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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0089

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Xi-. 18. Erstes Klatt.

Mntsi, den 22. ZLiuM

190«.

Die auswärtige Presse über die Rede Bülows.
Die französischen Blätter spenden der Rede v. Bülows
einwüthig Anerkennung. Die Liberts sagt: Ter große
! Zug, den Bülow der Debatte aufprägte, sowie die Klar-
heit seiner Ausführungen verliehen dem parlamentarischen
Zwischenfall eine unleugbare internationale Trag-
weite. Die Debats erklären, die deutsche Regierung
habe einen Erfolg errungen, den ihr Niemand wehre,
denn sie verthcidigte die Interessen aller neutralen
Mächte im Kriegsfälle. Der Temps bemerkt. Bülow
habe den Zwischenfall betr. den „Bundcsrath" in der für
Deutschland günstigsten Weise erledigt, er habe Deutsch-
land in eine sehr gute Stellung gebracht und England
eine Warnung zukcmmen lassen, ohne einen gefährlich
feindseligen Ton onzuschlagcn. Die Rep. Franc,
schreibt: Deutschland erwies allen neutralen Mächten einen
wahren Dienst, es wird ihnen auch den zweiten erweisen,
indem es, wie Bülow ankündigte, die Initiative ergreift
zur Einberufung einer internationalen Seerechtskonferenz.
Auch eine amerikanische Stimme hat sich über die
Rede des deutschen Staatssekretärs des Auswärtigen schon
vernehmen lassen, das Blatt die New-Jork World,
wie folgt: Man kann die Ergebnisse der Erörterung
des internationalen Rechts seitens Deutschlands mit Eng-
land, wie sie Bülow dargelegt hat, nicht lesen, ohne den
von Deutschland angeschlagenen festen, aber gesitteten und
friedenssichernden Ten zu bewundern. Es ist ein
Triumph friedlicher Mittel über englische
Gesetzlosigkeit. Die Darlegung Bülows, daß Waaren
auf neutralen Schiffen von neutralen zu neutralen Häfen
nie Kontrebande seien, ist ein Satz der allgemeinen Moral
und Gerechtigkeit. Deutschland vertritt, indem es für
diesen Satz einsteht, die Zivilisation. England beweist,
indem es ihn bestreitet, denselben Geist, der cs in kurz-
sichtiger Habgier versinken ließ, die es zu dem Angriffe
auf Transvaal getrieben hat.
Die englische Presse kann selbstverständlich die Rede
Bülows nicht mit frohem Empfinden begleiten. England
hat sich durch seine leichtfertige hochfahrendc Unvorsichtig-
keit — um keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen —
eine Zurechtweisung geholt. Sie war verdient, aber in
England kann man sich darüber begreiflicherweise nicht
freuen und ebensowenig über die Rede Bülows, die diese
Thatsache konstatirte. Dies in Betracht gezogen, erscheinen
die Ausführungen der Daily News sehr annehmbar,
welche schreiben: Man kann nicht umhin, Freude darüber
zu empfinden, daß die beiden großen germanischen Staaten
zu einer freundschaftlichen Verständigung gelangt sind.
Viel Unruhe und Reibungen wären erspart worden, wenn
solche Abmachungen immer zu Beginn eines Feldzuges ge-
troffen werden könnten. — Der Standard sucht für
England zu retten, was noch zu retten ist, indem er sagt:
Unsere Marineoffiziere müssen fortfahrcn, verdächtige Schiffe
jeder Nationalität in den afrikanischen Gewässern zu durch-
suchen, dabei aber diejenige vorsichtige Rücksicht-
nahme ausübcn, an der man es, wie Graf Bülow irr-
thümlich (! !) meint, fehlen ließ. — Ganz unannehmbar
und direkt als hohle Anmaßung zurückzuweisen sind die
Auslassungen der Times: Graf Bülows Sprache kann
in England schwerlich etwas anderes als ein aus Er-
staunen und Bedauern gemischtes Gefühl Hervorrufen.
