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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

X,-. 83. ErAts KIM. Süiustas, dcn 7. April

1900.

Deutsches Reich
— Der deutsche Handelstag trat am 6. d. in
Berlin zu einer Plenarversammlung zusammen. Staats-
sekretär Dr. Gras v. Posadowsky hielt eine Ansprache,
in der er den Handel mit den übrigen Thätigkeiten des
wirthschaftlichen Lebens verglich. Der gemeinschaftliche
Urquell unseres gesammten wirthschaftlichen Wohlstandes
und Fortschrittes sei die deutsche Arbeitskraft und Arbeits-
lust. Sie zu erhalten und ihr fortgesetzt neue Gebiete der
Thätigkeit zu erschließen, solle unser aller Aufgabe sein.
In der Berhandlung wurde zunächst eine Erklärung" zn-
gunsten der Flottenvermehrung angenommen.
Bei Besprechung des Fleischveschaugesetzes wurde
eine Erklärung angenommen, die besagt, daß der Handels-
tog gegen alle über die Bedürfnisse des sanitären
Schutzes hinausgehenden Beschlüsse des Reichstages
Verwahrung einlegt. In der weiteren Verhandlung wurde
zur Frage der Besteuerung der Großbetriebe im
Kleinhandel mit großer Mehrheit eine Resolution an-
genommen, die besagt, daß der Grundsatz, der Entwicklung
zum Großbetriebe mittels Steuern entgegenzutreten, ent-
schieden zurückzuweisen sei. Schließlich nahm der
Handelstag eine Resolution an, die sich gegen die
Herstellung von Kunst wein ausspricht.
— Die Sektion des im Jrrenhause gestorbenen sozial-
demokratischen Reichstagsabgeordneten für Nürnberg,
Dertel, ergab die Richtigkeit der Annahme der behan-
delnden Aerzte, daß der Tod infolge nervöser Er-
schöpfung eintrat. Organische Veränderungen des Ge-
hirns waren -nicht vorhanden. Dieser Befund unterstützt
die von seinen Freunden aufgestellte Behauptung, daß
Derlei durch seine Parteigenossen, die ihm sein Blatt fast
vot Gewalt abgenommen haben, ins Irrenhaus und in
den Tod getrieben worden sei.
Vadm. Bei der Berathung des Eisenbahnbaus Neckar-
dischofsheim—Hüffenhardt in der Zweiten Kammer sagte
Geh. Rath Zittel: „In Baden bestehen jetzt etwa
400 stm Nebenbahnen, die außerordentlich günstig
°uf den Verkehr der Hauptbahnen einwirken."
Hierzu sei bemerkt, daß das, was von den Nebenbahnen
Alt, ebenso gut von allen Verzweigungen der
Hauptbahn gesagt werden kann. Hauptstrecken und
Verzweigungen greifen nicht nur äußerlich, sondern auch
^>rthschaf,lich und finanziell in einander über, sodatz man
Rente einer Thcilstrecke wohl arithmetisch, aber niemals
^irthschaftlich berechnen kann. Man muß eben das Bahn-
"etz als ein Ganzes ansehen.
U. Kehl, 6. April. Herr Landescommissär Rein-
ald in Freiburg hat die ihm van der nat.-lib. Partei
^getragene Kandidatur für den R e i chsta g swähl-


^isÖffenburg-Kehl-Oberkirch angenommen.

