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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 127-149 (1. Juni 1900 - 30. Juni 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0651

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Fernsprech-Auschluß Nr. 82

Xr. 137.

Keilas, den 15. Jam

ISVV.

Der Großherzog von Oldenburg -j-.
Oldenburg, 13. Juni. Der Großherzog Peter
von Oldenburg ist heute Mittag in seiner Sommer-
restdenz Rastede gestorben.
Nikolaus Friedrich Peter, Großherzog von Oldenburg,
war geboren zu Oldenburg am 8. Juli 1827, folgte sei-
nem Vater auf dem Throne am 27. Februar 1853. Er
vermählte sich zu Altenburg am 10. Februar 1852 mit
Prinzessin Elisabeth von Sachsen.Altenburg, die ihm im
Jahr 1896 im Tode vorausgcgangen ist. Den Thron besteigt
jetzt Erbgroßherzog Friedrich August, geboren am 16. No-
vember 1852. Nach dem Tode seiner ersten Gattin,
Prinzessin Elisabeth von Preußen, vermählte sich der Thron-
folger zum zweiten Male mit Elisabeth, Herzogin zu
Mecklenburg, am 24. Oktober 1896.
Der verstorbene Grobherzog Peter weilte fast alle J-ihre
einige Tage am Karlsruher Hofe. Es sind erst wenig
Wochen her, seit er dort seinen letzten Besuch abstattcte.
Sein Ableben erfolgte schmerzlos nach nur kurzem Kranken-
lager. Seit Jahren hatte der Großherzog mit asthmatischen
Anfällen zu kämpfen. Ein solcher hat nun auch sein
Ende herbeigesührt. Der Verstorbene war ein kerniger
deutscher Patriot, ein einsichtiger, wohlgesinnter Fürst.
Er hinterläßt sein Land im besten Stande.

Die Wirren in China.
Ueber die von Deutschland getroffenen Maßnahmen
wird der Voss. Ztg. geschrieben: Nachdem außer dem Chef
des Kreuzergeschwadcrs auch der kaiserliche Gouverneur in
Tsingtau telegraphisch angewiesen worden ist, zur Be-
kämpfung des Boxeraufstandes die erforderlichen Maß-
regeln zu treffen, darf angenommen werden, daß die
Besatzung unserer ostasiatischen Kolonie heute bereits mobil
gemacht ist. Zur Aufrechlerhaltung der Ordnung und zum
Schutz der Kolonie selbst wird das Gouvernement in
Kiautschou den größten Theil der Besatzung in Tsingtau-
fort belassen müssen; immerhin aber wird es in der Lage
sein, ein starkes Detachement nach den bedrohten Gegenden
auf den Weg bringen zu können. Die militärische Be-
satzung Kiaulschou'S zählt 4 kriegsstarke Kompagnien im
3. Seebataillon, verstärkt durch die Feldartillcrie, die
Chinesenkompagnie und die Pionierabtheilung. Zu diesen
Truppenkörpern gesellt sich noch das Matrosenartillerie-
Detachement, dem besonders die Hafenvertheidigung der
Kiautschoubucht zufällt. Nach Lage der Verhältnisse er-
weist es sich als günstiger Zufall, daß gerade für die
Mitte ds. Mts. der große Besatzungswechsel auf
den Schiffen unseres Kreuzergeschwaders stattfinden sollte,
denn der große Mannschaftstransport an Bord des Lloyd-
dampfers Köln von etwa 800 Mann, der Wilhelmshaven
am 10. Mai verließ, hat vor einigen Tagen Singapore
passirt wird somit binnen kurzem Tsingtau erreichen,
und dort weitere Befehle voifinden. Durch das Eintreffen
dieses Transports ist der Chef des Kreuzergeschwaders
mit der nöthigen Anzahl von Offizieren, die sich
beim Transport befinden, über den Etat des Mannschafts-
bestandes seiner Schiffe hinaus, in den Besitz dieser statt-
lichen Truppenmacht gelangt, die er als weiteres Landungs-
detachement wird verwerthcn können.
Wenn Deutschland sonach in der Lage ist, mit einer
für ostasiatische Verhältnisse recht erheblichen Truppenmacht
im Nothfall einzugreifen, so steht es doch hinter andern
Mächten in dieser Hinsicht zurück. Japan, das so nahe
bei China liegt, vermag in kurzer Zeit sehr zahlreiche
Truppen dorthin zu werfen. Rußland hat nach und nach
im östlichsten Sibirien bedeutende Truppenmengen an-