Man hätte erwarten können, daß die von England abge-
gebenen Versicherungen, die einen ernsten Wunsch nach
Aufrechterhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zwi-
schen beiden Ländern bekunden, auf der anderen Seite eine
weniger beschränkte Würdigung Hervorrufen würden, als
Graf Bülow ihnen zu theil werden ließ, wenn thatsächlich
der Ausdruck „Würdigung" auf den fast drohenden
Ton angewendet werden kann, mit dem er seine Rede
schloß. Wir möchten fast glauben, Graf Bülow hielte es
für den Zweck seiner Politik, seine Reden in einem schär-
feren Ton zu halten, als er im Allgemeinen von verant-
wortlichen Staatsmännern bei Erörterung internationaler
Fragen angeschlagen wird. Wir halten uns für verpflichtet,
öu bemerken, daß man die weise Politik nicht allzu weit
^eibe, eitle internationale Fragen auszubeuten, selbst zur
Förderung einer Flottenvorlage. Deutschland kann versichert
bleiben, daß England niemals abgeneigt ist, in offenem li-
beralem Sinne jeden Vorschlag zu erörtern, der die Achtung
Und Rechte des friedlichen Handels im Kriege sichern will,
selbst ein anderes englisches Blatt, die Pall Mall
Gazette, giebt der Times Unrecht. Man müsse, sagt
Ue, die öffentliche Meinung Deutschlands berücksichtigen.
Vsiire der Fall umgekehrt gewesen und hätten deutsche
Kriegsschiffe englische Postdampfer aufgebracht, so würde
Hks auch in England Erregung verursacht haben. Die
James Gazette dagegen erhebt gleich der
Times Einwendung gegen die Schärfe und Strenge des
Tones der Rede Bülows. Und der Globe nennt Bülows
Sprache sehr ungewöhnlich unfreundlich.
In Berlin liest man die Auslassungeu der abfällig
urtheilendeu englischen Blätter mit einigem Erstaunen,
-uia» glaubt dort, diese Blätter hätten sich ihre Meinung
uuf Grund unvollständiger oder tendenziöser Telegramme
gebildet.
In Deutschland selbst hat die feste, aber korrekte
Und durchaus ruhige, ja peinlich objektive Sprache

v. Bülows im ganzen Volke mit Ausnahme einiger
krakehlendcr Kreise, vollen Beifall gefunden. Der Staats-
sekretär hat gehandelt und gesprochen, wie es dem Herz
und dem Sinn des deutschen Volkes entspricht.
Deutsches Reich.
— Die Flottenvorlage kommt in den nächsten
Tagen an den Reichstag.
— Dem Oberstleutnant v. Parpart, Kommandeur des Leib-
Husaren-Regiments Nr. 1, ist unter Verleihung des Kronenordens
3. Klasse der erbetene Abschied bewilligt worden. Mit ihm ist,
wie man in den Berl. N. Nachr. liest, der jüngste Ritter des
Eisernen Kreuzes 1. Klasse aus dem aktiven Offizieftorps des
preußischen Heeres ausgeschieden. Da er erst am ist Februar
1870 zum Leutnant befördert wurde, so hat er das seltene Glück
gehabt, diese hohe Kriegsauszeichnung schon im ersten Jahre
seiner Leutnantszeit zu erwerben.
Hamburg, 20. Jan. Dev Vorsitzende des Aufsichts-
raths der Deutsch-Ostafrika-Linie, Woermann,
richtete an den Staatssekretär Grafen v. Bü l o w, folgendes
Danktelegramm: „Euer Exzellenz gestatte ich mir namens
der Deutsch-Ostafrika-Linie aufrichtigen Dank für die so
energische und erfolgreiche Vertretung ihrer Interessen zu
sagen. Unter solchem Schutze wird sich die Deutsch-Ost-
afrika-Linie, sowie die gesammte deutsche Rhederei allen
Konkurrenten zum Trotz kräftig weiter entwickeln können."
Deutscher Reichstag. Berlin, 20. Januar. Fort-
setzung der Berathung des Etats des Innern beim
Titel „Reichskanzler".
Abg. Dr. Hahn (Bund der Landwirthe): Er tadle nicht die
Aufhebung des Verbindungsverbots, sondern den Modus der
Aushebung und bedaure, daß der Reichskanzler seine Meinung
geändert habe und die Sozialdemokratie für eine vorübergehende
Erscheinung halte. Die gestrige Rede des Abg. Möller habe die
Stimmung des deutschen Volkes gegenüber England lange nicht
scharf genug ausgedrückt. Graf v. Bülow scheine es doch nicht
zu gelingen, in den Bahnen der Bismarck'schen Politik zu
wandeln.