^rstlbe ist eine im ganzen Bezirk bekannte und äußerst
eliebte Persönlichkeit. Wenn das Hanauer Land geschlossen
ihn stimmt, ist sein Sieg wahrscheinlich.
.. — Das erbgroßherzogltche Paar ist am Vor-
"taq des 6. d. aus Abbazia in Wien eingetroffen,
j Preußen. Nach einer offiziösen Verlautbarung liege
^ Preußen ein Bedürfniß vor, für gewisse Verkehre, be-
^derr in Bergbaubezirken, wo Arbeiter ohne Gepäck
k^lmäßig kurze Strecken zurücklcgcn, Abtheil-Per-
^denwagen für die 4. Klasse zu verwenden. Es
^l>en demnach künftig auch solche Wagen neben den
A^chgangswagen 4. Klasse beschafft werden. (Ob diese
db, jungen 4. Klasse wohl mit Bänken ausgerüstet wer-
Geschieht das, so sind sie eigentlich Wagen 3. Klasse
L , es wird damit bekundet, daß die Bahnverwaltung den
l>E,j Preis 4. Klasse als angemessen für die 3. Klasse er-
Geschieht es nicht, dann bringt die Neuerung eine
- le Menschenquälcrei. Im größeren Raum kann
tyxh stch, auch wenn er ziemlich gefüllt ist, zur Noch aus-
lllich') ^ ^en Raum eines Abtheils ist dies nicht
^ ^ Aus der Karlsruher Zeitung.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Ki>t°A? Professor Dr. Robert Wiedersheim in Fretburg das
Pritz.ff^vz erster Klasse des Ordens vom Zährtnger Löwen, dem
Äi> Dozenten an der Universität Heidelberg Dr. Ernst Gö pp ert
^ Privatdozenten an der Universität Heidelberg Dr. Gustav
>i>th.?, " " b u r g sowie dem Assistenten an der thierhygtenischen
Ar. ztzU'ig des hygienischen Instituts der Universität Freiburg
"llrosTs, thiaz Schlegel den Charakter eines außerordentlichen
^ssors verliehen.
k^dg-^'ue Königliche Hoheit der Großherzog haben den
"ch«n.^sKretär Albert Bitzel in Offenburg auf sein An-
Kn" p' 2- aus dem staatlichen Dienst entlassen.
^te w ^ uhc, 6. April. Der Großherzog ertheilte
^lch ?°rmittag 10 Uhr dem Kaufmann Karl Neufeld, der
Am Schicksal im Sudan als Gefangener des Mahdi
Aüßer - ame Privataudienz. Heute Abend findet ein
»P'aen Hofconcert statt, zu welchem zahlreiche Einla-
t ap u ^""6en sind. Auch die Prinzessin Wilhelm, Prinz
!A^Nen Fürstin zur Lippe werden zum Concert er-
' m welchem der berühmte Violinkünstler Professor
-0" St. Petersburg Mitwirken wird.


Ausland.
u - ' ^--ussel, 6. April. Der verhaftete
Sipides heißt M eerl. Dieser hat dem Si-

