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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0305

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^nsprech-Anschluß Nr. 82.
^ir. 64.


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Freitag, den t6. Ml?

Fernsprech-Anschluß Nr. 82
IW«.

v. Puttkamer
Der frühere preußische Minister v. Puttkamer, zu-
Oberpräsident von Pommern, ist am 15. d. auf sei-
^in Gute Karzin bei Stolp im Alter von fast 72 Jahren
^storben.
Der Verstorbene studirte in Berlin, Heidelberg und Genf
, Echls- und Staatswissenschafteu, sowie neuere Sprachen, arbeitete
Wann im Verwaltungs und Eiseubahnfache und wurde 1860
KMdrath des Kreises Dcmmin. 1866 wurde er als Vortragender
L«th in dos Bundeskanzleramt berufen, fünf Jahre später zum
Regierungspräsidenten in Gumbinnen, 1875 zum Bezirkspräsiden-
W von Lothringen und 1877 zum Oberpräsidenten von Schlesien
Munt, Nach Falks Rücktritt trat Putlkammer am 14. Juli
an die Spitze des Cultus- und Unterrichtsministeriums. Am
M Juni 1881 vertauschte er das Cultusressort mit dem Miui-
5"ium des Innern, das er bis zum 8 Juni 1888 führte. 1891
M er als Oberpräsident von Pommern wieder in den Preußi-
nen Staatsdienst. Am 1. Januar de. Js. mußte er krankheils-
^lber sich pensionircn lassen.
v. Puttkamer war ein politischer Minister und sein
?v>ne ist eine Zeit lang neben dem Bismarcks am häu-
"Ksten in der Presse genannt worden. Als preuß. Kultus-
minister hat er mit dem Abbruch der Falk'schen sogenann-
Maigesetze begonnen. Als Unterrichtsminister hat er
^ nach ihm benannte Orthographie eingeführt, die noch
^Me umstritten ist. Seine Verwaltung des Ministeriums
Innern fiel in die Zeit der Geltung des Sozialisten-
^setzes. Er war, wenn man so sagen darf. Minister ge-
die Sozialdemokratie; sein strenger Konservatismus
Machte ihm indessen auch Alles, was sich liberal nannte,
^vi Gegner. Auch als Wahlminister ersuhr er weitere
^Mästungen.
Als dem Minister am 26. Mai 1888 im preußischen
^bgeordnercnhause unmittelbare Wahlbceiuflussnngen vor-
öeworfen wurden, reichte er dem damals regierenden Kaiser
> Friedrich — eine Rechtfertigungsschrift ein, die in-
dessen — nach der landläufigen, unseres Erachtens noch
^ Aufklärung bedürftigen Darstellung — Allerhöchsten
für „durchaus ungenügend befunden wurde", wie
Freisinnige Zeitung damals schrieb. Thatsache ist jeden-
daß das Entlassungsgesuch Puttkamers am
Juni 1888 eingereicht und schon 24 Stunden später
billigt wurde.
. v. Puttkamer war ohne Zweifel ein talentvoller ener-
Mcher Mann. Auch war er ein schlagfertiger, unerschrocke-
Redner. Sein Naturell hat Bismarck am besten cha-
^terifirt, indem er sagte: ein tüchtiger Schwimmer, aber
j schwimmt in alle Pfützen hinein. Wie alle Staatsmänner
Mr Z^t, borgteer sein Licht von einem Größeren, der vor
dahingegangen ist. Mit Puttkamer ist eine der mar-
^.'testen Persönlichkeiten aus der Aera Bismarck dahin-
"^chieden.
^ Vier Minister des Innern sind seit Puttkamer in das
^°tel Unter den Linden ein- und wieder ausgezogen, aber
Muß man sagen, sie haben ihren Vorgänger an Kraft
^ Willens, an Raschheit des Entschlusses, an weitem
led^- ^ "" jeglichem Mangel von Kleinigkeitskrämerei
Unfalls nicht erreicht, wie denn in späteren Jahren selbst
.Mkamer'S bitterste Gegner wohl zugaben, daß gewisse
j "agenswerthe Ereignisse in der inneren Verwaltung, die
^ ätzten Jahrzehnt zur Erscheinung gekommen sind, unter
^ Minister v. Puttkamer niemals möglich gewesen wären.

