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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 4. August)
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Gewährung einer solchen Pause sehr gute Gründe
für sich zu haben und für die Gesetzgebung größeres
Gewicht an Gründen zu besitzen, als die jetzt viel-
fach beobachtete und auch getadelte Ueberbeschäftigung
von in der körperlichen und geistigen Entwickelung
begriffenen jungen Leuten. — Wie gegen den aus
Lehrerkreisen geforderten einjährigen Dienst der
Lehrer, so wendet sich auch ein Theil der Presse
gegen das neu auftretende Verlangen einer ander
weiten und sehr kostspieligen Berufsvorbildung für
die Volksschullehrer (Besuch einer sechsklasstgen
Mittelschule, darauf Lehrerseminar ohne Internat.)
Die Geldanforderungen, die sich daran knüpfen,
sind derart, daß sie von den wenigsten Eltern ge-
leistet werden können, und der Volksschullehrerstand
selbst hat wohl keinerlei Interesse, die Hauptquellen
seines jetzigen Bestandes, insbesondere den Zuwachs
aus Lehrer familien, in dieser Weise zum Versiegen
zu bringen. — Von einem im Gesetzesblatt ver-
öffentlichten Nachtrag zum allgemeinen Staatsbudget
werden die Hauptzahlen nur um etwa 18 000Mk
in günstigem Sinne, d. h. zur Verminderung des
Ausfalles, beeinflußt. Bei einem Fehlbetrag von
über 5 Millionen kommt dies wenig in Betracht;
übrigens steht ohnehin zu hoffen, daß der Fehlbetrag
nicht in diesem Umfang zur Erscheinung kommt.
— Durch eine Verordnung des Finanzministeriums
wird die Herstellung von Kunstwein-Haustrunk
seitens der Wirthe und Weinhändler aus eigenem
Herbsterzeugnis geregelt. Das hierauf bezügliche
Gesetz wurde in der letzten Tagung mit den
Ständen vereinbart. Die Gestattung erfolgt je-
weils für ein Jahr für den eigenen Haushalt und
die landwirthschaftlichen Hilfsarbeiter. Die Ge-
stattung soll nur an Porsonen von steuerlicher Un-
bescholtenheit ertheilt werden. Der also hergestellte
Haustrunk ist mit deutlicher Bezeichnung von den
übrigen Weinvorräthen getrennt zu halten.
Ausland.
Paris, 1. August. Der Marine Minister ist
mit dem Generalinspektor Admiral Alguier in
Toulon angekommen und wird bis Freitag Abend
bleiben — Das Schwurgericht in Lyon hat einen
gewissen Jember zu einem Jahr Gefängnis ver-
urtheilt wegen Aufreizung zum Mord, Plünderung
l und Brandstiftung am 28. Juni, die von Erfolg
begleitet war.
London, 1. August. Für die Behauptung,
daß das in den Grund gebohrte Trans-
Iportschiff „Kau-Schung" die britische Flagge
I geführt habe, fehlen noch immer Beweise, die vor-
I liegenden Berichte stammen ausschließlich aus
I chinesischen Quellen. Diese muthen, wie die „Times"
I hervorhebt, der Welt Unglaubliches zu. So z. B.
I wenn telegraphirt wird, das chinesische Kriegsschiff
I „Tschen-Auen" sei im Seegefecht am Freitag so be-
I schädigt worden, daß es zur Reparatur in einen
I Kriegshafen habe flüchten müssen und doch schon
I Montag wieder zum Seegefecht bereit gewesen sei.
»Europäische Docks hätten ein so schnelles Reparatur-
I stück kaum ausgeführt. Daher räth der „Daily
ITelegraph" im Interesse des „uuckiutur st altern
Ipurs^ eine Vertagung des Urteils. Große Ent-
Irüstung über die chinesischen Beschuldigungen herrscht
Mn den hiesigen japanischen Kreisen, die mit Stolz
Daus die japanische Gesellschaft vom rothen Kreuz
Dals Beweis japanischer Menschlichkeit hinweisin, die
^behauptete Barbarei sei mit dem japanischen Cha-
Makter unvereinbar. Eine amtliche Mittheilung der
Mapanischen Regierung besagt ausdrücklich, daß
Moraussichtlich die Thatsachen von dem chinesischen
Möerichte über die Niederbohrung des Transport-
Mchiffes vollständig abweichen würden. Selbst wenn
Mer „Kau-Schung" die englische Flagge geführt, so
Mabe es als eine Kriegslist gegolten, da man keinen
Mlugenblick habe voraussetzen können, daß ein
Musischer Handelsdampfer feindliche Truppen unter
Men obwaltenden Umständen befördern würde. Eine
«eichnung des Witzblattes „Punch" stellte heute
Mecht witzig den russischen Bären dar, wie er dem
Mmhnenkampf zwischen Japan und China zuschaut,

