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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0109

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Fernsprech-Anschlnß Nr. 82

Xr. 22.

Freitag, Le« 28. Isniiar

I9VV.

Die Mutter der Kaiserin
Wie ein Telegramm, das wir durch Vertheilung von
Extrablättern hier bekannt machten, gestern Nachmittag
weidete, ist die Herzogin Adelheid von Schleswig
Holstcin, die Mutter unserer Kaiserin, gestern Vormittag
11 Uhr gestorben. Die Besserung, die am Tage zuvor
den Aerzten jede unmittelbare Gefahr als ausgeschlossen
erscheinen liest, war also nur eine scheinbare.
Herzogin Adelheid, eine geborene Prinzessin von Hohen-
lohe-Langenbnrg, Schwester des Statthalters der Reichs-
lande, war geboren am 20. Juli 1835. Im Alter von
21 Jahren vermählte sie sich mit dem Herzog Friedlich
von Schleswig-Holstein. Ihre glückliche Ehe löste im Jahr
1880 der frühe Tod des Herzogs. Der Ehe sind fünf
Kinder entsprossen, ein Sohn, Herzog Ernst Günther, der
Mit der Prinzessin Dorothea von Sachsen-Koburg und
Eotha vermählt ist, und vier Töchter. Von diesen ist die
älteste die Kaiserin Auguste Victoria; die zweite. Prinzessin
Karoline Mathilde, ist mit dem Herzog Friedrich Ferdinand
Zu Schleswig-Holstein-Sonderburg.Glücksburg vermählt;
die dritte, Prinzessin Louise Sophie, mit dem Prinzen
Friedrich Leopold von Preußen, während die vierte,
Prinzessin Feodora (geboren 1874), noch unvermählt ist.
Herzogin Adelheid weilte in den letzten Jahren mit ihrer
längsten Tochter zumeist in Dresden, wo sie ein stilles,
dem Wohlthuu geweihtes Leben führte. Ihr Hinscheidcn
Ft für die Kaiserin und ihre Geschwister, die eine geliebte
Mutter verlieren, ein sehr schmerzlicher Trauerfall, der das
Kaiserhaus und damit das ganze deutsche Volk in Mit-
leidenschaft zieht. Erwähnt sei noch, daß s. Zt. der Kaiser
Napoleon sich zweimal um die Hand der Prinzessin Adel-
heid bemüht hat. Die Prinzessin zog den Herzog Friedrich
vor und Napoleon heirathcte die Gräfin Eugenie Montijo.
Welche Erinnerungen rufen diese Angaben zurück! Man glaubt
äch in eine ferne Vergangenheit versetzt, während erst ein
Mcnschenalter seitdem vergangen ist. Aber es hat sich
diel in dieser Zeit ereignet. Die Herzogin, welche der
französische Kaiser sich zur Frau wünschte, ist Schwiegcr-
wutter des deutschen Kaisers geworden!

Die neue Flottenvorlage.
Berlin, 25. Jan. Die Novelle zum Flotten-
8 esetz, die heute vom Bundesrath dem Reichstag zuging,
^stimmt in § 1, daß der Schiffsbestand der deut-
schen Flotte gegen den bisherigen Be st and er-
höht werde, um
a. verwendungsbereit: Ein Flaggschiff, zwei
Geschwader zu je acht Linienschiffen, zwei großen und
acht kleinen Kreuzern oder Aufklärungsschiffen der hei-
mischen Schlachtflotte, fünf große und fünf kleine Kreuzer
für den Auslandsdienst.
d. als Material re serve zwei Linienschiffe, zwei
große und zwei kleine Kreuzer für den Auslandsdienst;
vermindert ist der Bestand um das Küstenpanzergeschwa-
der. Doch kommen diese acht Schiffe bis zu ihrem Er-
satz als Linienschiffe für den vermehrten Sollbcstand in
Rechnung.
^ 8 2 setzt für die heimische Schlachtflotte als Grundsatz
lFt, daß das erste und zweite Geschwader die aktive, das
^itte und vierte Geschwader die Rescrveflotte bilden. Von
aktiven Schlachtflotte werden sämmtliche Schiffe, von
^ Reserve die Hälfte dauernd im Dienst erhalten,
g. Der dritte und letzte Paragraph bezieht sich auf die
Bereitstellung der infolge dieses Gesetzes erforderlichen
Mittel und unterstellt diese der jährlichen Feststellung des
^ichshaushaltsetats.