Deutsches Reich
d — Nachdem das Direktorium des Centralverbandes
Löscher Industrieller in ablehnender Weise
Ung zu den Beschlüssen des Reichstages über das
k^is ch beschau ge setz genommen hat, unterliegt es
^!l"n Zweifel, daß auch in denjenigen Kreisen der Jndu-

81)

Fürst Margoni.
Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)
c»,-l!rschopit suchte Valerie ein einsames abgelegenes Zimmer
schä um sich ^ sammeln, ihre innere Aufregung zu be-
bi^Mizen. Es war ihr jetzt lieb, daß der Fürst sic noch
gesunden hakte, sie würde in die peinlichste Verlegenheit
summen sein, wie sie sich ihm gegenüber hätte benehmen
Ätna: Das tolle Treiben der Masken widerte ste an, die
lvL» ^"stimmte sie. möglichst fern von den heiteren Klängen
siMj einen stillen Ort, wo sie ungestört träumen, stch in
v,'Ewst versenken konnte. ....
>1>a« >- Ende der Zimmerreibe, die sie durcheilte, fand ste,
dv>, U luchte. Während all diese Räume dicht erfüllt und
dgz w/u^ken viel besucht waren, schien das Gemach, welches
Ein- >!,chen letzt betrat, von niemanden gekannt zu sein.
>>>c>,,.?w,ue Ampel, die von der Decke herabhing, verbreitete
Licht und ließ die Ecken fast dunkel; dicke Portieren
Üsieb-v , den Lärm und die Musik, von welcher nur hin und
u schwacher Ton bis hierher drang, und der weiche
v»lm.?' welcher den Fußboden bedeckte, machte jeden Schritt
ifirvar.
vie^^rie schaute sich spähend um — das Zimmer war leer.
bivr zu sehen. Sie warf sich in einen in der
derbsten Ecke stehenden Fauteuil und lüftete die Maske,
vag hier jr nicht bedurfte. Der blaue Schein, welcher
ausstcömte, harmonirte mit dem gleich-
" Gewand, welches sie trug, und nur sehr scharfen
wäre es möglich gewesen, die junge EgYPterin m der
. Rlcn.s^ ^ entdecken.
""Vkt so nuld und besänftigend auf erregte Nerven
v>e Lj-v und dämmerndes Licht- Heller Sonnenschein spornt
Vtgch^uue zu erhöhter Thäligkett an, trüber düsterer Himmel
mclancholuch; aber der matte Dämmerschein des

