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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0489

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 101.

Dienstag, den 1. Mai

I90V

»

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Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
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Und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
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Der wirthschaftliche Aufschwung Deutschlands.
Das britische Auswärtige Amt hat einen reichhaltigen
Bericht des britischen Handelsattaches in Berlin, Gastrell,
über „Die wirthschaftliche Lage Deutschlands
^ur Jahre 1900" veröffentlicht, den der Daily Telegraph
uls „ein in gewisser Hinsicht sensationelles Aktenstück" be-
schnei, das in der Hand eines jeden sein müsse, dem an
der Stellung und den Aussichten Englands in der neuen
Handelsära liege und der cinsehe, daß der Kampf um die
Borherrschaft im Welthandel erst beginne. Die leiden-
schaftslose Anführung von Statistik in diesem Bericht müsse
überzeugender als alle Rhetorik zum Nachdenken über die
Zeisig fortschrittlichen Verhältnisse des britischen Handels
bud die wunderbare Ausdehnung des gefährlichsten fest-
ländischen Nebenbuhlers veranlassen und das blinde Ver-
harren erschüttern, das solange nicht glauben will, daß
klrvas an den Grundlagen nicht in Ordnung ist, bis das
^nze Gebäude zusammenstürzt. „Fremde Staatsmänner",
Mt Herr Gastrell, „thäten wohl daran, sowohl aufmerksam
bemerkenswerthe Stellung zu betrachten, die Deutsch-
st» im Jahre 1900 in Europa einnimmt, wie auch die
^°ch hervorragendere Rolle zu beobachten, die es in naher
Murrst auf der Weltbühne spielen wird. Deutschland
zweifellos noch eine Bestimmung als Weltmacht zu
Mllen, eine Bestimmung, zu der es durch charakteristische
^bergie und Voraussicht sich seit langem allmählich als
Eignet erwiesen har und die es unvermeidlich eines Tages
füllen mußte seit dem Augenblicke, wo es offenbar wurde,
M das nationale Kennzeichen der Gründlichkeit in jeden
^ejge öffentlicher und privater Unternehmungen die all-
Meine Bildung und Befähigung des Volkes zu einer
^chen Höhe gebracht hatte, wie sie zur Entwicklung eines
A°ßen Industrie- und Handelsstaates erforderlich ist.
kann sagen, inwiefern die nächsten drei Jahrzehnte
, jetzige» nationalen Bestrebungen, eine künftige Welt-

äni?" ö" werden, d. h. die Stellung einer großen See-
Colonialmacht in der ganzen Welt zu der schon er-
achte» der führenden Landmacht in Europa zu erwerben,
^ Erfüllung bringen werden?"
Dazu sagt der Daily Telegraph: Wenn wir
j>^"e Anstrengungen nicht bei Zeiten verdoppeln, so würde
den möglichen Verlust unserer Stellung bedeuten, und
^ >n einem viel kürzeren Zeitraum, als wir je für
hielten. Der Bericht selbst gibt hierauf die
sMkN für das Einkommen als Beweis nationalen Wohl-
erwähnt, daß die Staatsschulden Deutschlands
^Ser als ein Fünftel der britischen betragen, daß die
siMn der britischen Nationalschuld denen der deutschen
KxMsvertheidigung gleichkommen und daß eine der
pichen gleichkommende Flotte von Deutschland
der Differenz zwischen seiner verhältnißmäßig
iljh',.^n Schuld und der ungeheuren britischen
iih^chen Verbindlichkeit von 25000000 L. ge-
dxMN werden könne. Besonders die Ausdehnung der
hi^Mn Handelsflotte wird betont, deren relatives Ver-
zu dem aller andern Staaten in den letzten 25
von 5 auf 8 Procent sich erhöht hal. Bei den I

