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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0537

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 112.

Woiikg, den 14. Mai

1SVV.

Deutsches Reich.
— Die Geschäftslage im Reichstag ist gegenwärtig
folgendermaßen: Da die zweite Lesung der Flottenvorlage
in der Budgetkommission, die am Dienstag, also morgen,
beginnt, mehrere Tage dauern wird und die Bericht-
erstattung gleichfalls mehrerer Tage bedarf, um nach dem
Abschluß der Kommissionsberathung den Bericht herzustellen,
'st, so sehr man die weitere Verzögerung beklagen mag,
eine zweite Lesung der Flottennovelle vor
Pfingsten nicht mehr zu erwarten. Nach der
Zweiten Lesung der gesammten Unfallversicherungsgesetze
wird sich der Verlauf der Berathungen in der Weise ge-
stalten, daß der Versuch gemacht wird, die abgebrochene
dritte Berathung des Heinze-Gesetzes, ferner das Fleisch-
schaugesetz und den noch ausstehendcn Theil der dritten
Lesung der Gewerbeordnung zu Ende zu führen. Von
der letztgenannten Materie steht nur noch ein kleiner Theil
aus; im Interesse der großen Zahl der bei dieser Vorlage
'»tcressirten Gewerbetreibenden ist dringend zu wünschen,
baß endlich endgiltige Beschlüsse gefaßt werden. Hinsicht-
lich der Wetterführung der Berathungen nach Pfingsten
scheint die Absicht vorzuliegen, unmittelbar nach den Feier-
tagen das Haus einzuberufen, so daß der Rest des Pensums
d>s zum Frohnleichnamstag ausgearbeitet werden kann.
— Die Berliner Neuesten Nachr. erfahren aus zuver-
lässiger Quelle, daß der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika,
Generalmajor von Liebe rt, sich am 19. Mai in Dar-
es-Salaam einzuschiffen gedenkt, um nach Berlin zu kommen
Und hier noch einen letzten Versuch zur Bewilligung der
° st afrikanischen Centralbahn zu machen. Das
Platt bemerkt weiter, das der Gouverneur bei Versagung
der Eisenbahn die Verantwortlichkeit für die Entwicklung
w Ostafrika nicht länger tragen zu können glaubt.
Metz, 12. Mai. Zu der geplanten Truppenübung
begab sich der Kaiser von Kürzel heute früh durch Corny
bach Arry auf das Gefechtsfeld. Die Kaiserin fuhr von
^ournbride auf den Saint Blaise. Der Kaiser übernahm
den Oberbefehl einer aus Metzer Garnisonstruppen com-
dinirten Südarmee, rückte gegen die Nordarmee, welche das
§°rt Häseler besetzt hielt und unter dem Befehle des Kriegs-
Ministers von Goßler stand, vor, erstürmte in schneidigem
Zugriff die Feste, hielt auf dem St. Blaise die Kritik
^b und fuhr dann durch Jouy und Ars auf den Gorgi-
^wnt, wo er in Begleitung des kommandirenden Generals
Grafen Häseler, des Chefs des großen Generalsstabs der
Armee Grafen Schlüssen und des Inspekteurs der
Astungen v. d. Goltz die neuen Festungsbauten besichtigte.
A frühstückte in Metz beim Grafen Häseler und fuhr mit
^r Bahn nach Kürzel.Urville zurück.
Deutscher Reichstag. Berlin, 12. Mai. Vor Be-
ginn der Sitzung kommt Präsident Balle strem aus
Abc gestrige Bemerkung des Abg. Singer bezüglich der
Geschäftslage zurück und erklärt:
,^»Jm Reichstage giebt es nur einen Präsidenten, der die Ge-
iste leitet. Ein Präsidium giebt eS nicht. Ich muß mir und
Awen Nachfolgern das Recht wahren, nach meinem Gewissen
ia^ meiner Verantwortung zu bestimmen, welchen Konferenzen
beiwohnen, wie ich mich darin auslassen und was ich aus
zUelben mittheilen will. Ich erkenne in dieser Beziehung keinen
Achter über mir an." Das sind die Worte eines liberalen
j^nnes, des Präsidenten Forkenbeck. Diese Stellung will auch
Wahren. Nun ist aber die ganze Sache nicht richtig. Ich
kj ° keine Konferenzen adgehalten uno habe Niemand eingeladen,
y, w»e Herren sind zu mir gekommen, um über die Geschäftslage
l». wir zu sprechen. Ich bin gewohnt, alle Abgeordnete, welche
Wir darüber spreche» wollen, sehr gern und freundlich zu
'gen. Wenn der Abgeordnete Singer meint, die gesammte
diü,. lei von oer Konferenz ausgeschlossen gewesen, so weiß ich
d W', wo für Herrn Singer die Linke beginnt. Wenn diese links
^lCeiurum beginnt, so waren Mitglieder der Linken dabei.