schledorn im Zimmer umher, nach einem Liebes-
:ichen von der Geschiedenen suchend. Wie Bluts-
opsen und Thränen glänzten ihr Rubinen und
erlenbesetzte Armspangen entgegen und schaudernd
>arf sie den Deckel des Schmuckkastens wieder zu.
„Meine Olga, mein Sonnenstrahl!" rief sie
bluchzend. Da fiel der umflorte Blick auf den
einen Schlüssel, der im Schreibtisch steckte. Dort
md sie das ersehnte Zeichen, aber neuen Jammer
eue Gewissensqualen riefen die schlichten, unge-
^nstelten Worte hervor, die Olga in einem ver-
flossenen Couvert für die Freundin zurückgelassen
litte. Ein Blick hinein soll uns mit dem Jn-
^lt bekannt machen. Olga schrieb!
I „Meine theure, arme Fanny!
», Daß ich Dir so schweren Kummer bereiten
I mußte, thut mir in der Seele weh. Wiewohl
»ich Dir schwöre, daß ich unschuldig an der ent-
I schlichen That bin, die meine Mutter auf sich
Ilud, so gebe ich Dir recht, die Schuld der Mut-
Iter ist auch die meinige und so scheide ich, weil
IDu es willst, mit wehem Herzen von dem lieben
Mriedlichen Ort, an dem mich so innige, nie ge-
Mannte Liebe umfing. Arm, wie ich zu Dir
Main, scheide ich wieder; ich will in Dürftigkeit,
Mern von allen Liebens mein Dasein fristen; ich
«will sühnen, vielleicht nimmt Gott das Opfer
Mn und verschließt mir nicht die Pforten des
Mummels. Dein treues Herz hätte gewiß Nach-
Mcht geübt, wenn Du.mein Flehen erhörtest und
Meine Rechtfertigung angehört. Es sollte wohl
Mcht sein. So füge ich mich restgnirt, festes
. Mottverterauen im Herzen, in mein schweres Loos.
Me wohl, Fanny, und gedenke ohne Groll

mit der Un erschrift: „Wer immer siegt, ich sehe
meinen Weg zu einer Mahlzeit".