Reichskanzler Fürst Hohenlohe: Ich nehme das Wort, nur
um einen Jrrthum des Vorredners klar zu stillen. Ich habe
gestern nicht von Herrn Rösicke gesprochen, sondern von einer
Versammlung, die in Hannover stattgefunden hat. Ich wußte
gar nicht, daß Herr Rösicke an dieser Versammlung theilgenommen
hatte; ich habe diese Versammlun, erwähnt, um zur Kenntuiß
des Reichstags eine abenteuerliche Resolution zu bringen, in der
gesagt wird, daß ich, der Reichskanzler, Deutschland zu einem
Industriestaat machen wolle, indem ich über die Landwirthschaft
Hinweggehc.
Abg. Bebel (Soz.): Daraus, daß die Unterschriften der Mit-
glieder seiner Partei unter der gestrigen Interpellation gefehlt haben,
könne keine Schlußfolgerung gezogen werden. Ein Sozialisten-
gesetz fürchte seine Partei nicht; in einem solchen Fall würde
seine Partei binnen drei Tagen anders organisirt sein und würde
den Kampf auf das energischste aufnehmen. Nach Aufhebung
des Koalittonsverbots habe seine Partei nur gertnfügige Aende-
rungen in der Organisation vorgenommen. Eine vorübergehende
Erscheinung sei immer noch erträglicher als eine Rotte von
Menschen. Seine Partei sei die reichste, weil ihre Mitglieder
opferfreudig seien. Austoben könnten die Sozialdemokraten nicht,
weil sie niemals getobt hätten. (Heiterkeit.) Nachdem auch der
Reichskanzler „vorübergehende Erscheinung" accepticte. . .
Präsident Graf B al lestrem : Wenn Sic Worte des Reichs-
kanzlers anführen, werde ich Sie nicht unterbrechen. Wenn Sie
aber diese Worte als Aeußerung des Kaisers anführen,
werde ich das nicht dulden; denn es stand nicht im „Reichs-
anzciger". (Heiterkeit.)
Abg. Bebel: Ich werde daraus Veranlassung nehmen, auf
den Retchsanzeiger zu abonniren. (Heiterkeit.) Herr v. Kardorff
hat mittelbar die Sozialdemokratie gefördert, er ist daher ein
Vater der Sozialdemokratie. (Heiterkeit.)
Abg.v. Kröcher (Kons.): Die Sozialdemokratie sei wohl inso-
fern eine vorübergehende Erscheinung, wie alles vorübergeht, wie
z. B. auch die französische Revolution ; sie sei aber eine Gefahr,
welcher der verantwortliche Leiter der deutschen Politik cntgegen-
treten soll. Dies hat er aber in der letzten Zeit nicht nur nicht
gethan, sondern sogar die Sozialdemokratie mittelbar gefördert.
Seine Partei wende sich nicht sowogl gegen die Aufhebung des
Verbindungsverbots als vielmehr gegen den Zeitpunkt, worin
derselbe erfolgt sei. Er bedaure, dag der Reichskanzler das Ver-
sprechen überhaupt gegeben habe. Er hätte lieber durch Thaten
als durch Worte sprechen sollen. Bismarck und Friedrich der
Große hätten das nicht erreicht, was sie erreicht haben, wenn sie
so gehandelt hätten, wie die preußische Staatsregierung. (Bei-
fall rechts.)
Abg. Fürst B is mar ck: Wenn das Sozialistengesetz seiner
Zeit nicht so wirksam gewesen wäre, wie man ursprünglich gedacht,
so habe das an dem damaligen Reichst ag gelegen. Im Uebrigen
habe das Sozialistengesetz keineswegs zu etnerLermehruna der
sozialistischen Stimmen geführt. Nirgends sei so viel für die
Arbeiter geschehen wie im deutschen Reich. In der Frage der
Aufhebung des Verbindungsverbots stimme er dem Vorredner zu.
