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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0031

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 6.

Montag, den 8. Januar

ISS«

Zur Beschlagnahme deutscher Schiffe durch
England.
Aus London wird berichtet, daß man dort über die
Beschlagnahme deutscher Schiffe durch die englischen Be-
hörden zwar wenig schreibt, aber desto mehr spricht.
Man sagt, daß die deutsche Regierung sich einigermaßen
ungehalten zeige. Das wird stimmen. Offiziell ist in
Deutschland zwar noch keine Verlautbarung erfolgt, aber
in verschiedenen Blättern, deren Quellen aller Wahr-
scheinlichkeit nach auf unser Auswärtiges Amt zurückzu-
führcn sind, wird versichert, daß die deutsche Regierung es
an einer bestimmten Sprache nicht fehlen lasse. Man er-
wartet, so heißt es in einem Berliner Bericht der Franks.
Zeitung, an amtlicher Stelle die englische Antwort auf
die deutsche Beschwerde jeden Augenblick und man ist er-
staunt, daß es so lange dauert, bis man in London
per Kabel aus Durban erfährt, daß auch der Dampfer
„Bundcsrath" nichts enthält, was »ach der weitgehenden
englischen Auffassung als Kriegscontrebande anzusehen
wäre. Es herrscht in Berlin an allen Stellen eine Stim-
mung, die sich etwa in die Worte kleiden ließe: Nun
aber schnell! Es ist wirklich hohe Zeit, daß die eng-
lische Regierung die Mißgriffe ihrer Marinebehörde gut-
macht. Es ist nicht diplomatische Sitte und am aller-
wenigsten entspricht es den Gewohnheiten unserer aus-
wärtigen Politik, über schwebende internationale Fragen
drohende Mittheilungen in die Oeffentlichkeit gelangen zu
lassen. Es wäre aber falsch, aus der Zurückhaltung, die
hier beobachtet wird, zu schließen, daß die nach London ge-
richteten Proteste irgend etwas an Entschiedenheit hätten ver-
missen lassen. Die Meldung, daß man in Durban die far-
bigen Passagiere hat landen lassen, die Europäer aber als Ge-
fangene zurückhält, erscheint in Berlin einfach unerklärlich.
Amtlich hat man hier davon noch nichts erfahren, aber auf
Grund der Depesche eine erneute Beschwerde erhoben.
Es wird übereinstimmend gemeldet, daß in diesen Be-
schwerden auf die Stimmung in Deutschland hin-
gewiesen wird und auf die Gefährdung des
Fortbestandes guter Beziehungen zwischen
den beiden Regierungen.
Die Rechtsfrage wird neben der politischen in den
deutschen Blätternsbegreiflicherweise eifrig erörtert. Da macht
sich bei ruhiger Ueberlegung mehr und mehr die Ansicht geltend,
daß man es den Engländern allerdings nicht übel nehmen
kann, wenn sie die Zufuhr von Kriegscontrebande über
Lorenzo Marquez zu verhindern suchen. Wohl sei Lorenzo
Marquez Hafen einer neutralen Macht. Allein er sei
notorisch der Hafen Transvaals, das keinen eigenen besitzt.
Es wird auch auf einen ähnlichen Fall im italienisch-
abessynischen Krieg hingewiescn. Damals beschlagnahmten
die Italiener ein holländisches Schiff, das Waffen für die
Abessynier nach Djibuti brachte, welches kein abessynischer
Hafen ist.
Allein man findet mit Recht, daß das systematische
Vorgehen Englands gegen eine vom deutschen Reich sub-
veutionirte Dampfcrlinie ungehörig ist und man argwöhnt,
daß cs England mehr darum zu thun ist, den deutschen
Handel nach Südafrika zu schädigen, als sich vor Schaden
zu bewahren. Es muß den Engländern doch bekannt ge-
worden sein, daß Waffen und Munition, die vor der
Kriegserklärung auf einem der Schiffe der deutsch-ostafri-
kanischen Linie nach Transvgal abgefertigt worden waren,
unterwegs, nachdem der Krieg erklärt worden war, aus-
geladen wurden. Das spricht doch für die Loyalität der
Rhederei. England sollte also ohne ganz bestimmte Ver-
dachtsgründe nicht so gegen deutsche Schiffe Vorgehen.
