Komitee ist
mit den Vorbereitungen beschäftigt. Von St. Blasien
aus wird — wie verlautet — die großh. Familie
das Schluchtthal über Uehlingen als Reiseweg
wählen und dann in Thiengen einsteigen, um nach
Konstanz und auf die Mainau zu fahren.
* Wahlwies, 16. Juli. Beim Entgleisen eines
Materialzuges beim Bahnbau Ueberlingen-Stahringsn
erhielt der 19 Jahre alte Bremser Biedermann
von hier, der unter einem Wagen zu liegen kam,
lebensgefährliche Verletzungen.
* Aus Vaden, 15. Juli. In den Kreisen der
badischen Bienenzüchter sieht man der im Herbste
dieses Jahres in Schönau i. W. zusammentreten-
den Generalversammlung mit der besonderen Hoff-
nung entgegen, daß endlich der langjährige Streit
zwischen „Lande.verein" und „Jmkerbund" bei-
gelegt werden wird. Der definitiv in Aussicht ge-
stellte Rücktritt des bisherigen 1. Vorstandes, des
Pfarrers Rudolph Kern in Plankstadt, würde
wenigstens für eine Wandervereinigung freie Bahn
schaffen, das Weitere findet sich leicht von selbst.
Freilich hätte man schon vor Jahr und Tag diese
Wiedervereinigung haben können, wenn man die-
selbe, als sie angeboten war, gewollt hätte. Hoffen
wir, daß diesmal dem Wunsche Aller, denen die
Sache der edlen Bienenzucht und die Wohlfahrt der
heimathlichen Vereins-Bienenpflege höher steht als

Sie schauten sich Auge in Auge und eine ver-
rätherische Rothe bedeckte jäh Liza's Antlitz. Sie
nickte stumm und ohne sich noch einmal umzublicken,
flogen die Füßchen leicht die Treppe herauf. Der
Graf sah dem flinken, lebensfrischsn Kind sin-
nend nach.
(Fortsetzung folgt.)

Treu bis in den Tod.
von T. v. E.
Nachdruck verboten.
Ueber das Wasser hallen melodisch die Glocken
— der San. Mauricus-Kirche. Die Frauen und
Mädchen gehen zur Messe. Die Männer liegen
am Strande, plaudern und erzählen vom jüngsten
Vorkommniß; wie ganz unerwartet früh sich die
Stille des 6onts 6c>Ionna' belebt hat, wie sich
die Lontessa schon auf der Altane gezeigt! Was
konnte das zu bedeuten haben? Der Himmel ent-
färbt sich, die Berge schimmern bläulich in den
letzten Sonnenstrahlen. Ueber die silberglänzende
Fläche des See's gleitet lautlaus eine schlanke
Gondel, in deren Mitte, nur eine Gestalt, in den
leise verschwimmenden Farben, sich scharf und deutli h
abzeichnet. — Es ist der deutsche junge Maler,
der — man weiß nicht — woher und wohin sich
in Pallermo eingerichtet und im Boot oder auf den
Bergen mit Pinsel und Palette gesehen wird. Es
sind so viele Fremde, Engländer, Spanier, Russen
gekommen und gegangen, daß sich Niemand um dm
einzelnen kümmert. Inzwischen ist es dunkel ge-
worden, in der Villa sind die Lichter angezündet.
Der Jüngling hat sein Fahrzeug bis an die Stufen

