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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0067

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Fttnsprech-Zlnschlnü Nr. 82.


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Für hiesige Geschäfts- und
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ermäßigt.

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der Inserate auf den Plakat-
taseln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

8r. 13.

Diksstas, de« 16. ZMmir

!«««.






Die Beschlagnahme des „Bundesrath".
Die Köln. Zlg. bringt aus Berlin einen Artikel, der
6>h in scharfen Worten über die Verzögerung der
Erledigung der Bundesrath-Angelegenhcit durch England
beschwert. Das Blatt giebt dabei sicher die Empfindung
und die Anschauung der leitenden Kreise Deutschlands
wieder.
Seit dem 28. December, so schreibt es, ist der Post-
dampfer „Bundesrath" von den englischen Marinebehörden
Mit Beschlag belegt und einer gründlichen Untersuchung
Unterworfen worden, aber immer noch nicht kann in zu-
verlässiger Weise fcstgestellt werden, daß au Bord Kontre-
bande sich befindet, und welche Maaren cnglischerseits dazu
gezählt werden. Wir beklagen diese endlose Ver-
zögerung aufrichtig; denn sie trägt einen wesentlichen
Thcil der Schuld, daß die Verstimmung gegen England
in Deutschland sich immer mehr vertieft und verbittert
wird. Nach einer fast dreiwöchigen Untersuchung ist doch
kein Zweifel über den Inhalt des Postdampfers mehr
Wöglich. Von Tag zu Tag wird die deutsche öffentliche
Meinung mit der Zusicherung vertröstet, die maßgebende
Erklärung solle in den allernächsten Tagen erfolgen. Statt
dessen bleibt sie immer länger aus, und ein irgendwie be-
greiflicher Ansklärungsgrund wird nicht geboten. Die
Freigabe der Dampfer „Herzog" und „General" hat in
erfreulicher Weise die Zuverlässigkeit der deutschen Reederei
uufs Neue bewiesen. Die deutsche Ostafrikalinic hat gleich
vach Ausbruch des Krieges alles aufgeboten, um zu
verhindern, daß auf ihren Schiffen Kricgskontrebande zur
Verfrachtung kam. Sie ist im vollsten Maße den Pflichten
der Neutralität gerecht geworden. Der englische Verdacht,
daß die Dampfer dieser Linie gleichwohl Kriegskontrcbande
Laurenzo-Marquez auszuschiffen beabsichtigten, hat sich,
was die Dampfer „General" und „Herzog" betrifft, sofort
als unbegründet erwiesen. Er wird nach den Versiche-
rungen der Reederei sich auch für den „Bnndesrath" als
unhaltbar Herausstellen. Nachdem so die engliche Regie-
rung an drei auffälligen Beispielen erfahren hat. wie sehr
die englischen Marinebehörden mit ihren Verdächtigungen
sw Unrecht gewesen sind, und wie sehr dieselben durch
falsche Berichte bedenklicher Spione und nAsnto-provo-
vateurs auf den Holzweg geführt worden sind, dürften
Loyalität und politische Klugheit es umsomehr erheischen,
daß aufs schleunigste das bedauerliche Vorgehen der eng-
lischen Kapitäne wieder gut gemacht wird, und daß Sicher-
heiten gegen die Wiederholung solcher aufreizenden Be-
schlagnahmungen deutscher Postschiffe geboten werden.
Legt die englische Regierung Gewicht darauf,
vie bisherigen Beziehungen zu Deutschland
Vicht vollends zu untergraben, so wird sie gut
ihun, der deutschen Volksstimmung eine größere Beachtung
öu schenken, als sie dies bisher für gut befunden hat.
Das ist deutlich gesprochen!

