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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0309

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2 Erscheint täglich.
sonntags ausgenommen.

Preis
unt Familienblättern
. monatlich 50 Pf.
- ttei in's Haus gebracht,
^urch die Post bezogen
„ vierteljährl. 1.25 Mk.
"Usichließlich. Zustellgebühr.

Fer^

nsprech-Anschluß Nr. 82.


Jnjertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigcn bedeutend
ermäßigt.

Gratis-Anichlag
der Inserate auf den Plakat-
taseln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fcrnsprech-Anschluß Nr. 82

65. Erker Mit. Kamst»-, -e« t?. Mär;

lWV.

Aboirnements-Kinl'adnng.
Im Hinblick auf den bevorstehenden Quartalswechsel
erlauben wir uns das Publikum in Stadt und Land zu
*echt zahlreichen Neubestellungen aus die Heidelberger
Heilung eiuzuladen.
Wir empfehlen die Heidelberger Zeitung als
zuverlässiges Blatt von bestimmtem politischem Charak-
ter ollen Denjenigen, welche mit uns der Ansicht sind, daß
lkde Tageszeitung die Aufgabe hat, eine bestimmte Anschauung
öu vertreten. In einer Zeit, da das Centrum sich an-
ichickt, die in zähem Kampfe errungene politische Macht-
stellung zum Schaden der freien geistigen Kultur des
Zutschen Volkes auszunutzen; in einer Zeit, da von unten
herauf an den Grundlagen der bestehenden Gesellschafts-
ordnung gerüttelt wird, ist cs nölhig. daß jeder liberal
senkende Bürger mit einem Blatt Fühlung nimmt, das
leine Anschauungen vertheidigt, das für seine Interessen
kämpft.
Bei aller Entschiedenheit ihrer nationalen und liberalen
Gesinnung hält sich die Heidelberger Zeitung von
leder Gehässigkeit im Kampfe mit den gegnerischen An-
schauungen und Bestrebungen fern, so daß Niemand, der
ü? liest, in seinem Empfinden verletzt wird.
Der Preis der Heidelberger Zeitung ist so billig
ökstellt, daß es auch Minderbemittelten möglich ist, sie
dü halten. Sie kostet sammt den zweimal wöchentlich bei-
legten Familicublättern durch die Post bezogen
Vierteljährig nur 1 Mark 25 Pf.,
bei Zustellung durch den Briefträger noch die Bestell-
gebühr von 40 Pfg. tritt.
Hier am Ort und soweit unsere Träger gehen, kostet
d>e Heidelberger Zeitung frei ins Haus geliefert
monatlich nur 50 Pf.
. Inserate in der Heidelberger Zeitung sind bei
der über alle Schichten der Bevölkerung sich erstreckenden
Verbreitung des Blattes von der größten Wirksamkeit.
^ Neu eintretenden Abonnenten Hierselbst liefern wir das
Blatt auf Wunsch bis Ende dieses Monats gratis.
Heidelberg, im Äärz 1900.

Die Redaktion und die Expedition.
^er angeblich scharfe Ton des deutschen aus-
wärtigen Amtes wegen der Beschlagnahme
deutscher Schiffe.
. Aus dem englischen Blaubuch wird jetzt der Wortlaut
l Noten bekannt, die das deutsche Auswärtige Astnt durch
Vermittlung des deutschen Botschafters in London an die
Englische Regierung richtete. Nach englischer Auffassung
dabe djx deutsche Regierung in der zweiten Note eine schroffe
Drache geführt und sei sehr weit gegangen in ihrer For-
mung betr. die Jnstruirung der englischen Seeoffiziere,
"ir lassen diese Note hier im Wortlaut folgen:
Deutsche Botschaft, London, 5. Januar 1900.
y Mylord! Laut einer der deutschen Regierung vorgestern
Aden zugegangencn telegraphischen Meldung ist ein zweiter
«avipfer der Deutsch-Ostafrikalinie, „General", nunmehr dort
h'Mtwlien, von dMIMn Truppen besetzt und angewiesen wor-
y seine Ladung ArAoschen Gemäß den erhaltenen Weisungen
Un^ ich die Ehrt, Ew. Excellenz das Borstehende mitzutheilen,
d o uytef"ausdrückltchem Vorbehalt aller Schadenersatzansprüche
HZHM'zu ersuchen, daß Befehl für die sofortige F.eilassung des
b ampferg und seiner Ladung und für die Wiederverladung des
dobgelöschten TheileS der Ladung und dafür ertbcilt werde,
für die Fortsetzung seiner Reise nach den in