strie, welche fest auf dem Boden der Interessengemeinschaft
zwischen Landwirthschaft und Industrie stehen und bereit
sind, die Interessen der Landwirthschaft bei der bevor-
stehenden Neuregelung unserer Handelsbeziehungen zum
Auslande in der weitestgehenden Weise zu berücksichtigen,
die schwersten Bedenken gegen jene Beschlüsse des
Reichstages obwalten, soweit sie über den Zweck der Siche-
rung der Volksgesundheit hinausgchen und in das Gebiet
der Handelspolitik übergrcifen.
— In der Budgetkommission des Reichstags wünschte
der Abgeordnete Richter am 15. Auskunft über die
künftige Emission der Re ich s a nleihe. Staats-
sekretär Dr. Frhr. v. Thielmann erklärte, daß keines-
falls vor dem Sommer an eine Emission der neuen An-
leihe zu denken sei; ob dieselbe im Sommer erfolge, sei
auch noch ungewiß.
— Der Commandant des Kreuzers „Deutschland",
Capitän Müller» wurde vom Kaiser in den erblichen
Adelstand versetzt.
— Ueber den Tod des früheren Leutnants v. Brüse-
witz berichtet der militärische Berichterstatter der Täglichen
Rundschau in Transvaal unterm 26. Januar aus dem
Lager des deutschen Korps vor Ladysmith:
An einem Felsvorsprung, unter dem eine kleine Quelle mit
frischem klaren Wasser hervorsprudelte, traf ich unseren Komman-
danten mit dem durch die unglückliche Säbelaffaire bekannten
Leutnant v. Brüsewitz, die aus der Gefechtslinie gekommen waren,
um hier ihren Durst zu löschen. Der Kommandant machte uns
gegenseitig bekannt; ein kurzer Gruß, ein flüchtiger Händedruck
und wir stiegen, den Karabiner in der Rechten, die wenigen
Schritte, die uns noch von dem oberen Rande trennten, hinauf
und warfen uns in die Schützenlinie der Buren, die ein heftiges,
aber wohlgezieltes Feuer auf die auf 300 m gegenüberliegenden
Engländer unterhielten. Nur hin und wieder sah man einen
Kopf oder einen Kvakihelm aus kurze Zeit über die Felsen hervor-
gucken oder zwischen den Steinen Hindurchschimmern. Sofort
blitzen aber auch zehn, zwanzig Schüsse auf, welche den Unvor-
sichtigen zum Ziele hatten. Die englischen Melfordgeschosse
sausten uns um die Ohren, ohne vielen Schaden anzurichten.
Nach zwei Stunden wurde das Feuer schwächer und hörte schließ-
lich ganz auf, woraus ich schloß, daß der Feind die Stellung
geräumt hatte. Jetzt zeigte sich so recht die Eigenart der Buren.
So tapfer sie im Feuer ausgehalten hatten und so zähe sie ge-
wiß die einmal eingenommene Stellung bei einem Angriff der
Engländer vertheidigt hätten, so wenig waren sie jetzt zum Vor-
gehen zu bewegen. Wie ihre Krieg Leitung eine Verfolgung des
Gegners und eine Ausnützung des Sieges häufig versäumt hat,
so ist auch der einzelne Bur zufrieden, wenn er den Feind von
seinem sicheren Versteck aus zum Abziehen gezwungen hat und
denkt nicht an Verfolgungsfeuer. Vorsichtig üder die „Klippen"
spähend, blieben sie mit schußfertigem Gewehr liegen, jederzeit
bereit, einem neuen Angriff zu begegnen, aber nicht zum Vor-
gehen zu bewegen. Als ich mich nach meinen beiden Begleitern
uwsah — wir waren beim Vorgehen in die Schützenlinie etwas
auseinandergekommen — sah ich oen unglücklichen Leutnant von
Brüsewitz todt auf dem Rücken liegen. Er hatte, ohne auf
Deckung zu achten, aufrechtstehend geschossen, als ihn eine Kugel
in die Stirn traf und auf der Stelle todt niederwärf.
Kiel, 15. März. Im Schlosse fand gestern größere
Tafel statt, an der der Kaiser, die gestern eingetroffe-
nen Gäste des Prinzen Heinrich und das Offizierkorps
der „Deutschland" theilnahmen. Die Prinzen Eitel Fritz
und Adalbert trafen heute früh aus Plön zur Theilnahme
an den Festlichkeiten ein. Der Kaiser, Prinz Heinrich und
die kaiserlichen Prinzen begaben stch heute Morgen in einer
Rudergjg zum Stapellauf des russischen Kreuzers „Askold"
nach der Germaniawerft. Der Probst der russischen Ge-
meinde in Berlin hielt die Weiherede, bei der er den
Segen über den Kaiser und das kaiserliche Haus sprach.
Heute Mittag um 2 Uhr fand in dem zu einer Kapelle
umgewandelten Rittersaal des Schlosses in Gegenwart des
Kaisers unv der eingeladenen Gäste die Taufe des
jüngsten Sohnes des Prinzen Heinrich statt.
Die Taufe vollzog Probst Becker; der Täufling erhielt die
sinkenden Tages oder die köstlich derbesieführle magische
Beleuchtung eines bequem ausaeflatlelen Raumes verleiht
der Phantasie Flügel und führt sie hinaus in das bunre
Reich der Märchen. Auch Valerie empfand den beruhigenden
Einfluß der Emiamkeit und sie überließ sich ihm mit einer
Art wonnigen Behagens.
In die Vergangenheit zurück schweiften ihre Gedanken.
Sie sah sich wieder als Kind an Garten umherspringen und
Georg hinter ihr her, um ste zu fangen. In toller Jagd
ging es über die Rasenplätze und durch die Büicbe dahin,
bis sie sich endlich mit hocdaerötheten Wangen erschöpft in das
Gros warf und in mutdwllllgem Lachen dem Spielgefährten
ihre Freude zu erkennen gab, daß sie doch schnellfüßiger sei
als er. Die Erinnerung an den Freund ihrer Jugend ließ
denselben wieder lebhaft vor ihre Seele treten; Monaie waren
vergangen, seit sie ihn zum letztenmal gesehen, seit er so
warm und innig ihre Hand gedrückt- Uad wie er dann
laichen FußeS dahineilte auf den Kieswegen des Sladt-
parkeS, da empfand sie einen nie gekannten plötzlichen
Schmerz in der Brust, und cs war ihr, als müsse ste ihm
Nacheilen und ihm zurufen: Bleibe bei mir, Georg, und ver-
laß mich nicht!
Da aber schien es ihr, als trete eine schöne schlanke
Mannesgcstalk hinter dem Strauchwerk hervor und winke ihr
zu bleiben. Er trat an sie heran, setzte stch zu ihr auf die
Gartenbank, und willenlos ließ ste es geschehen, daß er ihre
Hand faßte und in der seinigen bedielt. Es war ihr, als
höre sie ihn sprechen von Liebe und Heirath, als habe er ihr
erzählt von den sonnigen Usern des Gardasees, an welchem
ein schönes Fürstenschloß gelegen, das ste fortan bewohnen
solle, von den Orangenhainen, in denen es so köstlich dmtete
und blühte, von dem tiefblauen Wasser, auf welchem sich ver-
goldete Fahrzeuge, seine eigenen, schaukelten. Sinnverloren
hörte ste ihm zu, eine stille Sehnsucht nach dem Wunderlands
des Südens erwachte in ihr. ste hätte alle diese Herrlichkeiten
wohl sehen mögen; aber es war ihr gleichgültig, ob in Ge-
meinschaft mit dem Manne an ihrer Seile oder allein. Sie