Kr^Sien. Brüssel, 6

pide auch den Revolver verkauft. Ein Lehrer Sipides
erklärte, sein Schüler sei sehr talentvoll gewesen, aber leicht
erregbar, wenn er etwas für unrecht gehalten habe. Si-
pide wäre ein bedeutender Mensch geworden, wenn er in
andern Kreisen aufgewachsen wäre. Der Untersuchungs-
richter veranlaßte gestern Nachmittag eine Gegenüberstellung
Sipides mit seinem Vater. Die Begegnung zwischen Va-
ter und Sohn war tiefergreifend. Trotz der Ermahnungen
seines Vaters, beharrte er bei seinem Schweigen.
Die Polizei setzt die Nachforschungen eifrig fort.
Brüssel, 6. April. Die Untersuchung gegen
Sipide wird von den Behörden eifrig fortgesetzt. Eine
Haussuchung in der Wohnung des Verbrechers hat nichts
ergeben. Sipioe hat das 16. Lebensjahr noch nicht er-
reicht und kann deshalb nicht vor die Geschworenen gestellt
werden. Letzteres könnte nur der Fall sein, wenn ein
älterer Mitschuldiger entdeckt würde. Die Gerichtsbehörde
strengt sich darum an, die etwaigen Mitschuldigen
Sipides ausfindig zu machen. Sollte das nicht gelingen,
so würde Sipide voraussichtlich bis zum Alter von 21
Jahren der Regierung zur Verfügung gestellt werden, die
ihn einer Besserungsanstalt überweisen würde. Mehrere
seiner früheren Aussagen hat Sipide vor dem Unter-
suchungsrichter bereits zurückgenommen. Als er seinem
Vater gegenübergestellt wurde, weinte er. Die Eltern
bleiben bei ihrer Ansicht, daß ihr Sohn zu dieser That
aufgestachelt worden sein müsse, und Sipide gab in der
That folgende dies bestätigende Darstellung: Ich war am
Montag mit drei anderen im sozialistischen Volkshause.
Es war auch ein 22jähriger Schuhmacher Arthur M. an-
wesend. Wir sprachen von allerhand, und als das Ge-
spräch auf den Prinzen von Wales kam, der den Blättern
zufolge in Brüssel durchreisen sollte, sagte ich, er wäre
werth, getödtet zu werden! Eurer meiner Genossen er-
widerte: Mit dem Mund bist Du bald dabei, aber nicht
mit der That. Das reizte mich. Wir machten eine
Wette um 5 Franken. Ich kaufte dem Schuster für 3
Franken seinen Revolver ab und war von diesem Augen-
blick an fest entschlossen, die That auszuführen, um nicht
als Feigling zu gellen. Der Untersuchungsrichter ließ den
genannten Schuster sofort verhaften, der alle diese An-
gaben bestätigte. Noch bemüht man sich, die Person zu
erfahren, die Sipide den falschen Brief an seine Eltern
in die Feder diktirt hat. Sipide gab zu, am Mittwoch
von mehreren Leuten begleitet gewesen zu sein.
Brüssel, 6. April. Gestern Abend wurden Sipide
und Meert confrontirt; heute Vormittag wurde die Ver-
nehmung Sipides durch den Untersuchungsrichter fort-
gesetzt. Der Polizeioffizier, der ihn verhaftete, erklärte, er
habe während des Mordversuches nichts Ungewöhnliches
auf dem Bahnhof bemerkt. Der Bahnhofsvorsteher er-
klärte, es seien Vorsichtsmaßregeln getroffen gewesen.
In dem Augenblick, als sich Sipide auf das Trittbrett des
Salonwagens schwang, warf sich der Vorsteher auf ihn,
umschlang mit dem linken Arm den Hals Sipides, mit
der rechten hielt er die Hand Sipides. Infolge dessen
wurde der zweite Schuß nicht abgefeuert. Als Sipide
vorgeführt wurde, weinte er bitterlich und verbarg
sein Gesicht im Taschentuch.
England. London, 6. April. Cccil Rho des ist
heute früh aus Kapstadt in Southampton angekommcn.
Afrika. Mafeking wurde am 25. März stark
bombardirt. Es traf daselbst die Nachricht ein, daß
das Kommando vom Süden und Oberst Plumer vom
Norden zum Entsatz Heranrücken. Auch wurde ein schwacher
resultatloser Angriff von den Buren versucht. Es sollen
daselbst nicht mehr als 20^0 Buren stehen. Die Situation
Mafekings ist offenbar verzweifelt. Die in Mafeking ein-
geschlossenen Buren (s) würden unruhig (?). Der Korre-
spondent der Daily Mail bricht in den Stoßseufzer aus:
Hoffentlich ist dieses Bombardement das letzte. Gerücht-
weise verlautet, Oberst Carrington solle von Beira aus
Mafeking entsetzen.
— Die Buren haben wieder einmal eine Portion
Engländer gefangen. Lord Roberts telegraphirt:
Drei Compagnieen Infanterie, zwei Compagnieen berittener
Infanterie sind am 3. April von den Buren bei Redders-
burg umzingelt worden und hielten sich bis zum 4. April
Morgens gut. Gatacre wurde in größter Eile zu Hilfe
gesandt. Er traf am 4. April in Reddersburg ein. Er
fand nichts von den fünf Compagnieen vor. Es ist
kein Zweifel, daß sie schließlich gefangen genommen
wurden. — Einen mageren Trost bietet den Engländern
das fslgende Telegramm von Lord Roberts vom 6. ds.:
Der Burengeneral Villebois und eine Burentruppe sind
gestern von Methuen umzingelt worden. Villebois und 9
Buren sind todt, 8 verwundet, 54 gefangen; 4 Eng-
länder sind todt, 7 verwundet. — Wie die Times aus
Bloemfontein meldet, zeigten sich die Buren am Dienstag
in einiger Stärke mit drei Geschützen in der Richtung des
Buschmannskop, der noch von einer Compagnie berittener
Infanterie aus Queensland als Beobachtungsposten besetzt
ist. Vereinzelte Truppen der Buren schießen sich mit den
englischen Vorposten herum, doch stellte sich am Mittwoch
früh heraus, daß die Buren einen weiteren Bogen, rechts
von Bloemfontein zu machen beabsichtigen. Mittwoch früh
wurde am Buschmannskop ein aus Süden kommendes Ge-