Ueber die Kaisermanöver
7'eses Jahres, woran die Garde, das pommersche Armee-
korps und die 17. (mecklenburgische) Division Thcil
Nehmen werden, weiß die Danz. Zeitung Folgendes anzu-
keben: „Das Manöver wird in so fern von ganz beson-
Urem Interesse sein, als man an leitender Stelle mit dem
Gedanken umgeht, eine Landung von Truppen in
großem Maßstabe zu bewerkstelligen. Es sollen zu
weseni Zweck eine Infanterie-Brigade, ein Feldartillerie-
Mgirnent und ein Kavallerie-Regiment auf Transport-
schiffen eingeschifft werden. Da solche Truppentransport-
ichiffeunstre^Marin^nw^^ehlen^^^verden^i^diesni^

Mord?
(Nach einer wahren Begebenheit.)
Novelle von Helene Lang-Anton.
Hl (Schluß.)
^ »Die schwache Detonation der kleinen Waffe war, bei den
Pelen Teppichen und Portieren kaum Körbor. Ich ergriff den
Hausschlüssel, den Warnhösen bei seinem Kommen aus den
Arhreiblisch gelegt hatte, und schlich mich leise tue Treppe
Munter, zum Hause hinaus. Niemand hat mich gesehen,
»laude iw. aber ich weiß es nicht genau. Noch hat beute
jemand Verdacht, morgen kann es anders «ein. Ich bin
Jurist, Vater, und weiß, wie die unbedeutendste Kleinigkeit
«um Verräther werden kann, ich benutze den Abendzug
Uw Hamburg und steche morgen mit dem Frühesten in
Ick will mir drüben eine neue Heimatb gründen.
^°e wohl Vater und gib gut acht aus Evi, unser Liebstes
°us der Welt."
s. Woringer wollte etwas aus diese schreckliche Auseinander-
vMng antworten, aber er konnte nicht gleich- Der Gedanke,
V er seine Tochter unglücklich gemacht, seinen Sohn zu
entsetzlichen Thal getrieben und ihn nun vielleicht sür
sj wer iwn sich fortlassen sollte, trieb ihn fast zum Wadn-
„,,v- Endlich streckte er seine zitternden Arme nach ihm
"US und ries:
»Ich kann Dich nicht sortlassen, ich kann nicht."
lehen^v willst Du mich lieber angeklagt und verurtheilt
lek, "New, nein, um Gotteswillen nicht. Geh, geh fort, schnell,
° wohl!"
schloß ihn innig in die Arme und heiße Tropfen
feines Sohnes Gesicht. Harry riß sich los und
zu^al-b ^ noch ver Thür. Da schob sich die Portiere
euu, und Evi stand aus der Schwelle. Geisterbleich war

Zwecke Lloydschiffc Verwendung finden. Die Flotte wird
hierbei selbstverständlich Mitwirken, da sie einerseits zum
Schutze der Transportschiffe dienen, andererseits die
Landung durch ihre schweren Geschütze unterstützen
muß. Da man vorläufig an leitender Stelle mit dem
Gedanken umgeht, einen größeren Truppentransport und
dessen Landung ins Werk zu setzen, so sind natürlich
irgendwelche Kriegslager u. s. w., die als Idee zu Grunde
gelegt werden, noch nicht bekannt. Die Hauptschwierigkeit
wird darin liegen, einen geeigneten Platz zu finden, wo
auch die Landung möglich ist, denn wenn man auch die
gesammte Infanterie und das Landungskorps der Flotte
in den Schiffsbooten an Land bringen kann, so unterliegt
es wohl keinem Zweifel, daß man die Kavallerie und
Feldartilleric nur landen kann, wenn man mit den
Schiffen in einen Hafen geht, wo diese entweder am Boll-
werk festlegen oder in ganz ruhigem Wasser mittelst großer
Leichter Geschütze und Pferde löschen können. Wo diese
interessante Manöver stattfinden werden, ist noch unbekannt."