Namen Heinrich Victor Ludwig Friedrich. Im Augenblick
der Taufe übernahm der Kaiser den Täufling. Pathen sind
außer dem Kaiserpaar der Senat der Stadt Hamburg und
das Offizierkorps des Kreuzers „Deutschland". Nach der
Taufe fand Gratulations- und Defilircour statt.
Deutscher Reichstag. Berlin, 15. März. Fortsetzung
der dritten Berathung der IsxHeinze bei § 184
(Herstellung, Verkauf u. s. w. unzüchtiger Schriften und
Abbildungen); ferner bei § 184 a (Verkauf von Ab-
bildungen und Schriften, welche, ohne unzüchtig zu sein,
das Schamgefühl gröblich verletzen) und 8 184 b (Theater-
paragraph); über alle drei Paragraphen wird gleichzeitig
diskutirt.
Abg. v. Vollmar (Soz.): Es sei bezeichnend, daß in un-
mittelbarer Anknüpfung an das Thema Prostitution heute über
Kunst und Literatur geredet werde. Was die sittliche Entrüstung
der Herren von vorgestern betreffe, so hätten die Moralisten aller
Zeiten ebenso gesprochen. Man habe die Bedeutung des Para-
graphen abzuschwächen versucht; aber vor Tisch sprach man
anders. In der zweiten Lesung hieß es, wenn Sudermann von
der Bühne verschwinden würde, würde ihm Niemand eine Thräne
nachweinen. Jetzt spreche man nur noch von den Barrisons.
Die „Venus von Milo", das größte Kunstw rk, das wir vielleicht
haben, mußte in München aus einem Schaufenster entfernt
werden, nachdem sie in einem Centrumsblatt als „sinnlich
wirkende Nudltät" bezeichnet worden war. Wer die Kunst au
der Darstellung des Nackten hindern wolle, nehme der Kunst die
Freiheit. Zum Richterstand haben wir nach den Ausführungen
der Abgg. Roeren und Gröber nicht das Vertrauen, daß er diesen
Paragraphen im Sinne des Gesetzgebers aus legen wird.
Abg. H imburg (kons.) tritt für die Kompromißanträge,
die in Z 184 das Schutzalter der Mädchen auf 16 Jahre fest-
setzen, ein.
Abg. Müller-Meiningen (freist Vp.) befürwortet einen
Antrag Beckh, der in 8 184 einige Worte abändern und 8 184»
und 8 184 b streichen will Die Rede Roerens sei eine Ber-
theidigungsrede gewesen, wie ja auch das Centrum der An-
geklagte sei. (Lachen im Centrum.) Das Damoklesschwert dürfe
nicht über den ganzen Kunstverlag aufgehängt werden; die Kunst
dürfe nicht in ein Joch heuchlerischer Prüoerie gedrängt werden.
Der Staatsanwalt, der Richter und der Schutzmann als Retter
der deutschen Kunst sei ein Stoff für eine Satire auf Jahre
hinaus. Schon jetzt sind in Berlin Bilder von Rubens polizeilich
beanstandet worden. Die Darstellung „Leda mit dem Schwan",
an der Roeren ganz besonders Anstoß nehme, befindet sich an
der Mittelthür der Peterskirche in Rom. Die Kompromißanträge
hätten zwar dem 8 18t b die schlimmsten Giftzähne ausgezogen;
er sei aber immer noch so kautschukartig, daß die Partei des
Redners ihn nicht annehmen könne.
Staatsmintster Dr. Nieberd ing bestreitet, den Künstlern
eine solche Fülle von juristischen Deductionen vorgctragen zu
haben, daß sie ganz dumm davon im Kopfe gewoiden seien.
Verletzungen des Zartgefühls auf geschlechtlichem Gebiet werden
in 8 184 behandelt, Besetzungen des Schamgefühls auf äußer-
geschlechtlichem Gebiete in 8 181». Wenn man die Materie so
trenne, werde sie leichtverständlich und klar.
Abg. Groeber (Centr.) wendet sich gegen die Abgg. von
Vollmar und Müller-Meiningen. Die „Leda mit dem Schwan"
an der Peterskirche in Rom werde wahrscheinlich nicht unan-
ständig dargestelli sein.
Gcheimrath Kruse erklärt, der Theaterpar agraph düife, wenn
er Gesetz würde, ein recht beschauliches Dasein führen; ein Be-
dürfniß könne nicht anerkannt werden. Die polizeilichen Be-
stimmungen reichten vollkommen aus. Redner bittet im Namen
der Regierung, den 8 18tb als überflüssig abzulehnen.
Avg. Deinkaro (ntl.): Seine Partei erblicke in den Zu-
sätzen der Commission eine große Gefahr; seine Partei wolle die
freie Kunst/
Bayerischer Bundesbevollmächtigter Graf Lerchenfeld:
Er Halle es für seine Pflicht, namens seiner Regierung die An-
nahme des 8 184» zu erklären; er glaube nicht, daß mau der
bayerischen Regierung Vorwersen könne, daß ste kein Interesse
für die Kunst habe; wenn er trotzdem die Annahme des 8 184»
empfehle, so gehe daraus hervor, daß der Paragraph die Kunst
nicht schädigen werde.
Morgen 1 Uhr: Fortsetzung und Gewerbenovelle.
Baden. Karlsruhe, 13. März, Zu der M or a l-
lehre der klerikalen Blätter sei noch Folgendes angeführt:
Dem im Beobachter vielgenannten Schüler des Real-
gymnastnms wird wiederholt die Offenheit vorgeworfen,
fühlte, wie die dunklen Augen des Italieners aus ihr ruhten,
wie es zuweilen in ihnen aufdützle in leidenschaftlichem
Feuer; sie sah die wohlgeformien Gestchtszüze, das Locken-
Haupt mit dem schwarzen Ringelhaar, den gelblichen,
den Südländer verlachenden Teint, und sie mußte sich
sagen: dieser Mann sei schön. Und dennoch empfand sie
nichts, was an Liebe erinnert hätte, sie würde niemals
jo veilangend nach ihm ausgeschaul haben, wie nach Georg,
wenn er stch Plötzlich von ihr verabschiedet, sie allein ge-
lassen hätte.
(Fortsetzung folgt.)