zu,.,, Das Romaufeuilleton findet der Leser im heutigen
Leiten Blatt

Stadt-Theater.
Heidelberg, 17. März.
er Mummelsee". Dichtung von Wilhelm Schliefer,
Emil Sahlendcr.
Sv» richtige Premiere, mit Premierenpublikum, Premisren-
sein, ""ng und -Stimmung. Sohlender, der vor Jahren mit
o EM „Schelm von Bergen" viel Glück gehabt hat, war, dem
°E der Zeit folgend, mit einem Einakter wiedergekommen,
sch.^chriefer, der Textdichter, bewegt sich vollständig im Wagner-
Jdeenkreis. In das Gewand der Sage von dem viel-
Schworzwaldsee haben sich Wagner'sche Gestalten und
sch«,. . «ehüllt. Erich, der zwischen Frigga und Swanhilda
des 6t ein Bruder Tannhäusers und Siegfrieds, die Nixen
Nn.„^Ees sind vom Stamm der Rhetntöchter. Frigga streift
H/urgemäß an Elisabeth und Senta. Ein Ring wird, wie bet
Symbol und Träger des Geschickes.
Eri^'E Fischertochker Frigga liebt den eirigewanderte» Fremden
Lieb-kü."*' ""d gleich leidenschaftlich wicdergeltebt. Aus seinem
die wird das Paar durch den nächtlichen Zug der Fischer,
lich Opferfest eintreffen, aufgeschreckt. Im See haust näm-
Öpc.j" "Oer Heidengolt, der von Zeit zu Zeit fein Menschen-
Dps. verlangt — auch hier rast dann der See und will sein
weit au,"— und falls es ihm nicht zu Theil wird, die Wogen
2Luld und Thal verheerend auSsendet.
lwrm u öu versöhnen, beut man ihm freiwillig ein Opfer, das
diesx« ^bruch der Runen bestimmt wird. — Die Wahl fällt
A»s ^ "Vs Friggas Baker.
Einem Hilfeschrei der Geliebten entschließt sich Erich zu
schönst-, Opfer, wirft seinen Ring in den See, „sich der
lwschmöv," Götzenvolkes vermählend". In dieser Herauf-
Man n-velll. ves ConflicteS liegt auch die Schwäche der Dichtung,
für den sr ^ 6hr Wohl, daß sich Erich der Geliebten zu Liebe
des olEv opfern könne, aber man fragt, warum diese Form
vsers, warum der Umweg über die Treulosigkeit?

seinem Fahrplan erwähnten Plätzen keine Hindernisse entgegen-
gestellt werden. Ich bin ferner angewiesen, Ew. Excellenz zu
ersuchen, zu veranlassen, daß den Kommandeuren britischer Schiffe
in afrikanischen Gewässern ausdrückliche Weisungen zu dem Ende
gesandt werde», das internationale Recht zu achten und dem
Handel zwischen Neutralen keine weiteren Hemmnisse in den
Weg zu legen. Ich märe Ew. Excellenz für die Zusendung elner
Antwort in einer Ihr möglichen kurzen Frist verbunden. Ich habe
die Ehre u. s. w. P. Hatzfel dt.
Die englische Presse, die den Wortlaut der gewechselten
Noten nun auch kennt, regt sich sehr stark über den an-
geblich schroffen Ton der oben abgedruckten Note auf. In
Deutschland findet man dagegen, daß der Ton der deutschen
Noten wohl ernst, aber nicht schroff war und daß er den
Umständen durchaus entsprach. Die Engländer sollten viel-
mehr, nachdem nun einmal die Durchsuchung der drei
Postdampfer stattgefunden und auch nicht den geringsten
Beweis für die zahllosen deutschfeindlichen Verdächtigungen
seitens der englischen Presse ergeben hat, endlich einmal
unumwunden anerkennen, daß deutscherseits die Neutralität
im vollsten Umfange und ausnahmslos durchgeführt wor-
den ist. Ebenso müßten die Engländer sich doch inzwischen
davon überzeugt haben, wie unendlich thöricht die stete
Verdächtigung gewesen ist, daß zahlreiche deutsche Offiziere
in den Reihen der Buren gekämpft hätten und im Grunde
deren eigentliche Führer gewesen seien.