irgendwelche persönliche oder Partei-Interessen, besser
Rechnung getragen werde und daß insbesondere die
Person des neuen 1. Vorstandes, der in Schönau
zu wählen sein wird, diejenigen Garantien bietet,
die nothwendig sind um nach allen Seiten Ge-
rechtigkeit zu üben und dem Vereinsleben unserer
badischen Bienenzucht den vollen Frieden und die
höchst wünschenswerthe Eintracht wiederzugeben.
* Barmen, 16. Juli. Am Hauptpostamt ist
der Dachstuhl niedergebrannt. Die Telephon- und
Telegraphcnleitungen sind zerstört, die Apparate
gerettet; das Feuer ist im Erlöschen.
* Pera, 14. Juli. In den letzten 24
Stunden kamen noch neue leichte Erderschütteruugen
vor. Mehrere beschädigt gewesene Häuser sind
eingestürzt. Man befürchtet, daß weitere Personen
getödtet oder verwundet unter den Trümmern
liegen. Gleichwohl beginnt die Bevölkerung sich
zu beruhigen.
WermifchLes.
— In Kreuzeber (Kurhessen) hat ein Vater
seinem leiblichen Kinde beide Hände abgehauen, weil
es Hundertmarkscheine zerschnitzelt hatte. Die Mutter
traf vor Schrecken der Schlag und starb.
— Eine verrückte Idee wurde in einer der
letzten Nächte in der Friedrichsstraße in Berlin aus-
geheckt. Sie kam folgendermaßen zu Stande: Es
saß in einem Wirthshause eine höchst erregte Ge-
sellschaft beisammen. Man sprach von allem Möglichen
und endlich kam das Thema auch auf das Rennen.
Von diesem bis zum Distanzmarsch und -ritt ist
nur ein Schritt. Da meint plötzlich Einer aus
dem feucht-fröhlichen Kreise, daß dergleichen wohl
schon zu Zeiten des Weisen Rabbi ben Akiba
dagewesen wäre, neu dagegen und wirklich kn äs
sisols sei doch einzig nur das „Distanzkriechen."
Diese Idee fand sofort allgemeinen Anklang und
vier der Muthigsten erklärten sich bereit, an einem
„Wettkriecheu um die Meisterschaft von Berlin"
sich zu betheiligcn. Schnell wurden einige Preise
ausgesetzt, als „Start" die Leipzigerstraße und als
„Ziel" die Säule am Belle-Allianceplatz gewählt.
Die Kneiperei dehnte sich bis 4 Uhr Morgens aus;
dann begab sich die ganze Gesellschaft zum „Start."
Auf ein gegebenes Zeichen wurde „abgekrochen."
Von der ganzen Gesellschaft unter lautem Jubel
begleitet wurden die auf Händen und Füßen krie-
chenden Renner vom Staub und Schmutz der Straße
arg mitgenommen. Zuerst ging es sehr gut, doch
schon nach kurzer Zeit versagten die Kräfte, und
zwei gaben das Kriechen auf. Die anderen krochen
weiter, kamen aber auch nur bis zur Puttkamer-
straße. Dann knikten sie ein, erhoben sich und
verzichteten auf den Preis. Die Hände waren ob
der ungewohnten Arbeit tüchtig zerschunden, die
Hosen zerrissen, die Kehlen vom Staube ausgetrocknet.
Der letztere Schaden war jedenfalls der gefährlichste
und mußte schleunigst noch durch einige Glas Bier
nothdürftig geflickt werden.
— Die Sonne bringt es an den Tag.
Ein junger Bauer, dessen Frau etwas eifersüchtig,
war als Unteroffizier der Reserve einberufen worden.
Wiede: nach Hause zurückgekehrt zur liebenden
Gattin, saßen beide nach langer Trennung behag-
lich bei einander; sie tändelte mit seiner Hand und
zog ihm dabei spielend den Ring vom kleinen Finger;
ein weißer Hautstreifen wurde sichtbar. „Wie Du
verbrannt bist, sieh doch!" rief die junge Frau und
zeigte auf die durch Ring geschützt gewesene un-
verbrannte Stelle. Neugierig zog sie ihm nun
auch den Ehering vom Goldfinger: hier aber war
die Haut ebenso gebräunt wie sonst auf der Hand,
denn der Ehemann hatte den Trauring während
der Abwesenheit in der Geldbörse aufbewahrt, damit
er ihn, wie er sagte, nicht verliere. Die junge Frau
reimte sich jedoch die Sache anders zusammen,
und diese ihre Vermuthung hat die Freude des
Wiedersebens getrübt.
— Interview mit einem „Schneiderkönig".
Aus London schreibt man den „Münch. Neuest.
Nachr." : Der berühmte Pariser Schneider Mr.
Worth, der, wie sein Name verräth, aus England

