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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0267

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Sir. 56.

Miltnmch. dcn 7. Ml?

ISS«.

Badische Zeit- und Streitfragen.
Aus Karlsruhe schreibt man dem Schwab. Merk.:
Man könnte das ganze badische Land durchreisen, um Leute
^ suchen, die sich wegen der Einführung des direkten
Wahlrechtes aufregen, und die Mühe wäre vergeblich,
^gesehen von einigen Industriestädten wie Mannheim,
Karlsruhe und Pforzheim. Hier wissen die sozialdem.
Arbeiter, was sie wollen, nämlich die ganze bürgerliche
^rsellschaft und den monarchischen Staat über dcn Haufen
A»nen. In den ländlichen Bezirken, selbst in den ganz
dem Zentrum gehörenden, werden die Leute wohl sagen,
A das könne man einführcn, aber daß sie diese Neuerung
Ar eine unentbehrliche Grundlage ihrer politischen Wohl-
'°hrt ansehen, darf man nicht erwarten. Die Landtags-
Wahlen sind in Baden schon seit 25 Jahren allgemein,
los nicht direkt, und dieser Umstand fällt praktisch so
wenig j,,s Gewicht, daß die ländliche Bevölkerung darauf
"Neu so großen Werth legt. Die Wahl von Zentrums-
?,"gehörigen, also Anhängern der direkten Wahl, widerlegt
A Richtigkeit des hier Gesagten nicht, denn sie geschieht
den auf Weisung von oben. Ganz ähnlich verhält es sich
All der Einführung von Männerorden. Hier sind es
Adch nur einige Orte, die sich dafür intcresstrcn, weil
-An ihnen in Aussicht gestellt hat, daß sie ein
Koster bekämen und daß dieses viel „Leben" in
Ad Ort bringen würde. An der Spitze stehen
Walldürn, der bekannte Wallfahrtsort, und Haslach, der

^«..»vrt des Pfarrers Hansjakob, welch letzterer mehr-

, aber im kath. Mjk-eine Art von Gcwissensbedrängniß
weil man leine Orden-prüder im Lande habe, das
als wahr erkennen. Im höchsten
ver TktÄtalen Agitation geweckte
Rolle: gt^ade weil die Regierung
gewähren will, verlangen wir sie
Mcht, bis wir sie haben. Ist einmal das
xj >-,e Ehrgefühl künstlich betheiligt, so kann es zu
großen Macht werden, allein bis jetzt hat das kath.
.oft die Sache noch nicht auf die Ehre genommen, und
^ sehr erfreulich. Denn wenn die Gegner der Klöster
e-Alalls den Ehrenpunkt hervorkehrcn wollten, so stünde
ernster Konflikt in Aussicht. Wir haben ja kürzlich
reu« - same Lehre vernommen, die in Karlsruhe be-
hA. in der Religionsstunde einer staatlichen Anstalt ver-
^ wurde, daß der Katholik in gewissen Fällen nicht
hieben könne, weil er sonst gegen die Lehre seiner
kill, verstoße, daß aber der Nichtkatholik leicht nachgeben
^nn seine Kirche verpflichte ihn in den betreffenden
ll»>n ^ nichts. Folglich brauchte man katholischerscits
kalb eine Kirchenlehre zu konstruiren, und die Nicht-
^AAliken müßten schleunigst sich jedem Ansprüche fügen,
fts? ^ merkwürdige Dinge im 20. Jahrh. Nicht viel
der, 'eher Osi ^>aß.es Vereine gibt, die die Verhetzung
sihg, thol. Schuljugend gegen ihre andersgläubigen Mit-
Klia - rin Recht der Kirche beanspruchen, dessen un-
M?^chränkte Ausübung ihr frei stehen müsse. Mit solchen
NghAen Spaltungen wird es das deutsche Volk in dem
sich "den Entscheidungskampfe mit anderen, mächtigen, inner-
üeschlossenen Völkern weit bringen!

für die Einführung von Kapuzinern eingctreten ist.