Aus Wutz unö Iwn.
' Schwetzingen, 31. Juli. Auf das vom
15. Landesfeuerwehrtag an S. K. H. den Erb-
großherzog gesandte Begrüßungstelegramm lief
folgende Antwort aus Scheveningen ein:
Herrn Franzmann!
Aufrichtig bedauernd, mich am heutigen
Feuerwehrtag nicht betheiligen zu können, dank,
ich den Vertretern der badischen Feuerwehren
herzlich für das freundliche Gedenken.
Friedrich, Erbgroßherzog.
* Mannheim, 1. August. Gelandet wurde
im Rheine bei Worms die Leiche einer unbe-
kannten 16—18 Jahre alten, 1,50 Meter großen
Frauensperson mit röthlich-blondem Kopfhaar,
welche etwa 2—3 Tage im Wasser gelegen hat.
Die Leiche war bekleidet mit braungestreiftem Rock,
grün und roth geblümter Jacke, blau, roth und
weißgestreiftem Oxfordhemd, blau und weiß ge-
streifter Schürze, braunen Strümpfen und Zug-
stiefeln. Ueber die Persönlichkeit ist bis jetzt
noch nichts bekannt.
* Neulußheim, 1. August. Ein an der
Straße nach Neulußheim in der Nähe des Hockenh.
Bahnhofs stehender Apfelbaum ist in voller Blüthe.
— Auch in dem Garten des Herrn Albert Hoff-
mann in Sinsheim befindet sich ein Zwerg-
birnbäumchen, welches seit vorioer Woche den
zweiten Blüthenfchmuck in diesem Iah "e aufweist.
gO Ilvesheim, 1. Aug. Am Sonntag Nach-
mittag spielten mehrere Kinder auf dem Neckar-
damm, wobei ein Knabe die 8—10 Met e hohe
Mauer hinunter fiel und sich derart verletzte, daß
an seinem Aufkommen gezweifelt wird. A Am
gleichen Nachmittag waren viele Leute mit Frucht-
binden auf dem Felde beschäftigt. Eine Familie
ließ ihre 3, 5 und 6 Jahre alten Kinder
zu Hause; die beiden älteren beschäftigten sich
damit, dem kleineren Locken zu brennen und
bedienten sich zum Feuermachen des Petroleums.
Bei dieser Gelegenheit fingen die Haare des
kleinen Kindes Feuer und erhielt dasselbe solche
Brandwunden, daß es am Montag seinen Leiden
erlag.
* Von der unteren Elfer»;, 31. Juli. Der
Engerlingfraß zeigt sich jetzt schon in den Kartof-
feln in höchst unerfreulicher Weise. Wenn es jetzt
schon so aussieht, wie wird es erst bis zum Herbst
werden? Hoffentlich treten in anderen Gegenden
die Engerlinge nicht so zahlreich auf. Wäre es in
vielen Gegenden so schlimm wie bei uns, so könnten
schöne Kartoffeln einen sebr hohen Preis bekommen
was jedenfalls für die Allgemeinheit kein Vortheil
wäre. Auch viele Wiesen zeigen ganz deutlich die
Spuren dieser gefräßigen Unholde, welche in der
Pflanzenwelt nichts zu verschonen scheinen und
großen Schaden anrichten. Es wäre daher kein zu
großes Opfer gebracht, wenn an einem sogen. Mai-
käfer-Flugjahr diese braungeflügelten Blätter- und
Blüthenfresser recht fleißig gesammelt und getödtet
würden.
* Neidenstein, 30. Juli. An Stelle des nach
Beenden Bez.-Amts Bonndorf versetzt wordenen
Unterlehrers Häfner wurde Unterlehrer Emil
Martin, seither in Schutterzell, hierher versetzt.
* Sinsheim, 31. Juli. Wie man uns mit-
theilt, wurde gestern auf der Bahnböschung
zwischen Hoffenheim und Zuzenhausen ein Packet
in Papierumhüllung gefunden, welches offenbar
von einer mitfahrenden Person zum Koupeesenster
hinausgeworfen worden war. Beim Oeffnen des
Packeis fand sich — — ein blutgetränktes Frauen-
hemd und ein Stück Hemdentuch in derselben
Verfassung vor! Polizeiliche Erhebungen sollen
eingeleitct sein.
* Mosbach, 31. Juli. Die großh. höhere
Bürgerschule hier — mit dem Lehrplan des Real-
gymnasiums — wurde im abgelaufenen Schuljahr
von 126 Schülern besucht, wovon am Ende des

Deiner armen, einsamen Olga. Lege Deine
Hand auf's Herz und versprich mir so, das Ge-
heimniß mit Dir in's Grab zu nehmen, nur
das eine willige mir — das Kind bittet für die
Mutter — und ich will Dich segnen, ich will
den Allmächtigen bitten, Deiner» Lebenspfad mit
Blumen zu bestreuen. Sage den Leuten, ich sei
vereist, sprich die Nothlüge aus und sei gegrüßt
viel tausendmal. Olga"
Wie vernichtet sank die schwer Getroffene auf
das kleine Sopha. „Oh, Du Reine, warum ver-
traute ich Dir nicht? warum zertrat ich die schönste
Blume aus dem Kranz der Liebe! Oh, Olga
warum hast Du mir das gethan? warum gingst
Du von mir? wo soll ich Dich finden, wo, wo?"
Keine tröstliche Stimme gab der Verzweifelten Ant-
wort; kein milder Trost senkte sich in das reuige
Herz, vielmehr schrie und rief es dämonisch höhnend
aus ihrer geängstigten Seele heraus:
„Du wolltest richten, Du hast Dich selbst ver-
urtheilt. Sie, die Du mit rauher Hand von Dir
stießest, sie war es, die Dir durch ihre engelreinen
Worte, durch ihren Madonnenblick den ersten Trost
gab und Frieden in Dein verbittertes Herz senkte.
Jetzt, nur Du den Engel jaus dem Paradies ge-
stoßen, werden Gram und Thränen Deine tägliche
Gäste sein, steh zu, daß Dich Gott nicht sinken
läßt für diese That!" . . .
Trübe Tage zogen jetzt über das stolze Heim
der Frau, die sich so völlig unzugänglich gegen jeg-
liche Aussprache gezeigt und dadurch sich selbst so
schwer getroffen. Halbe Nächte-'hindurch wandelte
sie, gleich einer mondsüchtigen, durch das große,