Für die Besprechung der gestrigen Interpellation habe er des-
halb nicht gestimmt, wert Graf Bülow alles gethan habe,
was man in dem Ernst der Lage von ihm verlangen
konnte. Die gestrigen Erklärungen der Regierung lauteten
befriedigend. Man könne in so ernster und schwieriger
Lage nicht mehr verlangen. Auch die Abgeordneten Hahn
und v. Liebermanu hätten nicht mehr verlangen sollen. Graf
Bülow hat schon einmal gesagt: Unsere auswärtigen Be-
ziehungen beruhen auf dem Dreibund und der Pflege guter
Beziehungen zu Rußland. Das ist ein Recept. wie -S besser
nicht gegeben werden kann. Gras Bülow hat sich noch dahin
erläutert, daß er gewillt ist, die Wege des Fürsten Bismarck zu
wandeln. Vielleicht ist dessen Spur etwas verwischt und nicht
leicht zu finden. Wir wollen aber wünschen, daß wir die etwa
entgegenstehenden Schwierigkeiten beseitigen. Ec bitte noch den
hohen Chef des Grafen Bülow, zu erklären, daß er in seiner
Gesammtpolitik fest entschlossen sei, die alten bewährten Geleise
des Fürsten Bismarck zu wandeln.
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Nach meiner Ueberzeugung, die
ich mit allen politischen Freunden theile, bieten die Angriffe der
anerkannten Oppositionspartei nicht den hundertsten Theil der
öffentlichen Gefahr, wie die Angriffe, die aus den Reihen der
Conservativen ausgeführt werden. Man könne nur darüber
staunen, daß dem Reichskanzler darüber Borwürfe gemacht wurden,
daß er ein Versprechen gehalten habe. Er glaube nicht, daß der

Abgeordnete v. Kardoiff auf einen Conflict zwischen der Regie-
rung und dem Reichstage hinarbeite. Die Offenheit PosadowtzkyS.
daß er sagte: Die Regierung rechne mit der Mehrheit, sei
dankenswerth. Der Einfluß der Mehrheit sei eine Folge des all-
gemeinen Wahlrechts, und dieses stamme von jenem starken
Manne, den die Rechte so verehrt. Die Rechte sehne sich nach
dem starken Manne, aber selbst der stärkste Mann würde sich da-
von überzeugen, daß man bei der Macht der gegenwärtigen Ver-
hältnisse. der Macht der Wahlen, nicht weiter kommen könne, als
die gegenwärtigen Räthe der Regierung.
Abg. Steinhauer (freis. Vsr.) tritt scharf gegen den Bund
der Landwirthe auf, der die Interessen der kleinen Bauern nicht
warm genug vertrete.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Die Rede des Vorredners als
Vertreters des „Bauernvereins Nordost" müßte möglichst weit
verbreitet werden. Die würde nur dem Bunde der Landwirthe
nützen.
Abg. Stöcker (wild-cons.): Es sei zu hoffen, daß in Eng-
land die anständigen Elemente wieder die Oberhand gewinnen.
Die christlichen Arbeiter seien einstimmig der Meinung, daß mit
dem Arbeitswilligengesetz der Socialdemokratie nicht beizukommen
sei. Darum bedaure Redner auch den Ausspruch Miguels, der
Kaiser brauche keine Rathgeber. Anderseits halte er es wohl für
möglich, daß die Socialdemokratie immer mehr Boden ge-
winne. Doch halte auch er sie für eine vorübergehende Er-
scheinung. Sie habe sich seit ihrem Toben in den 70er Jahren
sehr geändert. Die Schuld an ihrem Anwachsen trage, daß
zwischen den führenden und den geführten Classen keine Ver-
bindung bestehe, während die Socialdemokratie zielbewußt die Un-
zufriedenen sammle und vom jüdischen Capital hierbei unterstützt
wird.
Nach weiterer längerer Debatte wird Titel 1: Etat des
Reichskanzlers bewilligt.
Montag: Unfallnovelle.
Baden. In dem Bericht der Budgetkommisston ist bei
dem Etat des Justizministeriums die Vermehrung der
Zahl der Notare von 135 auf 150 (künftige Ver-
mehrung Vorbehalten) zur Genehmigung beantragt und zu-
gleich gutgeheißen, daß mit der Einführung des neuen
Grundbuchs nicht übereilt oorgegangen, sondern dieses in
möglichst vielen Bezirken gleichzeitig eingeführt werde, so-
fern auch das nöthige Hilfspersonal und die erforderlichen
Räumlichkeiten beschafft sind.
Badischer Landtag. Karlsruhe, 20. Januar. (4.