gesammelt, Port Arthur ist sein Haupttruppcndepot, und
England hat außer den Truppen, die seine Schiffe ab-
zugeben vermögen, noch Verstärkungen aus Hongkong
herangezogen. Die Amerikaner haben ein Bataillon von
den Philippinen nach China geschickt, obgleich sie es auf
jenen noch dringend genug brauchen.
Die Boxerbewegung hat sich so ausgebreitet und ist
so gefahrdrohend geworden, daß das gegenseitige eifer-
süchtige Beobachten der Mächte, ob auch keine von ihnen
zu viel Truppen entsende, augenblicklich aufgehört hat,
wenigstens ist davon zur Zeit nichts zu lesen.
Die Expedition der Mächte, die zum Schutze der
Europäer von Tientsin nach Peking aufbrach, zählt gegen
2000 Mann, nämlich: 950 Engländer, 350 Deutsche,
300 Russen, 158 Franzosen, 104 Amerikaner, 51 Japa-
ner, 40 Italiener und 25 Oesterreicher. Am Montag
versuchten bei Langfang 2000 Boxer eine britische
Patrouille von 16 Mann abzuschneiden, die 2 Meilen vor
dem Zuge, der die fremden Truppen nach Peking bringen
sollte, die Spitze bildete. Englische Matrosen eilten zur Hilfe
herbei und eröffncten ein heftiges Feuer. 40 Boxer wurden
getödtet und verwundet, auf englischer Seite wurde
Niemand verletzt. Die europäischen Truppen verfolgten
die Boxer und nahmen zwei Dörfer. Die Bahnlinie ist
stark beschädigt. Die Expedition konnte also nicht direkt
mit der Bahn bis Peking fahren, sondern mußt: etwa die
Hälfte des Weges zu Fuß zurücklegen. Es hieß, sie
wäre schon vor Peking angelangt, nach neueren Nach-
richten scheint dies aber noch nicht der Fall zu sein.
Peking sei völlig isolirt. Sämmtliche telegraphischen, Post-
und Eisenbahnverbindungen seien abgeschnitlen. Eine Zeit
hindurch war wenigstens die telegraphische Verbindung
über Sibirien im Gang. Wahrscheinlich auf diesem Wege
ist die Nachricht der Times vom 12. ds. gekommen,
wonach die Soldaten der Leibgarde der Kaiserin den
Kanzler der japanischen Gesandtschaft in Peking er-
mordeten. Bewahrheitet sich diese ernste Nachricht, dann
wird Japan kaum von einem kräftigen Einschreiten zurück-
gehalten werden können.
Die Agentur Havas meldet unterm 13. ds., die
Kaiserin hat mehrere Mitglieder des Tsung-li-Namen
beauftragt, auf den Gesandtschaften zu erklären, daß die
chinesischen Truppen sich dem Einrücken der fremden
Detachements in Peking nicht widersetzen würden.
Die chinesische Regierung scheint also einlenken zu wollen,
doch ist ihr bei ihrer Dopvelzüngigkeit nicht zu trauen.