Das Nachtmahl.
G'ne Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.
. Erzählt von einem deutschen Arzte im Kaplande.
(Fortsetzung.)
saßen die Beiden in Mr. Barnes', der auch der
tzM'nenwirth war, verschwiegenem Hinterzimmer bei einem
der- Wein zusammen. Barnes batte ursprünglich einen
^ier^'lelt polnischen Namen mit ins Land gebracht, den
kliu "Niemand aussprechen konnte, weshalb er sich den wohl-
hgMnden englischen Namen von der Regierung gekauft
w , - Eigene Geschäftsangelegenheiten, die er mit Jacobus
^ti.^igen hatte, waren ihm wichtig genug, trotz dieser
sei?,°sn des Sturmes und Dranges. , den Laden für kurze
Tg« Äfikr Frau und seinem Schwiegersohn zu überlassen.
Ki>ii° Winkelgeschäft stand ihm überhaupt erst in zweiter
-?eine Spekulationen richteten sich stets aufs Große,
ww^'ovhren war er als armer Haustrer ms Land ge-
st, swe» und hatte in unternehmender Weise den Grundstock
Nwj^em Vermögen dadurch gelegt, daß er ein an der
^tl??kstküste gestrandetes Schiff mit der Ladung, deren
lchj-^bort aus jener Einöde dem Rheder nicht lohnend
)ür einen Spottpreis ankaufte. Alles, auch den letzten
^>v»k. s L-chiffs, batte er sodann wieder loszuschlagen
man erzählte sich, daß ihm dieses Geschäft einen
PyF^bwinn von 10000 Pfund Sterling eingebracht habe.
Skiiys/S war nur einer unter den vielen seiner Glaubens-
bph die, unscheinbar beginnend, sich durch Zähigkeit
Eschäsiskenntniß in Afrika zu reichen Leuten zu
, Wissen.
ftp Geschäfliche war erledigt. Jacobus hatte schmunzelnd
^Kteii °bs Sümmchen, das ihm sein Freund von dem
^dges,v ^weinschaftlichen Handel noch auszuzahlen halte»
"wen und ein neuer Feldzugsplan war verabredet.