schützfeuer vernommen. — Daily Mail meldet, die Division
Clements sei in einer Stärke von 6000 Mann am Mitt-
woch früh durch Bloemfontein nach einem fünfzehntägigen
Marsch gekommen und habe einstweilen ein Lager fünf
Meilen gegen Norden bezogen. Roberts hat also, indem
er Unterstützungen zu sich heranzog den Süden des Oranje-
staates von Truppen entblößen müssen. — Den Daily
News wird aus Prätoria gemeldet, daß am Montag Oberst
Plumer nur sechs Meilen von Mafeking entfernt auf
dem Vormarsch begriffen war. Die Buren zwangen die
Engländer zum Rückzuge; diese hatten 20 Todte und
19 Verwundete. Oberst Baden-Powell, der Kommandant
von Mafeking, machte zu gleicher Zeit einen Ausfall; die
Engländer wurden jedoch zurückgeschlagen. Es scheint
also, daß Mafeking schließlich doch fallen wird; die Noth
muß dort auf's höchste gestiegen sein.
Amerika. Washington, 6. April. Das Reprä-
sentantenhaus berieth über die Flo tte n v orlag e.
Die Vorlage umfaßt eine Ausgabe von 61219 916 Dollars,
die größte Summe, die jemals im Hause für eine Forderung
zur Berathung stand. Der Entwurf empfiehlt den Bau
von zwei Hochsee- und Küstenlinienschlachtschiffen zu je
13 500 Tonnen, von drei Panzerkreuzern zu 13000 Tonnen
und drei geschützten Kreuzern zu 8000 Tonnen, lieber
die Panzerfrage spricht sich die Mehrheit des Ausschusses
dahin aus, daß nach der Meinung aller Marineverständigen
gegenwärtig der beste Panzer der sogenannte Krupp-
Panzer sei, den alle Nationen verwenden. Es sei
gradezu Verrath, einen anderen als diesen Panzer zu
empfehlen. Der Bericht wendet sich gegen die übermäßigen
Ausgaben für Panzerschiffe.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 7. April.
** Durchgereist. In vergangener Nach! 12 Uhr 36 Min.
passirte der Großherzog von Hessen auf der Reise nach
Italien die hiesige Station. Gestern früh 9 Uhr 50 Min. trafen
der Fürst und die Fürstin von Waldeck-Pyrmont, von
Stuttgart kommend, hier ein und reisten nach Kassel weiter.
* Güterrechtsregister. Wir machen aus die am Schluffe der
im 2. Blatt abgcdruckten Mittheilungen der Handelskammer ent-
haltenen Ausführungen über das GüterrechtSregister noch be-
sonders aufmerksam. Die mit dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch
in's Leben getretenen Bestimmungen über das GüterrechtSregister
sind für weite Kreise von großem Interesse und es sollte nicht
versäumt werden, sich mit denselben bekannt zu machen. Die
heutige Veröffentlichung der Handelskammer erleichtert dies
wesentlich.
I-. Etrafkammersitzung vom 6. April. Vorsitzender: Herr
Landgerichtsdirektor Dr. West. Vertreter der Größt». Staats-
behörde: Herr Referendär Ru dm ann.
1. Hermann Ros enbus ch von Hemsbach erhält wegen Ver-
letzung der Wehrpflicht 160 Mk. Geldstrafe.
2. Jakob H il len b ran d, 17 Jahre alt, von Altwiesloch,
wird wegen Verbrechens im Sinne des 8 176Ziff. 3 R.-St.-G.-
B. zu 6 Wochen Gefängniß abzüglich 3 Wochen Untersuchungs-
haft verurtheilt.
3. Der 24 Jahre alte Max Eggert von Demmin veruntreute
in seiner hiesigen Stellung als Buchhandlungsgehilfe seinem
Dienstherrn den Betrag von zusammen 400 Mark dadurch, daß