In hohe« Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
(Fortsetzung.)
-ß^.Prinz schrieb Lola in dieser Zeit immer nur kurz.
wenigen Zeilen, welche er sandte, waren stets von
"e - sicher Zärtlichkeit erfüllt. Die von Klaus ange-
Unterredung mit dem Herzog schien bereits statt-
ru haben; denn der Geliebte schrieb ibr eines Tages
'»L. ,.°'was längeren Brief: „Alle Lockungen, die man
»ve ' stnd vergebens. Ich verzichte auf Hermelin und
> °Ünd halte dafür fest an Dir. Du Krone aller Frauen,
llin i m wichtigen Aufträge will mich mein Bruder nach
Leyden, wo ich dann wohl an zwei Wochen werde aus-
'kte» Lffen. Es soll dort jedenfalls versucht werden, von
vh »^kite aus mich einzuwirken. Verlorene Liebesmüh I
t Wendendurger je sein Wort brechen könnte! Ich
ditzA Lola, heule noch so innig, so leidenschaftlich, >a,
slinpn nnck innitipi". ririfk lpikenscpcistllcvLr tvle
ÜlichAiagen, und wir


lagen, noch inniger, noch leidenschaftlicher wie
d. V, ich bei der Schlittenfahrt in Templin um Dich
wohl, mein Lieb! Bald ist der letzte Ansturm
"ichs? "igen, und wir schließen dann rasch, um allen
Awu zu entgehen, den Bund fürs Leben. O, wäre
"st A,.!:- weit, und Du wärest mein, ganz mein!" —
de», bruch überschwänglicher Zärtlichkeit konnte Lolamcht
Meis > t*wr ihr nur zu klar, auch der Geliebte hatte
N ->„i öu kämpfen, und das war entscheidend. Lange
U sh "wm mit dem Briese in der Hand. Endlich ging
» r Mutter, der sie schweigend den Brief des
ÜtzassUh'e.
ste jhMit Du zu Erichs Brief, Mutter?" fragte sie und
Augen mit fast ängstlicher Spannung auf die

, Ursachen dieser „ungeheuren nationalen Lebenskraft des
modernen Deutschlands" werden die Ausgaben für Unter-
richtswesen seit 1872 besonders betrachtet. Der Standard
äußert sich: Die freundliche Gesinnung des deutschen
Kaisers gegen England, die kürzlich auf verschiedene Weise
Ausdruck gefunden hat, wird von britischen Staatsmännern
nicht nur begrüßt, sondern herzlich erwidert. Wenn das
Interesse, mit dem wir die statistischen Berichte für den
wunderbaren Fortschritt seines Volkes in Handel und
Industrie seit 1870 studiren, auch nicht ganz uneigennützig
ist, so spielt doch nicht die geringste Eifersucht (?) mit.
Der Freihandel (?) gestatte es, mit Gleichmuth (?) den
wachsenden Wohlstand anderer Staaten zu betrachten.
Als Nation zog England aus dem vermehrten Wohlstand
in der übrigen Welt Nutzen.