und wenn die Konferenz eine Umgehung des Seniorenkonvcnts
gewesen sein soll, so bemerke Ich, daß der Seniorenkonvent gar
keine geschäftsordnungsmäßige Institution des Reichstages ist.
Er ist eine durch Gewohnheit herbeigeführte Institution, die von
meinen Vorgängern und mir nicht als Kollegium anerkannt
worden ist. Die Zeitungen sind allerdings darin stark im Jrr-
thum! Hat doch eine Zeitung, die mit einer von mir getroffenen
Maßregel unzufrieden war. gesagt, man müsse an den Senioren-
konvenl appelliren. So lange alle Parteien darin einig waren,
die Geschäfte zu fördern, konnte man vertrauliche Besprechungen
halten. Sobald es sich aber einige größere Parteien zur Aufgabe
machen, gewisse Vorlagen nicht zum Abschluß zu bringen mit
formell geschäflsordnungsmäßigen Mitteln, also Obstruktion zu
treiben, so sehe ich keinen Segen mehr in diesen vertraulichen
geschäftlichen Besprechungen. Deshalb habe ich den sogenannten
Seniorenkonvent nicht berufen und zwar mit vollem Bewußtsein,
was ich hier öffentlich erkläre. In zwangloser Besprechung habe
ich mitgetheilt, wie ich mir den Verlauf der Geschäfte denke. Ich
bin geneigt, öffentlich zu erklären, daß ich dem Reichstage Vor-
schlägen werde, zunächst die zweite Lesung der Unfallversiche-
rungsnovelle zu Ende zu führen, dann, da keine Aussicht ist,
das Flottengesetz vor Pfingsten fertig zu stellen, dritte Lesung
der Gewerbeordnungsnovclle, der toi Heinze, des Fleischbeschau-
gesetzes und Nachtragsetats. Dann nach kurzer Pfingstpause
sollte das Flottengesetz erledigt werden. Das ist das große Ge-
heimniß. (Bravo!)
Abg. Singer erklärt, er sei dankbar für die Mittheilung
der Verabredungen.
Präsident Balle strem unterbricht den Redner: Es waren
keine Verabredungen. Ich bitte, meinen Worten Glauben zu
schenken.
Nach einer Erwiderung des Abg. Singer beginnt das Haus
in die Tagesordnung einzutreten. Auf derselben steht die zweite
Lesung des Entwurfs eines Unfallversicherungsgesetzes
für L a n d - und Fo r st w irt h s ch a f t. ZI spricht in Absatz 1
nach der Kommissionsfassung die Versicheruugspfltcht aus für alle
land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter und für diejenigen Be-
triebsbeamten, welche an Gehalt oder Lohn bis zu 3000 Mark
als Jahresarbeitsverdienst haben. Nach Absatz 2 gilt dasselbe
von Arbeitern oder Betriebsbeamten in land- und forstwirth-
schaftlichen Nebenbetrteben, insbesondere bei solchen, in denen,
ohne daß sie als Fabriken im Sinne des Gewerbeunfallvcrstchc-
rungsgcsetzes anzusehen sind, Dampfkessel oder Motoren zur Ver-
wendung kommen, sowie bei solchen, für welche nur vorüber-
gehend Kraftmaschinen benutzt werden. Nach Absatz 3 gellen die
in Verbindung mit der Landwirthschaft betriebenen Fabriken nicht
als landwirthschaftliche Nebenbetriebe im Sinne dieses Gesetzes.
Die Berathung wurde bis zu 8 10 durchgeführt. Einige
Abänderungen der Kommissionsanträge wurden beschlossen, im
Wesentlichen aber wurden diese beibehalten.
Baden. L.o. Karlsruhe, 13. Mai. In der letzten
Sitzung der Ersten Kammer (s.u.) konzentrirte sich die
Diskussion ausschließlich auf das Hoch-u. Mittelschulwesen;
die Volksschulen und die damit zusammenhängende P e-
tition und Denkschrift der bad. Volksschul-
lehrer wurden nur vom Berichterstatter Geh. Rath
Sch enkel in seinem einleitenden Vortrag erwähnt. Man
darf aus der immerhin auffallenden Schweigsamkeit des
hohen Hauses wohl den Schluß ziehen, daß das Plenum
mit der Stellungnahme der Commission zu der Eingabe der
Volksschullehrer durchweg einverstanden ist. Die in dem
gedruckten Bericht des Geh. Raths Schenkel niedergelegte
Anschauung der Commission verdient daher besondere Be-
achtung. Darnach erachtet es zwar die Kommission als
den Verhältnissen entsprechend, daß auch die Bestimmungen
über die Bezüge an Volksschulen im Sinne einer ent-
sprechenden Aufbesserung einer Durchsicht unterworfen
werden, wenn und soweit die günstige Finanzlage des
Staats hiezu die Mistel bietet. Sie hält aber eine solche
Aufbesserung nicht für so dringend, daß noch im Laufe
dieses und des nächsten Landtages damit vorzugehen wäre,
umsoweniger, als erst auf dem vorigen Landtag durch das
Gesetz vom 17. September 1898 mittelst Abkürzung der
Zulagefristen und Erhöhung der Zulagen eine Aufbesserung
der Lehrerbezüge in erheblichem Betrag erfolgt ist und als
in dem von der Großh. Regierung in Aussicht gestellten
Wegfall der Wittwenkassenbeiträge vom 1. Januar 1900