er im Laufe mehrerer Monate vereinnahmte Geschäftsgclder für
sich behielt und verwandte. Er wird deshalb mit 5 Monaten
Gefängniß abzüglich 4 Wochen Untersuchungshaft bestraft.
4. Wegen gemeinschaftlich ausgeführter Körperverletzung ge-
legentlich einer Schlägerei auf der Schlierbacher Landstraße wurden
Schreiner Joh. Georg Weigel und Taglöhner Georg Beruh.
Clormann hier vom Schöffengericht zu 2 Woche» Gefängniß
verurtheilt. Auf ihre Berufung wird dieses Urtheil aufgehoben
und die Angeklagten werden fieigesprochen, das es wahrscheinlich
ist, daß der Verletzte, ein offenbar gefährlicher Mensch, den Streit
selbst veranlaßt hat und die gemeinschaftliche Ausführung nicht
nachzuweisen ist.
5. Die Cementarbeiter Heinrich Jakob Streik und Julius
Adam Streik von Meckcsheim mißhandelten wegen einer Gering-
fügigkeit einen andern Burschen und wurden deshalb schöffenge-
richtlich zu 2 Wochen Gefängniß verurtheilt. Die von ihnen
hiergegen eingelegte Berufung wird heute als unbegründet abge-
wieseu.
6. Wegen angeblicher Mißstände und ihm zugefügter Schädi-
gung bei der Vertheilunz und Anweisung von Meßplätzeu be-
schwerte sich der Pbotograph Anton Klotz von hier bei dem
hiesigen Stadtrathe über den mit jenen Geschäften betrauten Be-
amten. Die von ihm hierbei geäußerten Verdächtigungen veran-
laßien den Stadtrath, Strafantrag wegen Beleidigung eines Be-
amten in Bezug auf dessen Beruf zu stellen, und führten zu seiner
Bestrafung durch das Schöffengericht mit 10 Tagen Gefängniß.
In der heutigen Berufungsverhandlung gewann der Gerichtshof
zwar ebenfalls die Ueberzeugung, daß sich Klotz der obigen Straf-
that schuldig gemacht habe, da ein Wahrheitsbeweis für die be-
haupteten Thatsachen nicht erbracht sei, zu einer Verurteilung
aber konnte er nicht gelangen, da die Aeußerungen in Wahr-
nehmung berechtigter Interessen gemacht wurden und aus der
Form derselben die Absicht zu beleidigen nicht hervorgeht. Das
erstinstanzliche Urtheil wird deshalb aufgehoben und der Ange-
klagte fretgesprochen.
Poltzetbericht. Vier Taglohner wurden wegen Erpressung
und eine Frauensperson wegen Diebstahls verhaftet. Eine
Mannsperson kam wegen Unfugs zur Anzeige.
Eppingen, 4. April. Die bisherige hiesige höhere Bürger-
schule ist als Realschule im Sinne des 8 90, 20 der Wehrordnung
anerkannt worden. Die Anstalt ist daher von jetzt ab zur Aus-
stellung von Befähigungszeugnisjen für den einjährig-freiwilligen
Militärdienst berechtigt.
Mannheim 4. April. Die an der hiesigen Ingenieur-
schule am Schluffe des Wintersemesters abgehalleue Haupt-
prüsung hat ein sehr günstiges Resultat ergeben. Acht Kandidaten
halten sich zur Prüfung gemeldet und allen konnte auf Grund
der bestandenen Prüfung das Jngenieurzeugniß übergeben werden.
Der Unterricht im Sommersemester beginnt am 19. April.
L.kl. Vretten, 6. April. Der schon lange gesuchte Eisenbahn-
beamte Karl See «er aus Ellmendingen wurde gestern Abend
ins hiesige Amlsgefängniß eingeliesert. Derselbe hat sich wegen
verschiedener Urkundenfälschungen und damit verbundener Be-
 
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