In der Begründung weist die Novelle auf die Noth-
wcndigkeit der Verstärkung der Kriegsmarine und den
Aufschwung der deutschen Seeinteressen hin. Die poli-
tische Weltlage, so wird ausgeführt, erheische eine
starke Flotte, damit ein ehrenvoller Friede auch einem
seemächtigen Gegner gegenüber aufrechterhalten werden
kann. Zu diesem Zwecke genügt die Flotte des Gesetzes
von 1898 nicht, eine zweite Schlachtflotte und eine
Vermehrung der Auslandsschiffe ist nöthig.
Diese Verstärkung kann einschließlich der in diesem Zeit-
raum fallenden zahlreichen Ersatzbauten innerhalb 16
Jahren durchgeführt werden. Um möglichst bald die
aktive Schlachtflotte auf die volle Höhe zu bringen, sollen
erst die B erm e hrung sb aute n (Linienschiffe und
Kreuzer) für die aktive Schlachtflotte, dann erst die Ersatz-
bauten für die Reserveflotte in Angriff genommen werden.
Die Kosten für die Schiffsbautcn erreichen die gesummte
Hjöhe von 1600 Millionen, die für Hafen-,
Werften-, Casernenanlagen 261 Millionen. Von diesen
1861 Millionen, die im Laufe von 16 Jahren als ein-
malige Ausgabe in Betracht kommen, sollen 769 Millionen
durch Anleihen, 1092 Millionen aus laufenden Mitteln
gedeckt werden. Die fortlaufenden Ausgaben steigen um
5,40 Prozent jährlich. Dazu tritt noch der Pensionsfonds,
der jährlich um 360 000 M. anwächst, und die Steigerung
der Schuldzinsen. Der jährliche Aufwand steigt von 169
Millionen im Jahre 1900 auf 323 ihm Jahre 1916.
Nach der bisherigen Entwicklung der Reichsfinanzen läßt
sich erwarten, daß sich diese Ausgaben ohne neue Steuern
decken lassen.

Deutsches Reich.
* Der Tod der Mutter der Kaiserin fällt in eine
Zeit, da die Vorbereitungen zu der diesjährigen
Feier vonKaisersGeburtstag im vollen Gange waren.
Die Feier wird natürlich durch diesen Trauerfall stark be-
einträchtigt. Auf Befehl des Kaisers ist die auf den 25. d.
angesetzt gewesene Cour ausgefallen und unterbleibt am
Berliner Hofe jede sonstige Feier des Geburtsfestes des
Kaisers. Aber wenn auch die äußerliche Feier des Tages
eingeschränkt werden muß, an der inneren Feier im Volke
wird es nicht fehlen. Der Kaiser, der sich in diesen
jüngsten Tagen wieder als wachsamer Führer und Leiter
des deutschen Volkes gezeigt hat, zieht die Blicke und die
Gedanken des deutschen Volkes auf sich. Die besten Glückwünsche
werden ihm zu seinem morgigen Geburtstag im Herzen von
Allen denen dargebracht, welche die Bedeutung eines starken
nationalen Kaiserthums zu begreifen oder auch nur zu
empfinden verstehen. — Das Kaiserpaar hat sich
bei der Nachricht vrm dem Ableben der Herzogin nach
Dresden begeben.
— Die Nordd. Allg. Ztg. meldet: der Kommandeur
des britischen Regiments Royal Dragons richtete aus
dem Lager bei Spearyrans-Camp folgendes Telegramm
an den Kaiser: „Die Royal Dragoons senden ihre
ehrerbietigen Grüße zum Geburtstage ihres Obersten."
Der Kaiser erwiderte mit nachstehendem Telegramm:
„Der Oberst sendet den Royal Dragoons seinen besten
Dank für ihre Wünsche. Wilhelm, I. R."
Bremen, 25. Januar. Gestern trat die Commission
des Verwaltungsausschusses für das Cade tte ns ch ul-
schiff des Norddeutschen Lloyd zu einer vorläufi-
gen Prüfung der eingegangenen Anmeldungen zusammen.
Der Andrang von Bewerbern ist überaus groß; aus allen
Theilen Deutschlands liegen Anmeldungen vor. Abgesehen
von zahlreichen Anfragen beläuft sich die Zahl der An-