Deutsches Reich
— Wie verlautet, wird der Kaiser im nächsten Jahre
sich in Königsb erg als König von Preußen krönen
lassen. Die Krönungsfeier werde zugleich eine Feier der
Erinnerung an die am 18. Januar vor zweihundert Jah-
ren erfolgte Krönung des ersten preußischen Königs, Fried-
rich I., in Königsberg. Ein genauer Termin ist noch nicht
festgesetzt.
— Der 27. April war ein großer Jubiläumstag
in der Armee. Außer dem Grafen Waldersee und dem
ehemaligen Kriegsminister v. Verdy feierten ihr 50jähriges
Jubiläum: Generalleutnant Kuhlwein v. Rathenow, Ge-
neralmajor v. Ketteler, General der Infanterie z. D. von
Massow, General der Infanterie z. D. v. Lettow-Vorbeck,
Generalleutnant z. D. o. d. Lochau, Generalmajor a. D.
am Ende, Generalmajor z. D. Trapp v. Ehrenschild und
Generalmajor a. D. Albrecht v. Schröder.
— Frhr. v. Hertling ist von Rom nach München
zurückgekehrt, ohne daß die Verhandlung wegen Errichtung
einer kathol.-theologischen Fakultät an der Straßburger
Universität beendet worden wäre.
— Der frühere Botschafter Frhr.v.Saurma-Jeltsch
ist am Samstag in Brauchitschdorf (Schlesien) gestorben.
Baden. Auf dem Parteitag der deutschen Volkspartei
in Offcnburg äußert: Prof. Ost Hofs-Heidelberg, der
vorjährige Prorektor der Universität:
Bei der Berathung des Budgets des Unterrichts im Landtage
hat unser Parteiführer Heimburger die Ansicht vertreten, daß er
damit einverstanden sei, wenn die theologische Fakultät der Univer-
sität Heidelberg auch eine positive Vertretung erhalte. Ich kann
dem nicht beitreten, da die theologische Fakultät in Heidelberg
bereits einen Vertreter der positiven Richtung in der Person des
Professors Lemme hat. Es ist seitdem mit der theologischen
Fakultät nicht besser geworden. Wir können nur wünschen, daß sich
nicht auch an der Heidelberger Universität die schwarze Orthodoxie
breit macht- Ich kann dem nur zustimmen, was der Abg. Rohr-
hurst in der Kammer gesagt hat. Die Einheit der theologischen
Fakultät soll erhalten bleiben.
Der Abg. Heimburger erwiderte:
Ich lasse mich im freien Denken von Niemandem überwachen.
Wenn man aber für freies Denken eintreten will, so braucht nian
keine Angst davor zu haben, wenn beide Richtungen bei der
Theologie zu finden sind. Nur der, der beide Seiten hört, wiro,
wenn er liberal ist, auch seinen Liberalismus bewahren. Es ist
eine Forderung der Gerechtigkeit, daß man den Theologie
Studirenden Gelegenheit giebt, beide Richtungen hören zu
können.
Das Operiren mit dem Schlagwort Gerechtigkeit ist in
diesem Falle doch recht unpassend; im Namen der Ge-
rechtigkeit die Orthodoxie oder die Reaktion zu unter-
stützen. ist für einen Liberalen geradezu absurd.
L.X) Donaueschingen, 30. April. Wie bereits
gemeldet, begab sich derKaiser mit Gefolge gestern Abend
6 Uhr nach Friedenweiler zur Jagd. Nach der Rückkehr
aus Schloß Friedenweiler wurde um 9 Uhr 30 Min.