Deutsches Reich
— Der Bundesrath nahm in seiner Sitzung vom
13. ds. den Entwurf einer Novelle zum Gesetz betreffend
die deutsche Flotte vom 10. April 1899,^ ferner den
von dem Abgeordneten Müller-Fulda eingebrachten Gesetz-
entwurf wegen Abänderung des Reichs st empelgesetzes,
sowie den von dem Abgeordneten Bassermann und Genossen
eingebrachten Antrag wegen Abänderung des Zolltarif-
gesetzes in der Fassung der Reichstagsbeschlüsse an.
— Staatssekretär Tirpitz wurde in den erblichen
Adelsstand versetzt.
— Prinz Friedrich Leopold wurde zum Inspek-
teur der 4. Kavallerie-Inspektion (Potsdam) ernannt.
— Der neu ernannte commandirende General des
fünfzehnten Armeecorps Generalleutnant Anton
Herwarth v. Bittenfeld ist der jüngste Sohn (das
zehnte Kind) des 1884 verstorbenen Generalfeldmarschalls,
des verdienten Führers der Elbarmee 1866. Wie sein
Vorgänger ist er im Cadettenhause erzogen und ausschließ-

lich im aktiven Dienst verwendet worden, ohne jemals dem
großen Generalstabe angehört zu haben.
— Die Mittheilungen der Kreuzzeitung über die Er-
gebnisse der S ch ulk o nfercnz sind nicht vollständig.
Insbesondere heben sie nicht genügend hervor, daß die
Einheitsschule, d. h. die sog. Reformschule mit ein-
heitlichem Unterbau, auf der Konferenz gut abgeschnitlen
hat. Der Antrag, diese Art von Schulen eingehen zu
lassen, wurde abgelchnt. Die Konferenz sprach sich viel-
mehr dahin aus, daß nicht nur die Versuche mit den
bestehenden Einheitsschulen weiter geführt, sondern daß auch
noch eine Anzahl solcher Anstalten eingerichtet werden sollen,
damit die Probe auf einer umfangreicheren Grundlage durch-
geführt werden könne. Die ersten nach diesem System
ausgebildeten Schüler werden im nächsten Herbste an dem
Frankfurter Reformgymnasium ihr Abituricntenexamen
machen, und da werde cs sich zeigen, daß sowohl die Lehr-
methode als auch die Leistungen der Abiturienten hinter
denen an den alten Gymnasien nicht zurückstehen. Wenn
sich dieses Frankfurter Reformgymuastum, wie zu hoffen
ist, auch in anderen Städten bewähre, so werde man auf
diesem Wege weiter kommen und sicherlich auch die zahl-
reichen Gegner überzeugen, daß durch dieses Reformsystem
die klassische Ausbildung durchaus nicht gefährdet werde,
dagegen das praktische Bedürfniß der Jetztzeit in viel
höherem Maße gefördert wird.
Hamburg, 13. Juni. Der Kaiser richtete an die
Direktion der Hamburg-Amerika-Linie auf ihren tele-
graphischen Glückwunsch zur Annahme der Flotienvorlage
folgende Depesche:
Ich danke Ihnen für Ihr Telegramm. Ich that mein Bestes
und bin dankbar und hocherfreut, zum Ziele gelangt zu sein.
Der treuen und unermüdlichen Hilfe aller meiner Mitarbeiter
lasse ich dabei in Dankbarkeit alle Anerkennung widerfahren.
Nun aber weiter, daß unsere Flotte auch bald wirklich Achtung
gebietend auf dem Meere erscheinen kann, um als Kräftezuwachs
in meiner Hand der Welt den Frieden zu bewahren.
Wilhelm I. k.
Homburg v. d. H., 13. Juni. Der Kaiser ritt
heute früh 7 Uhr mit Gefolge zum Römercastell Saalbnrg
und kehrte um 11 Uhr nach dem hiesigen Schloß zurück.
Kurz darauf traf die Kaiserin Friedrich von Schloß
Friedrichshof zum Besuch hier ein und nahm das Früh-
stück bei dem Kaiserpaare ein.
Cronberg, 14. Juni. Das Kaiserpaar nahm
heute zur Feier des 30. Geburtstages der griechischen Kron-
prinzessin an der Mittagstafel im Schloß Friedrichshof
theil. Prinz und Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe
sind gestern Abend hier wieder eingetroffen.
Wesel, 14. Juni. Die Torpedodivision ist
heute Mittag unter lebhaften Hurrahrufen der zahlreich
versammelten Menge nach Lauten abgefahren.
Baden, m Aus Baden, 10. Juni. Die hessische
Zweite Kammer des Landtags nahm am 29., 30. und
31. Mai das neue Lehrerbesoldungsgesetz an. Es waren
zwei Anträge eingebracht: einer vom Obmann des hessi-
schen Lehreroereins, der zugleich Landtagsabgeordneter ist,
und einer vom Centrumsabgeordneten Molt Han. Beide
wohlwollenden Anträge gehen nicht sehr weit auseinander;
der des Centrumsabgeordneten verlängert die Frist bis
zur Erlangung des Höchstgehaltes, welcher von der Regie-
rung selbst auf 2800 Mark festgesetzt wurde, um drei
Jahre. Es wurde deshalb bald eine Einigkeit erzielt und
der Antrag des Obmanns und Landtagsabgeordneten
Backel einstimmig angenommen. Nicht unerwähnt
oll bleiben, daß auch ein Regierungsvertreter, Hr. Obcr-
ichulrath Dr. Eisenhuth, warm für die weitergehenden