Schuljahres noch 110 anwesend waren. Nach dem
Religionsbekenntniß vertheilen sich dieselben auf 76
Protestanten, 30 Katholiken und 8 Israeliten; 73
Schüler wohnen hier, 41 kommen von auswärts.
Die Anstalt wird mit Beginn des neuen Schuljahres
im neuen Anstaltsgebäude als Prorealgymnasium
eröffnet. Es werden Behufs Erweiterungen der
Anstalt noch 2 Professoren angestellt, was aller-
dings der Stadtkasse eine Mehrausgabe von 5000
Mk. verursacht; allein die Abiturienten werden
künftighin die Berechtigung zum einjährig-freiwil
ligen Militärdienst erlangen können. Das neue
Schuljahr beginnt am 11. September, die feierliche
Einweihung des neuen, dreistöckigen Anstaltsgebäu-
des findet am 13. Sept, in der ebenfalls neu er-
bauten Turnhalle statt. Hierzu wird, wie wir
hören, ein Mitglied des großh. Oberschulraths er-
scheinen.
* Karlsrnhe, 31. Juli. Seit einigen Tagen
streiken 19 Metalldrücker der hiesigen Metall-
patronenfabrik in Folge Lohnstreitigkeiten, da
ihnen eil» Lohnabzug von 12^2 Prozent gemacht
werden sollte. Eine gestern zwischen dem Streik-
Ausschuß und der Direktion der Fabrik stattge-
fundene Verhandlung verlief ergebnißlos. Die
Direktion hatte sich bereit erklärt, sämmtliche
Ausständigen bis auf 2 Rädelsführer unter den
alten Lohnsätzen wieder einzustellen. Der Aus-
schuß bestand jedoch auf ausnahmsloser Wieder-
aufnahme der Feiernden. Da beide Theile in
diesem Punkte fest blieben, so mußte die Ver-
handlung als gescheitert abgebrochen werden.
* Freiburg, 31. Juli. Der Sohn des hiesigen
Oberschaffners Eduard Zimmer ertrank beim Baden
in einem Weiher in Endingen. Derselbe wollte in
Begleitung eines Mitschülers einen Ausflug nach
Altbreisach machen, um dort seine 80jährige Groß-
mutter zu besuchen. Beim Abmarsch von Endingen
passirten die Knaben den sogenannten Brandweiher
und wandesie sie die Lust an, dort zu baden. Der
Verunglückte ging sofort in's Wasser, gerieth aber
in eine Vertiefung, wobei er sich noch in Wasser-
pflanzen verwickeite. Trotzdem Zimmer ein guter
Schwimmer war und verzweifelte Anstrengungen
machte, um sich aus den Umschlingungen der Wasser-
pflanzen zu befreien, ertrank der Bedauernswerthe
iu kurzer Zeit. Hilfe war keine zur Stelle, da
ihm sein Reisegefährte, ein 12jähriger Schüler aus
Amoltern, mit dem besten Willen, weil des
Schwimmens unkundig, nicht beispringen konnte.
Ein par Waschfrauen, die in der Nähe beschäftigt
waren, kamen zwar auf die Hilferufe herbei, doch
leider zu spät. Da die genaue Adresse der armen
Eltern des Verunglückten nicht bekannt war, so
mußt-- die Todesnachricht durch die Kriminalpolizei
kugebracht werden, was begreiflicherweise eine er-
schütternde Szene hervorrief. Allgemein werden die
bedauernswerthen Eltern bemittleidet. Die Be-
erdigung fand heute Mittag auf dem hiesigen
Friedhof statt.
' Uhlingen (A. Bonndcrf), 31. Juli. Heute
wurde uns die hohe Ehre eines Besuchs unseres ge-
liebten Fürstenpaares zu Theil, das von St. Blasien
über Rothhaus kommend um 12 Uhr eintraf. Am
Eingang des prächtig geschmückten Ortes überreichte
mit einem poetischen Willkommgruß die kleine Hed-
wig Spitznagel dem Großherzoglichen Paare einen
Fcldblumenstrauß. Trotz des ungünstigen, regne-
rischen Wetters stieg das Hobe Paar aus und schritt
zu Fuß durch die festlich aufgestellten Reihen der
Volksmenge. Die Bettmaringcr Musik intonirte
die Landeshymne und begeistert stimmten sämmt
liche Anwesende mit ein. Im Gasthaus zum
„Posthorn", wo die Herrschaften ihren Mittags-
tisch bestellt hatten, wurden die Königl. Hoheiten
nochmals von den dort sich derzeit aufhaltenden
Sommergästen aus Karlsrnhe mit einem Blumen-
bouquet begrüßt, was von den hohen Besuchern
huldvollst ausgenommen wurde. Zu der daraus
folgenden Mittagstafel wurden der Herr Abge-
ordnete Kriechle, der Amtsvorstand und Amts-
richter von Bonndors, der Herr Oberförster von
Stühlingen, der Pfarrer von Riedern, sowie Herr