gemeldeten schon jetzt auf etwa 400. Von den Bewerbern
wurden etwa 100 zur engeren Wahl zugelassen, von denen
wiederum 40 für den ersten Jahrgang zur Einstellung
gelangen. Freistellen find auf dem Cadettenschulschiff nicht
eingerichtet. Die Annahme weiterer Anmeldungen ist mit
Rücksicht auf den überaus großen Zuspruch für den gegen-
wärtigen Jahrgang bereits abgeschlossen worden.
Deutscher Reichstag. Berlin, 25. Januar. Präsi-
dent Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung um 1 Uhr
20 Minuten.
Zweite Berathung des Gesetzentwurfs betreffend Aen-
derungen des Strafgesetzbuches (lex Heintze).
Der Berichterstatter berichtet über die Commissionsverhand-
lungen. Zu Z 180 des Strafgesetzbuches setzten die Commisstons-
beschlüsse für Kuppelei Gesängnißstrafe und zwar nicht unter
einem Monat fest; zulässig ist eine gleichzeitige Geldstrafe von
150 bis 6000 Mark, ebenso sind mildernde Umstände zulässig.
Der Paragraph wird in der Commissionsfassung angenommen.
Den 8 181 hat die Commission nach der Regierungsvorlage
unverändert angenommen. Diese bestimmte, daß die Kuppelei,
auch wenn sie weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz be-
trieben wird, entweder mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren be-
straft wird, oder wenn hinterlistige Kunstgriffe angewandt würden,
um der Unzucht Vorschub zu leisten oder wenn der Schuldige zum
Verkuppelten in einem nahen Verhältniß steht. Ehemann, Eltern,
Vormund, Geistlicher, Lehrer, mit Zuchthaus und Geldstrafe von
150 bis 6000 Mark. Bei mildernden Umständen tritt Gefäng-
nißstrafe ein. Daneben Geldstrafe bis zu 3o00 Mark.
Hierzu liegt ein Antrag Himburg auf mildernde Umstände
vor, wenn es sich um die Verkuppelung Verlobter handelt, ferner
ein Antrag Albrecht, daß Zuchthausstrafe eintritt im Falle eines
nahen Verhältnisses, wenn aus Eigennutz gehandelt oder wenn
auf den Verkuppelten unter Vornahme oder Duldung unzüch-
tiger Handlungen eingewirkt ist; im Falle einer Ablehnung soll
der Fall „Ehemann" gestrichen werden. Endlich soll ein neuer
Absatz hinzugefügt weiden als Kuppelei ist die Duldung ge-
schlechtlichen Verkehrs zwischen Verlobten nicht zu erachten.
Abg. Himburg (cons.) vertritt seinen Antrag; der Begriff
der Ehe dürfte nicht herabgezogen werden.
Abg. Stadthagen (Soc.): Es sei bedenklich, grade im
Falle der Kuppelei seitens des Ehemannes überall Zuchthaus-
strafe eintreten zu lassen. Das entspräche nicht der Verschärfung
der Schwierigkeiten der Scheidung im bürgerlichen Gesetzbuch.
Nach oberflächlicher Statistik für Berlin sind 30 Procent aller
ehelichen Kinder in den ersten sechs Monaten der Ehe geboren.
Es sei Ueberhebung, hier von Sittlichkeit zu reden. Das Reichs-
gericht könne nicht allein entscheiden, was Sittlichkeit ist.
Abg. Stöcker (wild-cons.): Es gäbe noch viele Ehen, die in
schamloser Weise nur zum Zwecke der Prostitution geschloffen
werden. Dagegen sei keine Strafe hoch genug. Redner fragt,
ob die Sozialdemokraten die Verantwortung tragen wollten für
die Verwirrung der Gewissen, welche entständen, wenn das Ge-
setz die Unzucht zwischen Verlobten straflos ließe.
Abg. Bebel (Soc.): Der sozialdemokratische Antrag stehe
auf dem Boden strengster Gerechtigkeit. Sollte der 8 181 streng
angewandt werden, so werde man sich wundern, welche vornehme
Gesellschaft die Zuchthäuser bevölkern würde. Die katholischen
und protestantischen Geistlichen bekämpften Jahundertelang den
geschlechtlichen Verkehr zwischen Verlobten. Dies beweise, daß
diese Stelle der Vorlage nicht den weiteren Kreisen der Bevöl-
kerung behage. Was sollten die Berliner Bürgerfrauen anfangen»
wenn es keine Spreewälder Ammen mehr gäbe.
Geheimrath Lentze: Die Regierung stehe mit der Ausdeh-
nung der qualifizirten Kuppelei auf den Ehemann auf dem
Standpunkt des gemeinen Strafrechts.
Die Anträge Albrecht und Himburg werden abgelehnt, 8 181
in der Fassung der Vorlage angenommen.
Unter 8 181 wünscht die Kommission einen 8 18t», der Zu-
hälter mit Gefängniß nicht unter einem Monat bedroht. Der
Zuhälter, der Ehemann der Frauensperson ist oder sie durch
Gewalt oder Drohungen zur Unzucht anhält, wird mit Gefäng-
niß nicht unter einem Jahre bestraft.
Nach längerer Debatte wird 8 181» unter Ablehnung aller
Abänderungsanträge in der Kommtssionsfassung angenommen.
In 8 181 b schließt die Regierungsvorlage die Bestrafung
der Vermiether von Wohnungen an gewerbsmäßig Unzucht
treibende Frauenspersonen aus. Die Kommission lehnte diesen
Paragraphen ab.
Abg. Beckh - Koburg (freis. Ver.) beantragt, die Regierungs-
vorlage eventuell mit einer redaktionellen Aenderung Wiederher-
zustellen.