Deutsches Reich
Der Nordd. Allg. Ztg. zufolge verlieh der Kaiser
itzrAcder Betheiligung an der Friedenskonferenz dem
^kvsdr Stengel den Rothen Adlerordeu 3. Klasse, dem
Nhh ll Zorn den Rothen Adlerorden 3. Klasse mit Schleife
^"Kapitän z. S. Siel den Kroncnorden 2. Kl.

— Die Budgetkommission genehmigte den Etat für die
Einführung des Scheckverkehrs im Reichspost-
gebiet unverändert mit der Bestimmung, daß die Einführung
erst am 1. Sept. 1903 erfolgt, nicht am 1. April.
— Zum Dolmetscher in Kiautschou ernannt ist der
Sohn des Lektors der chinesischen Svrache am orientalischen
Seminar der Universität Herr Karl Siüsh. Herr Ssüöh ist der
erste Chinese, der in Berlin für deutsche Dienste in China ge-
wonnen wird. Er ist seit neun Jahren in Berlin, wo er die
Schulen besucht hat, und spricht vollkommen deutsch. Der jugend-
liche Beamte steht jetzt im Alter von 19 Jahren. Wie die Zeit-
schrift Ostasien mittkeilt, wird er Berlin Mitte März verlassen.
Hamburg, 5. März. Die Hamburger Handels-
kammer richtete eine Petition an den Reichstag, worin
sie auf den großen Schaden hinweist, den die Beschlüsse
der Fleischbeschau-Kommission nicht nur für Im-
porteure, Rhedereien und Kleinhändler bedeuten. Das In-
teresse des gesammten überseeischen Handels und der ge-
sammten Seeschifffahrt Deutschlands stehe auf dem Spiel,
das Zustandekommen des Handelsvertrages mit Amerika
werde erschwert, Retorsionsmaßregeln und Zollkrieg seien
zu erwarten mit verheerenden Wirkungen für die deutsche
Rhederei. Auch von Australien, beziehungsweise England
und Südamerika drohen Gegenmaßregeln. Ferner entstehe
eine empfindliche Schädigung der ärmeren Klassen, wodurch
die Segnungen der sozialpolitischen Gesetzgebung mehr
als ausgeglichen würden. Gesundheitsschädliche Eigen-
schaften ausländischer Fleischwaaren seien bisher nicht be-
kannt. Es werde daher die Ablehnung der Kommissions-
beschlüsse durch das Reichsplenum erbeten. (Nach den
Kommissionsbeschlüssen soll die Einfuhr in das Deutsche
Reich von eingepökeltem und Büchsen-Fleisch sofort ver-
boten werden und von 1904 ab soll auch frisches Fleisch
nicht mehr Angeführt werden dürfen. Man hat es da mit
einem wirklich bösartigen Vorstoß der ostelbischen Agrarier
zu thun.)
Deutscher Reichstag. Berlin, 6. März. Zweite Be-
rathung des Gesetzentwurfs betreffend die Konsular-
gerichtsbarkeit.
Der Gesetzentwurf wird auf Antrag des Abg. Schräder
(sr. Vg.) in der Kommissionsfassung sa bloo angenommen.
Es folgen Petitionen. Ueber die Petition betreffend das
Vereins» und Lersammlungsrecht beantragt die Kom-
mission Uebergang zur Tagesordnung.
Abg. Müller-Sagan (fr. Volksp) und Rickert ffr. Vg.)
beantragen Ueberweisung zur Berücksichtigung.
Abg. Dr. Pach nicke (fr. Vg.) tritt für diese Anträge ein.
Man müsse bet jeder Gelegenheit aus eine endliche reichsgesetz-
liche Regelung des Vereinswesens dringen.
Abg. Beck-Heidelberg (natl.) und Stolle (Soc.) schließen
sich dem an.
Die Petitionen werden nach weiterer Debatte schließlich ge-
mäß den Anträgen zur Berücksichtigung überwiesen.
Bei der Petition betreffend Einführung des Befähi-
gungsnachweises für das Baugewerbe beantragt
die Kommission Ueberweisung zur Berücksichtigung oder als
Material.
Abg. Frohme (Soc.) spricht gegen den Antrag der Kom-
mission und beantragt Ucvergang zur Tagesordnung.
Abg. Werner empfiehlt den Kommissionsantrag.
Abg. Hahn (Bund d. L.) schließt sich dem Vorredner an.
Abg. Froh me meint, an Befähigung fehle es den Bauunter-
nehmern in der Regel nicht, wohl aber an Gewissenhaftigkeit.
Abg. Pauli-Potsdam beantragt Ueberweisung der Petition
zur Berücksichtigung.
Abg. Bindewald (Refp.): Interesse an schrankenloser Ge-
werbefreiheit hätte nicht das Publikum und das Handwerk, sondern
das Großkapital. Nur den Burcaukralismus treffe die Schuld,
wen» die ZmangSinnungen nicht zum Segen des Handwerks
ausgeschlagen seien. „ . ^ .
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Ver.): Eine procentnale Zunahme
der Bauunfälle sei nicht erwiesen. Die Unfälle hätten eher ihren
Grund in überspannter Gewinnsucht der Aktionäre als im Mangel
an Befähigung.
Abg. Groeber (Centr.) tritt kür den Befähigungsnachweis