Bezirksrath Glunk, Herr Dr. Spitznagel und Herr
Bürgermeister Beck von Uehlingen beigezogen.
Herr Bürgermeister Beck hielt eine tiefempfundene
Ansprache an das allgeliebte Fürstenpaar, worauf
S. K. Hoheit dem Bürgermeister für den herzlich
schönen Empfang, der bei ihm einen tiefen Ein-
druck gemacht habe, seinen Dank aussprach und
auf das Wohl der Gemeinde und deren Bürger-
meister trank. Auf's Eingehendste erkundigte sich
der Grvßherzog und die Großherzogin nach allen
Verhältnissen der Umgebung, wie sie sich auch lobend
über die vorzügliche Wrgflegung des Hauses Fischer
aussprachen. Um 2 Uhr verließ uns Bavens
Herrscherpaar, begleitet von den Segenswünschen
und den tausendfältigen Hochrufen der von allen
Seiten herbeigeströmten Landbevölkerung. Leider
wird die Fahrt durch das herrliche Schlüchtthal nach
Thiengen durch die Ungunst der Witterung etwas
zu leiden gehabt Haben, da eS bei der Abfahrt
regnete. Für Uehlingen wird aber dieser Tag als
ein Ehrentag für alle Zeiten in Erinnerung bleiben.
* Lörrach, 31. Juli. Ueber einen an dem
Kaufmannslehrling Karl Gangloff von Weil ver-
übten Raubanfall wird dem „Oberl. B." Folgendes
mitgetheilt: Als Gangloff, der tagsüber in einem
Kaufmannsgeschäft in Basel thätig ist, auf dem
Heimweg begriffen war, stürzte zwischen Leopolds-
höhe und Weil, unweit der Leopoldshöhe, ein ihm
unbekannter Mann hinter einem Nußbaum hervor,
packte ihn im Genick und warf ihn mit den in
norddeutschem Dialekt ausgerufenen Worten : „Jetzt
hab' ich den Strolch" mit dem Gesicht nach unten
auf den Boden. Er kniete darauf auf ihn, wo-
rauf ein zweiter Mann herbeisprang und ihm mit
einem Schlauch zwei Schläge auf den Kopf ver-
setzte. Gleichzeitig zog der erste der Angreifer ein
Messer und holte auf den am Boden Liegenden
aus. Letzterer hatte jedoch noch die Geistesgegen-
wart, dem Strolch in den Arm zu fallen, wodurch
der verhängnißvolle Stoß verhindert wurde. Im
Handgemenge bekam er eine leichte Wunde an der
rechten Hand. Nun versuchte der Andere ihm das
Portemannaie aus der Tasche zu reißen, und
schlug ihm, da er sich die Taschen zuhielt, der-
maßen auf den Arm, daß er kraftlos gehen lassen
mußte, worauf ibm das Portemonnaie herausge-
rissen wurde. Nicht genug mir dem bereits Ver-
übten, rissen die „wackeren Helden" dem Wehrlosen
gewaltsam den Mund auf und gossen ihm den In-
halt eines mit Aether gefüllten Fläschchens hinein.
Den nun bewußtlos gewordenen jungen Mann
ließen sie sodann liegen und machten sich, lachend
über die geleistete H'ldenthat, gegen Basel davon.
Der Angefallene hätte, da er sich nicht von der
Stelle bewegen konnte, wahrscheinlich die Land-
straße als Nachtlager benützen müssen, wenn nicht
zufällig zwei Basler Herren gekommen wären und
sich seiner angenommen hätten, indem sie ihn nach
Leopoldshöhe trugen und ihm das Fahrgeld nach
Weil bezahlten. Leider konnten die Raubritter bis
jetzt nicht habhaft gemacht werden.
* Hornbach, 31. Juli. Der dem Trünke
ergebene Jakob Georg, etwa 50 Jahre alt, Maurer
von Hornbach, wurde verhaftet. G. soll schon
längere Zeit sich mit dem Gedanken tragen, seine
Frau, die etwa 60 Jahre zählt, umzubringen.
G.stern Nacht sollte nun diese scheußliche That
zur Ausführung gelangen. Als Frau G. um etwa
12 Uhr mit nach der Wand gekehrtem Gesicht in
festem Schlaf lag, erhielt sie plötzlich von ihrem
Manne mit einem schweren Hammer derart wuchtige
Schläge auf den Kopf, daß ihr das Blut über das
Gesicht strömte. Frau G. flüchtete sich sofort aus
dem Bette, wobei sie zu ihrem Schutze ein Kissen
über den Kopf hielt. Nun griff G. zum Messer,
das er anscheinend gleich dem Hammer vorher
schon bereit gelegt hatte, und stach blindlings auf
sein Opfer los, das erhebst re Verwundungen am
Genick und den Händen davontrug. Es gelang
schließlich der Frau, die Stubenthür zu öffnen
und, nur mit dem Hemde bekleidet, auf die Straße
zu eilen, wo sie in einem Nachbarhause Aufnahme