Deutsches Reich

— Die Bn d ge t kom m i ssi o n des Reichstags
wird in der nächsten Woche die Flottenvorlage
noch nicht berathen. Die Mitglieder der Commission,
so wird mitgetheilt, sind wochenlang angestrengt thätig ge-
wesen; auf ihren Schultern hat nicht nur die ganze Vor-
bereitung des Etats gelastet, sondern auch zu einem wesent-
lichen Theile die Weiterführung der Geschäfte in den
Plenarberathungen, die in den letzten Monaten von dem
größten Theile der Mitglieder des Reichstages beharrlich
gemieden worden sind. Infolge dessen bedürfe die Mehr-
zahl der Commissionsmitglieder, nachdem nunmehr der
Etat zu Ende geführt worden, zunächst einer kurzen Er-
holung.
— Eine Verständigung über das Fleischschau-
gesetz ist bis jetzt nicht gelungen. Es wird mit der
dritten Lffung vor Ostern nicht mehr gerechnet.
— Den Minister v. Puttkamer überleben seine
Wittwe, die gleichfalls eine geborene v. Puttkamer ist, vier
Söhne und eine Tochter. Von den Söhnen ist der älteste,
Jesco, der Gouverneur von Kamerun, der zweite Polizei-
präsident in Kiel, der dritte Landrath des Kreises Colberg-
Körlin, der vierte Landrath des Kreises Usedom-Wollin.
Die Tochter ist die Gattin des Flügeladjntantcn des Kai-
sers, des auch als Komponisten bekannt gewordenen Majors
Oskar v. Chelius aus Karlsruhe, der gegenwärtig Militär-
attache bei der Botschaft in Rom ist.
Kiel 16. März. Der Kaiser verweilte heute Mittag
mit dem Prinzen Heinrich einige Zeit an Bord des
Kreuzers „Deutschland" und trat nach 2 Uhr die Rückreise

nach Berlin an.
Deutscher Reichstag. Berlin, 16. März. Fortsetzung
der dritten Berathung der lex Heinze.
Es liegt ein Antrag auf Schluß der Debatte über die 88 184,
184» und 184 b vor.
Abg. Singer (Soc.) beantragt namentliche Abstimmung.
Unter großer Unruhe des Hauses geht die Abstimmung vor
sich: 196 Stimmen sind für, 82 gegen den Schlußantrag, der
damit angenommen ist.
In persönlichen Bemerkungen erklärt der Abg. Stöcker
(wild-cons.): Der Abg. Müller-Meiningen habe in seiner knaben-
haften Weise (Sachenrechts, Lärm links, Zurufe: Hallen Sie Ihr
Maul, Unverschämtheit. Glocke des Präsidenten.)

Die „Undinen" zögern nicht, den irdischen Bräutigam abzu-
holen. Aus een Wellen tauchend rufen sie ihm, und Erich folgt
der Wellen-Braut, SwanhildenS Lockung. Ohne Siegfried-Trunk
hat er rasch Frigga vergessen; er will versinken in „süßem Ver-
derben", zögert in peinlichem Schwanken zwischen den zwei
Bräuten auf festem Boden und wogendem Grund, da ergreift
Frigga in ihrer Verzweiflung ein Holzkreuz, vor dem die Heiden-
welt versinkt. Aber der See rächt sich, fluthet auf, Erich hinab-
zuziehen, Frigga stürzt zu ihm und beide versinken „endlos ver-
eint" zum Licbesbad. Ein Gebet der Mönche — wie im Tann-
Häuser die Mischung heidnischer und allchristlicher Welt — be-
gleitet sie mit einem Gnaden,uf, Frigga's Vater verflucht den
„trügerischen See".
Hat, wie man wohl empfindet, der Dichter bekannte Motive
verwerthet, wird auch Erichs Tannhäuser-Natur, viel zu rasch
und unmotivirt zum Agens des Eonfliktes, hat auch das Text-
buch keine geniale oder überraschende Details aufzuweisen, so ist
es doch Schliefer gelungen, in einem kurzen Rahmen ein span-
nendes dramatisches Problem zusammenzufassen und zu löse»;
und vas in einer Form, die dem Banalen fcrubleibt, in glück-
lichem wohlklingendem Ausdruck, mit Blick und Fühlung für
das Bühnenwirksame.