Marcell's Debüt.
Skizze aus dem Theatcrleben einer deutschen Mittelstadt.
Von Han« Hagen.
(Nachdruck verboten.)
»Marcell kommt! Das ist Marcell, mein Marcell!"
ki^Nedokteur Hermann Schüler wiederholt den Satz noch
«Mal für sich. Er versieht die Notiz mit dem Vermerk
. ö" und übergibt sie „Ferdinand dem Schönen", dem
^^aktwnslaufburschen.
Na>?^er eilt fort, um die noch verspätet eingetroffene
soffen*" dem Thealerbureau nach dem Setzersaal zu
der, Schüler hat sich bereits wieder hinter seine große Zetung
I^ochen. Aber er widmet dem politischen Artikel wenig
stek,^? kicht sich auf dem Eiienbahnperron in Heidelberg
Dva„' .Mit der Linken hält er die große, dänische
Halsband ** ^on dem scheidenden Freunde „geerbt", am
ü>it^>>°^ verschwindet der Zug um die Ecke. Der Blondkopf
El»»,-," ivthen Backen und den blauen Augen grüßt noch
«« — Klagend bellt Hektor dem Herrn nach,
llraü^^ö Vieh!" sagt Schüler und streichelt den schönen
öekn,7?chen Kopf des Hundes- — „Kann Dich auch nicht
Das Beste wäre schon eine Kugel für Dich l
Marf-n s °"ch kirr mich. Vielleicht auch für den armen
Man.A ^ ^ Aber erst beißt Du dem verdammten
«ie Knochen entzwei, hörst Du, Hektor I Dem
KebliA"' «er wegen dem Quark Deinem Herrchen den Hals
vpz bat! Mein armer, armer Marcell! Was wird
werden!"
- erade noch!" sagt Ferdinand, indem er die Thür