Stadt-Theater.
Heidelberg. 16. März.
„Der Troubadour". Oper in 4 Akten von I. Verdi.
Die vorgestrige Wiederholung der über Bedürfniß bekannten
Oper fand zweifellos statt, um einem Reflectanten im Helden-
tenorfach, Herrn Schade aus München, Gelegenheit zu einer
ersten Probe seiner Veranlagung zu geben.
Nach dem Ergebniß des Abends ist solche entschieden vor-
handen. Der Debütant macht allerdings einen ganz anfänger-
hasten Eindruck. Aber ist auch sein gesammtes Auftreten noch
durchaus schülerhaft und befangen, sind auch die Gesten äußerst
primitiv, so gewinnt man doch den Eindruck, daß der junge
Sänger Geschick und Entwicklungsfähigkeit besitzt. Auf seine
Stimme läßt stch nach der einen Probe kein absoluter Schluß
ziehen; der Tenor ist von der Mtttellage bis zur Höhe ziemlich
kräftig, in der Tiefe etwas matt. Ihr Klang ist wohl weniger
von Natur als durch einen leicht gaumigen Ansatz gedeckt und
spröde. Bei freierer, mehr nach vornen geschobener Lonbildung
würde die Stimme sicherlich Heller und metallischer klingen. Bon
diesem Fehler abgesehen, sprich; die Singweise von guter Schulung.
Die Berechnung in der Tongebung ist noch eine sehr ungleiche,
und gibt der Sänger namentlich im Recitativ, das er noch nicht
beherrscht, oft viel zu wenig. Material wie Talent schemen auf
eine glückliche Verwerthbarkeit der jungen Kraft htuzuwcisen.
 
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