Was letzterem nicht entsprach, lag nur an der Regie und an
den etwas beschränkten räumlichen Verhältnissen.
Erscheinen und Eingreifen des Chors muß natürlicher sein, er
darf nicht einfach in Reih und Glied sich aufstellen, das Duett
der Liebenden regelmäßig ablösend. Auch der Schluß bedarf
einer szenischen Umgestaltung. Mit Holzkreuzen den See be-
schwörend, müßten die Mönche herbeieilen, dann am Rande sich
gruppirend niedersinken, nicht einfach im Vordergrund das
Schlußgebet vortragen.
Sahlender hat mit seiner Composition dieser Operndichtung
einen glücklichen Wurf gelhan. Dieser Stoff liegt seinem Com-
ponisteuuaturell sehr gut. Es ist ihm gelungen, in der Ver-
tonung eine dramatisch-musikalische Schöpfung bervorzubringen,
deren Wirksamkeit eine unbestrittene ist. Die sehr ausdrucks-
fähige, mit reichhaltigen Mitteln arbeitende Musik hat die Hörer

Aba. Stöcker fährt fort: Also in seiner bekannten Weise
meine Rede eine Kavuzinade genannt; er kann mich nicht belei-
digen (Unruhe.) Eine Kapuzinade ist immer noch besser, als eine
Harlekinade.
Der Präsident erklärt, der Ausdruck Kapuzinade sei keine
Beleidigung, die Kapuziner seien höchst achtbare Leute. (Stürmi-
sche Heiterkeit.)
Es folgt die Abstimmung. § 184 (Herstellung, Verkauf von
unzüchtigen Schriften und Abbildungen) wird nach dem
Compromißantrage angenommen. Die Mehrheit wird
hergestellt durch die Stimmen der Rechten, des Centrums und
der meisten Nationallibcralen.
Auch der Co mpromißantrag zu 8 184» (Ausstellung
von schamverletzenden Abbildungen u-s. w.) wird angenommen.
Der Präsident schlägt nunmehr vor, bei 8 184 b (Theater-
paragraph) zuerst über den Co mpromißantrag, sodann über den
Antrag Beckh auf Streichung abznstimmen. Abg. Singer bean-
tragt namentliche Abstimmung.
Bei der namentlichen Abstimmung wird der Compromiß-
antrag zu 8 184b mit 166 gegen 124 Stimmen ange-
nommen. Dagegen stimmen die Linke, die Nationalliberalen,
ausgenommen der Abg. Esche, ferner die Abgg. Bindewald und
Boeckel. Der Präsident erkärt den Antrag Beckh nunmehr als
hinfällig.
Zu 8 184 o (Mittheilungen anstößigen Inhalts aus Gerichts-
verhandlungen) spricht sodann der Abg. Stadthagen (Soc.),
der mit Lärm und Lachen empfangen wird, unter großer Unruhe
des Hauses, für die Streichung des Paragraphen. Während
seiner eingehenden Ausführungen verläßt der größte Theil der
Abgeordneten den Saal. Der Redner führt aus, es sei durchaus
nothwendig, die Mittheilungen über sittliche Vergehen, namentlich
bet solchen von Geistlichen, Lehrern, Erziehern u. s. w. aus amt-
lichen Schriftstücken zuzulassen, um die Eltern zu warnen und in
die Lage zu versetzen, ihre Kinder vor solchen Schmutzfinken zu
schützen. Das Recht, den Verbrecher Verbrecher und den Schmutz-
finken Schmutzfinken zu nennen, niüsse bestehen bleiben.
Während der ausgedehnten Rede Stadthagens läuft eine Reihe
neuer socialdemokratischer Anträge ein, worin die Bestrebungen
des sogenannten Arbeiterparagraphen wieder ausgenommen werden,
ferner beantragen die Socialdemokraten einen neuen Paragraphen,
8 184 ck, in dem erklärt wird, daß die Bestimmungen der 88184,
184», 184 d auf künstlerische Productionen und Darstellungen keine
Anwendung finden sollen. Das Bekanntwerden der Anträge ruft
starke Bewegung hervor.
Als Stadthagen fortfährt zu reden, ertönen Rufe „Zur
Sache!" „Schluß!" Der Abg. Stadthagen schließt unter Bravo-
rufen links und Lärm und Zischen rechts seine über I V- Stunden
lange Rede.
Abg. Heine (Soc.): Nach den kurzen Ausführungen des Vor-
redners (Heiterkeit) müsse er den Gegenstand eingehender be-
handeln. Redner bringt Einzelfälle vor.
Geheimrath L e n t h e erklärt, der Antrag der Socialdemokrate»