ein. Eine entsprechende Resolution sei bereits früher vom Hause
angenommen worden.
Die Petition wird endlich unter Ablehnung des Antrages
Frohme gemäß dem Anträge der Kommission als Material
überwiesen.
Morgen 1 Uhr: Dritte Lesung des Gesetzentwurfes betreffend
wonsulargerichtsbarkeit, Rechnungssachen, Gesetz betreffend Reichs-
schuldenordnung. Schluß 6 Uhr.
Baden. 8.6. Karlsruhe, 3. März. Der vor
einigen Tagen angekündigte Nachtrag zum Eisen-
bahnbudget in Höhe von ca. 11 Mill. Mark enthält
u. a. Anforderungen für Einrichtung elektrischer
S t recken b lockirung auf den Strecken Mannheim-
He idelberg undM annheim-S chwetzingen 278000
Mark, für Beschaffung von Dienstwohnungen für technische
Beamte in Mannheim 82 000 Mk., für Verlegung der Oel-
gasanstalt in Mannheim und Umbau derselben in eine
Mischgasanstalt 150000 Mk., für die Errichtung einer
elektrischen Centrale in Rheinau 1 492 000 Mk., für die
Stationserweiterung in Waghäusel 102 000 Mk., für ein
Ueberholungsgleis in Blankenloch 31600 Mk., für ein
Kreuzungsgleis in Neckarhausen 56 000 Mk. und für ein
solches bei Blockstation 15 und 26 der Neckarthalbahn
195 000 Mk., für Erweiterung der Stationsanlagen in
Seckach 15i000 Mk.. in Wiesloch (1. Rate) 350 000 Mk.,
in Mingolsheim 80000 Mk., in Grötzingen 180000 Mk.,
für Errichtung einer Güterstation und eines neuen Bahn-
hofs in Jspringen 141000 Mk., für die Bahnhoferweite-
rung in Pforzheim 1 000000 Mk., für eine neue elektrische
Centrale in Karlsruhe 1155 000 Mk., für,den Bahnhof-
umbau in Oos 200 000 Mk. und für Erweiterung der
dortigen elektrischen Centrale 270 000 Mk., für den Bahn-
hofumbau in Haslach 53 000 Mk., für elektrische Beleuch-
tung in Donaueschingen 350 000 Mk., für ein Ueber-
holungsgleis in Denzlingen 74 000 Mk., für eine Güter-
station und den Bahnhofneubau in Wasenweiler 72000 Mk.,
für den Bahnhafumbau in Basel 2 Mill. Mk., für den
Umbau der Aufzugsvorrichtung der Werste in Konstanz
(Nachforderung) 33 200 Mk., für Centrale Weichen- und
Signalstellung 383 800 Mk., endlich Staatsbeiträge zu den
Nebenbahnen Wiesloch-Meckeshcim 305 900 Mk., Neckar-
bischofsheim-Hüffenhardt 340 000 Mk. und Walldürn-
Hardheim 300 000 Mk.
8.0. Karlsruhe, 6. Mürz. Die Budgetcommission
beantragt, die unter Titel XVII und VIII des Budgets
(Wasser- und Straßenbau) angefordertcn Beträge zu ge-
nehmigen. Aus dem Bericht des Abg. Dr. Heimburger
ist zu entnehmen, daß sich die Zahl der Ingenieur-
Praktikanten seit dcn 1890er Jahren sehr stark ver-
mindert hat; sie sind infolge dessen für den Dienst so
sehr in Anspruch genommen, daß nur noch wenige technisch-
wissenschaftliche Arbeiten mit dem Gesuch um Bewilligung
einer Prämie (Reiseunterstützung) bei der Oberdireklion ein-
gekommen sind. Die Commission fand diese Auskunft der
Regierung höchst unerfreulich und empfiehlt der Regierung,
ernstlich zu erwägen, wie ein vermehrter Zugang von
jungen Ingenieuren zn erzielen wäre. Schon vom Stand-
punkt des praktischen Bedürfnisses wäre daher die Zu-
lassung der Oberrealschulabiturienten zur Staats-
prüfung im Jngenieurfach zu empfehlen. — Die Land-
straßenlänge betrug Ende vorigen Jahres 3099 Km. und
wird sich in 2 Jahren auf 3106 Km. belaufen. Die
Commission wünscht, daß die Verwaltung ihre Versuche
mit dem Tecksystem fortsetzt. Am Jahresschluß 1899
waren in 1986 Gemarkungen (von 2118 im ganzen Lande)
die Katastervermessungen fertig gestellt. In weiteren 110
Gemarkungen wird die Vermessung bis zum Beginn des
Jahres 1905 vollendet. Zur Verzögerung der Kataster-