gerudert, die von der Altane bis hinab in den See
führen und er harrt jetzt — ob sie nicht erscheinen
wird die schöne Felicitas des Grafen Tochter — für
die er in heißer Liebe entbrannt ist. Seine Ge-
danken schweifen zurück — zu der Grotte, wo er
sie zuerst erblickt, in der die heilige Jungfrau er-
schienen sein soll und die Ziel vieler Wallfahrer
bildet: Wie er dort am Gitter lehnt, weil er sich
nicht in die Menge des fanatischen Volkes mischen
mag! Da sieht er abseits von dem Gedränge ein
Mädchen knieen, in weißem Gewände; hinter ihr eine
schwarzeDuena, sofromm, so hingegeben andächtig dabei
so kindlich vertrauend die Augen betend aufgeschlagen
zu der Madonna am Felsen! Um was sie nur
so inbrünstig flehen mag? Und solche Augen —
smaragdestrahlend, hatte er nie gesehen, nicht für-
möglich gehalten, daß es solche gäbe! Er wagte
es näher zu treten. Die Wallfahrer ziehen
singend zum Kloster hinauf, dessen Fenster röthlich
blitzen, während hier unten schon alles im Schatten
liegt! Von dem lauten Treiben blieb kaum der
Nachhall: Sie betet und er steht sie an. Da ist
es, als ob seine Blicke unruhig sie machen, sie erhebt
sich und sieht ihn an. Wie ein Feuerstrahl dringt
ihr Blick in sein Herz! Ach! sein Leben gehört
ihr nun für alle Zeiten! Diesen Augen muß er
folgen wohin sie ihn auch führen, er folgt ihr nach
wie im Traum. Singende Priester, blauweiß
gekleidete Chor-Knaben, von der Kirche oben über
der Grotte, Prozessionen mit Fahnen — im Strom
der Menschen, verlor er sie aus den Augen! —
Nun folgten Wochen emsigsten Fleißes, seine Unruhe
sein Verlangen nach ihr zu betäuben. Sein Atelier in
Rom wurde von hervorragenden Fremden aufgesucht,

stammt, hat einem Vertreter des hiesigen Damen-
journals „Woman" einige Daten über sein Ge-
schäft und seine Preise gegeben. „Meine gewöhn-
liche Rechnung für ein seidenes Gesellschaftskleid
ist 1000 bis 1500 Mk-, besonderer Ausputz erhöht
natürlich die Kosten beträchtlich. So verfertigte
ich einmal ein Hofkleid, bei dem die Schleppe allein
20 000 Mk. kostete; sie war mit feinen Seiden-
spitzen bedeckt. Eines meiner theuersten Kleider
kam auf beinahe 100 000 Mark. Die Amerikane-
rinnen treiben es in der Kleiderertravaganz so
ziemlich am weitesten und sie gehören daher zu
meinen besten Kunden. Vor kurzem hatte ich einer
jungen Amerikanerin ein Ballkleid anzuprobiren;
ihre Zofe erzählte mir nachher mit Stolz, das
Corsett, das ihre Herrin trug, koste 300 Mk., ihr
Spitzenunterrock 600 Mk. ihre Unterhosen, besetzt
mit echten alten Spitzen, 500 Mk. das Paar, und
ihre Strumpfbänder mit goldenen Schnallen und
je einem Diamant 1200 Mk. Die Unterkleider
dieser jungen Erbin repräscntirten also allein bei-
nahe 3000 Mk."
— Eine kuriose Wette, Aus Pisthan wird
dem „Wiener Tageblatt" vom 8. ds. eine Ge-
schichte mitgethcilt, welche lebhaft an die Anek-
dote erinnert, in der von einem jungen Manne
erzählt wird, daß er durch eine außerordentliche
Rasirkunst an einem Hasen sich ein Vermögen
erworben habe. Wenn die Geschichte wahr ist,
so hat Herr C. B. einen Beweis von seltener
Rasirkunst gegeben. Die Mittheilung lautet:
Herr C. B. aus Pisthan wettete mit einem Apo-
theker um 100 st., daß er im Eisenbahnkoupe
von Pisthan bis Neustadt — eine Fahrstrecke
von 29 Min. — 15 Personen rasire. Eine
Wette wurde gestern ausgetragen. B- rassirte
unter allgemeiner Spannung und Heiterkeit der
Passagiere und des Zugpersonals während der
erwähnten kurzen Fahrt 18 Personen zur voll-
kommenen Zufriedenheit derselben. Er hatte so-
mit die Wette glänzend gewonnen.
— Cafeehaus-Roman. Gigerl geht mit seiner
Braut Sonntags nachmittag in Cafeehaus; ist das
solideste und billigste Vergnügen. Schaut schneidig
zum Fenster hinaus, betrachtet Welt von oben herab
und läßt sich von Passanten bewundern. Gigerl
ist aber auch bewunderungswürdig: kurze Hose,
kurzes Jaquet, kurzer Stock, kurze Haare, kurzer
Verstand. Alles kurz. Hinter ibm am Tisch sitzen
zwei Herren, betrachten Gigerl und Dame speziell
aber Letztere; Gigerl bemerkt Augenspiel, läßt sich
aber nichts bemerken. Gigerl sieht durch scharfge-
schliffenes Monocle, daß Beide den Kellner rufen
und ihm Billetdour mit Auftrag geben, bei passender
Gelegenheit Dame zuzustccken. Gigerl ist wüthend-
Das ihm! Will auf der Hut sein. Entschließt
sich endlich, zu gehen, „Anton", geriebener Bursche,
hilft Dame Mantille umhängen, drückt ihr dabei
Briefchen in die Hand. Gigerl zittert vor Wut,
hat alles gesehen, nimmt Karte aus Portefeuille,
will Frechlinge fordern, Duell auf Leben und Tod-
„Aeh, Briefchen, nicht wahr? Laß s-hen!", nimmt
Zettel von Dame, entfaltet ihn und liest: „Ver-
ehrtes Fräulein! Vielleicht gelingt es durch Ihre
Vermittlung, Ihren Herrn Bräutigam zum Zahlen
der mir schuldigen Kleider zu bewegen. Es ist
wirklich ein Skandal wie lange er sich mahnen läßt-
Mit besten Dank im Voraus * * ", Schneider-
meister." — Gigerl wird erst bleich, lächelt dann,
aber; wirklich kolossaler Spaß, geradezu pyramidal!
Steckt Karte wieder gelassen ein, grüßt höflich, und
spaziert schneidig ab.
Kerneinnühiges.
Eine Verbesserung des Beerenweines und
zugleich eine billigere Herstellung desselben wird seit
neuester Zeit durch die Anwendung der jetzt so sehr
billigen Corinthen statt des Zuckers erzielt. Der
Zucker gibt bekanntlich dem Beerensaft einzig und
allein einen höheren Gehalt an Weingeist, im Wein-
geist ist aber nicht der ganze Geist des Weines ent-
halten, es fehlen ihm vielmehr gänzlich gerade die
feinsten, die geistigsten Bestandtheile des Weines, die