bringe nichts Neues.
Ein Schlußantrag des Grafen Hompesch wird angenommen.
Abg. Singer beantragt über 8 184« namentliche Abstimmung.
In namentlicher Ab st immung wird der 8 184o.
mit 196 gegen 73 Stimmen angenommen.
Es folgt die Berathung des vom Abg. Heine (Soc.) bean-
tragten 8 1844.
Zur Geschäftsordnung bemerkt der Abg. Gröber, man wolle
die Debatte über einen Gegenstand, über den bereits beschlossen
worden sei, erneuern; das sei unzulässig.
Abg. Singer (Soc.) erklärt diese Ansicht für irrig und be-
merkt, daß er für den Fall, daß das Haus sich der Ansicht des
Abgeordneten Gröber anschließe, einen Antrag einbringen werde,
wonach die Bestimmungen der 88 184» und 1844 erst 1920 in
Kraft treten sollen. (Heiterkeit.)
Abg. Richter verweist auf einen ähnlichen Fall im Jahre 1879.
Nach längerer ziemlich heftiger Geschäftsordnungsdebatte will
der Präsident einen Beschluß des Hauses darüber hcrbeiführen,
ob der Antrag Heine geschäftsmäßig unzulässig sei. Hierfür be-
antragt Abg. Singer namentliche Abstimmung.
Es werden 260 Stimmen abgegeben; davon stimmen 155 mit
„ja", 105 mit „nein". Damit ist der Antrag Heine als unzu-
lässig erklärt.
Darauf vertagt sich das Haus auf morgen 11 Uhr.
Baden. ö.N. Kar lsruh e, 16. März. De Budget-
kommission trat heute in mündliche Verhandlung mit
dem Herrn Finanzminister über die bei der Finanzdebatte
gestellten Anträge Fieser und Gen. Die Gr. Regierung
erklärte sich bereit, noch diesem Landtage ein Gesetz vor-
zulegen. wonach die Wittwenkasscnbeiträae der
in starker Spannung erhalten und einen nachhaltigen Eindruck
zurückgelassen.
Schlenders musikalische Tendenz ist eine sehr lobenswerthe.
Er strebt nach dem Volksthümlichen. der Volksoper zurück, mit
dem Bemühen, ihr die Errungenschaften des ausgereiften Musik-
dramas dienlich zu machen. Auf der einen Seite seines Weges
liegt die freundliche Melodienwiese Neßftrs, auf der andern er-
hebt sich Wagners mächtige, gigantische HochgebirgSwelt.
Man sollte einen Kompromiß zwischen so Heterogenem nicht
für möglich halten, Sahlender weiß ihn mit vielem Glück zu
schlichen. Eine ariettenartige melodiöse Deklamation wechselt
mit stark-dramatischen Wugneraccenten, leicht fließende Weisen
mit hochmodernen Jnstrumentalschilderungen.
Sahlender hat viel melodisch- Erfindung bewiesen, immer
einen der Dichtung sich anschmiegenden Ausdruck gefunden, sich
als sehr gewandl in der Instrumentation gezeigt, besonders glück,
lich in der illustrirende» Tonmalerei. Für den Chor schreibt er
gelegentlich etwas unbequem, was auch die einzige» kleinen Ent-
gleisungen in dem Lockchor der Nixen und dem Männerchor ver-
anlaßte.
Sahlender dürfte mit seinem „Mummelfte" vollständig sein
Ziel erreich! habe»: einen volksthümlichen Stoff in verfeinerter
volksthümlicher musikalischec Ausgestaltung der Bühne zugeführt
zu habe». Die Theater werde» in dem „Mummelsce" eine
Reperloiroper finden, die ihnen nach Wesen und Umfang will,
kommen, die in ihrer gefall gen Natur und bei ihrem eindring-
lichen Cbarakier ihres Pubirtums sicher ist.
Die bereits bekannte, außerordentlich ansprechende Ouvertüre
wurde sofort beifällig ausgenommen. Die hübsche Schilderung
des ruhenden Sees in den wiegenden Violinenfiguren in ^-4u r,
die sich durch die ganze Oper zrehr. ist mit her glücklichste Ein-
fall, die 'sich anschließende GemugSmelodie sehr einschmeichelnd.
Die tanzarliqe Lockwetse driu.u rhythmische Abwechslung, in der
Empörung des Sees läßt Zahlender große Mürel spielen, wobei
sehr originell dl-: mit scharfen Dissonanzen einschneidende Flotcn-
passage wirkt. ^
Auf die contrastirenden Chöre der Fischer, Jager und dauern
 
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