Die Irre von Sankt Rochus.
Kriminalroman von Gustav Höcker.
16) (Fortsetzung.)
„Freilich, und Sie sind eine Art Celebrität geworden,"
bestätigte Allram- Dann legte er den Zeigefinger auf eine
bestimmte Stelle der aufgeschlagenen Seite. „Nun sehen Sie
einmal her, liebe Frau Tborbeck, da sind Sie, damals noch
Fräulein Zeidler, vom Vorsitzenden gefragt worden, welche
Leute früh gewöhnlich in der Wohnung des Professors ein-
und ausgegangen sind, und Sie haben gesagt, zwischen sieben
und acht habe der Bäckerjunge die Semmeln und der
Metzgerbursche das Fleisch gebracht, und zwischen acht und
neun Uhr sei häufig der Merkurbriefträger gekommen.
Daraus wurden diese drei vorgeladen. Dem Bäcker und
dem Fleischer sind an diesem Morgen die Maaren vom
Fräulein, der Angeklagten, abgenommen worden. Der
Merkurbriefträger Grotjan aber — sehen Sie, hier steht s
gedruckt — hat ausgesagt, er hätte, wie alltäglich unten im
Baubureau Briefe abgegeben, für die erste Etage habe
er an diesem Tage aber nichts gehabt. Merken Sie
auf, Frau Tborbeck! Dieser Grotjan hatte den Lotterre-
brief an Sie zu bestellen und behauptet dennoch, er hätte
nichts für die erste Etage gehabt. Er hat also das Gericht
belogen!' ^
Therese starrte den Detektiv mit offenem Munde an.
„Warum haben Sie nicht vor Gericht ausgesagt, daß
Grotjan einen Brief an Sie gehabt haben müsse, den er
hätte abgeben sollen, ihn aber nicht abgegeben hat? Warum?"
„Ich bin nicht danach gefragt worden." sagte sie. „und
man antwortet doch vor Gericht nur auf das, wonach man
»esragt wird. Ich habe auch nicht gedacht, daß das von
Wichtigkeit sein könnte."
„Hm, hm!" machte Allram halb sür sich. „Dieser Brief-