öffentliche Sitzung der Ersten Kammer). Der
Präsident S. Gr. H. Prinz Karl begrüßt die Mitglieder
nach der Lundeszkg. mit folgender Ansprache:
Es ist heule die erste Sitzung im neuen Jahre und ich
versäume daher nicht. Sie auf das herzlichste willkommen
zu heißen. Wir haben bei dieser Gelegenheit noch weitere
Wünsche dahingehend anzuscbließcn, daß sich die Verhält-
nisse in unserem engeren Vaterlande und im deutschen
Reiche fester gestalten mögen. Dazu ist es aber nötig, daß
der Landtag im engeren Lande und der Reichstag daS
thut und für das mitwirke, was notbwendig ist. Beim
Reiche muß es fest ins Auge gefaßt werden, daß nicht
nur für die innere, sondern auch für die äußere Stärkung
das bewilligt werden muß, was unerläßlich erforderlich
ist. (Bravo!)
Prinz Karl gedenkt sodann des kürzlich in Mannheim
aus dem Leben geschiedenen früheren Mitgliedes der Ersten
Kammer, Frhrn. v. Rüdt.
Es werden die Eingänge verlesen und einige Nachweisungen
für erledigt erklärt.
Sodann berichtete Frhr. v. Göler namens der Budget-
kommission über die Nachweisung der in den Jahren
1897 und 1898 eingegangenen Staatsgelder und deren Ver-
wendung.
Der heutige Staatshaushalt sei ein günstiger und beweise
de» Aufschwung von Handel und Gewerbe, für welch'
letzteres nur eine dauernde Besserung möglich sei durch ge-
nossenschaftlichen Zusammenschluß. Dasselbe ließe sich be-
dauerlicherweise von der Landwirthschaft nicht sagen, so daß
man es nur anerkennen könne, wenn die Regierung finanzielle
Beihilfe leiste.
Geheimrath Meyer gibt gleichfalls der Genugthuung
Ausdruck über die günstige Finanzlage, die man dem wirth-
schastlichen Aufschwung verdanke, an dem erfreulicherweise
auch die ärmeren Klassen rheilnehmen. Trotz dieser Finanz-
lage müsse man vorsichtig operiren, da man nicht wisse, wie
die Mair.kularbe.träge sich gestalten. Redner berührt sodann
dw Rnchspolitik und gibt der Genugthuung über die gestrigen
Ausführungen Bülows Ausdruck, aus denen man habe ent-
nehmen können, daß Deutschlands energisches Auftreten von
Erfolg gekrönt gewesen sei. Redner berührte im Laufe
seiner Ausführungen auch die Heidelberger Bahnhofsverhält-
nisse, die er als unhaltbar bezeichnete.
Finonzminister Dr. Buchenberaer führt die günstige
Finanzlage auf die wirthschafilichen Verhältnisse der letzten
Jahre zurück. Dabei möchte er aber die energischen finanz-
statistischen Maßnahmen derselben Zeit nicht zu gering ange-
schlagen wissen. Ohne dieselben hätte an eine Erhö-
hung der Gehälter der Beamten nicht gedacht werden
können. Des weiteren befürwortet Redner eine Reichs»
finanzresorm, die jetzt allerdings aus einem todten Geleise
angelangt erscheine. Die bis letzt eingeleitete Reform sei
einseitig zugunsten des Reichs geschehen. Es sei möglich,
daß bei Berathung der Flottenvorlage und deren Deckung
auch der Retchsfinanzresorm näher getreten werde. Die
Worte, die heute in diesem Hanse über die Flottenvorlage
gesprochen, würden in weiten patriotischen Kreisen Widerhall
finden. Die Regierung werde sich dieser patriotischen
Förderung gegenüber von denselben Motiven leiten
lassen, die von je ein unverbrüchlicher Bestandtheil der
Politik der Regierung und ihrer Beziehungen zum Reiche
gewesen seien-
Der Kommissionsantrag, die Nachweilung für unbeanstandet
zu erklären, wurde einstimmig angenommen und die Sitzung
um halb 1 Uhr geschlossen.
Karlsruhe, 20. Jan. (18. öffentliche Sitzung der
Zweiten Kammer.)
Präsident Gönner eröffnete die Sitzung nach
'/.10 Uhr.
Eingelaufen ist eine Petition des Vereins katholischer Kauf-
leute um Einführung einer progressiven Umsatzsteuer für
große Waarenhäuser und deren Filialen; Petition der Fremden-
führer am Bahnhof zu Heidelberg um Gleichstellung mit
 
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