Deutsches Reich.
— Die Mutter der Kaiserin und Schwester des
kaiserlichen Statthalters in Elsaß-Lothringen, Herzogin
Friedrich zu Schleswig-Holstein (geb. 20. Juli
1835), ist an einer rechrsseitigen Brustfellentzündung er-
krankt, die voraussichtlich einige Wochen Bettruhe not-
wendig macht. Dis Kaiserin ist am Montag in Dresden
zum Besuche ihrer Mutter eingetroffen. Nach dem Mon-
tag Vormittags ausgegebenen Bullet-n war in dem Befin-
den der Herzogin eine Besserung nicht eingctreten. Die
Nacht auf Montag verlief etwas beunruhigend. Der Kräfte-
zustand ist befriedigend.
— Der Chef des kaiserlichen Marinekabinets, Vice-
admiral Frhr. v. Senden-Bibran, ist nach England abge-
reist. Es handelt sich bei dieser Reise indeß keineswegs
um eine politische Mission, sondern um eine Privatsache.
Vice-Admiral v. Senden-Bibran ist, wie alljährlich, um
diese Zeit zusammen mit dem Contre-Admiral v. Eisen-
decher nach England abgereist, um dort für den kaiser-
lich en Jach tclub das Programm für die Regatten
dieses Jahres, besonders für die Regatta nach Helgoland
mit den maßgebenden englischen Personen festzustellen.
— Das Abschiedsgesuch des Generals v. Mi-
kusch-Buchberg wurde unter Verleihung des Groß-
kreuzes des Rothen Adler-Ordens genehmigt. Die Köln.
Volks-Ztg. erfährt aus angeblich guter Quelle, daß an
Stelle von v. Mikusch-Buchberg der jetzige Kriegsminister
Goßler treten wird. Kriegsminister werde Freiherr v.
G emmin gen.
Baden. Der Pfälzer Bote veröffentlicht in seiner
Nummer vom letzten Samstag eine Einsendung, die sich in
folgender scharfer Weise gegen die vom Hauptorgan des
bad. Centrums, dem Beobachter, angeregte Idee des
Ordens st reiks wendet:
Aus der badischen Pfalz, 11. Januar. Die Nachricht,
daß Herr Pfarrer Hansjakob den ihm verliehenen Orden zurück-
gewiesen habe, veranlaßte einen l)r.-Mitarbeiter des Bad. Beob.
zu dem Vorschlag, die katholischen Geistlichen Badens sollten er-
wägen: 1) ob sie nicht grundsätzlich auf die Verleihung von
Orden seitens des Landesherrn verzichten sollten; 2) ob es nicht
wohlgethan wäre, gegenüber dem landesherrlichen Patronatsrecht
eine gemeinsame Stellungnahme in die Wege zu leiten. Wegen
dieser Auslassung von der Centrumspresse derb zur Rede gestellt,
sieht sich heute der Vr.-Correspondent in einem längeren Artikel
veranlaßt, sich so gut er kann, zu rechtfertigen, oder besser gesagt,
abermals zu blamiren. Es muß offen konstatiit weiden, daß die
Auslassungen des vr..Korrespondenten vom Clerus als eine
dreiste Aufforderung zum offenen Protest gegen Ordensverleihungen
allgemein aufgeiaßt und deshalb landauf landab mit größter

ihr Gesicht, aber m ihren Augen leuchtete es. Sie sagie zu
Harry:
„Warte noch, ich gehe mit.
„Evi I" schrie Woringer aus und streckte ihr die Arme ent-
gegen. Evi eilte ihren Vater zu umarmen und küßte ihn
auf daS zärtlichste, dann sagte sie:
„Ja Vater, ich gehe mit Harry, versuche nickt, mich
zurückzuhalten, denn es würde Dir nicht gelingen. Harry hat
cs meinetwegen gethan: um mich zu befreien, bat er dieses
Schuldbewußtsein auf sich geladen. Mein ganzes Leben soll
nur ein Dank für ihn sein."
Man sah es dem jungen Weibe an. welche Erlösung der
Tod dieses Mannes für sie war, und man mußte ihr
glauben, daß sie. so lange sie leben werde, mit jedem Atbem-
zuge für diese Wohltdat ihrem Bruder danken würde. Jetzt
erst enthüllte sich dem alten Manne ganz das Unglück seiner
Tochter. . . ^ ,
Wie mußte sie gelitten haben, daß sie die Hand segnete,
die ihn getödtet hatte. Sie ging einer ungewissen Zukunft,
vielleicht nur Noch und Sorgen entgegen und all' dies
dünkte ihr ein Leichtes gegen das glänzende Loos, das sie an
der Seite des Verstorbenen gehabt. Mit einem trostlosen
Blick sah der Vater seine beiden Kinder an, die ihn nun ver-
lassen wollten, mußten, und die er lange Zeit, vielleicht nie
Wiedersehen sollte.
Noch einen Versuch wagte er.
„Und was soll ich den Leuten sagen, wenn sie sich
wundern, wenn sie fragen warum die Frau dem Manne die
letzte Ehre nicht erweist?"
„Sieh mich an Vater, so elend wie ick aussehe, wird Dir
jeder glauben, daß ich krank bin. Harry hat mich fortge-
bracht, gleichviel wohin, sage m eine Nervenheilanstalt, man
wird es nicht bezweifeln."
Woringer nickte seufzend. Sie hatte recht, so elend wie
sie war und aussah, hatte die Aussage nichts Unglaub-
würdiges. Er versuchte keine Einwendnng mehr. Er mußte
sie fortlassen und Zurückbleiben, ein armer, alter vereinsamter
Mann!