einsame Haus und den mondbeschienenen Garten.
Frau von Schledorn wurde bleich und mager; die
grauen Augen erschienen durch den Schatten dar-
unter tief eingesunken. „Ja, unendlich bereute sie
ihr unbarmherziges Vorgehen, allein der jähe
Schreck, das Zusammentreffen so peinlicher Um-
stände, die Olga ihr so unerwartet zugeflüstert,
hatten sie total verwirrt, ja unzurechnungsfähig ge-
macht, Recht und Unrecht zu unterscheiden. Der
Friede war demnach durch diesen einen schweren,
unüberlegten Schrat vor ihr geflohen und die Marter-
qualen schleppte sie wie eiserne Ketten mit sich
herum.
* «
(Fortsetzung folgt).

Kleines JeuMeLon.
* Galante Zöllner. Im Gepäckrevisionssaal
eines Grenzzollamtes blieben jüngst zwei Bücher
liegen: „Trotzkopfs Brautzeit von Emmy v. Rhoden"
mit der Widmung „Unserer lieben Clotilde, Weih-
nachten 1893 von Onkel und Tante" und „Die
verlorene Handschrift von Gustav Freytag" mit dem
Stempel „Höhere Töchterschule Zürich" versehen.
Hiedurch konnte die Besitzerin ermittelt und der-
selben ihr Eigenthum zugestellt werden. Ich Buche
fand sie nach dem „Schwäb. Merkur" ein Blatt
mit den Versen:
„Geht mir doch mit dm Zöllnern weg!"
Ruft Manche aus im Groll,
Wenn an der Grenz' sie ich Gepäck
Den Zöllnern zeigen soll-
„Wie unnütz wird man doch geplagt

Hier an des Zolles Schranke!
Ich hatte Alles schön gepackt,
Nun ist's durchwühl»! Ich danke!"
So fängt in ihrer stillen Wuth
Manch Fräulein an zu zanken,
Und läßt die Hälft von ihrem Gut
Dann liegen in Gedanken-
Wer vorher gar ein Buch studiert,
Wie „Trotzkopss Brautzeit" ist,
Wird von dem Inhalt so gerührt,
Daß er selbst 's Buch vergißt- ,
Besonders wenn vom Institut
Zu „Leo" eilt die „J.se",
Da rollt Gar heiß das junge Blut
Und rasch nur will s'e
WaS liegt am Buch! 's geht Ihm,
Den Ilse sich erkoren!
Was ist's, wenn „Emmy's Trotzkopf" mit
Die „Handschrift" g ht reeloren!
Fällt in geschmähten Zöllners Hand,
Was hier vergaß Clolive,
Dann wird sie, wenn er's ihr gesandt,
Vielleicht auch wieder milde.
Läßt nicht mehr schelten den Beruf
Der Zöllner. „Nein, die Braven,
Die sind viel besser als ibr Rus:
Ich kenn's von Friedrichshafen."

* Studentenbrief. „Lieber Vater! Ich habe
es jetzt satt, immer vergeblich nach Gelb zu schreiben.
Ich will sehen, ob ich mir nicht durch eigene Arbeit
etwas verdienen kann. Als Anlagekapital würden
mir vorläufig einhundert Mark genügen u. s. w."
* (Ein Gourmand. Soldat: „Ich bitte
Dich, Anna, wenn Du hier aus dem Dienst gehst,
empfiehl mich an Deine Nachfolgerin, denn in dem
Haus will ich bleiben!"
 
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