Was die einzelnen betroffenen Schiffe angcht. so
wird das Prisengcricht in Durban sich heute, Montag,
mit dem dorthin geführten „Bundesrath" beschäftigen. Die
weiter oben schon erwähnte Meldung, daß die farbigen
Passagiere ans Land gehen durften, während die weißen
an Bord bewacht werden, deutet darauf hin» daß die Eng-
länder in den Weißen Freiwillige für Transvaal vermuthen.
Der Dampfer „Kanzler", der in Aden angehalten
wurde, wird in einigen Togen wieder in See gehen, nach-
dem die englischen Behörden auf seine weitere Untersuchung
verzichtet haben. Sie haben augenscheinlich nichts ge-
funden und werden nun hoffentlich nicht zögern, die
Rhederei für den ihr durch die Unterbrechung der Fahrt
entstandenen Verlust zu entschädigen.
Was den dritten Dampfer anbetrifft, so heißt derselbe
rächt Neapel, sondern die Nachricht kam aus Neapel; das
Schiff ist der Dampfer „Kanzler". Da soll nun einem
italienischen Blatte zufolge der englische Konsul in Neapel
dem Kapitän des Dampfers „Kanzler" mitgetheilt haben,
er werde das dem Rothen Kreuz gehörende Material
vicht in der Delagoabai löschen dürfen. Der Ka-
pitän habe cs deshalb vorgezogen, jenes Material bei seiner
um 3. d. M. erfolgten Abfahrt von Neapel dort zurück-
nassen. Diese Nachricht klingt kaum glaublich. Das
Rothe Kreuz arbeitet im Dienste der Humanität und macht
keinen Unterschied zwischen den kämpfenden Parteien.
Außerdem kommt sein Wirken den Engländern viel mehr
öu gut als den Buren, denn die Engländer haben weit-
aus die Mehrzahl der Verwundeten. Die Engländer wür-
°kn also nicht nur äußerst roh, sondern geradezu gegen
ilch selbst handeln, wenn sie die Thätigkcit des Rothen

Kreuzes in irgend einer Weise behindern wollten. Die
Sache bedarf dringend der Aufklärung.
Wie bekannt, haben die Engländer auch ein amerika-
nisches Schiff angehalten und die Regierung der Bereinigten
Staaten hat sich gleich der deutschen in London beschwert.
Wie nun aus Washington unterm 6. ds. gemeldet wird,
erhielt Staatssekretär Hay ein Telegramm des amerikani-
schen Botschafters in London, Choate, welches besagt, er
habe am Tage zuvor mit Lord Salisbury eine befriedigende
Unterredung betreffend die Beschlagnahme amerikanischer
Maaren gehabt. Salisbury habe aufmerksam den Vor-
stellungen des Botschafters zugehört und versprochen, von
sich aus der Sache Aufmerksamkeit zu schenken und die
Entscheidung möglichst rasch mitzutheilen.
Es scheint, daß die Engländer von den verunglückten
Vorstößen gegen die Buren nicht genug haben, sondern
daß ihr Schicksal sie dazu treibt, der Vollständigkeit halber
auch noch unglückliche Vorstöße gegen die Mächte zu machen,
auf deren Freundschaft sie Werlh legen sollten.

Deutsches Reich
— Der Köln. Ztg. wird aus Paris gemeldet: Die schwe-
ren Schäden, die nicht nur dem Handel, sondern auch der
amtlichen Welt aus der von England verfügten Unier-
bindung des telegraphischen Verkehrs mitTra ns-
vaal und dem Oranje-Freistaat erwachse», machen
sich in nahezu allen europäischen Staaten immer fühlbarer.