öffnet. „Ich dachte, er wäre sort, weil er die „Neuesten"
schon 'rausgegeben hat." ^
Schüler blickt von seiner Zeitung auf. Ferdinands
schönere Seite ist in der Thür sichtbar. Aber gleich
hinter ihm, ihn um Haupteslänge überragend, ein großer
Blondkopf.
„Marcell, mein Marcell! .
„Hermann!-Also wirklich. Hermann, mein Rabe!
* -*
*
Hermann Schüler bläst den weiß-gelben Schaum von
^"„°Da^hier ist mein Fall Trink Du Tbce l Wirst Dich
noch vollends damit nervös machen. Und die ewigen
Zigaretten! So ein Unsinn I" . ^ ^ ,
Marcell brennt sich eben wieder eine an und seufzt
melancholisch.
„Und beim Direktor Kollmann?" fragt Schüler.
„War ich."
„Nun?" „ ,
„War nicht da, oder ließ sich verleugnen.
„Mußt Du wieder bingeben." . - ^ .
„Kann nicht. Der Prokurist hat meine Karte dort be-
halten und will alles ausrichten." -
„Mm! Da ist 'ne große Nummer futsch! Aber Kom-
merzienrath Heller?" . . . ,
„War sehr liebenswürdig- Hat aber morgen Kindtause
bei einem seiner ältesten Beamten. Steht Pathe."
„Laß 'n stehen! — Und der Oberbürgermeister?"
„Hat bis morgen Nachmittag 6 Uhr Magistratssitzung.
Schwärmt übrigens für« Klassische I" ^ .
Schüler pfeift das „Bienenhaus" vor sich hin und schaukelt
dazu den Takt mit dem Fuße- Marcell stülpt seine erloschene
Zigarrelte in den Aschenbecher. ^ ^ ^
„Frau v K rn ist noch meine letzte Hoffnng. Soll doch
nur für die Komödie leben. Was?"

Der Redakteur zieht die Stirn in Falten.
„Wird saul! Ach Marcell, wenn Du doch lieber eine
feche Zirkusdame wärst! Da hätte Dich Kollmann nicht
durch den Prokuristen empfangen lassen und der Kommerzien-
rath hätte auch keine Kindtause!"
„Und die Korn?"
„Ack. die alte Schachtell Urunmodern! Spiel der den
Lord Rochester vor, da geht sie eher, als zu Deinem Glocken-
gießer I"
„Aber hin muß ich doch!"
„Natürlich l Vielleicht verliebt sie sich in Dich. Mach
nur 'n recht süßes Gesicht! Recht süß, verstehst Du! Wann
gehst Du denn?'
„Zum Füns-Uhr-Thee. 's ist übrigens Zeit. — Heute
Abend im Löwendräu?"
„Lll right I«
Marcell ist ausgestanden, die Kellnerin Hilst ihm in den
Mantel. . .
„Also morgen wird's schief gehen. Hermann?"
Der Redakteur schüttelt m>t dem Kopse, aber er sieht
seinen Freund nicht an.
„Das ist nicht gesagt. Ich trommle ja heute Abend noch
mal gehörig."

Die Freunde verabschieden sich. Schüler spielt mit dem
Löffel von Marcells Theetasse. Die Kellnerin steht am
Fenster, die Hände auf dem Messingstab der Vitrage. Sie
blickt dem schlanken jungen Mann nach, der quer über den
Platz schreitet.
„Wohl 'n Schauspieler. Herr Doktor?"
„Ja. er debutirt morgen hier?"
„Ach, da bleibt er nicht da?"
„Kommt daraus an, wie er morgen gefällt."
„Schöner Mensch! — Wenn er doch dabliebe!" —
Poldi trippelt durch das Zimmer und macht sich am Büffet
zu schaffen.
Fortsetzung folgt.)
 
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