Abends das Souper im Schloß eingenommen, an dem
n. A. theilnahmen Fürstin Irma zu Fürstenberg, Prinz
und Prinzessin Heinrich XIX. Reuß, Prinzessin Hohenlohe-
Langenburg, Prinz Max von Baden, Fürst Fürstenberg,
Prinz Karl Emil zu Fürstenberg. Heute Morgen gegen
3 Uhr begab sich der Kaiser abermals auf die Balzplätze
und erlegte einen Auerhahn. Das Wetter war stürmisch
und ung nstig, hellt sich aber jetzt wieder auf. Gegen
8 Uhr heute Morgen kehrte der Kaiser wieder nach Donau-
eschingen zurück.
L.X Donaueschingen, 30. April. Der Kaiser
verlieh dem Bürgermeister Fischer und dem Kammerrath und
Direktor Dänzer den Rothen Adlerorden 4. Klasse, ferner
dem Kanzleirath Waltersberger den Kronenorden 4. Klasse.
Herr Kanzleisekretär Schulte erhielt von Sr- Majestät eine
goldene Uhr mit Kette. Heute Abend begab sich der Kai-
ser um '/z6 Uhr zur Jagd in den Donaueschinger Wald.
Um 8 Uhr fand Diner zu 26 Gedecken im Schloß statt.
Geladen waren u. A. die Spitzen der hiesigen Behöroen,
Generalleutnant V.Bissing-Freiburg, Geistlicher Rath Martin-
Heiligenberg und Gendarmeriemajor Schmitt-Konstanz. Bei
der Tafel spielte die Konstanzer Regimentsmusik. Die Ab-
reise des Kaisers über Karlsruhe nach Berlin erfolgt um
11 Uhr.
A. Kehl, 30. April. Der Wahlkampf im Reichs-
tags-Wahlbezirk Offenburg-Kehl-Oberkirch
hat auf allen Linien begonnen. Bekanntlich gehörte der
Bezirk dem Centrum. Kandidat desselben ist der Bauern-
bündler Schüler. Die Nationalliberalcn machen die größten
Anstrengungen, um den Bezirk für sich zu erobern. So
sehr aussichtslos sind die Bemühungen nicht; denn sie
haben dem Centrumskandidaten einen volksthümlichen,
namentlich im Hanauer Land äußerst beliebten Mann
entgegengestellt, nämlich Landcskommissär Dr. Reinhard
in Freiburg, der 14 Jahre im Bezirk gelebt hat. Diesem
gegenüber hält anscheinend das Centrum seinen Sitz einiger-
maßen für gefährdet. Darum wohl hat es seine besten
Redner, darunter Wacker, in den Bezirk entsendet. Die
Nationalliberalen ziehen von Ort zu Ort und halten eine
Versammlung nach der andern. Am Sonntag, den 29.
d. Mts. waren zwei sehr stark besuchte in Sand und
Legelshurst. An Stelle des Kandidaten entwickelte in
beiden Herr Dr. Hug das Programm der nationalliberalen
Partei. Im Sinne des Kandidaten wandte er sich gegen
die Ivx Heinze und verlangte Freiheit für die Kunst
und Wissenschaft. Für die Flotte trat er aufs wärmste
ein und zeigte an der Hand von Thatsachen, daß die
Landwirthschaft an einer starken Flotte mindestens
ein ebenso großes Interesse habe als die Industrie.
Hierauf besprach er die Stellung der nationalliberalen
Partei zur Agrarfrage und hob hervor, daß seine
Partei für die Landwirthschaft alles gelhan habe. Er bat,
den Wahlkampf rein sachlich zu führen, dem Vaterland zu
lieb, doch niemand zu leid, und erklärte, daß die National-
liberalen am Grabe des Gegners Reichert in voller Hoch-
achtung die Fahne senken. Unter dem größten Beifall
forderte er die Hanauer auf, den Mann zu wählen,
der als alter Hauauer für den Bezirk alles gethan, und
der selber das Hanauer Land für seine erste und letzte
Liebe erklärt hat. Wenn am 8. Mai die Hanauer ihren
alten Hausgenossen Dr. Reinhard nicht im Stiche lassen,
und wenn das „schöne Hanauer Mädel" seinem alten
Schatze treu bleibt, dann könnte der Bezirk fürs Cenlrum
verloren sein.
Badischer Landtag, ö. 6. Karlsruhe, 30. April.
(66. Sitzung der Zweiten Kammer.) In vierstündiger
Sitzung wurde heute die Berathung über das Budget
der Volksschulen zu Ende geführt. Die Halb- und

Frau von Golm blickte ihre Tochter mit dem Ausdruck
unbeugsamer Energie fest an, als könne sie derselben dadurch
die Thatkrast und den Muth einflößen, welche sie selber be-
seelten. „Kind." sagte sie dann, „ich lese in Deiner Seele,
ich kenne Deine Zweifel und — ich theile sie. Prinz Erich
liebt Dich zärtlich, er wird, wenn es sein muß. dem
Thron entsagen ohne Zöaern. aber im tiefsten Innern
wird er das Opfer nur allzu schmerzlich empfinden. Die
Purpurrosen der Liebe welken oft schnell; wehe ihm und
Dir. wenn dann später einmal in seiner Brust die Reue