Neuerdings richtete in Bezug hierauf die russische Re-
gierung an die Kabinette eine amtliche Rundfrage, ob
nach ihrer Ansicht die Anhaltung und Zurückweisung aller,
nicht nur der privaten, sondern auch der amtlichen Depe-
schen nach und von genannten beiden Republiken mit den
Bestimmungen des in Petersburg 1895 von den Mächten
abgeschlossenen internationalen Telegraphenabkommens ver-
einbar sei. Nach Ansicht der russischen Regierung würde
bezl. der amtlichen Depeschen vor allem die Anwendung
des Art. 7 des Abkommens und der Nr. 46 des 1896
in Pest revidirten Reglements in Betracht kommen.
— Unter den veränderten Verhältnissen, wie sie durch
das schroffe Vorgehen Englands geschaffen sind, wird die
Frage nicht zu umgehen sein, ob es mit der Neutralität
der deutschen Regierung vereinbar ist, wenn deutsche
Waffenfabrikanten während der Dauer des Krieges
den Engländern neue Geschütze oder Munition
liefern. Der in Essen a. d. Ruhr erscheinende Weckruf
behauptet, daß auf den Kruppschen Werken 45 000 Stahl-
shravnells für Lydditfüllung, 7,6 Ctm. Kaliber mit zölliger
Nute (englischer Zoll) angefertigt werden. Die deutsche
Regierung ist, wenn nicht verpflichtet, so doch sicherlich
berechtigt, zu verhindern, daß diese Geschoßvorräthe über
die deutsche Grenze nach England gelangen. Frankreich
hat kurz nach Ausbruch des Transvaalkrieges dem Direktor
der Werke von Creuzot eine Mittheilung zugehen lassen,
die Ausfuhr von nachbestellten Geschützen und Geschossen,
die nach Transvaal bestimmt waren, würde nicht gestaltet
werden können. Das gilt natürlich auch für England.
Ein Londoner Telegramm in der Rhein.-Wcstfälischen
Zeitung erklärt zwar, England lasse seinen Gesammtbedarf
an Geschützen und Munition in England selbst Herstellen.
Ein Dementi von der Kruppschen Fabrik liegt indessen
nicht vor.
— Herr v. Brüsewitz, Karlsruher Angedenkens, be-
findet sich in der That bei den Buren. Ein deutscher
Offizier, der ebenfalls bei ihnen Dienste genommen hat,
schreibt an seine Mutter unterm 19. November:
Ich habe den Olim Krüger selbst gesprochen und bin mit !
Oberst v. Brau», Brüse Witz und Kunze Galt der Regie-
rung, habe Alles umsonst, wohne, esse und trinke frei, habe
Pferd, Büchse rc. bekommen und reite heute nach Ladysmrth
ab. Dort spielt sich die Hauptsache ab. Nach dem Kriege be-
komme ich höchstwahrscheinlich eine gute Anstellung und gedenke
ganz bestimmt hier zu bleiben. Offiziere als solche sind wir alle
nicht. Die Buren wählen ihre Offiziere selbst. Es gibt nur drei
Grade: Feldkornett, General und Obergeneral. Uniform gibt
es hier nicht, nur die Artillerie hat sie. Die Preise sind hier
enorm hoch: 1 Flasche Bier 5—8 Mark, ein Zimmer in einem
mittleren Hotel, ganz einfach, 25 Mark rc. In der Delagoabai
wären wir um ein Haar von den Engländern abgefangen worden.
Baden. Bretten, 7. Jan. Heute hielt der Reichs-
tagsabgeordnete Lucke hier einen politischen Vortrag im
Bund der Landwirthe. Nachher fand eine ziemlich leb-
hafte Debatte über die Maßregeln statt, die man bei der
Maul- und Klauenseuche anwende. Man müsse sich an
die Regierung wenden, damit ein Gesetz geschaffen werde,
welches hier Abhülfe thun würde. Um '/.6 Uhr wurde
die Versammlung geschlossen.
Elsaß-Lothringen. Mülhausen i. E-, 6. Januar.