Fürst Margoni.


Roman von Moritz Lilie.
, (Fortsetzung.)
x^iaA'rA" uiehr Veranlassung hast Du. mit dem Gang der
qs/ll^ufrieden zu sein," wart Rödingen ein. .Ueberlaß'
"4 p>j"„chen ruhig diesem unbekannten Italiener, wenn er
für sie interessirt; die beiden passen sicher besser
- "ls Du und Helene."
^tde» . ^ könne ich ihr das Glück, Fürstin Margoni zu
L, »Di', A"^e Wendelstein lächelnd.
Nsino doch an dem nächsten Maskenball im adeligen
'Ke,inehmen?" ftagte jener, indem er das bisherige
neuere N-„Wie man vernimmt, werden ganz be-
"ffe rbereitungen getroffen, die außergewöhnliche Ge-
k -Ich r "eberraschungen erwarten lassen."
Aen schabe Grund sern zu bleiben wegen Hellwarths, in-
'Vaff D» voch unentschieden," versetzte der Kamerad,
ir, Ich / bereits für eine Maske entschieden?"
i>A?"den *be voraussichtlich die Kleidung eines spanischen
>tz"hle„.- "US der Zeit Philipps H. und Herzogs Alba
mte Rüdingen» „zwar etwas steif und lang-
^°Ul>a Ak 'Amerhin malerisch. Und hinter welcher Vcr-
^denkst Du Dich zu verbergen?"
ick noch nicht darüber nachgedacht, in welcher
,Aben Festgenoffe» präscntiren soll," versetzte
tz,,.Fiir ! .. ch°lnd.
L'erskas'!^,"^ Dich wohl, beute Abend zum Whist im
^°Ndels,°iO Rüdmgen und ging.
uem aber wandte sich wieder seinen Büchern zu.
">ar berangekommcn. In den Werkstätten
bornekm-^'bkr und Modistinnen wie in den Boudoirs
en Welt und dem bescheidenen Stübchen der