>

träger Grotlan, der sonst so pünktlich war wie die Sonw
wollte also nicht oben gewesen sein — am 17. Februai
zwischen acht und neun, gerade um die Stunde, wo der Mor
geschah. Er war im Hause, aber oben wollte er nicht ge
wesen sein!"
Therese glotzte den Detektiv mit Augen an, welche ih
aus dem Kopfe hervorquellen zu wollen schienen. „Meine,
Sie etwa, daß der Merkurbriefträger — vor mir dreht sic
alles im Kreise!"
„Zerbrechen Sie sich nicht den Kops darüber," sagt
lächelnd Allram, rasch wieder in einen leichten Ton ein
lenkend und nach seinem Hute greifend. „Sie sind als
musikalisch."
Er schlug ein paar Saiten aus der Zither an.
„Noch nicht lange," erwiderte die junge Frau. „Mei,
Mann kann's viel besser als ich. Wir sind Mitglieder de
Zitherkluds Orpheus."
„Ei der Tausend! Als tch kam, hörte ich Sie spieler
Das Stück gefiel mir. Ach, bitte, spielen Sie mir's ein
mal vor I" ..
Therese fühlte sich geschmeichelt. Sie genirte sich an
fangs und wackelte zimpferlich mit Kopf und Schultern wi
ein kleines Schulmädchen, das vor einem Fremden eine,
Vers aussagen soll, was bei ihren derben Körperiormen höchs
ergötzlich anzusehen war, ließ sich aber doch zuletzt vo>
Allram auf den Stuhl drucken und klimperte das vorhii
unterbrochene Lied: „Der Mensch soll nicht stolz sein," vor
Anfang bis zu Ende. Trotzdem Sie viele Noten unterschlug
häufig daneben griff und zuletzt mit einem falschen Akkor!
schloß, ries Allram doch-bravo l
„Es geht noch schleckt, bekannte die Künstlerin.
„Kein Meister fällt vom Himmel," tröstete ihr Zuhörer
sie aus die runde Schulter klopfend. „Nur fleißig üben
Dann garantire ich. daß Sie in Kurzem den ZitherktuI
Orpheus mit einem Solo überraschen werden, wie z. B
„Die letzte Rose" oder „Du liegst mir im Herzen", was sici
auch sehr schön ausnimmt.

Er empfahl sich in herzlichster Weise, und als er fort
war. legte sich die harmlose junge Frau vergebens die Frage
vor. wie es wohl gekommen sei, daß er sich ihrer nach fünf
Jahren plötzlich wieder erinnert und was er eigentlich bei
ihr gewollt habe. ... ,
_ (Fortsetzung folgt.)

Kleine Zeitung.
— Von den Universitäten. Bonn, im Juni. Die Zahl
der weiblichen Studirenden ist in den drei Jahren, in denen
ihnen die Hörsälc der Universität geöffnet sind, von 14 auf 61
gestiegen. Mit Ausnahme von zwei Russinnen find die Damen
sämmtlich Deutsche, und ebenso sind sie mit wenigen Ausnahmen
unverheirathet. Ihr Wissenstrieb erstreckt sich auf alle Studien-
fächer, nur die Juristerei findet keine Gnade bei ihnen. Nament-
jich huldigen sie den Sprachen, der Geschichte und der Kunst;
drei widmen sich der Gottesgelahrtheit, vier der Heilkunde, unv
zwar haben diese Medizinerinnen zum Theil regelrechte Gym-
nasial- und Universitätsstudien gemacht und werden voraussicht-
lich auch die große Staatsprüfung als Aerztinnen oblegen. Auch
der ernsten und gestrengen Philosophie und Mathematik zeigen
sich bie Bonner Studentinnen nicht abgeneigt und ebenso auch
den Naturwissenschaften.
— Sensationelles von der Chemiker-Versammlung in Han-
nover. Ueber ein neues Verfahren zur Erzeugung hoher
Temperaturen durch Ai umint um, worüber Dr. Hans
Goldschmidt-Essen bei der Haupt-Versammlung der deutschen
Chemiker in Hannover einen Vortrag hielt, wird der Neuen Fr.
Presse berichtet: Das Verfahren beruht auf der Erfindung des
Dr. Goldschmidt, mittels einer Mischung von Metalloxyden und
Aluminium, „Thermit" genannt, einfach und schnell eine feurig-
flüssige Masse von besonders Hoher Temperatur herzustellen. DaS
Verfahren wird in erster Linie angewendet zur Darstellung
chemisch reiner kohlenstofffreier Metalle — Chrom. Mangan,
Vanadin, F-rrobor — und ist bet Etsenlegirungen von großer
Bedeutung. Zweitens wird es angewendet, um Rohre und
 
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