wach wird!"
„Und wenn Du Recht hättest," rief Lola leidenschaftlich
erregt, „er — nicht ich - steht am Scheideweg und soll sich
entschließen. Was kann ich thun?
„Du weißt es, Kind, ohne daß ich s Dir sage."
Lola schlug beide Hände vor das Gesicht. Lange stand
sie ohne Bewegung da, nur ab und zu bebte ihr schöner
Körper wie von einem Kramps geschüttelt, dann ließ sie die
Hände von ihrem Antlitz sinken, aus dem der letzte Bluts-
tropfen gewichen schien, und schritt auf ihre Mutter zu.
„Es soll geschehen, Mutter." sagte sie mit matter Stimme,
„ich muß handeln für ihn und für mich und mit eigener
Hand mein Glück begraben." . . „ , ,
An den nächsten Tagen schrieb Lola mehrere Briese- Ant-
wortschreiben trafen umgebend ein. Lola erschien fortan
zwar still und in sich gekehrt, icdoch der wilde Schmerz, die
Zweifel und Seelenkämpfe waren offenbar vorüber. Eines
Morgens legte sie einen Brief vor ihre Mutter hin, er war
an Se. Hoheit Prinzen Erich von Wendenburg adressirt.
zur Zeit in Berlin. Hotel Royal. „Dies. Mutter," sagte sie
mit v,brirender Stimme, „gibt ihm die Freiheit zuruck, zer-
reißt das Band. Er wird hierherkommen, mich suchen -
ich muß also fort. Unsere alte Freundin Sallenthien wird
m.r vorläufig Unterkunft gewähren. Vorerst aber re.se .ch
nach Wendenburg. Die Koffer mit meinen Kostümen sind
dort noch zurückgeblieben, ich will sie mitnehmen; werde ich .

alles doch wieder brauchen, meine Kunst soll mir Trost ge-
währen und mich entschädigen für das, was ich verloren.
Auch will mich der Herzog sprechen. Ich hatte ihm ge-
schrieben — er war vordem immer gütig gegen mich ge-
wesen — und ihn um Verzeihung gebeten für das Leid,
da« ich ihm wider Willen zugefügt. V or allem aber bat ich
den hohen Herrn, Erich an etwaigen Nachforschungen zu
bindern. Findet er mich und bestürmt er mich mit der
Gewalt seiner leidenschaftlichen Zärtlichkeit — o Gott» ich
bin nur ein schwaches Weib!" „ . ,
Ties bewegt zog Frau von Golm ihre Tochter an sich.
„Du hast das Rechte gethan. mein Kind. Du opferst viel-
leicht Dein Lebensglück, aber Du erhältst Dir den Frieden
der Seele. An Erichs Seite hättest Du unter diesen Um-
ständen weder Glück noch Frieden gefunden. Ritterlich
genug, hätte er wohl nie geklagt. Allein instinktiv würdest
Du bald genug gefühlt haben, daß er nicht glücklich ist.

In Lolas Seele wurde es bei diesen liebevollen Worten
allmählich stiller und friedlicher. Der Brief wurde zur Post
befördert, und Lola rüstete sich zur Abreise.
Schmerzlich bewegt war der Abschied; noch eher als
Lola gedacht, tras der Prinz ein. Mit ihrem Herzblut hatte
Lola den Brief an den Geliebten geschrieben, kein Wunder,
daß er dem Fürsten an die Seele griff. „Wie edel und
gut sie ist," ries er erschüttert, „und ich sollte sie lassen?
Nimmermehr!" Er bestürmte die Freifrau, ihm Lolas
Aufenthalt zu entdecken, doch diese blieb standhaft. In
überlegten Worten wies dieselbe auf den geheimen Zwie-
spalt in der Seele des Prinzen hin. Prinz Erich wollte
lebhaft pxotestiren, doch unter den scharfen Blicken der alten
Frau, die in seinem Innern leien zu können schien, erstarb
ihm der Widerspruch auf der Zunge. ^ .. , . ^.
(Schluß folgt.)
 
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