Bürgerstocher herrschte jenes emsige Schaffen und Weben.
das einem Ballabend vorauszugeden pflegt. Wolken duftigen
Stoffes, die sick unter den fleißigen Händen der Ar-
beiterinnen zu Wunderwerken der Kleidermacherkunst ge»
ftalteten. füllten die Gemächer zur Halste aus; SpPen,
Blumen, Schlesien und alle lenen kleinen Tändeleien, die
für sich nichts bedeuten, in der Zusammenstellung mit anderen
Toilettegegenständen aber unentbehrlich erscheinen, weil sie
so unendlich viel zur Zierde und barmonsichen Gesammt-
wirkung beitragen, lagen auf den Tischen umher und harrten
der Verwendung, und mit strahlenden Augen verfolgte die
glückliche künftige Trägerin dieser Prachtstucke das allmäh,che
Werden und Entstehen der kunstvoll gearbeiteten yulle. Und
wenn dann der festliche Abend selbst erschien und die weib-
lichen Mitglieder des Hauses sich um die geputzte Tänzerin
scharten, hier und da ein Fältchen am -oauslaat glättend,
eine Schleife zurechtrückend, eine locker gewordene Blume
befestigend — dann Hörle man wohl manchen Ruf freudigen
Erstaunens, neidvoller Bewunderung- Im Saale selbst aber
batte jede neuauftauchende Toilette eine strenge Kritik der
bereits anwesenden Damen auszuhalten, und wehe der
Trägerin, wenn sic nicht bestand; sie war unrettbar dem
Fluche der Lächerlichkeit verfallen, eine Art Anathem über
sie ausgesprochen, das selbst die Herrenwelt nicht immer un-
beachtet lassen konnte. . ^
Wenn es sich aber gar um einen Maskenball bandelte,
da waren die Gemüther der jugendlichen Theilnehmerinnen
schon Wochen lang vorher fieberhaft erregt, und die Frage,
welches Kostüm wird der oder jeiier anlegen. ward in
intimeren Kreisen lebhaft erörtert. Sorgfältig suchte leder
das große Geheimniß zu wahren, damit die Ueberraschung
am Festabend desto größer sei. und manche komische Ver-
wechielung. manches besonders originelle und drollige Kostüm
gab oft noch wochenlang Stoff zur Unterhaltung und zum
Lachen. Wer bei solchen Gelegenheiten keinen anderen Zweck
verfolgte, als sich möglichst gut zu unterhalten, dem wurde
die Wahl der Maske gewöhnlich nicht schwer; ihm war es
gleichgiltig. ob man ihn erkannte oder nicht. ia das

letztere war ihm oft weit lieber. Schwerer wurde es da-
dagegen denen, die ein Interesse daran Hutten, wenigstens
für eine bestimmte Person kenntlich zu sein, ohne indeß
diese Absicht den Uneingeweihten merken zu lassen, und
manche kleine Kriegslist ward angewendet. diesen Zweck zu
erreichen.
Es war am Abend vor dem großen Kasinoball, welcher
schon seit Wochen die ganze vornehme Welt beschäftigte, als
die Familie Hellwarth mit Ausnahme von Valerie im Wohn-
zimmer beim Thee saß. Letztere hUte sich entschuldigen lassen,
sie war noch mit der Herstellung ihres Kostüms beschäftigt
und batte die Schneiderin kommen lassen, ihr dabei behilflich
zu sein. ^
Die drei, welche am Theetische Platz genommen hatten,
schienen nicht besonders guter Laune zu sein, wenigstens
war von einer Feststimmung, wie das bevorstehende Ver-
gnügen sie hätte Hervorrufen müssen, nichts zu merken. Es
waltete kein guter Genius in diesem Raume, der Geist der
Zwietracht hatte hier eine Stätte gefunden und beherrschte
die Gemüther.
(Fortsetzung folgt.)
IV. populäres Symphonie-Concert des städtischen
Orchesters.
L*L Heidelberg, 7. März.
Die Popularität hat es, wie es scheint, gefordert, daß an
Stelle des modernen Tschaikowsky, den man in's Auge gefaßt
hatte, Haydn seine älteren Rechte geltend machen durfte.!
Die U-änr-Symphonie Nr. 12 konnte dem Orchester keine
Schwierigkeiten bereiten.
Neu waren für Heidelberg Bizets I-'La-Issienns-suite und
Smetanas V^ssbraä.
Des Franzosen Musik erklärt sich selbst und von selbst, der
Böhme bedarf eines gedruckten Programms. .
Die Musik, die der Componist der „Carmen" zu Daudets
provenxalischem Stück geschrieben hat, ist außerordentlich klar und
 
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