an eine weitere, auch den Lehrern zugute kommende Besser-
stellung eintreten wird. Es wird daher nach Ansicht der
Kommission die Frage einer weiteren Erhöhung der Bezüge
der Volksschullehrer nicht für sich gesondert, sondern nur
im Zusammenhang mit der für die nächsten Jahre in Aus-
sicht genommenen Durchsicht des Beamtengehaltstarifs in
Erwägung zu ziehen sein. Ob es zweckmäßig wäre, den
Verbesscrungswünschen der Lehrer in den von der Petition
beantragten Weise, durch grundsätzliche Einreihung der
Lehrer in den Tarif der Gehaltsordnung für die Be-
amten zu entsprechen, erachtet die Kommission zum minde-
sten für zweifelhaft, zumal in der Vorbildung, Stellung
und Berufstätigkeit der Volksschullehrer eine Anzahl von
Momenten gegeben ist, die für die Aufrechterhaltung der
seitherigen Rechlsauffassung sprechen, wonach die allseitige
Anwendung der Bestimmungen des Staatsbeamtenrechts
auf die Volksschullehrer nicht als sachgemäß erachtet
wurde. Die Kommission beantragte, die Petition nebst
Denkschrift der Großh. Regierung zur Kennlnißnahme zu
überweisen.
L.O. Karlsruhe, 13. Mai. Das Verfahren gegen
Professor Dr. A. Böhtlingk wegen angeblicher Beleidi-
gung des Finanzministers ist nun doch eröffnet worden.
Dienstag den 22. Mai gelangt die Sache zur Verhandlung.
Badischer Landtag. L.O. Karlsruhe, 12. Mai.
(18. Sitzung der Ersten Kammer.) Zur Berathung
stand das Budget des Un terrichts w esens, der
Wissenschaften und Künste.
Berichterstatter Geh.-Rath Schenkel gibt einleitend einen
hochinteressanten Ueberblick über die Entwicklung des Unterrichts-
wesens in Baden. Zur allgemeinen Berathung ergreift Niemand
das Wort.
In der Einzelberathung dankt Prof. Dr. Schäfer für die
reichen Zuwendungen an die Universität Heidelberg und befür-
wortet die Errichtung einer weiteren philosophischen Professur
und die Versetzung des Univcrsitätssekretärs aus der Gehalts-
klasse b' V in ^ III. Weiter bemerkt er, daß die Universitäts-
pedellc den Abzug von 500 von ihren Nebeneinnahmen als
ungleiche Behandlung gegenüber anderen Universitätsbeamten
empfinden.
Geh. Hofrath Rümelin bittet um Besserstellung der Univer-
sitätssekreläre in Freiburg und schließt sich bezüglich der Pedelle
den Ausführungen des Vorredners an. Mit Freude habe er
vernommen, daß im andern Hohen Hause der Univcrsitätsneubau
so warm befürwortet wurde. Es sei mit Sicherheit zu erwarten,
daß die Stadt Freiburg einen angemessenen Beitrag leisten wird.
Auf die Frage der Versetzung des katholischen Philosophen in die
philosophische Fakultät wolle er mit Rücksicht auf die Erklärung
des Staatsministcrs im andern Hohen Hause nicht eingehcn.
Redner nimmt sodann die Altphilologen der Freiburger Universität
gegen die Angriffe der Zweiten Kammer in Schutz. Die Abge-
ordneten können doch die Verhältnisse nicht in dem Maße über,
sehen, daß Angriffe in öffentlicher Sitzung gerechtfertigt seien.
Die Insinuation, als ob die Freiburger Candidaten der Philo-
logie hinter den Heidelbergern zurückstehen, müsse er energisch
zurückweisen. Alle deutschen Parlamente erledigen derartige An-
gelegenheiten in der Kommission und nicht im Plenum. Er be-
käme, daß das andere HauS diese Uebung nicht eingehalten hat.
Graf Helm statt ersucht dringend um Anstellung eines
gläubige» katholischen Dozenten in der philosophischen
Fakultät in Freiburg. Die Wissenschaft müsse nach allen Rich-
tungen hin so frei sein, daß auch eine auf katholische Dogmen
aufgebaute Philosophie gelehrt werden darf. Es wäre ein Akt
der Noblesse, wenn der Freiburger Lehrkörper sein großes Ueber-
gewicht gegenüber katholischen Dozenten nicht in der Weise aus-
nützen würde, daß katholische Professoren von gewissen Fakultäten
grundsätzlich ausgeschlossen werden. Hoffentlich gelinge es der
Regierung, die Ungerechtigkeit zu beseitigen.
Geh. Hofrath Engler wirft einen Rückblick auf die Ent-
wicklung der Technischen Hochschule. Auch er beklagt sodann,
daß auf dem Sekretariat der Hochschule zu wenig etatmäßige
Beamte sind. Mit der Wirkung der Etnzelhonorare auf den
Unterricht seien die Dozenten sehr zufrieden: der Besuch der
Vorlesungen sei jetzt nachhaltiger. Mit freudiger Genugthuung
habe der Lehrkörper das Recht, den Doktortitel zu verleihen, aus-
genommen. Jetzt sei wohl auch ein stärkerer Zugang zu den
Dozenten zu erwarten.