„sein betendes Mädchen" hatte die Aufmersamkeit
erregt, von sich sprechen machen: Da holte ihn
einer seiner Freunde zum Empfangsabend einer Frau
ab, die bei den Künstlern, wie bei denAristokraten gleich
angesehen nud beliebt war. — Indem er eintrat,
siel sein Blick gleich auf die zarte Gestalt, die
wachend und träumend seine Seele erfüllte, sein
„betendes Mädchen" : Im frischen Schmelz ihrer
16 Jahre, strahlend von Geist und Laune. Dabei
die kindlich marienhafte Schönheit ihrer griechisch
geformten Züge. Ihr frohes Lächeln, ihre süße
Stimme, als er sich förmlich ihr vorstellen ließ.
Im Gespräch mit ihr, erfuhr er dann, wer ihr Um-
gang und kostete cs auch Zeit und Geld, er machte
Besuche beim deutschen Gesandten und wo sie ge-
laden. Er traf Sie häufig, tanzte mit ihr und
lehrte sie mehr und besseres Deutsch sprechen,
wohin das führen sollte, daran dachte er nicht. —
Die Sterne des Vaters des Oonts 6olonnu hatte
oft schon bedenkliche Falten gezeigt, wenn er mit
der Lontessa getanzt und gesprochen — doch von
Liebe war bisher nie die Rede gewesen. Sie war
naiv und offen, aber bei aller Kindlichkeit doch sehr
stolz und sicher. — Man sprach von ihrer Schön-
heit, ihrem Reichthum, von den glänzenden Par-
thien die sie schon ausgeschlagcn; von des jungen
Malerö Liebe schien nur der Vater eine unheilvolle
Ahnung zu haben: Der eole Graf war alt ge-
worden und weil er das fühlte, war ihm nichts
mehr so wichtig auf Erden, als die Tochter zu ver-
vermählen, die ihm als letztes Kind von seiner
Gemahlin geschenkt, nachdem 3 hoffnungsvolle
Söhne in ein frühes Grab gesunken waren.
(Fortsetzung folgt.)
 
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