Entrüstung zurückgcwiesen wurden. Was jeder vernünftige
Mensch sich sagen mußte, ist bereits eingetroffen, Sämmtliche
kirchenfeindlichen Blätter schlachten den höchst takt- und vernunft-
losen Artikel des Vr.-Correspondenten in heftigster und weit-
gehendster Weise aus. Und das hat der Vr.-Correspondent mit
seiner „Weisheit" fertig gebracht. Mit Recht haben deshalb in
zwei größeren Versammlungen sämmtliche anwesende Geistliche
ohne Ausnahme den beklagenswerthen Artikel in schärfster Weise
verurtheilt und die Zumuthung des Vr.-Correspondenten auf's
Entschiedenste zurückgewiesen. So lang unsere Erzbischöfe, Bi-
schöse und Domherren die ihnen von höchster Stelle verliehenen
Ordensauszcichnungen dankbar annehmen, hat der niedere Klerus
wahrhaftig keine Veranlassung, eine entgegengesetzte Stellung ein-
zunehmen. Wenn der Vr.-Correspondent mit seinem Namen an
die Oeffentlichkett hervortreten wollte, so würde es sich vielleicht
zeigen, daß nicht das Wohlwollen, sondern verärgertes Gcmüth
den traurigen Artikel veranlaßt hat. Uebrigens Verbitter
sich der Klerus ein für allemal eine derartige vr.-
Wei sh eit, die nur Unheil aber keinen Segen bringt. Schließ-
lich sei bemerkt, daß nicht nur an abgelebte Priestergreise, sondern
auch an eine ganze Reihe von kitholischen Priestern im besten
Manuesalter von jeher Orden verliehen worden sind und noch
verliehen werden, wie auch die letzten Ordensauszeichnungen be-
weisen, und zwar größtentheils an solche Priester, die jedenfalls
bezüglich ihrer streng religiösen Gesinnung in keiner Weise hinter
dem Herrn Vr.-Artikelschreiber zurückstehen. Einer für Viele.
8.6. Karlsruhe, 15. Januar. Der Gesetzentwurf
betr. die Aufhebung des Pflastergeldes und die
Ausscheidung von Landstraßen bestimmt, daß in-
nerhalb des Ortsetters der der Städtcordnung unterstellten
Städte die Straßen, welche im Zug einer Landstraße lie.
gen, mit Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes aus dem
Landstraßenverband ausscheiden und die Eigenschaft von
Gemeindewegen i. S. des Straßengesetzes vom 14. Juni
1884 erhalten; gleichzeitig erlischt die bis dahin einzelnen
Gemeinden auf Grund der Artikel 2 und 3 des Gesetzes
vom 5. Okt. 1820 noch zustehende Berechtigung, Pflaster-
geld zu erheben. Welche Straßen und Plätze im Zug
einer Landstraße innerhalb des Ortsetters der Stadt li egen,
wird auf Vorschlag der Straßenbaubehörde und nach An-
hörung des Stadtraths durch das Ministerium des Innern
bestimmt. Dabei werden Brücke», welche ein schiffbares
Gewässer übersetzen, als außerhalb des Ortsetters gelegen
angesehen. Zur Bestreitung der Kosten für die Unterhal-
tung dieser Straßen erhalten die Städte aus der Staats-
kasse einen Zuschuß.
B adischer Landtag. 8. 0. Karlsruhe, 15. Jan.
(16. Sitzung der Z weit en Kammer.) Am Regierungs-
tisch: Finanzminister Dr. Buchenberger, Ministerial-
rath Dr. Nicolai.
Präsident Gönner eröffnete um 4'/, die Sitzung mit
einer Ansprache, in der er der Jahrhundertwende gedachte
und den Kollegen die herzlichsten Glück- und Segens-
wünsche entbot, mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß es
dem Landtag gelingen möge, auch im neuen Jahrhundert
die wichtigen Aufgaben zu erfüllen zu des Volkes und des
Vaterlandes Wohlfahrt.
Eingegangen sind zahlreiche Petitionen, darunter: eine
Bitte von Viehhändlern aus dem Bezirk Sinsheim um
Aufhebung des Viehhandelsverbots, eine Petition des Bad.
Gastwirtheverbands um Aufhebung der Transferirungstaxe,
eine Eingabe des Stadtraths von Konstanz um Fortsetzung
der Bodenseegürtelbahn von Uhldingen nach Meersburg,
eine Petition von Eisenbahnbeamten um Besserstellung,
eine solche des Badischen Gewerbevereinsverbands um Be-
steuerung der Waarenhäuser, ferner eine Petition betr. die
Verstaatlichung der Renchthalbahn und die Abänderung des
8 38 des Elementarunterrichtsgesetzes. Mit großer Heiter-
keit wird eine Petition von Einwohnern der Stadt Offen-
burg um Vermittlung des Friedens zwischen England und
Transvaal ausgenommen. Die famose Petition verdankt
ihre Entstehung dem Friedensverein in Offenburg.