Unter Hinweis aus die Menge der im Laden zu bedienenden
Kunden wollte Barnes sich letzt entfernen, als Jacobus ihn
dadurch zurückhielt, daß er pfiffig bemerkte: „Wißt Ihr,
Mr. Barnes, ich habe noch etwas Besonderes vor in diesen
Tagen/ „Nun was dennantwortete Barnes, „heraus
mit der Sprache, Jacobus." „Setzt Euch erst wieder." fuhr
dieser fort, „ich wünsche Euren Rath, und zwar sogleich.
Ich muß eine Frau haben! Ihr selbst habt mir das schon
gesagt und ich will jetzt endlich Ernst machen. Nun sind
aber zwei Mädchen da. Zwischen denen ich mich nicht ent-
scheiden kann." „Und die Beiden beißen," fiel Barnes ein.
„Bettie unv Maria Esterhuiz. Man hört so allerlei, Mr.
Smeer. Nette Mädchen, alle Beide, geben auch sicher gute
Frauen. Maria hat ein hübsches Stück Geld und Bettie wird
auch einmal etwas erben, das kann aber noch lange dauern."
„Die Wahrheit ist," sagte Jacobus nachdenklich, „ich habe
Bettie sehr gern, sie paßt auch besser zu mir, als Maria.
Die ist ein bischen zimperlich, wißt Ihr. Meine Frau
muß arbeiten und fröhlich sein» das habe ich gern. Aber —"

„Aber," fuhr jetzt Barnes verständlich,nnig fori, „Mar
bat etwas und zwar sofort, Bettie aber hat vorläufig nicht
und auf das, was sie einmal kriegt, könnt Ihr wabrscheinli
noch lange warten. Drum wenn Ihr meinen Rath wo!
— ich muß mich kurz fassen, Jacobus, — jo nehmt d
Maria, sie ist ein braves Mädel und wird Euch glückli
machen. Und das Geld, das sie hat, das könnt Ihr gera!
brauchen. Es wird sich, wenn wir so weiter arbeiten, ba
verdoppeln und verdreifachen und Euch zum reichen Mam
machen. Die Liebe ist auch ein Geschäft," fuhr er, ihm w
die Schulter klopfend, fort. „Ader ich muß jetzt wirkli
gehen; macht Ernst und habt meine besten Glückwünsche fl
Euer Unternehmen."
In tiefem Nachdenken saß Jacobus noch ein Weilch,
allein. Zwei Seelen lebten, ach, in seiner Brust. Mar
War ihm recht sympathisch, aber Betti s Wesen und persifi
liche Reize hatten es ihm mehr angethan. Aber das Gell
Jacobus hatte blanke Goldstücke und die Noten der Bai

von England allzu gern. So faßte er, nachdem er seiner
ansehnlichen Nase aus einer auf dem Tische stehenden Dose
eine gewaltige Prise zugeführt hatte, einen krampfhaften
Entschluß. Maria sollte es sein. Barnes hatte Recht,
heiralhen ist auch ein Geschäft. Daß die Auserkorene daber
auch noch ein Wörtchen mitzureden habe, kam dem dicken
Ehestandskandidaten nicht in den Sinn. Weil man ihn
überall verwöhnte, wo es heiralhssähige Töchter gab, hielt er
sich für unwiderstehlich.
Plötzlich ertönte jetzt hell und scharf der Ruf der Glocke,
die in Ermangelung eines Thurmes^an einem Gestell vor
der Kirchthür angebracht war. Die Sonne neigte sich zum
Untergang, in einer halben Stunde begann der erste, ein-
leitende Gottesdienst. Jacobus fuhr aus seinem Sinnen auf.
als er die Klänge vernahm, die auch ihn riefen. Und mit
der Miene eines Mannes» der zu etwas fest entschlossen ist,
verließ er das Zimmer, um draußen bei seiner Karre erst
noch nach dem Rechten zu sehen und sich selbst nothdürstig
etwas zurechtzustutzen, bevor er sich in das Gotteshaus
begab. Die cigenthümliche Seelenstimmung, in der er sich
befand, hinderte ihn nicht, eine gewisse Andacht dorthin mit-
zubringen. Der Bur ist gewohnheitsmäßig religiös. Es ist
ihm von seinen Vätern überkommen und bis jetzt hat er dies
Erbtheil bewahrt.
(Fortsetzung folgt.)

Literarisches.
-ZGreineru. Pfeiffer's Blitz-Fahrplan für
den Sommer 1900 erschien soeben nach amtlichen Quellen be-
arbeitet, sämmtlichc Prioatbahnen enthaltend. Preis nur 15 Pfg.
—§ Studenten-Po st karten („Fort mit den Grillen
und Sorgen") nach Original-Zeichnungen sind in hübscher Aus-
führung in der Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vorm. I. F.
Richter) in Hamburg erschienen.
 
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