Das hier garnisontrende 3. Badische Dragoner-Re-
giment Nr. 22 beging heute die Feier seines 50jährigen
Bestehens, zu der der Groß Herzog von Baden sein
Erscheinen zugesagt hatte. Eine große Volksmenge er-
wartete am Bahnhofe und in den angrenzenden Straßen
den hohen Gast. Der Bahnhof selbst war mit Blatt-
pfl inzen und Flaggen prächtig geschmückt. Zum Empfange
hatten sich die Spitzen der Behörden eingefunden. Mit
dem Zuge 1 Uhr 9 Minuten von Müllhemi traf Seine
König!. Hoheit in Begleitung des Prinzen Karl und
des Statthalters ein. In einem Vierergespann be-
gaben sich die hohen Herrschaften nach der Dragonerkasernc,

wo das Regiment in Parade aufgestellt worden war. Der
Kommandeur des Regiments, Major Weißbrodt, hielt
eine Ansprache an das Regiment, worauf sich die Herr-
schaften zunächst in das Centralhotel und von dort in das
Offizierskasino des Regiments begaben, wo Höchstdicselben
von der Kapelle mit dem eigens für diesen Zweck vom
Kapellmeister Klauß komponincn Prinz-Karl-Marsch em-
pfange» wurden. Um 4 Uhr fand große Galatafel statt.
Nach der Tafel begaben sich die hohen Herrschaften wieder
in das Centralhotcl, wobei das Regiment in den Straßen
Spalier bildete.__
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grobherzog haben
die Gerichtsschreiber Robert Risse! beim Amtsgericht Mann-
heim und Albert Heinrich beim Amtsgericht Eberbach und
den Obergrenzkontroleur Joses Mutscheller landesherrlich an-
gestellt.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Geheimen Rath Prof. Dr. Alfred He gar an der Universität
Fretburg das Kommandeurkreuz erster Klaffe des Ordens
Berthold des Ersten, dem Direktor im Auswärtigen Amt, Wirk-
lichen Geheimen Legattonsrath Dr. von Koerner und dem
Direktor im Reichsschatzamt von Fischer das Kommandeur-
dcurkreuz erster Klaffe des Ordens vom Zähringcr Löwen
verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
ferner den nachgenannten Hof- und Staatsbeamten die betge-
setzten Ordensauszeichnungen verliehen und zwar: aus dem Ge-
schäftskreise des Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unter-
richts : vom Orden vom Zähringer Löwen das Ritterkreuz I.
Klaffe: Dem Borstaud der Realschule in Ueberlingen, Professor
Dr. Christian Roder, de» Professoren Heinrich Biehler,
Synesius Koch. Ludwig Zürn. Ludwig Behrle und Josef
Eugen Berg old am Gymnasium in Freib rg, Dr. Hugo
Ehrensberger am Gymnasium in Bruchsal, Friedrich K e i m,
Dr. Robert Golds chmtt und Dr. Otto Kienitz am Gym-
nasium in Karlsruhe, Gustav Mohr am Gymnasium in Lahr,
Dr. Otto Bau mann am Gymnasium in Lörrach, Dr. Karl
Zetller am Gymnasium iu Mannheim, Johann Paul Behrle
und Wilhelm Stern am Gymnasium in Offeuburg, Dr. Karl
Reutz am Gymnasium in Pforzheim, Ambros Nürnberger
am Gymnasium in Rastatt, Wilhelm Bunkof^r um Gym-
nasium in Wertheim, Georg Wacker am Realgymnasium in
Karlsruhe, Dr. Karl Schumacher an der Oberrealschule in
Mannheim und Simon Walker an der Realschule in Emmen,
dingen, den Kreisschulräthen Dr. Benedikt Ziegler in Fret-
burg und Albert Säger in Tauberbischofsheim, den Professor
Valentin Merk an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe, dem
Professor Karl Albert Neu me ist er an der Baugewerkeschule
Karlsruhe, den Oberkirchenräthen Julius Zärtnger und
Friedrich Oe hier in Karlsruhe, dem evangelischen Pfarrer
Theodor Cam er er in Grötzingen. dem evangelischen Dekan
und Stadtpfarrec Friedrich Bauer in Lahr, den katholischen
Pfarrern Alois Gugert, Sladtpfarrer in Rastatt, Michael
Burger, Dekan in Göggingen, Karl Bläß in Riegel, Dr.