Er streckte ihnen stumm die Hände entgegen, und auch
Harry und Evi konnten kein Wort Hervorbringen. Dieses
todeslrauriaen Abschieds großer Zug ergriff ihre Seelen
mächtig und machte selbst ihre Thränen versiegen. Sie lieb-
kosten Woringer, dann nahmen sie sich an den Händen und
gingen hinaus.
Es war vorbei!
Evi ging ihre Handtasche zu Packen und sich mit dem
Nölhigsten zu versorgen. Großes Gepäck konnten sie des
Aufsehens wegen nicht mitnehmen, denn jeder mußte seine
Sachen selbst tragen. Als Harry im Wohnzimmer auf Evi
wartete, trat Martha Breitner ein. Es war ein großes»
schlankes, blondes Mädchen, mit verständigen Augen und
einem sanften, lieblichen Gesicht. Sie war schon oft zur
Hilfe ihrer Tante im Hause Woringers gewesen und Harry
wußte, daß der Vater eine große Vorliebe sür das junge
Mädchen hatte. Harry trat auf Martha zu, streckte ihr die
Hand entgegen und bat in warmem Tone:
„Fräulein Martha, ich verreise aus längere Zeit, wollen
Sie mir versprechen, meinen Vater nicht zu verlassen und
stets um ihn zu sein, wenn er der Gegenwart eines Änderen
bedarf?"
Martha erblaßte, sie senkte die Augen, legte ihre Hand
in die seine und antwortete kaum hörbar:
„Ich werde sür ihn sorgen."
Es war ein schlichtes Versprechen, das sie Harry gab,
aber er wußte, daß er sich darauf verlassen konnte. Er
drückte ihr die Hand-
„Leben Sie wohl, Fräulein Martha."
„Leben Sie wohl, Herr."
Wäre Harry nicht so sehr von seiner eigenen Ange-
legenheit erfüllt gewesen, so hätte er unter diesem „Leben
Sie wohl" des jungen Mädchens ein leises Weheklagen
gehört.
Evi holte ihn. Sje nickte Martha freundlich zu und eilte
schnell die Treppe hinunter. Sie fühlte sich nicht mebr stark
genug, zu einem neuen Abschied.
 
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