Heinrich Hansjakob in Freiburg, Anton Knörzcr in Hed-
desheim und dem Stadt- und Konferenzradbiner Dr. Maier
Appel in Karlsruhe; das Ritterkreuz II. Klasse: dem Rech-
nungsrath Gottlieb Rudolf, Verwalter am Landesgefängntß
in Freiburg, dem Rechnungsrath Stefan Rapp, Revisionsvor-
stand beim Katholischen Oberstiftungsrath, den Reallehrcrn Viktor
Roman, Zeichenlehrer am Realgymnasium in Karlsruhe, Josef
Röttengalter an der Taubstummenanstalt Gerlachsheim,
Heinrich St oll am Gymnasium in Wertheim, August Friedrich
Maurer am Gymnasium in Offenburg, Franz Klumpp au
der Oberrealschule in Karlsruhe, Dominik Streicher am
Gymnasium in Tauberbischofsheim, Albert Räuber am Gym-
nasium in Karlsruhe, Karl Adolf an der Realschule in Brei-
ten, Gregor Gänzler an der Höheren Bürgerschule in Ett-
lingen, den Rektoren der Volksschulen Georg Schick in Pforz-
hcim und Karl Kästner in Konstanz. (Fortsetzung folgt.)
Ausland.
England. Ein belgisches Blatt, die Jndependance
Belge, veröffentlicht 17 Briefe und Depeschen, die vor
dem Einfalle Ja mesons, während seiner Dauer und
später zwischen Chamberlains Kolonialdirektor Fair-
field, Cecil Rho des und dem bekannten Advokaten
Hawkcslcy gewechselt wurden und erkennen lassen,
daß Chamberlein den Gewaltstreich Jamesons persönlich
organisirte und nach Fehlschlagen durch die Wahl der
Richter und die Beseitigung belastender Aktenstücke die
Freisprechung Jamesons herbeiführte. Diese Dokumente
beweisen ferner die innige bedenkliche Geschäftsverbindung
Chamberlains mit Cecil Rhodes, Alfred Beit und allen
Urhebern des gegenwärtigen Krieges. Auf Veranlassung
des englischen Gesandten in Brüssel wurde dem Urheber
der Veröffentlichung nachgeforscht, es wurde aber kein
Resutalt erzielt. Die Jndopendance erklärt, ihre Ver-
öffentlichungen fortsetzen zu wollen.
Rußland. Tiflis, 6. Jan. Die russische Telegra-
phcnagentur meldet: Mit Rücksicht auf die kürzlich ver-
breiteten Meldungen, daß die Lage in Afghanistan in-
folge des angeblichen Ablebens des Emirs Abdurrhaman
Khan, sowie infolge von Gerüchten über eine Gährung der
Hindustämme zu Beunruhigung Anlaß gegeben hätte, hatte
der Krie gsminister einen Versuch mit einer Truppen-
beförderung von dem Kaukasus nach dem trans-
kaspischen Gebiet machen lassen. Eine Truppen-
abtheilung wurde mit der Bahn von Tiflis nach Baku,
dann auf dem Seewege nach Korsandosk und von dort
mit der Bahn nach Uchka befördert, wo sie am 20. Dec.,
bezw. am 1. Januar eintraf. Der Versuch muß als voll-
kommen gelungen angesehen werden, denn er hat de»
Beweis erbracht, daß die Spitze einer aus einem Armee-
korps bestehenden Hecresabtheilung Uchka schon in 8 Tagen
erreichen könne. — Mit welchen Empfindungen wird man die
Nachricht von diesem „vollkommen gelungencn Versuche"
wohl in London lesen?
 
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